Volltext Seite (XML)
ZiMcht LlbMmg. Amts-und Attzeigevlatt für das Königs. Grrichtsamt und den Stadtrath zu Schandau uud den Stadtgtmeinderath zu Hohnstein. 84» Schandau, Sonnabend, den 18. Oktober 1874. o Unsere Volksbildung. Die großartige» Erfolge unserer Armee werden mir vollem Recht uns de» höheren Grad von Jutclli gc»z zurückgcsührt, durch welche sich dieselbe vor ihre» Gcgucru cmSzcichutt. Aber cs ist ein entschiedener Mißgriff, wenn wir ans der mangelhaften Bildung anderer Nationen einen Schluß auf de» hohcu Stand nuferer Vollsbildnug ziehe». Dennoch werden solche übertriebene» Vorslclstmgc» d»rch de» Aildmigsstab geweckt und genährt, de» die Militärbehörde» bei den Rckrutcua»shclni»gc» a»lcgc». st» die Rubrik „ohiic Schulbilduug" zahlt mau mir Dicjeuigcu, welche wcdc lese» »och ihre» Name» schreibe» könne». Da die allerdings mir einen geringe» Prozentsatz bilde», kann man dann wohl leicht zn der irrigen Meinm kommen, als ob der bei weitem größte Theil der jnngcn Männer eine gcmiacnde Schulbildung empfangen habe. Aber selbst mit dem Lesen und Schreiben ist cö noch eine eigene Sache. Wie viele derer, welche der militärische BilduiigSmesscr nicht in die Masse der Ungebildeten wirst, sind denn im Stande, einen Brief ohne orthographische und stilistische Fehler z» schrei be»? Jeder Beamte, jeder Geschäfts»,»»», der mit dem Publik»,» im schriftliche» Verkehr steht, weiß darüber Klagelieder auzustimmc». Ebenso verhält cs sich mit dcm richtigen Gcbranch der Muttersprache. Man braucht mir iu ösfcutlichc Bcrsammlungc» zu gehe», mu da oft von Wortführer» die haarsträ»- bimdstcu Sprachfehler zu hörcu. Wie gering ferner im Allgemeinen die Kenntnisse in der Geographie nnd Geschichte sind, davon kann »nm sich ans jeder Uiitcr- halmng am Biertische übcrzcngc», wo die Lcntc o mit der größten Kaltblütigkeit den tollsten Unsinn zn Tage fördern imd sich dann obcncin auf ihre Weis heit ui,endlich viel cinbildcu. Boi, Naturwissenschaften »nd volkswirthschaftlichc» Dingen wollen wir ganz schweigen. Pflicht des Staates ist cs, die Unwisscnhcit im Volke mehr imd mehr a»«z»rottc». Dem, diese Un wissenheit erzeugt die Theiluahmlosigkcil am politischen Leven, die lcidcr Gottes noch allzuviel angctroffci, wird. Nur munissimdc m,d infolge der Unwissenheit abergläubische Mcuschcn kann scrucr ciuc hcrrschsüch- tige Geistlichkeit als blinde Werkzeuge ihrer Plüuc branchcu. In cincr besseren Bolksbildnng ist endlich der Damm gegen die gcscllschaftsfcindlichc» Bestreb ungen cincr vcrwildcrlcn Demagogie zn erblicken. Hätte der Staat anch kein anderes Interesse daran, als seine eigene Sicherheit, schon aus diesen, Grnndc müßte er stetig auf die Förderung nnd Verbesserung des VollSinitcrrichtS bedacht sein. Aber wir sind der Meinung, daß die Volksschule allein der großen Auf gabe nicht gewachsen ist, dcm Staate anfgcklärtc nnd mit den nölhigcn WisscnSschähcn ansgcrüstetc Bürger ziiznführcn. I» den 6 bis 7 Jahren, welche dcr junge Mann »ach de». Verlasse» der Schule bis zur bcgimiciidcn bürgerlichen Vollbercchtigimg durchlebt, wird mancher der edlen Keime erstickt, welche die Schule gepflanzt, wenn nicht auch iu dieser Zeit für dessen Fortcntwicklnng gesorgt wird. Gerade die Zeit der Vorbcrcitnng für eine» praktischen Berns mnß anch zur wcitcreu Fortbilduug auf dcu Gebiete» des Wisse»« bcmcht werden. Durch unscr ncucS Schulgesetz wird der obliga torische Bestich der Fortbildungsschule zur StaatS- cinrichtnug erhoben nnd trotz mancher anderen Schwä chen des Gesetzes können wir nnS mit 8 14 imr ein verstanden erklären, welcher lautet: „Aufgabe der Fortbilduugsschulc ist die weitere allgemcine Ausbildung der Schüler, insbesondere aber die Befestigung in denjenigen Kenntnisscn nnd Fertigkeiten, welche für das bürgerliche Leben vorzngswcisc von Nutzen sind. Der Unterricht in derselben wird in wöchent lich wenigstens zwei Stlmdcn am Sonntage oder