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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 18.09.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191509184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19150918
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19150918
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-09
- Tag 1915-09-18
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Monat
1915-09
-
Jahr
1915
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-»SSSSSSSSSSDSS-SSSSSSSSSSSSSSSSSSSSDSSS Welt Im Bild HSSSSSSSSSSSSBSSSSLSL-LLSSLLSSLLLL-SLS«» fachsten würde es daher sein, zu sagen: ! der ist blind, der keine Lichtcmpfindung mehr ! hat. Doch geht das leider nicht an, da auch jene, welche noch in nächster Nähe die Hand erkennen oder die Finger zählen.können, in der praktischen Verwertung ihrer Gesichts eindrücke den Blinden vollkommen gleich- stehen. Auch sie sind nicht imstande, ohne Führung an fremden Orten den Weg. zu finden, sic haben keine Unterstützung bei ihren Arbeiten durch den Rest des ihnen er halten gebliebenen Sehvermögens, und köu- ! nen unsere Schrift und unseren Druck selbst ! mit starken Vergrößerungen nicht erkennen. Der psychische Eindruck den die Herab- ; Minderung oder der Verlust des Schver- i mögens machl, ist individuell ein recht ver schiedener. Es ist schon vorgekommen, daß sich jemand seiner Erblindung wegen das Leben nahm. Bei anderen Blinden tritt! gerade in dem Moment, wo sie definitiv er- j fahren, daß Hilfe unmöglich ist, eine Be ruhigung ein; sie fangen an, sich mit dem, was sie haben, zu bescheiden und können ! wieder zufrieden und glücklich werden- Interessant ist, was der blinde Schrift steller Scherer über den Unterschied zwi- j scheu Blindgeborenen und Blindgewordenen sagt: „Wenn überhaupt ein Unterschied in dem traurigen Zustande der Blindheit an- j genommen werden soll, so dürfte es viel leicht der sein, daß der Blindgewordene sich unglücklicher fühlen mag als der Blindge borene, der die Bedeutung des Gcsichtssin nes gleichsam nur vom Hörensagen kennt. Nicht das Gefickt ist es, welches den wescnt lichen Zusammenhang der Menschen bedingt sondern cs sind Sprache und Gehör. Das Wort ist Vermittler der Gedanken, und der- s jenigc, welcher die Gedanken, Empfindungen und Vorstellungen Anderer durch das Gehör wahrnehmen und durch die Sprache mittei len kann, ist der allgemeinen Bildung viel mehr und der höheren Ausbildung ungleich fähiger als jener der zwar sicht, aber des Gehörs und der Sprache ermangelt. Durch die Sprache wird der Mensch erzogen und der schlummernde Geist erweckt zum Leben ; und zur Erkenntnis." Man sieht, wie Sche rer grade die Bedeutung der Sinne, die ihm ! geblieben sind, betont:- im Gegensatz dazu begegnen wir bei Taubstummen einer um- ! gekehrten Auffassung der Bedeutung der Sinne. So schreibt der Taubstumme ; Berthier, Lehrer an der Pariser Taub- ! ftummenanstalt: „Es gibt, so Viel ich ! weiß, keinen einzigen Redenden, der nicht lieber taubstumm als blind sein wollte: in der Tat, wie könnte man sich einer schmerz- ! lichen Ucbcrraschung erwebren, wenn man j einen Blick auf das Aeußere eines Blinden wirft? Mag immerhin das Lächeln aus seinen Lippen schweben, hohe Nöte auf seinen > .Wangen brennen, so begräbt sich doch das ; Gefühl in die Stille, alles an ihm bietet ein trauriges Bild des Grabes dar — — Es ist dies ein trauriges Schlachtopfer, das der , Tod mitten unter Lebenden und selbst mitten im hellsten Glanze begleitet Der Taub stumme dagegen genießt wie alle Menschen den Glanz der Äugen, die schimmernden Farben der Blumen, die wicderkehrenden Reichtümer der Flur und endlich alles, was ! die anziehenden Reize der Natur und des Lebens ausmacht. Der Blinde wird stets! ein Kind oder einen Hund als Führer und einen Stock als Stütze nötig haben. Der > Taubstumme hat weder einen Führer noch s eine Stütze nötig." stumme, bemitleiden einander; sehr drastisch