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Aus StLät uncl Lanä. Mitteilungen aus dein Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. — Das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhielt Gefreiter Erich Stirl aus Mohorn für Erstürmung eines serbischen Maschinengewehrs und Gefangennahme der aus fünf Mann bestehenden Bedienung. — Unser von Hindenburg bittet. Von Berlin ist dem Landesausschuß die nachfolgende Drahtmitteilung so eben zugegangen: „Generalfeldmarschall von Hindenburg bittet für seine Heeresgruppe dringend um Uebersendung einer großen Menge von Kopfschützern, Lungen- und Brust schützern, welche nicht zur etatsmäßioen Ausrüstung der Heeresverwaltung gehören." Indem der Landesausschuß diese Bitte zugunsten uwerer im Osten kämpfenden, der Not des Winters in besonders harter Weise ausgesetzten braven Truppen zur Kenntnis bringt, teilt er zugleich mit, daß Liebesgaben der vorstehend gewünschten Art in allen Sammelstellen des Roten Kreuzes bis zum Ende dieses Monats mit herzlichem Danke ent gegengenommen werden. Anfang Januar sollen alle ein gegangenen Wollsachen zusammen mit den von zuständiger Stelle beschafften an die Hindenburgsche Heeresgruppe zur Absendung gelangen. In so mancher Familie ist auch in diesem Winter für unsere Truppen gearbeitet worden, an vielen Stellen liegen zur Absendung Kopf-, Lnngen- und Brustschützer.noch bereit, so manche fleißigen Hände können in den Weihnachtstagen und -ferien noch eine der ge wünschten Liebesgaben Herstellen, so daß zu erhoffen steht, daß auch aus unserem Sachsenlande, dessen Söhne ja auch unter Hindenburgs Fahnen kämpfen, reichliche Spenden an Wollsachen den Sammelstellen znfließen werden, Vielleicht nehmen auch die Leiter unserer Mädchenschulen im ganzen Lande Gelegenheit, bei der Weihnachtsfeier zu Beginn der Ferien ihre Zöglinge darauf hinzuweisen, daß diesmal die beste Ferientätigkeit wohl die ist, für unsere braven Feld grauen im Osten in den Ferien einen Kopf-, Brust- oder Lungenschützer herzustellen. Wenn viele Kräste am Werke sind, kann auch in kurzer Zeit — und Eile ist geboten — viel geleistet werden! Darum alle heran zu vaterländischer Arbeit! — Oeffentliche Stadtverordneten- und Stadtrats- sitzung am 17. Dezember abends 6 Uhr Zur Kenntnis nahme gelangen ein Brief des Bürgermeisters Küntzel, eine Aufklärung über den Bestand der Elektrizitätskasse, ein ab lehnender Bescheid der Kaiserlichen Oberpostdirektion über Porteifreiheit für Pfundpakete, eine Einladung des Frl. Herz zur Weihnachtsfeier des Kinderhortes und eine Auskunftsmit teilung von Flöha und Oschatz über Brotrationen. Weil in den beiden Amtshauptmannschaften Flöha und Oschatz die Brotrationen höher sind als in Meißen, will man auf An trag des Herrn Schlichenmaier durch den Vorsitzenden des Kollegiums und seinen Stellvertreter und einem noch hinzu zuwählenden Mitgliede des Stadtrats persönlich bei der Kreishauptmannschaft um Abänderung der bei der Brot verteilung bisher bestehenden Bestimmungen und um Er höhung des Bedarfs an Brot für die Amtshauptmannschaft Meißen bitten. Dem Herrn Uhrmachermeister Mütze wird die Erhöhung der Entschädigung für Versorgung der Nat hausuhr bis zu der von ihm selbst erbetenen Summe von jährlich 50 Mark und rückwirkend auf 19 l 5 einstimmig bewilligt. In der nun folgenden gemeinsamen Sitzung wurde der Haushaltplan und die für denselben nötigen Deckungsmittel durchberaten und genehmigt. Eine Steuer erhöhung macht sich nicht i ötig. Erwähnt sei noch, daß Herr Stadtverordneter Zschoke als Feldgrauer an der Sitzung mit teilnimmt, und die Gründungsversammlnng einer Bezugsgenossenschaft in Meißen von je einem Mit gliede aus dem Stadtrat und dem Stadtverordnetenkollegmm beschickt und Interessenten aus der Stadt zur Teilnahme aufgefordert werden sollen. Nichtamtlicher Teil. Durch die Lupe. (Ein Stückchen Zeitgeschichte in Versen), Ob auch blasse Furcht im Herzen — längst der Vier verband verspürt, — vor dem Ausland prahlt er weiter — nach wie vor noch ungeniert, — um die vielen Miß erfolge — zu verschleiern bis zuletzt, — die von uns und unsren Frennden — ihm bereitet sind bis jetzt. — Hohle Phrasen, abgedroschen, — dreht man in Paris zurecht, will dem Volke