am Abende eines Wochentag« crthcilt. Erweitert der Schulvorstand — wozu derselbe berechtigt ist — den Fortbiidnngsnntcrricht bis ans sechs Stunden wöchentlich, welche entweder nur währcud der Wiiitcrmouatc oder das ganze Jahr hindnrch crthcilt wcrdcii, so kann dic Schul- pflichtigkcit der mämckichcu Jugend mich auf die scu erweiterte,, ForlbilduugSiintcrricht erstreckt werde,,. Für solche erweiterte Fortbilduugsschulc» ist daö Lchrzicl z» erhöhen, insbesondere in Bezug auf dcmschc Sprache, Rcchucu, Formcnlchrc, Na turkiindc, Zcichncn und durch Aufuahmc solcher Uuterrichiszweige in den Lchrplau, welche iu der Volksschule gar uicht oder nur audcntcud berück sichtigt werden könne». Die Vcrcittigmig derartiger FortbildungS- schlike» mit einer gewerblichen, landwirlhschaft- lichcn oder handclöwisscnschakllichcn ForlbildlingS- schicke ist zwar gestattet, doch ist in diesem Falle Sorge z» tragen, daß denjenigen Schülern, welche eine solche Fachbilkmng nicht jachen, ein dcm all- gcmcincn FortbildnngSzwcckc cntsprcchcndcr Untcr- richt z» Thcil wcrde. Anch sür die ans der einfache» VollSschnlc cntlassciicii Mädchen kann der Schulvorstand eine FortbildungSschickc errichten nnd dic Verpflichtung zu deren Benutzung ans zwei Jahre erstrecke». Dic Bcfrcimig vom Bcstichc dcr FortbildttngS- schnlc darf dcr Sch»lvorsta»d i» besonderen Fällen aiiSiiahniswcisc gcnchmigc». Dic znm ForlbildnngSniitcrrichtc vcrwciidctcn Lchrcr »iid Lchrcrinncn bezichcn ihre Acsoldnng ans dcr Schnlcasse." Es ist vollkommen berechtigt, den Schickzwang nach ans dic Fortbildnngsschnlc niiszildchncn. Dic bloßc Erkanbniß ziiiii Bcfiich dcrsclbcn reicht nicht an«, eiiic zahlreiche nnd regelmäßige Bclhciligmig dcr jnngcn Lcntc zn erziclcn. Dcr Grnnd davon ist nicht schivcr z» findcn. Er licgt cinmal darin, daß viclen Lehr hcrrcn dic geistige Bildung ihrer Lehrlinge gleichgül tig ist und sic dic Zcit, welche der Unterricht crsor- dcrt, als einen Abbruch au de» Arbcit«stuudcu be trachte». Aiidcrcrscits aber steckt vielfach iu dcu jnn- gcu Lcutci, außcr cincr große» Portivii Trägheit aiich dic verkehrte Mcinniig, daß »ach erfolgter Konsirma- tio» cs liiitcr ihrer Würde sei, noch fcriicr dic Schnl- bank z» drückcn. Von dcn Gcgncrii des obligatorischcii Bcsnchs dcr Forlbildungsschiilcn wird zwar cingchaltcu, daß dicjc- nigcn jiingcn Lcntc, welche nnr widerwillig iiiid mit dcr Absicht nicht« zn lcrnc» im Unterricht erschienen, »nr störend ans dic übrigen Schüler cinwirlc», damit ihre Aiwwcisung diirchsctzcn »iid demgemäß dic Ein- sühriiiig dcö SchnlzwnngcS illiisorisch niachcii würdcii. Ja wen» ma» von dein Grnndsatze ansgchc» wollte, daß niiv Derjenige z» lcriic» braiicht, dcr lcrmcn will, daiiii würdc man sicherlich nirgends mehr sich über dic Ucbcrfüllnng vvii Schiilltasscii z» bcklagcn habcn. Und was dic DiSciplin aiilaiigt, so gebci, dic höhcrcn Klasscn nnscrer Ghinnasie» »iid Rcaljchnlcn dc» dc»t lichstcn Beweis, daß auch junge Lcntc von mehr als 14, lü Jahren im Zanm zn halte» si»d. Man wende nicht ein, daß Tcrckmicr nnd Scknndancr leichter re giert werde» können, weil sic in dcr Niegel dcn höhe- rcn Schichten dcr Gesellschaft angchören; dcn» da« LcbcnSaltcr, wclchcs Jca» Pa»l dic Flcgcljahrc »c»»t, wird von dcm Sprößling des Reiche» »»d Vvrnch- mcii cbeiiso giit dnrchlanfc», >vic voil dciii Sohne de« Arbeiters; jener macht ebenso gnt dumme Streiche, als dieser. Unordnungen »nd Verstöße gegen dic DiSciplin werden in dcn allermeisten Fällen ans die Unfähigkeit de« Lehrers znrückDführcn sein, dcr seinc» Schülern nicht z» imponircil versteht. Anch dcn Abendunterricht vermöge» wir nicht als eine Last z» bezeichnen; denn es ist eher eine angc nehme Abwechselung uud Erholung, wenn auf die kör pcrlichc Anstreugmig des Tage« eine geistige Ucbnng folgt, gerade wie dein vorzugsweise geistig Thätigcu körperliche Bcwcguug wohllhut uud nothwendig ist. Wcuu die jnugeu