Volltext Seite (XML)
Großes Hauptquartier, 20. Oktober. (AM. Amtlich.) Cingegangen nachmittags 4 Uhr. Westlicher Kriegsschauplatz: Bei einem Erkundung so orstoß nordöstlich von Prunay in der Champagne machten wir 4 Offiziere, 364 Mann zu Gefangenen und erbeuteten 3 Maschinengewehre, 3 Minenwerfer und viel Gerät. Bei Middelkerke wurde ein englisches Flugzeug abgeschossen; die Insassen fielen in Gefangenschaft. Oestlicher Kriegsschauplatz: Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg. Nordöstlich und nordwestlich von Mitau" machten unsere Truppen weitere Fortschritte. Wir nahmen mehrere feindliche Stellungen. Heeresgruppen des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern. Nichts Neues. Heeresgruppe des Generals von Linsingen. Die örtlichen Kämpfe am Styr dauern noch an. Balkan-Kriegsschauplatz: Oesterreichifch-ungarifche Truppen drangen auf Sabac vor. In der Gegend von Repanj sind weitere Kämpfe im Gange. Südlich von Lucica-Bozevac ist der Feind erneut geworfen. Bulgarische Truppen setzten sich durch schnelles Zufassen in den Besitz des Sultantepes (südwestlich Cgri-Palanka). Sie machten beim Vormarsch auf Kumanowo 2000 Gefangene und erbeuteten 12 Geschütze. Oberste Heeresleitung. bon srema una feka. Lekn fragen inhaltsschwer... London, 19. Oktober. Die hiesige Wochenschrift „The Nation" zeigt bisweilen den Mut freier Rede. Was Viviani in der französischen Kammer über den Balkankrieg gesagt hat, ist ihr nicht verständlich. Sie richtet darum an Viviani zehn — gleich zehn! — Fragen: 1. Welches ist die russische Armee, von der Viviani spricht? 2. Wo soll sie ansetzen? 3. Wie groß ist sie? 4. Wird Italien helfen? 5. Sollen wir ohne die Zusicherung Griechenlands los gehen? 6. Sollen die Verbündeten die Dardanellen aufgeben oder behaupten? 7. Wie soll die durch die lange Zeit abge- guälte Armee sich sofort für einen neuen harten Feldzug in einem schwierigen Gelände Herrichten? 8. Welche Hilfstruppen können wir in Frankreich von naher oder ferner Basis ent behren, und binnen welcher Zeit können sie in den Kampf ein greifen? 9. Wie kann die Stärke der zureichenden Streitmacht von 200 000 bis 300 000 Mann auf einer eingleisigen Bahn, die beständiger Unterbrechung ausgesetzt ist, erhalten werden? 10. Gibt es für unsere Expeditionen keine Grenze? — Die „Nation" gestatte jetzt uns eine Frage: Warum wendet sie sich mit ihrer Wißbegierde nicht an — Grey? Er steht ihr ja näher als Viviani, und keine Antwort kann sie auch von ihm erhalten. Russische ^negs-„fürlorge". Berlin, 18. Oktober. In der für die russischen Kriegsgefangenen in Deutschland erscheinenden „Rußkija Jswestija" findet sich die Wiedergabe eines Maueranschlags, mit dem sich Mütterchen Rußland an die Familien seiner Krieger wendet. In dem Anschläge heißt es: 1. Die Familien solcher Militärs, über die von der zuständigen Militärbehörde die Nachricht einläuft, daß sie freiwillig, ohne von der Waffe Gebrauch zu machen, sich ergeben haben oder desertiert sind, haben keinen Anspruch auf Unterstützung vom Tage des nächstfolgenden Auszahlungstermins ab. 2. Die Familien von Vermißten können ihre Ansprüche auf Unterstützung erst nach Beendigung des Krieges und nach dem Austausch der Gefangenen geltend machen, da dann erst endgültig festgestellt werden kann, daß über diese Dienst pflichtigen nichts zu ermitteln ist. Mittlerweile dürfen also die armen Weiber und Kinder verhungern. Und mit der ersten Bestimmung rächt man sich für die Sünden der Regierung und der Kriegsverwaltung, die viele Hunderttausende von Landes kindern in deutsche Gefangenschaft trieb, an den schuldlosen An gehörigen. Der Maueranschlag stammt aus Minsk, war von der Militärbehörde unterzeichnet und ist ein bezeichnender Be weis dafür, daß Rußland nicht allein in Feindesland gegen Frauen und Unmündige