redet hier auch eine kleine Geschichte, die sich in einer Blindenanstalt ereignete. Ein blind geborener, aber durch Unterricht vor geschrittener Knabe wurde von einem Be sucher gesragt, was er lieber wollte: Sehen — oder tausend Taler? Die Antwort war: Sehen müsse ja recht hübsch sein, aber tau send Taler wären ihm lieber. — — Der Blinde würde noch viel leichter den Weg zur Zufriedenheit finden, wenn nicht der Umgang niit Sehenden und alle unsere, für Vollsichtige, berechneten Einrichtungen ihn beständig auf seinen Mangel aufmerk sam machten. Dieser Vergleich ist das ein zig Trübende. Daraus erklärt cs sich auch, daß die Blinden so überaus empfindlich sind, wenn sie an ihren Fehler erinnert wer den. Mitleid begehrt der Blinde nicht, er wünscht nur, daß seine Blindheit nicht zur Langeweile führe und ihn nicht dem uner träglichen Nichtstun preisgebe. Er will nicht aus der Gesellschaft der Menschen aus gestoßen sein. Und weil ihm seine Blindheit überall hinderlich in den Weg tritt, so nährt er im Herzen einen heißen Wunsch, vereint er seine Kräfte zur Erreichung eines ein zigen Zieles: Die Welt daran zweifeln zu machen, ob er der Sehkraft entbehre. Man erzählt von dem blinden König von Hanno ver, daß er zu Personen, die ihm früher einmal vorgestellt wurden, sagte: „Ich habe Sie vor längerer Zeit schon einmal ge sehen." Er hielt Truppenparaden ab, sprach über Schönheiten dec Gegend, er suchte sich wie ein Sehender zu benehmen. Einen gewissen Ersatz für das man gelnde Sehvermögen hat der Blinde durch die erheblich gesteigerte Feinheit seiner an deren Sinne. Hier konnte er mitleidig aus uns herabsehen. Ost geht dies so weit, daß in der Tat die Sehenden die schlechteren Be obachter sind. Blinde empfinden sehr wohl, ob sie sich in großen, Hellen, luftigen Zim mern oder in engen, dunklen Räumen be finden. Es isl dies wohl von der gesteiger ten Empfindlichkeit der Hautncrven gegen leichtere Luftbewegungen herzuleiten. Daß das Tastgefühl überhaupt sich hebt und ver feinert, erweist die ganze Art ihrer Be schäftigungen. Aber auch an Stärke und Zuverlässigkeit des Gedächtnisses überragen die Blinden die meisten Sehenden. Wir be sitzen geschichtlich beglaubigte Beispiele ge nug, die von der -hohen Bildungsfühigkeit der Blinden zeugen und lehren, wie sie in den verschiedensten Stellungen gewirkt und oft hervorragende Leistungen zustande ge bracht haben. Ende des 18. Jahrhunderts erregte besonderes Aufsehen Therese von Paradies, die 1759 zu Wien geboren war und in ihrem dritten Jahre das Sehver mögen verloren hatte.. Ihre. Eltern ließen ihre musikalischen Anlagen ausbilden, so daß sie im Orgelspiel eine hohe Virtuosität erreichte. Im Jahre 1784 machte Therese mit ihrer Mutter eine Reise durch Deutsch land, Schweiz, Frankreich, England, Bel gien und Preußen. Ueberall wurde sie an den Höfen gehört und bewundert, da neben ihren musikalischen Leistungen ihre sonstige hohe Bildung und die Lebhaftigkeit ihres Geistes Interesse erregte. Sie korrespon dierte mittels einer selbst erfundenen Hand druckerei; sie fertigt? sich geographische Re liefkarten, indem sie die Grenzen und Flüsse mit feinem Draht und Seidenfäden, das Meer mit Sand, und die Städte mit fla chen Perlen bezeichnete. Sie kannte Per sonen. mit denen in vor mehreren Jahren ! gesprochen hatte, gleich an der Stimme wie- der, Aussprache, Ton und Accent der Sprc- j chenden dienten ihr dazu, auf den Charakter, ! das Temperament und die Sinnesart der- j selben zu schließen. Eine besondere Bedeu- ! tung gewann ihr Auftreten dadurch, daß sie ! in Paris den königl. Dolmetscher Valentin Hauy in seinen Bestrebungen, eine Schule für Blinde zu gründen, bestärkte. Von her- : vorragenden Blinden der neueren Zeit seien ! ferner genannt: Zakreis, der auf der Vio- ! line Treffliches leistete und mit seiner Ka- ' pelle, welche aus 16 Blinden bestand, in der : Mitte des vorigen Jahrhunderts in Wien vielbesuchte Konzerte gab; der berühmte