Leute, dic soust uoch viclsach zu so pätcr Zcit Haiumcr oder Fcilc, Säge oder Pfriem n dcr Hand führe ichrcre Jahre laug ewige Abend stiiudcn ihrer Fortbilduug zu widmen ungehalten wer den, so wird Staat und Gcmcmdc recht bald de» Segen erkennen, dcr dadurch erwächst, daß dciii bür> gcrlichcu Lcbcn alljährlich viclc Tauscudc vvi, anfgc- klärtci, Menschen »ichr zngcführt wcrdcii. Tckstcsqcschichtc. Sachsen. Dresden. Au, Mittag de« Ist. Oct. fand sie Lanblagocröffnnng durch dcn Kron- Prinzen statt. Dic Thronrede kündigte die Aufbesser ung der Staatödtenergehaltc und Pensionen, die Re form der direcien Steuern und dic Ncorgauifatton der ObcrrechnungS-Kammer an. Die Public» len Nesormgcsctzc des letzten Landtage« sollen im näch sten Jahre in« Leben treten und hierbei dic neue» BezirlSverbändc für de» Zweck der Selbstverwalt- ung mit einem Stamnwrrniöge» von 3 Millionen Thalern aus der französischen Kriegsentschädigung ausgrstatici werden. D,e Berhälttcksse SachseiiS zu dcn Organen de« deutschen Reicht«, auf gegenseitiges Vertraue» beruhend, seien fortwährend die besten und erfreulichsten. Wegen der Eompcttnzgrcnzen zwi schen den Reich«.Einzelstacittu wird eine Vorlage ziigesagt und eine befriedigende Ausgleichung einiger noch schwebender Fragen gehofft. — Dic „Dr. Nachr." schreiben: Mit tiefem, all gemeinen Bedauern wird c« da« Land vernehmen, daß die Krankheit unseres geliebten König« neuer dings wieder eine Wendung genommen hat, die das Schlimmste befürchten läßt. Am Mittwoch Abend fühlte sich der kranke Monarch so schwach, daß er die Nacht nicht zu überleben hoffte und sich mit den Sierbe-Sacrainenten versehet: ließ. Dic Umgebung de« Königs hat wenig Hoffnung, daö Leben des «heueren Lanbesvater« noch lange erhalten zu sehen. — Für dic Postkarten auf da« Jahr 1874 ist dic blaue Farbe gcwäblt worbcu. Die unglücklichcn Börscnvcrhällniffc scheinen lei der auch an Pirna nicht spurlos vorübergehen zu wollen. Die Pirnaer Bank ist ebenfalls durch die jetzige Krist« mit hart berührt, io dost auö der Mitte des VcrwaltungSraihS der Antrag an eine General versammlung gestellt werden soll, über Weiierfübr- ung oder Liquidation des einst so blühenden In stituts zu beschließen. Königstein. Am 14. d. M. verunglückte dcr Tagarbcilcr August Richtcr au« KrumhcrmSdorf bci Sebnitz im Slcinbruche dc« Hrn. Hering im Schiil- hain beim Abräumen dcs Schuttes dadurch, daß sich em großer Stein, den Richter vvi» Schutt bcjreirn wollte, plötzlich loslöstc und ihn dermaßen am Kopf beschädigte, daß der Tod sofort erfolgte. Richter ist 42 Jahr alt und hinterläßt eine Frau und eiu noch kleine« Kind. Am ll. d. M. Vormittag« brach in Krumm- hermödorf bci Neustadt cm Marr'schen Hause Feuer au« und verbreitete sich schnell über drei an dere Häuser und ein Baucrgut. Säinmtlichc Ge bäude sind vollständig nicdcrgcbrannt. Dic Schule, welche inmitten de« Feuer« stand, wurde mit großer Mühe erhalten. Dic Entstehungöursachc ist zwar noch nicht bekannt, doch vermulhct man, daß diese« Unglück durch Unvorsichtigkeit dcr beidcn Marr'fchc» Kinder, welche beim Ausbruch des Frucro sich allein im Hause befunden habcn, hcrbeigcführl worden ist. Gegen dcn Bczirksstcncr-Inspektor Blcßner in Chemnitz war dcr Verdacht mehrerer Unregelmäßig keiten rege geworden, welche sich derselbe bei der Führung seines Anttcö schnldig gemacht haben sollte. Vor einigen Tagen ordnete daher dic ihm vorgr- setztc Bchörbc d,c Einleitung einer Umersnchung an und ergab sich hierbei die Bestätigung dcr Vermuih- ung, daß Blcßner verschiedene Uitterschlagungen ver übt habe. Am vergangenen Sonnabend, den ll.Oc- tobcr, wurde derselbe in Haft genommen und in da« BezirkSgcrichiSgesänguiß abgefübrt. Bei dcr wcnigc Stunden hierauf in dcr Wohnung dcö Bleßncr vor- genommenen Haussuchung mußte Bleßncr ans dcm Gefängnis, hirrdri zngczogcn wcrdcii und während dicscr Zeit gelang es dem Bleßncr, in einem kurze»