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MWN für UM Beilage zu Nr. 126. Dienstag, den 2. November 1915. Aus Stadt und Land. Mitteilungen aus dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Vom Weltkrieg 1914. 30. 10. Der Krieg zwischen der Türkei und Rußland gilt als ausgebrochen. Bei einem Seegefecht im Schwarzen Meer werden durch türkische Kräfte zwei russische Kriegsschiffe in den Grund gebohrt und etwa 90 Gefangene gemacht. Der deutsche Kreuzer „Emden" bringt an der Malakkastraße den russischen Kreuzer „Schemtschug" und einen französischen Torpedojäger zum Sinken. — Deutschenhetze in Moskau unter Duldung der Polizei. — Erhebliche Erfolge der Öster reicher gegen die Russen in Galizien. 30. 10. Der revolutionäre Aufstand in Südafrika gegen England gewinnt immer mehr an Umfang. — Vorstöße der Russen abgeschlagen. — Neue Erfolge der Österreicher m Galizien. 81. 10. Die Franzosen über die Aisne zurückgsworsen. — Die Türken bombardieren erfolgte.ch Sebastopol. — Eng land sperrt die Themsemüni.n. 1. 11. Erfolge der Deulf,en bei Mem und Lille. — Der englische Kreuzer „Hermes" im Kanal von einem deutschen V-Boot in Grund gebohrt. — Die Russen bei Starr)—Sambor von den Osterreichem geschlagen. 2. 11. Messines bei Mem von den Deutschen ge- nommen. — Russischer Vorstoß bei Szitkchmen abgewiesen. — Franzosenfeindliche Unruhen in Marokko. — N. I. I. I. K. K. H. H. der Kronprinz und Prinz Friedrich Christian haben vom Felde der Stiftung Heimatdank 5000 Mark bez. 3000 Mark gespendet. Die Summen sind höchster Bestimmung gemäß der Stiftung Heimatdank am 15. Oktober, als dem Todestage des Hoch- seligen Königs Georg, überwiesen worden. — L. Irl. Militärische Grenzüberwachuug. Die vom stellvertretenden Generalkommando XII angeordnete Ein führung einer verschärften Grenzüberwachung ist, wie aus vielfachen Aeßerungen aus unserem Leserkreise hervorgeht, in weiten Kreisen in ihrer Bedeutung mißverstanden worden. Es handelt sich lediglich um die Bekämpfung der Spionage und keineswegs um eine gegen die mit uns verbündete Nachbarmonarchie Oesterreich-Ungarn gerichtete Maßnahme. Man kann nicht einwenden, daß es genügen müsse, wenn jeder der Verbündeten die Grenze nach den feindlichen und den neutralen Staaten streng abschließe. Diese Annahme ist durchaus irrtümlich. Je größer das Gebiet ist, in dem der einzelne Spionageverdächtige sich frei bewegen kann, desto mehr ist an sich schon seine Ueberwachung- erschwert. Noch viel mehr ist dies der Fall, wenn der Verdächtige ungehindert aus dein Gebiete einer großen, geschlossenen Behördenorganisatiou in das einer anderen hinübertreten oder Drucksachen und Schriften dahin ausführen kann. Aus diesen Gründen sind die beiderseitigen Verwaltungen dahin übereingekommen, sowohl diesseits wie jenseits der Grenze eine militärische Überwachung der Grenze einzuführen. — Die stellvertretenden Generalkommandos haben für ihren Befehlsbereich die sofortige Feststellung der Butter vorräte und Speisefettbestände unter Mitwirkung der Zivilbehörden angeordnet. Des Ministerium des Innern erteilt in einer heute in der „Sächs. Staatsztg." veröffent lichten Verordnung den Kommunalverbänden hierzu ent sprechende Anweisungen. Sofortige Ermäßigung der Brennspirituspreise. üm die Verbilligung des Brennspiritus dem Publikum schneller zugänglich zu machen, hat die Spiritus-Zentrale sich bereit erklärt, den Kleinhändlern, die ihre alten Be stände schon jetzt zu den um 15 Pf. ermäßigten Preisen verkaufen wollen, den Preisunterschied zurückzuvergüten. Der Kleinhandel ist sonach in der Lage, seine Kundschaft rlsbald zu den herabgesetzten Preisen von 45 Pf. für eine Literflasche zu S5 Prozent und 42 Pf- für eine Literflasche zu 90 Prozent zu bedienen. — Billige Kartoffeln. Durch Vermittelung des Herrn Gemeindevorstandes Krumbiegel hat die Gemeinde