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Sinne des Kaiserwortes abzurechnen: Nun wollen wir sie dreschen." — Verkehrtheiten bei Straßenreinigung. Eine Un sitte, die nebenbei gegen alle geiunoheirllchen Bestimmungen verstößt, ist fast an jedem Sonnabend nachmittag in unserer Sradr wahrzunehmen. Daß man eine allwöchentliche gründ liche Straßenreinigung an diesem Tage angeordnet hat, ist lobenswert, dieselbe aber bei trockenem Welter ohne jedwede Wassersprengung stillschweigend zu gestatten, ist ebenso ver kehrt und zu raten ist mir, daß dieselbe dann überhaupt unterbleibt. Alle Krankheitserreger, die millionenweise im Straßenstaub verborgen sind, werden aufgewirbelt und den Menschen geradezu aufgezwungen. Und das läßt man zu in einer Zeit, wo die schreckliche Kinderkrankheit, Diphtherie, nicht schwinden will. In einer der letzten Stadtverordneten- sitzungen ist beschlossen worden, die Verordnung über Straßenreinigung in unserer Stadt der jetzigen Zeit ent sprechend umzuändern. Zum Wohl' der Stadt, besonders in gesundheitlicher Beziehung, würde es überaus förderlich sein, wenn die neue Verordnung strengere Bestimmungen über Straßenreinigung enthalten würde. Auch jetzt schon dürfte eine dahingehende öffentliche Verfügung ganz am Platze sein. — Der Haß im Knopfloch. Wie die „Morningpost" vom 7. Oktober meldet, beabsichtigt eine Engländerin durch den Verkauf von einer Million Medaillen 25000 Pfund Sterling zur Unterstützung blinder oder invalider Soldaten und Seeleute aufzubringen. Die Medaillen werden zum Preise von einem Schilling verkauft und können als An hänger oder Brosche getragen werden. Auf der Vorderseite stehen die Worte: „Ich verspreche" —die Fortsetzung steht auf der Rückseite — „im Gedanken an jene, die für mich ge storben sind, niemals, so lange ich lebe, mit Deutschland oder einem Deutschen in Verkehr zu treten". Den Leuten in Deutschland zu Gemüte zu führen, die ausschließlich das sogenannte „Volksganze" als unseren Gegner ansehen, und den „einzelnen" Engländer, wie den einzelnen englischen Soldaten für ebenso bieder halten, wie jeden anderen Menschen! — In gewisser Beziehung können wir uns üb rigens derartige Auswüchse als abschreckendes Beispiel dienen lassen. Jeder rechte Deutsche muß ehrlichen Zorn gegen einen Feind wie England, dessen niedrige Politik und seine ruchlose Art der Kriegführung, im Herzen tragen: einen wenig würdigen Eindruck jedoch ruft es stets hervor, wenn man seinen „Haß" an die Wand klebt „Gott strafe Eng land!" oder, wie jene Meldung der „Morningpost" es be schreibt, im Knopfloch spazieren führt. — Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin haben eine neue Auflage ihrer Schrift »Einziehung von Forde rungen im Mahnverfahren" herausgegeben, deren Be schaffung allen beteiligten Gewerbetreibenden warm empfohlen werden kann. Die Schrift kann zum Preise von 15 Pfg. unmittelbar von den Aeltesten der Kaufmannschaft bezogen werden Sie liegt auch bei der Handelskammer Dresden zur kostenfreien Einsichtnahme aus. Das gerichtliche Mahnverfahren ist als billiges, bequemes und schnelles Ver fahren zur Einziehung von Forderungen immer noch nicht genügend bekannt. Sein wesentlicher Vorzug besteht darin, daß die gerichtliche Mahnung — Zahlungsbefehl genannt — durch Erteilung eines Vollstreckungsbefehls für voll streckbar erklärt und rechtskräftig wird, wenn der Schuldner nicht wiederspricht. — Dresden. Für die Kriegsanleihe der beiden