kämpft, sondem auch im eigenen Lande. Sturm gegen äas britilcke Kabinett. Rotterdam, 19. Oktober. Das ganze Koalitionsministerium scheint ins Schwanken gekommen zu sein. Sir Redmond, der bisher mit der Regie rung gehende irische Führer, sagte in einer Rede zu Dublin, die Lage der Koalitionsregierung sei in hohem Maße unsicher: es könnten jeden Tag Anträge eingebracht werden, die dem politi schen Waffenstillstand ein sofortiges Ende bereiten und das britische Volk wieder in zwei einander bekämpfende Parteien spalten würden. Die Möglichkeit von Wahlen sei der allgemeine Gesprächsstoff in politischen Kreisen. — Viele Blätter schleudern die heftigsten Anklagen nicht mehr gegen einen Minister, sondern gegen das Gesamtkabinett. Die „Morning Post" sagt: Der Sieg, der allgemein als Vorrecht der britischen Waffen gilt, wird nicht mehr als selbstverständlich angesehen. Das Blatt fordert, daß alle Minister, die sich als unfähig erwiesen, beseitigt würden. — „Daily Telegraph" schreibt: Milners direkte Erklärung, daß das Expeditionskorps von den Dardanellen zurückgezogen werden solle, eröffnete eine Frage, über die es schwer ist, ruhig zu denken. Der Beschluß, daß eine so große und kühne Unternehmung, auf die so glänzender Mut und so viele un ersetzliche Menschenleben verwandt wurden, aufgegeben werden sollte, wäre ein Beweis grober Unfähigkeit, für die keine Strafe hart genug wäre. Und so geht es weiter. Schon wird gemeldet, daß Grey, Churchill und Carson zurücktreten. Schon regen sich Stimmen, daß die mißglückte Dardanellenaktion auf Betreiben Rußlands leichtsinnig eingeleitet worden sei und daß es auf dem Balkan ebenso gehen werde. Sie stehen nicht mehr fest, die Herren um As-MH. Grieckenlanä bleibt neutral. Bukarest, 19. Oktober. Zuverlässigen Blättcrmeldungen zufolge gab Minister-! Präsident Bratianu im gestrige» Ministerrat bekannt, daß die griechische Regierung amtlich ihre Absicht mitgeteilt habe, an- i gesichts der durch den Angriff Bulgariens auf Serbien ge schaffenen Lage rmutral zu bleiben. Diese Nachricht stimmt mit allen über London, Paris und Sofia «»gelaufenen Meldungen überein. Auch im Lager der Alliierte« scheint man nicht mehr daran M glaubsn. -«tzPriechciL- land ruL ihnen marschieren werde. ' Erkaltete italienische Mnilter. Zürich, 18. Oktober. Eine große Erkältungsepidemie scheint unter den Männern der italienischen Regierung ausgebrochen zu sein. Der nach der Rückkehr des Ministerpräsidenten Salandra von der Front an gesetzte Ministerrat mußte vertagt werden, weil Salandra sich an der Front eine Erkältung zugezogen habe. Wie „Secolo" mitteilt, beabsichtigte er, den geplanteu Ministerrat dennoch abzuhalten, wurde aber benachrichtigt, daß einige andere Minister ebenfalls leicht indisponiert seien. Sonnino, der Minister des Äußern, wurde in den letzten Tagen ebenfalls krank gemeldet. Es ist schlimm, wenn die gesamten Minister plötzlich von einer solchen Seuche heimgesucht werden. Um so bösartiger wird das für die leitenden Männer, wenn sich angesichts der bisherigen Kriegserfolge eine merkliche Erkältung im ganzen italienischen Volke zu zeigen beginnt. Zuck Grey? — Zuck Sonnino? Berlin, 1S. Oktober. Nachdem Delcaffs in der Versenkung verschwunden ist, tauchen Gerüchte auf von dem Rücktritt seiner Kollegen in England und Italien. Ein Amsterdamer Blatt will „aus sonst gut unterrichteten Londoner Kreisen" erfahren haben, daß Grey dem Kabinett seinen Rücktritt angeboten habe. Und das Pariser „Joumal" erhält eine Privatmeldung aus Rom, wonach die Demission Sonninos als bevorstehend bettachtet werden könne, doch dürste das Kabinett Salandra das Vertrauen des Königs bewahren, falls es einen vollwertigen Ersatz für Sonnino findet. —Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß es sich hier um Mutmaßungen handelt. Vielleicht