Brauns dorf 800 Zentner gute ausgelesene Speisekartoffeln aus den Erntevorräten des Herrn Geheimen Oekonomierat Andrä daselbst angekauft, die für 2,85 Mark pro Zentner an die Einwohner abgegeben werden. Nur durch das Entgegen kommen des Herrn Andrä kann den Einwohnern dieser billige Preis gestellt werden. — Keine Heringe mehr an Händler. Verschiedene Blätter berichten: Um Preissteigerungen für Heringe zu vermeiden, gibt die Deutsche Heringshandelsgesellschaft, wie die Zentral - Einkaufsgesellschaft den Gemeinden mitgeteilt hat, vorläufig keine Heringe mehr an Händler ab. Die vorhandenen Bestände sollen ausschließlich durch Vermitte lung von Gemeinden verkauft werden, damit der Preis für dieses Volksnahrungsmittel niedrig bleibt. Die Ge meinden sollen ihren Bedarf bis zum 31. Dezember an- meldeu. — Auch eine Maßregel, deren Wirkung, zunächst wenigstens, das Gegenteil von der erhofften ist. Das Aus bleiben der Zufuhr veranlaßt die Händler, ihre noch vor handenen Bestände zu immer mehr steigenden Preisen ab zugeben. Gegenwärtig kosten Heringe etwa das Doppelte der vor dem Kriege bezahlten Preise, und eine Besserung ist demnach vor dem neuen Jahre nicht zu erwarten. — Die sächsische Lehrerschaft ist, wie natürlich auch die anderer Berufsstände, mit größter Begeisterung und mit opferfreudigster Hingabe für die Verteidigung des Vater landes und die Sicherung seiner höchsten Güter eingetreteu. Schon 713 sächsische Lehrer starben den Heldentod für das Vaterland, lieber 600 erhielten das Eiserne Kreuz und mehr als 200 wurden durch die Verleihung der Friedrich August-Medaille ausgezeichnet. — Der Landesverband der Saalinhaber im König reich Sachsen hat sich jetzt, nachdem er vergeblich auf die Einleitung einer Hilfsaktion für die in schwere Notlage geratenen Saalwirte seitens des Staates gewartet hat, mit einer Petition au den binnen kurzem zusammeutretendeu Landtag gewendet. Der Verband bittet eine hohe Stäude- versammluug a) um Erlaß einer Verordnung zum Schutze der Saalgewerbtreibenden gegen Hypothekengläubiger und Verpächter, b) um die Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung derjenigen Saalwirte, welche sich in ihrer Existenz bedroht sehen. — Frauendank und Heimatdank. Die „Nachrichten" des Heimatdank bringen folgende bemerkenswerte Ankün digung über ein Zusammengehen von Heimatdank und Frauendank. Es gereicht uns zur besonderen Freude, mit- teileu zu können, daß kürzlich im Ministerium des Innern zwischen Heimatdank und Frauendank eine Vereinbarung getroffen worden ist, die ein Handinhandarbeiten beider Organisationen ermöglicht und sicherstellt. Der Heimat dank ist nunmehr in der Lage, seinen Organen im Lande die Förderung der Werbetätigkeit und der Arbeit des Frauendank angelegentlich zu empfehlen. Wir freuen uns von Herzen, den Eiser und die Opferwilligkeit der säch sischen Frauen, wie sie der Frauendank verkörpert, nunmehr in eine Bahn gelangt zu sehen, in der ein ersprießliches Zusammenarbeiten mit dem Heimatdank zu Nutz und För derung beider Organisationen möglich erscheint. (M. I.) — Sächsisches Staatsschuldbuch. Eingetragen waren Ende Oktober 1915: 3118 Konten im Gesamtbeträge von 217688400 Mark. — Der Lichtbildervortrag im Saale des Gasthofs „Weißer Adler" am letzten Sonntag abend war zahlreich besucht. Es wurden ansprechende Bilder, besonders hervor ragende Bauwerke, Landschaften und Kampfplätze vom öst lichen, südöstlichen und Balkan-Kriegsschauplatz vorgeführt und außer mehreren von jungen Mädchen recht lobenswert vorgetragenen Gedichten am Schluffe noch ein solches durch Herrn Lehrer Schneider, betitelt „Der Flieger und der alte Fritz" zu Gehör gebracht. Mit großem Beifall dankten die Erschienenen. — Klipphausen. Im hiesigen Orte treibt ein Dieb sein Unwesen. In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend hatte er