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Großes Hauptquartier, 29. Sepremoer. (Low. Amüich.) Eingegangen nachm. 4 Uhr. Westlicher Kriegsschauplatz: Feindliche Durchbruchsversuche wurden auf den bisherigen Angriffsabschnitten mit Er bitterung fortgesetzt. Ein Gegenangriff nach einem abermals gescheiterten englischen Gasangriff führte zum Wiedergewinn eines Teiles des nördlich von Loos von uns ausgegebenen Geländes. Heftige englische Angriffe aus der Gegend Loos brachen unter starken Verlusten zusammen. Wiederholte erbitterte französische Angriffe in Gegend Souchez-Neuville wurden teil weise durch heftige Gegenangriffe zurückgewiesen. Auch in der Champagne blieben alle feindlichen Durchbruchsversuche erfolglos. Ihr einziges Ergebnis war, daß der Feind nordwestlich Souchez auf einer Strecke von 100 Metern noch nicht wieder aus unseren Gräben vertrieben werden konnte. An dem unbeugsamen Widerstand badischer Bataillone sowie des rheinischen Reserve-Regiments 65 und des west westfälischen Infanterie-Regiments Nr.158 brachen sich die unausgesetzt vordringenden franzö sischen Angriffswellen. Die schweren Verluste, die sich der Feind beim ost wiederholten Sturm gegen die Höhe bei Massiges zuzog, waren erheblich. Die Höhen sind restlos von unseren Truppen gehalten. Die Versuche der Franzosen, die bei Ville Morte verlorenen Gräben zurückzuerobern, scheiterten. Die Gefangenenzahl erhöhte sich. In Flandern wurden 2 englische Flugzeuge heruntergeschossen und die Insassen gefangen genommen. Oestlicher Kriegsschauplatz: Heeresgruppe des Generalseldmarschalls von Hindenburg. Der Angriff südwestlich von Dünaburg ist bis in Höhe des Swenten-Sees vorgedrungen. Südlich des Dryswjaty-Sees und bei Postawy dauern die Kavalleriegefechte an.iW D Unsere Kavallerie hat, nachdem sie die Operationen der Armee des Generalobersten von Eichhorn durch Vorgehen gegen die Flanke des Feindes wirksam unterstützt hatte, die Gegend bei und östlich von Wilejka verlassen. Der Gegner blieb untätig. Westlich von'Wilejka wurden unvorsichtig vorgehend feindliche Kolonnen durch Artilleriefeuer zersprengt, Zwischen Smorgon und Wischnew sind unsere Truppen im siegreichen Vorschreiten. Bei den Heeresgruppen des Generalseldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern^und des Generalseldmarschalls von Mackensen hat sich nicht Wesentliches ereignet. Heeresgruppe des Generals von Linsingen. Die Russen sind hinter den Kormin und die Putilowka geworfen. Oberste Heeresleitung. lammen. Meie waren nm groizer Wucyl angeieyl, wie ans folgendem Bericht aus dem österreichischen Kriegs- pressegnartier heroorgeht: Sowohl die artilleristische Vorbereitung als der Jnfanteriesturm zeugten von äußerster Kräfteanspannung. Die russischen Geschütze rasierten die Drahthindernisse völlig weg, und ununterbrochen rannten Sturmkolonnen gegen die Deckungen an. Während der mehrtägigen Schlacht trat nie eine Ruhepause ein. Tag und Nacht folgten sich die Stürme, die oft in zehn und mehr Gliedern hintereinander angesetzt wurden. Aber wieder blieben diese Bemühungen vergeblich. Trotz der groben Opfer gelang es nicht, die Front zu sprengen. Die meisten Sturmreihen wurden schon vor den Deckungen zur Umkehr gezwungen. Andere, die in die Gräben eingedrungen waren, wurden aus ihnen im Nahkampf Hinausgetrieben. Für die Russen ist somit das bisherige Gesamtergebnis Ler groben Offensive General Iwanows sehr wenig er freulich. Von der beßarabischen Grenze bis zum Jkwa- Lauf bei Dubno zeigt nach anfänglichen russischen Teil erfolgen die Front der Verbündeten den gleichen