gar beweisen, — Deutschlands Sache stehe schlecht, — will den Wunsch uns unterlegen, — Frieden jetzt um jeden Preis — mit den Feinden abzuschließen — während doch das Ausland weiß, — daß das Vierver bandsgelichter — längst die Sache satt bekam — und den Frieden ganz allein nur — ablehnt aus verkehrter Scham. — England gar, dem auf der Erde — jedes Ansehn längst entschwand, — kündet mit geschwollner Phrase, — jetzt erst sei der Vierverband — doppelt einig in dem Wunsche, — nie an Frieden nur zu denken, — ehe wir und unsre Freunde — nicht besiegt zu Boden sänken. —— Und so gern im deutschen Volke — jeder sich nach Frieden sehnt, — weil die Zukunft jetzt ein jeder — wohl bereits gesichert wähnt, — weil wir nicht die Absicht haben — unsre Gegner zu zerdrücken, — — solchen Feinden gegenüber — heißt es hart und eisern blicken. — Mag der Vierverband drum weiter — seine Völker noch verhetzen, — wir und unsre Bundsgenossen — werden frische Läbel wetzen, — werden, ohne viel zu reden, -— uns zu neuen Taten rüsten, — vor dein Ausland pflegen wir nns — nicht mit unsrem Ziel zu brüsten, — vor dem Ausland hieß es zeigen, — daß wir nicht den Frieden scheuen, — aber, die ihn von sich wiesen, — werdcn's bitterlich bereuen! Verlustliste Nr. 239 der Königlich Sächsischen Armee, ausgegeben am 18. Dezember 1915. Dieselbe enthält aus der Stadt Wilsdruff und denn näheren Umgebung folgende Namen: Mußbach, Edmund, Wilsdruff — bisher vermißt, in Gefangenschaft '(Verlustliste 209). Tränkner, Alfred, Wilsdruff — bisher schwer verwun det, ist gefallen (Verlustliste 223). Pietzsch, Alfred, Kaufbach — gefallen. Äocbenfpielplan der Vresclner idealer. Opernhaus: Dienstag „Lohengrin", Mittwoch „Das Streichholzmädel', „Die Puppenfee", Donnerstag „Hoff manns Erzählungen", Sonnabend und Sonntag „Parsival", Montag „Die verkaufte Braut". Anfang Dienstag ^7, Mittwoch 5, Donnerstag 8, Sonnabend und Sonntag 6 und Montag V28 Uhr. Schauspielhaus: Dienstag „Flachsmann als Er zieher", Mittwoch ,Teukros", Donnerstag, Sonnabend und Montag „Logik des Herzens", Sonntag „Viel Lärm um Nichts". Anfa:g täglich abends 1/28 Uhr. Außerdem Sonnabend, Sonntag und Montag nachmittags ^3 Uhr „Hans Gradednrch". Residenztheater: Dienstag, Mittwoch und Donners tag „Die ideale Gattin", Freit'ag Geschlossen, Sonnabend, Sonntag und Montag „Wenn zwei Hochzeit machen". Anfang täglich abends 8 Uhr. Außerdem Mittwoch, Sonnabend, Sonntag und Montag nachmittags Uhr „Unsere Blaujacken". Central-Theater: Dienstag bis Donnerstag ,Ein Tag im Paradies", Freitag Geschlossen, Sonnabend, nachm. „Polenblut", abends „Jung muß man sein!", L-onntag, nachm. „Polenblut", abends „Jung muß man sein!", Montag „Jung muß man sein!" Albert-Theater: Dienstag „Logierbesuch", Mittwoch „Im weißen Rößl", Donnerstag „Der Herr Senator", Freitag Geschloffen, Sonnabend, Sonntag und Montag „Renaissance". Anfang Dienstag bis Donnerstag abends 8^/4 Uhr und Sonnabend bis Montag abends 7^2 Uhr. Außerdem täglich nachmittags 3'/? Uhr, außer Freitag, „Peterchens Mondfahrt". Viktoria-Theater: Täglich Gastspiel Paul Beckers „Der lustige Vagabund". An den beiden Feiertagen je 2 große Festvorstellungen. Nev fUicktUng. Roman von A. Seyffert-Klinger. 311 (Nachdruck verboten.) Martin stand noch unter dem Eindruck des gestrigen Abends. Der Reiz der Neuheit ließ ihn Claire noch schöner und bezaubernder erscheinen, als sie es ohnehin war. Mit einer so tiefen, glühenden Leidenschaft wie nach dieser Trennung hatte er sie früher nicht geliebt. Er legte den Arm um ihre weiche Gestalt, als wolle er sie gegen eine Welt von Feinden schützen. Eva hatte die Augen gesenkt, als sie an ihm vorüber ging. Sie sah wie eine Schuldbewußte aus und fühlte recht wohl, daß sie sich in eine schiefe Stellung gebracht. .Ich ersuche Sie, Fräulein Eva, das Zimmer meiner Braut nicht wieder zu betreten", sein Ton war herrisch und verweisend, „sollten Sie auch meine Anordnung un beachtet lassen, so würde ich meine Maßnahmen zu treffen wissen." Er sah, wie die Farbe aus Evas Wangen wich. „Ich verspreche, eS nicht wieder zu tun, Herr Oberleutnant", sagte sie tonlos. Dann beeilte sie sich, aus seiner Nähe fortzukommen. Arm in Arm stiegen die Verlobten die Treppe hinab. Im