Staaten der österreichisch-ungarischen Monarchie hat sich auch in Dresden ein lebhaftes Interesse gezeigt. Man schätzt die Dresdener Zeichnungen auf weit über 10 Milli onen Kronen — Dresden. Ein Feldwebel hatte das 19 Jahre alte Dienstmädchen Grosschupf eingeladen, ihn in der Kaserne zu besuchen Als er sie für einige Zeit allein ließ, benutzte sie die Gelegenheit, um einen Schrank zu erbrechen und, daraus die gesamte darin aufdewahrte Kompagnie löhnung in Höhe von 1320 Mari zu stehlen. Sie wurde wegen schweren Diebstahls zu I Jair Gefängnis verurteilt. — Dresden, 8. November. Vom Hvfe. Seine Majestät der König besuchte gestern vormittag mit den prinzlichen Herrschaften den Gottesdienst in der Katholischen Hofkirche. Um 11 Uhr 50 Minuten begab sich der König mit seinen Kindern, dem Prinzenpaare Johann Georg nnd der Prinzessin Mathilde mit Sonderzug nach Klingenberg. Von dort wanderten die hohen Herrschaften nach Grillen« bürg. Im dortigen Jagdhanse wurde das Mittagessen eingenommen. In den Nachmittagsstunden erfolgte ab Tharandt die Rückfahrt nach Dresden. — Dresden. Die Brauereien von Dresden und Umgebung habe i die Preise für Faßbier um 3 bis 5 Mark fürs Hektoliter und die Preise für Flaschenbier um 2 bis 3 Pfg. für die Vierzehntel- bis u^Liter-Flasche erhöht Sie bemerken dabei ausdrücklich, daß diese Erhöhung al - Kriegs maßnahme zu betrachten sei, und daß sie hofften, nach Eintreten einer günstigeren Lage imstande zu sein, die Preise entsprechend wieder herabzusetzen. — Leipzig. Vor dem Reichsgericht hatte sich unter der Anklage des versuchten Verrats militärischer Geheimnisse die 17 jährige Artistin Josephine Onnich ans München zu verantworten. Die musikalisch sehr begabte Angeklagte, die fünf Instrumente beherrscht, genoß seitens ihrer Eltern viel Freiheit und verdingte sich daher im Mai 1914 als Alt sängerin bei einem Quartett, mit dem sie Kunstreisen durch Deutschland machte. Seit Kriegsbeginn trat sie in dem Münchner Variete „Kolbsseum" als Tänzerin auf. Im Frühjahr 1915 wurde sie mit einem italienischen Spionage agenten bekannt, auf dessen Anweisung sie mehrere deutsche Militärpersonen nach militärischen Geheimnachrichten auszu forschen suchte. Die erhaltenen wichtigen Auskünfte schrieb sie in Geheimschrift auf einen Zettel, den sie dem Italiener übergeben wollte. Sie verlor aber den Zettel, dieser kam in die Hände der Behörden und so wurde denn der Spioimge- versnch entdeckt. Das Reichsgericht verurteilte die jugend liche Spionin zu zwei Jahren Gefängnis, wobei drei Monate der Untersuchnngshaft als verbüßt angerechnet wurden. Mildernde Umstände wurden ihr nicht bewilligt, da ein Deutscher, der während des Krieges Spionage treibt, aus solche keinen Anspruch hat. Strafmildernd kamen das jugendliche Alter und das rückhaltlose Geständnis der Onnich, erschwerend aber ihre Gewinnsucht in Betracht. — Dorfschellenberg. (Einsichtige Landwirte.) Hier haben durch Vermittelung der Gemeinde die Landwirte sich bereit erklärt, bis nächstes Frühjahr die Einwohnerschaft mit Speisekartoffeln zu versorgen zum festen Preise von 3,25 Mark für den Zentner. / Vie ^artoffel-^öckstpreife. Mißverständnisse und Zuwiderhandlungen. Noch immer stößt die Kartoffeloerordnung des Bundes rats auf mancherlei Widerstand und Mißverständnisse. So wird z. B. vielfach darüber Klage geführt, daß die Händler bestimmte bessere Sorten, insbesondere die soge nannten Salatkartoffeln, nicht zu dem festgesetzten