es morgens gegen 5 Uhr auf den Hühnerstall einer Wirtschaft abgesehen. Der Besitzer, durch Geräusch auf merksam gemacht, konute noch beobachten, wie er das Hühnerstallfenster zuschob. Zeugen waren leider nicht zur Stelle, daß man den Spitzbuben zur Anzeige hätte bringen können. Nur der Hund im nahen Gasthof ließ seinen Wächterruf ertönen, besonders als der Dieb am Gasthof vorüber seiner Behausung zustrebte. Vielleicht wissen die Bewohner künftig das Hundebellen richtig zu deuten und sind mit auf dem Poften, dem Dieb das Handwerk legen zu helfen. — Meißen. Der städtische Butterverkauf trägt seine Früchte. Trotzdem heute die Butterverkäuser entweder bei weitem weniger Butter aus den Markt brachten, oder diesen gar nicht besuchten, weil sie, wie jeder tüchtige Geschäftsmann, ihre ständigen Kunden Notabnehmern vorziehen, ersteren aber schon frühzeitig ihre bestimmte Menge Butter ins Haus getragen hatten, war der Verkehr zwischen Käufern und Verkäufern heute recht ruhig. Jede Hausfrau konnte auch noch in späten Marktstunden soviel Butter bekommen, als sie haben wollte, und der Preis für ausländische Ware war für das Stück auch noch um fünf Pfennige billiger, als während der letzten Markttage. So schwierig die städtische Butterbeschaffung für den Rat auch gewesen sein mag, so zeigt sich auch in diesem Falle, daß überall, wo ein Wille ist, sich auch ein Weg finden läßt. — Meißen. In Verdacht, das väterliche Gehöft an gezündet zu haben, steht der 28jährige Sohn des Wirtschafts besitzers Donat im Ortsteil Bohnitzsch, von dessen Besitztum die Scheune mit der Ernte und das Seitengebäude nieder gebrannt sind. Das auch im Wohnhause angelegte Feuer war nicht zur Entwicklung gekommen. Der verschwundene Sohn hat sich durch Drohungen gegen eine Verwandte, die dem Vater die Wirtschaft führt, verdächtig gemacht. Er dürfte in geistiger Störung gehandelt haben. Wie nun mehr bekannt wird, fand man die verkohlte Leiche des be treffenden jungen Mannes auf der Brandstätte der Scheune. Aeußerungen des jungen Mannes stellen es außer Zweifel, daß er nach der Brandlegung sich in der Scheune erhängt hat. — Klotzsche. (Bäckereischluß.) Infolge wahrgeuom- mener Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbetriebe des Bäcker meisters Franz im Ortsteil Königswald ist dessen Verkaufs laden durch die Qrtspolizeibehörde geschlossen worden, nachdem bereits vor einigen Tagen, wie es heißt wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz, ein Verbot des Verkaufs von Kriegsbrot gegen Franz erlassen worden war. — Dresden. Das königliche Hoflager wird am 3. No vember von Wachwitz nach dem Residenzschloß verlegt. — Langebrüct. Ein in hiesiger Nähe wohnender Fabrikbesitzer hatte 6 Söhne im Felde, wovon bereits 5 ge fallen waren. Um den letzten Sohn zu behalten, richtete der Fabrikbesitzer ein Bittgesuch an den Kaiser um Befrei ung vom Heeresdienst, das Gehör fand. Gleichzeitig mit dem Entlaffungsgesuch traf die Botschaft ein, daß auch der letzte Sohn gefallen sei. (Unsere neue Ernäkrungsficberung. Die Bundesrats-Maßnahmen. Die deutsche Wirtschaft schickt sich an, ihr Kriegswinter kleid anzulegen, zugleich mit dem Schnee und Frost, der etwas vorzeitig in diesen letzten Oktobertagen unsere Fluren überfallen hat. Wieder ist es eine ganze Gruppe von Verordnungen zur Sicherung der Volksernährung, die der Bundesrat soeben verabschiedet hat, und weitere werden folgen. Sie verfolgen das Ziel einer vom sozialen Stand punkt aus gerechteren Verteilung der wichtigsten Lebens- mittel unter Festhaltung erschwinglicher Preise. Deshalb soll der Fleisch- und Fettoerbrauch durch Einrichtung fleischloser Tage wöchentlich eingeschränkt werden; zugleich erhält der Reichs kanzler die Ermächtigung zur Festsetzung von Grundpreisen für Fisch und Wild, in der gleichen Art, wie dies bereits für den