Blindenlehrer Braille, der eine über die ganze Welt verbreitete Punktschrift für j Blinde erfand; F-anz Huber aus Genf, der § eine gründliche Abhandlung über Bienen- zücht verfaßte. Auch der einstige König von Hannover wäre hier anzuführen. Erschlug sich als-Knabe die Börse, mst der er spielte, in das eine Auge. Dasselbe erblindete so fort, später folgte das andere nach. In vorgeschrittenem Alter erblindete biblische Personen: Isaak, der in sei nem hundertsten Lebensjahre die Seh kraft verlor und dann noch einund achtzig Jahre lebte; der fromme To bias, der dadurch erblindete, daß ihm Exkremente von Vögeln ins Auge kamen; : Simson, den die Philister infolge der Vcr- ' räterci seines Weibes blendeten, und an- j dere. Milton verlor im. vierundvierzigsten j Jahre sein Augenlicht, der Fabeldichter ! Pfcffel im einundzwanzigstenJabre. Schließ lich sei hier noch der Schauspieler Wilen- beck genannt, der, obwohl erblindet, den noch Hauptrollen an der Meininger Bühne spielte. Von Spielen und Unterhaltungen, die den Blinden geboten werden, steht neben dcni Turnen und Tanzen obenan das Ke- gclspiel. Der Blinde sucht mit dem Fuß oder auch mit der Kugel in der Hand das j Auslegebrett, legt sich im Geiste die grade Linie zu den Kegeln zurecht, und schiebt, wenn er etwas Hebung erlangt hat, mit einer Gewandtheit, daß der Zuschauer im ! ersten Augenblick an der Blindheit mancher ' Spieler zweifelt. Auch das Geschäft des ; Kegelaufsetzens übernimmt ein Blinder, da ; er durch das Gehör über das Kommen und ! Anschlägen der Kugel unterrichtet wird. Weiter kann er das Würfelspiel üben, da er die Löcher tastet; Domino, wenn die Täfel chen vertiefte oder erhöhte Augen haben; - Dame und Schack. Bei d-- letzten beiden ! Spielen sind die Weißen Felder des Brettes vertieft, und die schwarzen erhöht, oder auch j die einen gerippt, die anderen glatt. Alle > aber haben in der Mitte eine Vertiefung, in welche Zäpfchen, die sich an den Steinen ! bzw. Schachfiguren befinden, Hineinpassen. Die schwarzen und weißen Schachfiguren ! werden dadurch unterschieden, daß die einen in Knöpfe, die anderen in Spitzen aus- laufen. — Wenn Blinde Karten spielen wol- ; len, fo müssen die Blätter durch Nadelstiche bewirkte Erhöhungen paben, die je nach der Karte eine besondere Stellung haben. Für ! den sehenden Mitspieler sind diese feinen § Punkte Lei der gewöhnlichen Entfernung ! und Haltung der Karten nicht zu erkennen. Die Handwerke, in denen die Blinden j unterrichtet werden, sind vorzugsweise Korb macherei, Seilerei, Bürstenbinderei und Mattenslechterei. Hier könen die Blinden an- ; nähernd mit den Setzenden konkurrieren ' und sich durch ihre Arbeit ernähren. Auch oua; m, s» das Tag grabt in eure Seele ein, Aber so, daß er eine segensreiche nur den blind nennen wollen, der keine der die M,M^?lner der wichtigsten Zweige , * neuzeitlichen Kriegshilfe ist „Den Kinder! drollig aufgeregt der Herr Kantor dirigiert hatte, sah sie vor sich, als die Kinderschar Lied anstimmen mutzte: Es lebe, wer mit Ehren Gewehr und Waffen trägt, Wem treu für Volk und König Das Herz im Busen schlägt. der Blinden öffne. Die Wiege des jüdischen Volkes stand ja in dem Lande der Augen krankheiten, in Aegypten, und der Zug durch die Wüste hat diese Erkrankungen wohl ge fördert. So schaut Jeremias unter seinen Traumbildern, wie Blinde, vom Blute der Leichen befleckt, in den Straßen herumtau. mein, und kein Teil der rabbinischen Heil- künde ist so reichhaltig als der über Augen- krankheiten. In Aegypten ist auch heute noch die Zahl der Blinden eine ungeheuer große. Man schätzt sie auf 1 :100, und in der notieo anaivtiqus der Gründer des Blinden asyls in Kairo vom Jahre 1873 werden sie sogar im Verhältnis von 1 :20 angc- nommen. Besonders viel tragen hier zur Entstehung der Blindheit die ansteckenden Bindehaut-Entzündungen bei. In China ist die Menge der Blinden ebenfalls auffallend. Sie werden hier schon seit Jahrhunderten in