Höchstpreis verkaufen wollen, vielmehr statt 4 Pfennige, nach wie vor 8—10 Pfennige für das Pfund verlangen. Das ist ungesetzlich und muß dem Verkäufer empfindliche Strafe zuziehen. Alle Sorten unterliegen ohne Ausnahme dem festgesetzten Höchstpreis. Weiter fordern vielfach Landwirte die ihre Kartoffeln direkt, d. h. unter Ausschluß des Zwischenhandels an den Verbraucher absetzen, die dem Kleinhandel zustehenden Zuschläge. Auch das ist wie von unterrichteter Seite hervorgehoben wird, durchaus unzulässig: Die Landwirte haben in allen Fällen nur den Erzeuger-Höchstpreis zu fordern, unbeschadet natürlich ihrer Auslagen für Porto und Verpackung über die Station hinaus. Endlich sind Zweifel entstanden, ob der Erzeuger- Höchstpreis ab Station oder Gut gilt. 8 1 der Ver ordnung bestimmt zweifelsfrei, daß der Höchstpreis die Kosten des Transports bis zum nächsten Güterbahnhos oder der nächsten Schiffsanlegestelle, sowie die Kosten der Verladung einschließt. Verlustliste Nr. 224 der Königlich Sächsischen Armee, ausgegeben am 8. November 1915. Dieselbe enthält aus der Stadt Wilsdruff und derer näheren Umgebung folgende Namen: Balleuthien, Karl, Wilsdruff — bisher vermißt, ist ge fallen (V. L. 25). Pfützner, Martin. Wilsdruff — schw. v., Brust. Schlicke, Paul, Grund, Dresden --- bisher vermißt ist ver wundet (V. L. 91). Becker, Alfred, Kesselsdorf - schw. v, r. Bein. Fritzsche, Ernst, Mohorn, Dresden-A. — l. v., r. Fuß. Sttrl, Walter (2. Komp ), Mohorn, Dresden-A. — 1. o. Marktberichte. Tre-duer Schlachtvietzmarkt am 8. November. Auftrieb: 332 Och en N2 Bullen, 386 Kalben und Kühe, 228 Kälber, 725 Schafe, 1105 Sehw-me, Mammen 2888 Tiere. Bezahlt in Mark für 50 Kilo gramm Leb nd- resp. Schlachtgewicht, i. Rinder. -K. Ochjen: l. vollsteischige, ansgemäslete höchsten Schlachtwerles bis zu fest - Jahren 72—76 resp. 125—130,2. junge fleischige, nicht ausgcmäste:e, ältere ausgemästete 58—64 resp. 121—127, 3. mäßig genährte jun e, aut genährte ältere 50—55 resp. 111—119,4. gering genährte jede > Alters 38—45 resp. 99—106. L. Bullen: I. vollfleischige, ausge wachsene höchsten Schlachtwertes —, resp. —, 2. voll- fleischige jüngere 63—70 resp. 112—120, 3. mäßig genährte junge e und gut genährte ältere 47—55 resp. 99 —108,4. geringgenähr e 38—41 resp. 88—93. c. Kalben und Kühe: 1. vollfleischige, ausw mästete Kalben höchsten Schlachtwcrtes 71—75 resp. 126—130, 2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten Schlachtwertes bis zu 7 Jahren 68—73 resp. 131—136, 3. ältere ausgemästete Kühe und gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben 48—58 resp. 105—II6, 4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 35—42 res . 90—102, 5. mäßig und gering genährte Kühe und gering genährte Kalben 25—32 resp. 81—91. ii. Kälber: 1. Doppellender 95—105 resp. 130—140, 2. beste Mast- und Saugkälber 77—80 resp. 125 -128 3. mittlere Mast- und gute Saugkälber 64—69 resp. 112—117, 4. geringe Kälber 5k—61 resp. 104—109. m. Schafe: I. Mast lämmer und jüngere Masthammel 73—77 resp. l48—154, 2. älttr- Masthammel 64—70 resp. 133—143, 8. mäßig genährte Hammel und Schafe (Merzschafe) —,resp. —. IV. Schweine: l. vollfleisch ge feinerenRassenundderenKreuzungenimAltcrb. zu t'^Jahr 100—105 resp. 127—132, 2. Fettschweine 110—118 resp. 138—147, 3. fleischige 90—95 resp. 114—120, 4. gering entwickelte 80—88 resp. 105 113, 5. Sauen und Eber 90—loO resp. 112—115. Ausnahmepreise über Notiz. Geschäftsgang