Buttermarkt geschehen ist. Vom 1. November dürfen also Fleischwaren und Fleischspeisen Dienstags und Freitags nicht gewerbsmäßig an Verbraucher verabfolgt werden. Montags und Donnerstags dürfen in Wirt schaften aller Art Fleisch, Wild, Geflügel, Fisch und sonstige Speisen, die mit Fett oder Speck gebraten, gebacken oder geschmort sind, sowie zerlassenes Fett nicht verabfolg* werden. Sonnabends darf kein Schweinefleisch verabreicht werden. Der Reichskanzler ist vom Bundesrat ermächtigt worden, allgemeine Produzentenhöchstpreise für Kartoffeln festzusetzen. Der Reichskanzler hat diese Höchstpreise durch Bekanntmachung vom gleichen Tage, nach den bisher üblichen Preisgebieten getrennt, ebenso bestimmt, wie dies in der Kartoffelverordnung vom 9. Oktober dieses Jahres ginsichtlich der sogenannten Grundpreise geschehen war. Die Produzentenhöchstpreise bewegen sich also zwischen 55 and 61 Mark (2,75 bis 3,05 Mark Mr den Zentner). Den Klcirchandelshöchstpreis für Kartoffeln Md alle Gemeinden mit mehr als 10000 Einwohnern ver pflichtet, die anderen Gemeinden sowie Kommunalverbände berechtigt, festzusetzen. Er darf den Produzentenhöchstpreis vesjenigen Preisgebiets, in dem Kleinhandel ausgeübt wird, um höchstens 1,30 Mark (1 Mark 30 Pfennig) über teigen. Der Großhandelspreis wird sich nach den lokalen Verhältnissen zu richten haben. Die schon Anfang Oktober getroffenen Beschlagnahme- und Enteignungsvorschriften werden ausgedehnt auf alle Besitzer von mehr als einen Hektar Kartoffelanbaufläche. Das ist noch lange nicht illes; der Bundesrat hat noch mehr Pfeile im Köcher und -r ist entschlossen, einen nach dem andern abzuschießen, wie Pie Lage es erfordert. Aber die Zeit für durchgreifende Maßnahmen dieser Art ist auch in der Tat gekommen, und Pie Bevölkerung ihrerseits hat die vaterländische Pflicht, sich rasch und willig mit ihnen abzufinden. Man kann die ganze Richtung der neuen Bundesrats oerordnungen, obwohl sie die verschiedensten Vorschriften zum Inhalte haben, am besten damit kennzeichnen, daß man die Einrichtung fleischloser Tage als ihren eigent lichen Oberbegriff aufstellt Es sollen diejenigen Kreise, die entweder über die Lebensmittelvorräte selbst als Pro duzenten oder Händler oder aber über reichlichere Mittel perfügen, um sie sich nach Belieben erstehen zu können, zur notwendigen Rücksichtnahme auf die Lebensbedürfnisse der breiten Volksmassen veranlaßt werden. Deshalb Einwirkung ans die Preise und Einwirkung auf de» Verbrauch. Dabei werden die Einzelhaushaltungen zunächst noch gar nicht betroffen. Fleischlose Tage — Montag und Donnerstag — werden nur für Gastwirtschaften aller Art oorgeschrieben, und die gewerbsmäßige Abgabe von Fleisch, Fleischwaren und Fleischspeisen an die Verbraucher wird wie gesagt für die Dienstage und Freitage jeder Woche untersagt. Es ist also die Möglichkeit offen geblieben, daß diese oder jene Hausfrau sich an den Tagen des un beschränkten Einkaufs für die fleischlosen Tage mit versorgt, und die Hamsternaturen unter der edlen Weiblichkeit werden ihre Sache gewiß nicht ohne weiteres verloren- zeben. Aber wir wollen wünschen und hoffen, daß das nur Ausnahmeerscheinungen bleiben werden. Vor sich selbst müßte sich jeder Mann und jede Frau schämen, der nicht Einsicht genug besäße, um den verständigen Kriegsabsichten des Bundesrats willig entgegen zu kommen. An dem gemeinen Eigennutz des Magens darf die Ge schlossenheit des deutschen Volkes gewiß nicht zu Grunde gehen. Sie ist der Schrecken unserer Feinde und der Trost unserer Söhne und Brüder in den Schützengräben. Des halb muß sie unter allen Umständen erhalten bleiben. Im übrigen: die Selbstbeschränkung, die von uns gefordert wird, ist wirklich kaum der Rede wert. Die Arzte haben schon längst gegen den täglichen Fleischgenuß geeifert, und M Sel BBe Ses öBe; Sient nm Sm Wellnick!