Moment war Eva und der Zwischenfall mit ihr ver gessen. Die Minuten, welche Martin in Gesellschaft seiner Braut verbringen konnte, waren kostbar. Später mußte er zum Arzt, auch Besuche machen, amtlich sowohl wie persönlichen Bekannten. Die Zeit ging im Fluge. Es war doch schön, so alS Sieger nach Hause zu kommen und Las Glück der Liebe zu genießen. * * So gingen die Tage. Das gute Wetter hielt an. Man war schon über die erste Hälfte des Oktober hinaus und noch immer wehte die Luft milde, strahlte die Sonne am blauen Himmel, als solle es nicht Herbst, sondern Frühling werden. Diese angenehme Temperatur förderte den Genesungs- prozeß der Wunde ungemein. Der Arzt hatte schon Be wegungsübungen des Armes verordnet, die allerdings mit grober Vorsicht oorgenommen werden mußten. Martin war jetzt ungeduldig, wäre lieber heut wie morgen wieder an die Front gegangen und konnte die Stunde kaum erwarten, wo der Doktor ihm erlaubte, zu seinem Regiment zurückzukehren. Es war ani frühen Nachmittag. Das Brautpaar er ging sich wie immer um diese Zeit unter den in allen Goldtönen des Herbstes prangenden Bäumen im Garten. Sie sprachen nicht. Claire hatte einen weißen Gazeschleier turbanartig um den schönen Kopf gewunden, die Enden des duftigen Gewebes hingen lose über ihren Nacken und hoben sich bei jedem Luftzug, umschwebten ihr rosiges Gesichtchen wie eine silberschimmernde Wolke. Claire trug auch eine weiße Pelerine von einem warmen, flauschartigen Stoff. Trotzdem schauerte sie mehr mals fröstelnd in sich zusammen. Martin bemerkte es nicht. Er gab seinen Gedanken Audienz. Hier an der Seite seiner anmutigen Braut. Früher hätte er das nicht für möglich gehalten. Aber es war so. Claire erschien ihm noch schöner als früher, ihre Be wegungen leichter, elfenhaft. Er liebte sie von ganzer Seele. Er war glücklich und fühlte auch ihre Liebe. Es stand nichts zwischen ihnen, nicht der leiseste Schatten. Doch seltsam, es gab kein einziges Thema, über das sie zusammen hätten sprechen können, das sie einander geistig näher gebracht hätte. Darüber dachte Martin nach. Er hatte mehrmals versucht, Claire für den Frauen dienst, welchen alle Damen des weiten Bekanntenkreises opferwillig ausübten, zu gewinnen, war aber bei ihr auf hartnäckigen Widerstand gestoßen. Der deutschen Literatur brachte sie kein Verständnis entgegen, über militärische Angelegenheiten, mochten sie noch so harmloser Natur sein, wr - er nicht mit ihr. Für allgemeine menschliche Thenn.- zeigte sie kein Für Modefragen jedoch und französische Romane, die, er wußte es, von Claire mit Vorliebe gelesen wurden, hatte er nur ein überlegenes Lächeln, das Claire reizte und verdroß. Er hätte es so gern anders gehabt, harmlos mit ihr geplaudert, gescherzt. Doch Claire war sehr empfindsam, bei jeder Neckerei witterte sie eine verborgene Absicht. Sie verstand keinen Spaß. Sie war ihm ein Rätsel. Was mochte in ihr vor gehen? Verstohlen lugte er von der Seite in ihr Gesicht. Es mar von bestrickendem Liebreiz. Ihre Augen blitzten. Woran mochte sie denken? Aber wahrhaftig, er wagte sie nicht zu fragen, aus Furcht, einen Mißton heraufzu beschwören. Da küßte er sie, doch nicht so glühend und sehnsuchts voll wie an jenem ersten wundersamen Abend, wo sie mit ihrem Glück in den Wolken schwebten. Er küßte sie noch einmal, denn von der Straße aus konnten sie nicht gesehen werden. Mit erträumtem Lächeln, ohne seine Liebkosung zu erwidern, ließ Claire es geschehen. Da rief vom Gitter her eine Helle Frauenstimme nach Eva. „Einen Augenblick, Fräulein. Können Sie nicht später auf einen Husch herüberkommen? Ich habe eine schöne warme Decke aus alten Kleidern meines Mannes angefertigt. Die möchte ich Ihnen gern zeigen, damit Sie sich auch darüber freuen. Ich habe schon die zweite in Arbeit, vielleicht findet meine Idee Nachahmung. Sie sind ja auch so eine Tausendkünstlerin." Eva hatte mit ihrem Strickzeuge am Hause in der Sonne gesessen. Flink eilte sie mit ihrer Arbeit anS Gitter. Die Draußenstehende drückte ihr freundschaftlich die Hand. „Was machen Sie denn da wieder Neues?" „Eine Weste, gnädige Frau. Und ich werde auch später kommen. Aber wollen Sie nicht nähertreten? Ein kurzes Viertelstündchen nurl" (Fortsetzung folgt.)