in Rindern und Schweinen schlecht, in Kälbern und Schafen langsam. Kein Ueberstand. Dresdner Produktenbörse, 8. November 1915. Wetter: Bewölkt. Stimmung: —. Um 2 Uhr wurde amt lich notiert: Weizen, pro lOOO KZ netto, inländischer 260,00 M-, gesetzlicher Höchstpreis, Ware beschlagnahmt. Roggen, pro 1000 KZ netto, inländischer 220,00 M-, gesetzlicher Höchstpreis, beschlagnahmt. Gerste, pro 1000 KZ netto, inländische beschlag nahmte 50»/g 300—400 M., gesetzliche Höchstpreise, beschlagnahme- freie 50°/„—, ausländische, beschlagnahmefreie — Mark. Hafer, pro 1000 KZ netto, inländischer 300,00 M., gesetzlicher Höchstpreis Ware beschlagnahmt. Mais, Cinquantine —, Rund mais —M., beide beschlagnahmefrei. Oelsaaten, Winterrap k Ernte 1915, 600 M., gesetzlicher Höchstpreis, beschlagnahmt. Weizenkleie pro lOOKZnetto ohne Sack, gesetzliche Höchstpreise für den Hersteller 13,00 M. (beschlagnahmt). Roggenkleie pro 100 Ka netto ohne Sack, gesetzliche Höchstpreise für den Hersteller, aus ländische Kleie: —,— bis —. (Die für Artikel pro lOO K^ notierten Preise verstehen sich für Geschäfte unter 5000 KZ. Alle anderen Notierungen gelten für Geschäfte von mindestens 10000 KZ.) Ssor<Z ZVZLLMLlru /Mliengssel LrsLcksn Der flüebtUng. Koman von A. Seyffert-Klinger. M (Nachdruck verboten.) So fuhr sie denn in stumpfer Ergebenheit ihrem Endziel entgegen; ach, wie so ganz anders, als vor einer Stunde. Da hatte jeder Äaum, jede Blume ihr Froh- aefühl erhöht, da schienen die Polster leichte Wolken zu sein, auf denen sie dahinschwebte, nun aber war alles dunkel nm sie her, ihr Schicksal, wieder hinausgestoßen zu werden, heimatlos und verlassen herumzuirren. AlS daS Auto vor der Villa Ohlendorf hielt, stieg sie langsam auS wie eine Schwerkranle; mit ungleichmäßigen, unsicheren Schritten legte sie die kurze Strecke bis zum Hause zurück, zagend und widerstrebend. Wenn ihr doch daS Bitterste wenigstens erspart blieb, dem jungen Herrn zu begegnen, vor ihm fürchtete sie sich am meisten, viel mehr, als vor den gütigen, nachsichts vollen Augen der Rätin. Von ihm mit Verachtung abgetan zu werden, erschien ihr unerträglich. Aber Ohlendorf kam von der anderen Seite deS Gartens ihr gerade entgegen. WaS sie um jeden Preis zu vermeiden wünschte, daS geschah, er erkannte ihren Zustand, ihre grenzenlose Verstörtheit, daß ihre Seele sich wand in namenloser Oual. Mit gesenktem Kopf, in halber Betäubung wollte sie an ihm vorüberschleichen, ohne ihn zu begrüßen, oderanzusehen. Aber er folgte ihr auf dem Fuße inS Haus. -Kommen Sie mit mir ins Eßzimmer, Fräulein Eva , sagte er ruhig, .dort sind wir momentan ungestört —' »Ich muß die Frau Rat sofort sprechen', unterbrach fie ihn rauh, ohne aufzublicken. »Meine Mutter ist sehr unwohl und bedarf der größten Schonung, waS Sie zu sagen haben, müssen Sie mir schon Mitteilen. Daß etwas Besonderes geschehen ist, sehe ich Ihnen an. WaS also ist Ihnen so Schlimmes begegnet, haß Sie wie vernichtet sind?' Er hatte die Portiere zurückgeschlagen, ließ sie ein treten und schob ihr einen Stuhl hin. .Fassen Sie doch Vertrauen zu mir", wie weich und gütig seine Stimme klang, „sprechen Sie, Fräulein Eva, hat Ihnen jemand unrecht getan?" Mit einem herzzerreißenden Blick sah sie ihn an auS ihren herrlichen Rehaugen, fast wild schüttelte sie die dunklen, schimmernden Flechten. „Ich habe die ganze mir anvertraute Summe verloren', stammelte sie in fast ersticktem Ton, „Sie sehen, daS Schicksal