auch nur um eine — Reklame für die beiden Männer, deren Ruhm etwas ramponiert worden ist. Politische Rundschau. -I- Vor kurzem ging durch die Zeitungen die Nachricht, daß die Reichsgetreidestelle in diesem Erntejahr drei Millionen Tonnen Brotgetreide über die zur menschlichen Ernährung im Rahmen der jetzigen Verbrauchsbeschränkung erforder lichen Vorräte hinaus verfügbar habe. Sie könne und müsse daher zur Linderung der Futtermittelknappheit statt der 200000 bis 300000 Tonnen, die sie bereits in Form von Futterschrot abzugeben beschlossen habe, mindestens l Million Tonnen für Zwecke der Viehfütterung bereitstellen. Diese Nach richt bedarf der Richtigstellung: denn vorläufig steht ziffern mäßig nur fest, was zur menschlichen Ernährung sowie als Saatgut und als Reserve gebraucht wird, während der Ge samtertrag der diesjährigen Brotgetreideernte bisher nur schätzungsweise ermittelt ist. Danach kann zwar die mensch liche Ernährung ohne Zweifel als sichergestellt angesehen werden, aber die Höhe des tatsächlichen Überschusses ist noch unsicher. Infolgedessen ist es ein unbedingtes Gebot pflicht mäßiger Vorsicht der Reichsgetreidestelle, daß sie gegenwärtig keinesfalls mehr Brotgetreide Ler menschlichen Ernährung entzieht, als sie nach Maßgabe ihrer Berechnungsunterlagen verantworten kann. * Einem Wunsche des Reichstages entsprechend hat die Reichsregierung die Mindestsätze der Unterstützung für Kriegerfamilien für die Monate November bis einschließlich April auf 15 Mark für die Ehefrauen und 7,50 Mark für die sonstigen unterstützungsberechtigten Personen erhöht. Dabei wird angenommen, daß die Gemeinden diese Erhöhung der Mindestsätze nicht zu einer Herabsetzung der von ihnen bisher gewährten Zuschüsse benutzen. Die Lieserungsverbände sind darauf hingewiesen worden, daß die Erhöhung der Mindest sätze nicht eine Entlastung der Gemeinden bezweckt, daß das Ziel der Maßnahme vielmehr nur dann erreicht wird, wenn die höheren Mindestsätze den Familien im vollen Umfang rnaitt- knmrn«- — ökterreick-UngLrn. Die Zeichnungen auf die dritte Kriegsanleihe zeigen täglich stärkeres Wachstum und überschritten zuletzt 100 Milli onen täglich. Bis einschließlich 15. Oktober waren 826 Milli onen gezeichnet, während bei der zweiten Kriegsanleihe in gleicher Frist 743 Millionen gezeichnet worden waren. Alle großen Unternehmer zeichneten diesmal höhere Beträge. Nah und Fern. O Postanweisungen an Gefangene in England. Dem Zentralkomitee der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz, Abteilung für Gefangenenfürsorge, ist von amtlicher Stelle in London die Mitteilung zugegangen, daß die Kommandan ten der Gefangenenlager in England angewiesen worden sind, vor der Auszahlung von Postanweisungen an deutsche Kriegs oder Zivilgefangene diese über den Betrag, den Absender und den Aufgabeort der Anweisung zu befragen, um die Aus zahlung an einen anderen Gefangenen mit ähnlichem Namen, für den die Sendung aber nicht bestimmt ist, zu verhindern. Es empfiehlt sich daher bei Aufgabe einer Postanweisung an einen Kriegs- oder Zivilgefangenen in England, diesem gleich- Mtiq eine besondere Mitteilung durch Brief oder Postkarte LA m«che«, mük der der Betrag, der Name deS Absenders und der Nur««beert «fledflick ist. Letzte Meldungen. Das Endziel des Balkanfeldzuges. Paris, 19. Oktober, (tu.) Nach einem Tele gramm aus Rom versichert man, das Endziel der Deutschen sei die Gewinnung der beiden Donau-User, um bis zum Monat Januar die Entsendung von Proviant und Munition an die Türkei zu ermöglichen. RumäniensAnschlutz an dieZentralmächte? Budapest, 19. Oktober, (tu.) Nach einem Bukarester Telegramm des „Az Est" schreitet die rumänische Politik einer raschen Entwicklung entgegen. Jetzt sei es für niemand mehr zweisel- hast, daß die Neutralität nur kurze Zeit