besonderen Blinden- instituten unterrichtet. Schärfung der Ur teilskraft, gute Kenntnisse, Uebung des Ge- düchtnisses und der Kombinationsgabe sind die in jenen Anstalten angestrebten Ziele und bewirken, daß die Blinden Chinas, weil sie geistig über dem Niveau der großen Masse stehen, als Seher und Wahrsager gel ten. Die weniger berühmten Leute dieser Klasse ziehen, von einem Kinde geleitet, durch die Straßen und entlocken einer Gui tarre melancholische Töne, um sich den Um stehenden bemerklich zu machen und zur Aus- Übung ihrer Kunst in dieses oder jenes Haus gerufen zu werden. Dort hört der blinde Seher schweigend die an ihn gestellten Fra- gen an und nimmt dann die Guitarre zur Hand. Zuerst langsam, dann immer rascher und wilder fliegen die Finger über die Sai- ten. Die lichtlosen Augen starren in die Ferne und Begeisterung überstrahlt sein Ge sicht. Die Lis dahin geschlossenen Lippen öffnen sich, und in wilden Rhapsodien eige ner Komposition teilt er den lauschenden Hörern die Antwort mit. Ist der Name des Sehers berühmt geworden, so wählt er sich einen festen Wohnsitz, bestimmt die Preise für die Äusübung seiner Kunst und gewinnt dadurch ost ein großes Vermögen. In Japan herrscht die Ansicht, daß der größte Teil aller Erblindungen auf die Blatternkrankheit zurückzuführen 'ist, deren Spuren den Gesichtern der meisten Blinden Japans tief eingeprägt sind. Darum ist der Impfzwang eingeführt, dem sich alle Schich ten willig fügen. Den Blinden fällt hier allgemein das Kneten und Recken der Sehenden zu (Massage). Wenn ein Japa ner sich erkältet hat, so läßt er nach dem täg lichen warmen Bade einen Blinden kommen und sich von ihm mit den Händen bearbei ten, was so systematisch und geschickt über- alle Teile des Körpers ausgedehnt wird, wie es in einem türkischen Bade kaum ge- schieht. Durch diese Arbeiten ernähren sich die japanischen Blinden. Aber sind wir denn berechtigt, alle die wirklich als „blind" zu bezeichnen, die all- gemein so genannt werden? Wo hört die hochgradige Schwachsichtigkeit auf und wo beginnt die Blindheit? Es ist dies eine schwer zu beantwortende Frage. Wenn wir Ja, nun war es soweit. Nein, schlimmer, viel schlimmer als damals. Ringsum lagen wie mordgieriges Räubergesindel die Feinde auf der Lauer. Aber mochten sie nur. Ihre Arglist sollte wie ihre Waffen an dem ehernen Block zerbrechen, zu dem das Feuer der Not Land und Volk zu sammengeschweißt hatte. Mutter Bönhaag konnte ganz verächtlich und grimmig lachen, wenn sie von den wütenden Anstrengungen der Feindesscharen las, wie sie die Hellen Tränen der Rührung und des Stolzes weinen mußte über Mut und Tatkraft und Einiakeit der Nation. Sie verfolgte mit brennendem Eifer den Gang der Geschehnisse in der Zeitung, die sie ge meinsam mit einer Flurnachbarin hielt. Ihr welk und stumpf gewordenes Empfinden hatte sich neu belebt und gekräftigt, ihre einstige vaterländische Begeisterung brannte in schöner, klarer Flamme, an der manch zages Frauenherz sich Licht und Wärme holen kam, manch verlöschendes Hoffen sich neu entzündete. (Schluß folgt.) Auferstehung feiern kann, sollte wieder ein mal ein Feind drohen, damit ihr dann freudig mitziehen oder ebenfo freudig eure Buben hinausschicken mögt " Milchkaffee trinken und süßen Wein. Und Fleisch und Kuchen könne sie dann alle Tage haben. Und ebenso schöne Kleider bekäme sie wie die feinen Damen im Städtchen. In zärtlicher Rührung und gläubigem Hoffen klammerte sich Mutter Bönhaag an diese prahlerischen Verheißungen ihres kleinen Gernegroß und verteidigte hartnäk- kig bei jedem ihres Mutterherzens Zuver sicht, daß ihr Einziger ihr noch einmal einen friedlich geruhsamen Lebensabend verschaf fen werde. Und merkte darüber kaum, daß sie allmählich gegen das Ende der Fünfzig rückte und daß schon hin und wieder die von vieler schwerer Arbeit müd und morsch werdenden Muskeln und Sehnen einmal zu versagen begannen. Und nun gellten die Kriegsfanfaren durch die