ist gegen mich . . . Wie könnte ich wobl aus sprechen, waS ich an innigem Dank empfinde, wie Ihnen g aubhaft machen, was ich alles beginnen wollte, um meiner Wohltäterin zu beweisen, daß sie ihr Interesse einer Würdigen zugewendet. Und statt dessen stehe ich hier wie das undankbarste Geschöpf unter der Sonne.' Sie legte die Hand über die Augen, weil der Rechts anwalt die aufquellenden Tränen darin nicht sehen sollte, „ach, wie unsagbar glücklich war ich hier, und glaubte wirklich, es könne nie anders werden, das Schicksal wolle endlich gutmachen an mir. Ich bin doch auch jung', schluchzte sie auf, „will ja nichts für mich, als das Schöne mit erleben, aus nächster Nähe bewundern zu dürfen, aber auch daS bleibt mir versagt.' Martin war ein geübter Menschenkenner und leistete als Dilettant auf dem Gebiet der Kunstmalerei geradezu Hervorragendes. „Diese wunderbaren Augen', dachte er, „und wenn sie nicht mehr so verkümmert dreinschaut und die Linie von der Stirn sich rundet, so muß sie reizend sein. Er studierte jede Linie des mageren Gesichtchens mit seinen scharfen Künstleraugen. Dabei konnte er ein humorvolles Lächeln nicht unterdrücken. Er hatte schon seine Brieftasche in der Hand. .Der Schaden ist ja noch zu kurieren, davon brauchen Sie soviel Aufhebens nicht zu machen. Ihrem Aussehen nach mußte ich denken, es sei Ihnen wer weiß was ge schehen. Hier haben Sie dreihundert Mark, erinnern Sie sich noch der Aufträge, weiche Ihnen meine Mutter erteilte?' „Die Liste habe ich hier im Gürtel', sie zog ein Papier hervor, „aber das — kann doch Ihr Ernst nicht ffein?' Wie entgeistert sah sie ihn an, „nein, nein, erst muß ich der gnädigen Frau beichten, und sie — wird ganz anders über die Sache denken, mir die Strafe diktieren, welche mir gebührt, mich fortweisen." „Das könnte schon sein", dachte Martin, laut aber sagte er, und zwar sehr kurz und bestimmt: „Hören Sie, Fräulein Eva, wie ich Ihnen schon sagte, muß meine Mutter vor jeder Aufregung bewahrt werden, daher dürfen Sie ihr nichts von dem Vorfall verraten—" „Ich habe doch aber auch die Handtasche verloren —' „Nun gut, das ist ja ohne Bedeutung. Ich denke, es wird Sie hier keiner gesehen haben. Gehen Sie also zur übernächsten Stra . cke und erwarten Sie mich dort. Der Chauffeur wird sogleich wieder vorfahren, um mich abzuholen, dann fahren wir zusammen zur Stadt, ich steige vor meinem Büro ab und Sie achten auf das Geld und besorgen Ihre Einkäufe.' Alles schien sich um Eva zu drehen, doch nur einen Moment. Sie sprang auf. Ihr ganzes Herz lag in ihren Augen, als sie rief: „Sie wollen mir wirklich noch einmal vertrauen? Ich muß nicht fort von hier, Sie erlauben mir zu bleiben?" Martin sah bestürzt in diese dunklen Augen, aus denen ein goldiger Strom brach, der zu ihm hinüber flutete, ihn so eigen durchrieselte, so neu und seltsam Sein Gesicht verfinsterte sich plötzlich. „Sie dürfen nicht so exzentrisch sein, Fräulein, tun Sie, wie ich Ihnen sagte, ich muß fort.' Sie ging, mit zuckenden Lippen und tief erblaßtem Gesicht. Er sah ihr mit weitgeöffneten Augen nach, doch nur für die Dauer einer Sekunde, dann schritt er rasch in den Garten zurück, sich von seiner Braut zu verabschieden. Schmollend schmiegte sie sich in seinen Arm, der Duft ihres blonden Haares umschmeichelte beschwichtigend seine Sinne. „Nun willst du schon wieder fort und läßt mich ganz allein. Die Langeweile wird mich noch krank und elend machen.' <Fortsetzung folgt.)