noch werde festgehalten werden können und die Zeit sei nahe, daß auch Rumänien auf dem Plan des Weltkrieges werde erscheinen können. Nach der heutigen verzweifelten Lage des Vierverbandes sei es nicht schwer, vorauszusehen, bei welcher Gruppe der Kriegführenden Rumänien seinen Platz einnehmen werde. Die Aktion Rumäniens werde erfolgen» wenn der Erfolg gesichert er scheine und dieser Zeitpunkt scheint den bisheri gen Gegnern des Vierverbandes jetzt gekommen zu sein. Durchmarsch bulgarischer Reservisten durch Rumänien. Koppenhagen, 19. Oktober, (tu.) „National- Tidende" meldet aus Petersburg: Rumänien erlaubte 6000 in Deutschland sich aufhaltenden Bulgaren die Durchreise nach Bulgarien, um sich zu den Fahnen zu begeben. Rumänien wünscht jedoch eine Kontrolle, daß sich unter den vielen wehrpflichtigen keine deutschen Offiziere befinden. Der Vierverband hat dagegen Ein spruch erhoben. Erkrankung Asquiths. Amsterdam, 20. Oktober, (tu.) Reuter meldet: Amtlich wird bekanntgegeben, daß Mi nisterpräsident Asquith an einem Anfall von Darmkatarrh erkrankt ist und daß er einige Tage absoluter Ruhe bedürfe. Dem U-Boot entgangen. Stettin, 20. Oktober, (tu.) Der Dampfer „Scotia" der Reederei Emil Petzlaff in Stettin mit Erz von Schweden nach Stettin unterwegs, wurde auf der Höhe von Hasle (Bornholm) von einem englischen U-Boot verfolgt. Der Stettiner Dampfer wäre sicherlich dem feindlichen Unter seeboot zum Opfer gefallen, wenn nicht plötzlich ein Zeppelin über dep Ostsee erschienen wäre, dem die Scotia signalisiert hatte, daß sie von einem feindlichen U-Boot verfolgt werde. Als das feindliche U-Boot den Zeppelin bemerkte, der seine Verfolgung aufnahm, tauchte es unter und verschwand. Bevorstehender Rücktritt Salandras. Zürich, 20. Oktober, (tu.) Wie den „Neuen Züricher Nachrichten" von ihrem Mailänder Korrespondenten gemeldet wird, gilt die Stellung des Ministerpräsidenten Salandra als ernstlich erschüttert, so daß man mit seinem baldigen Rück tritt rechnet. Die Kämpfe an der griechischen Grenze. Athen, 20. Oktober, (tu.) Nach dem Blatte „Monasti" verfolgt die griechische Regierung die Operationen an der serbisch-bulgarischen Grenze in der Nähe der griechischen Grenze mit Interesse. Der Ministerrat setzte Maßnahmen fest, die zu ergreifen sind, falls die Bulgaren auf griechisches Gebiet eindringen sollten. Hoffnungslosigkeit in Frankreich. Paris, 20. Oktober, (tu.) In Anbetracht der schnellen Entwicklung der militärischen Ope rationen gegen Serbien bewahren hiesige wohl unterrichtete Kreise nur geringe Hoffnung, daß das französisch-englische Expeditonskorps zeitig genug in Serbien eintreffen kann, um die Lage des bedrängten serbischen Heeres ins Gleichge wicht zu bringen. Die Presse wurde angewiesen, die Oeffentlichkeit auf den allgemeinen Rückzug der Serben vorzubereiten, da derselbe als unab wendbar betrachtet wird. Der bulgarische An griff ist in seiner Großzügigkeit und außer ordentlichen Stärke den hiesigen Kreisen voll kommen überraschend gekommen. Italien und der Balkankrieg. Lugano, 20. Oktober, (tu.) Die Debatte in den italienischen Zeitungen über die Teilnahme Italiens am Balkankrieg dauert an, ohne eine Aufklärung zu bringen. Die offiziöse Agenzia d'Italia betont besonders die Einigkeit, die zwischen den Kabinetten des Vierverbandes herrsche, offenbar um die anderslautende Strafe der Tatsachen zu übertönen. Messaggero definiert die Haltung, die im Ministerrat sestgelegt worden sei, als ebenbürtig mit der in früheren Sitzungen, ohne indes Beweise für die Uebereinstimmung Italiens mit den übrigen Vierverbandsmächten zu geben. Der kriegsmüde Zar. Wien, 20. Oktober, (tu.) Aus Petersburg wird gemeldet: Der Zar wird den Oberbefehl wegen seiner : eschwöchte« Gesundheit wieder ab gebe«. K«ropatki« ist für eine hohe Führerstelle ansersehe«.