deutschen Lande, über das Weltenrund. Auch aus dem Städtchen zogen die wehrfä higen Mannen zum Schutz der bedrohten Heimat an die Grenzen hinaus und be geisterte Jünglinge drängten und bettelten, daß man auch sie für wüxdig halte, Blut und Leben für der Menschheit hehrste Güter hinzugeben. Da waren nicht viele Häuser, aus denen nicht einer mit „draußen" war und die Augen der Frauen und Mädchen leuchteten in edlem Stolz und heiligem Opferfmer, wenn sie miteinander von ihren Helden sprachen. Nur Mutter Bönhaag konnte da nicht mitreden. Sie hatte ja niemand bei den Heeren, die im Osten und Westen in kühnem Siegeszuge sich und den Ihren unverwelk- liche Nuhmeskränze flochten. Der Fritzel —ja. wo mochte der sein! Die Militärbehörde batte nach dem Ver schollenen bei ihr geforscht, aber sie hatte nichts zu sagen gewußt. Nur die alten Wunden waren dadurch wieder aufgebrochen und sehnsüchtig-schmerzlich schweiften ihre Gedanken in unbekannte Fernen, als müßten sic den verlorenen Sohn sanft und sacht mahnen, daß er nun bald sein Ver sprechen cinlöse. Aber daneben erwachten auch noch aller lei seltsame andere neue Regungen in der Einsamen und zogen immer weitere Bahnen, die die still und stumpf gewordene Seele in zitternde Unruhe verhetzten, als wehe ein kräftiger Wind über stagnierendes Wasser. Verlöschte, vergessene Erinnerungen aus ferner Jugend Tagen wachten auf. An die Zeit, da sie schon einmal einen Krieg erlebt; da des alten Lehrers glühende Vaterlands liebe ihr junges Herz mit stürmischer Begei sterung zu füllen verstanden, mit Ehrsurcht und Bewunderung für die todesmutigen Kämpen, mit Pflichtbewußtsein und Opfer bereitschaft. Tropfenweise quoll der versandete Born der Erinnerung in Mutter Bönhaags Seele weiter. Wie aufgeregt sie damals immer gewesen, wie von heißem Verlangen durch pulst. auch zu helfen, auch ein Opfer bringen zu können. Wie bitter schmerzlich sie ihre Armut gefühlt, als Geld und Gaben ge sammelt wurden für die Tapferen und sie nichts bcizusteuern vermochte, bis ihr zuletzt einfiel, Brombeeren im Walde zu suchen und zu verkaufen und den Erlös darzubringen. Förmlich stolz hatte sie die harten Schlüge ertragen, mit denen der strenge Ziehvatcr ihr langes Ausbleiben besttaste. Und deutlich erstand der herrliche Tag vor ihreni Geist, da mit Musik und Gesang und Ehrenpforten die siegreich hcimkehrenden Kricgshelden empfangen wurden. Wie , Sorge für die des Augenlichtes Vst teilweise oder ganz beraubten -ck Krieger. Ihrer Pflege, der Sicher- Lichtempfindung mehr hat, so wäre die Mehrzahl der Blinden gar nicht blind. Sie erkennen oft Sonnen-, öfter noch Lampen licht, obwohl die Unterscheidung der Ge genstände verloren gegangen ist. Am ein- Vom Klmäsem Von A. Gaber. stellung ihrer Zukunft werden viele und große Opfer gebracht; sie werden gewisser maßen als diejenigen bettachtet, welche der Hilfe und des Trostes am meisten bedürfen. Und das nicht mit Unrecht. Die Schwä chung oder der Verlust eines Sinnes von der Bedeutung des Sehvermögens müßte! eine vollkommen anders gestaltete Art der ; geistigen und moralischen Anschauungen bei - ; den Blinden veranlassen, wenn ihnen nichtf ; die Sehenden von ihrem geistigen Besitztum mitteilten. Je mehr Sinne fehlen, um so iveniger empfängt und gibt der Geist; mit den Sinnen schwindet das Leben. In die- j ser Auffassung heißt es in den Büchern der ^uden des Orients: „Der Blinde gleicht^ ! einem Toten" und der Talmud ordnet dem entsprechend an, beim Anblick eines Blin- ; ! den jene Venediktion auszusprechen, welche! bei der Kunde vom Tode eines Angehörigen ' - gebräuchlich ist. In Berücksichtigung des ' Elends der Erblindeten, und weil dieses i i Gebrechen häufiger als die anderen beim jü- ! - dischcn Volke vorkam, verordneten auch die! i Rabbiner jeden Morgen ein „Gebenedeiet" ; i an den Gott zu richten, daß er die Augen! SSSSSSSSSSSSSK Welt in. Bild VL-LSSSLSSELSSL
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