Verlauf wie beim Offensivbeginn. Die Schrecke» des russischen Rückzugs. Ein Berichterstatter im österreichischen Hauptquartier gibt Kenntnis von der nachstehenden ergreifenden Schilderung, die in dem Briefe eines österreichischen Generals enthalten ist, der eine Armeegruppe an der Szczara kommandiert: Unsere Offensive schreitet, wenn auch durch das Sumpsland naturgemäß verlangsamt, rüstig weiter. Die Russen schädigen Land und Leute auf ihrem Rückzug aufs furchtbarste, ohne aber dadurch den Gang unserer Operationen zu beein flussen. Wir finden auf unserem Vormarsch zahlreiche Viehherden, die die Russen über die wenigen Dammwege nicht mehr zurücktreiben konnten, so daß Lie Fleischver sorgung für meine Truppen schon dadurch auf Wochen hinaus gesichert ist. Erschütternd wirkt der Anblick der Tausende von verlassenen Flüchtlingswagen, die in den Sümpfen stecken geblieben sind, beladen mit den Habselig keiten ihrer ehemaligen, von den Russen vertriebenen Be sitzer, von denen sehr viele den Tod durch verirrte Geschosse gefunden haben. Zwischen den Wagen liegen zahlreiche Kadaver verendeter Haustiere. Meine Soldaten greifen verirrte Kinder auf, kurz, des Schreckens und Grausens kein Ende, kleine kriegspoik. Bukarest, 28. Sept. Am letzten Donnerstag sollen in Mudros englische und französische Truppen eingeschifft und nach dem kleinen Hafen Kathrin bet Saloniki gebracht worden sein. Die Truppen seien für Serbien bestimmt. Wien, 28. Sept. Die Stadt Luzk, die vorübergehend geräumt wurde, a!S die russischen Vorstöße eine einheitliche geschlossene Front auf dem Westufer des Styr notwendig machten, ist wieder fest in österreichischer Hand. Die Festungsanlagen waren überhaupt nicht aufgcgebe» worden. Marseille, 28. Sept. Die Kapitäne der griechischen Handelsschiffe baden Befehl erhalten, in kürzester Frist nach Griechenland zurückzukehren, um sich zur Ver fügung der Regierung zu halten. Tlas wirä auf clem Valkan? Alles ist im Fluß — dieses alte Wort läßt sich mehr als je auf die augenblickliche Lage am Balkan anwenden. Jede Stunde kann Entscheidungen bringen — ebenso gut aber liegt die Möglichkeit vor, daß die Unsicherheit der Zustände sich noch über Tage oder gar Wochen hinaus zieht. Aus der Fülle der sich widersprechenden Nachrichten geben wir einige tatsächliche und solche, denen Lie Un wahrscheinlichkeit nicht sofort anzumerken ist, wieder: Berlin, 27. September. Die hiesige griechische Gesandtschaft gibt bekannt: Infolge der durch Königliches Dekret angeordneien allgemeinen Mobilmachung Griechenlands werden sämtliche hier weilenden dienstpflichtigen Griechen aufgesordert. sich binnen sechs Tagen, von heute an gerechnet, auf der Kanzlei der Königlich griechischen Gesandtschaft in der Zeit von 3 bis 6 Uhr nachmittags einzusinden, wo ihnen die nötigen Weisungen erteilt werden. Wien, 27. September. Das „Neue Wiener Journal" meldet aus Bukarest, oaß Nachrichten aus Rustschuk zufolge die bulgarische Regierung über ganz Bulgarien den Belagerungszustand verhängte. Die Schulen wurden geschlossen und darin Mllckär einquartiert. Auslandspässe werden nicht mehr verabfolgt. Mailand, 27. September. Nach einer Athener Meldung des „Corriere della Sera" schreibt das Blatt „Hestia", die Gesandten Frank reichs und Englands hätten Griechenland 150 000 Mann Verstärkungstruppen mit schwerer Artillerie angeboten, wenn ein griechisches Heer Serbien zu Hilfe käme. Athen, 27. September: Die Mobilmachung bedeutet, wie von neuem bestätigt wird, eine wachsame bewaffnete Neutralität, die sich gegen niemand herausfordernd wendet und die ohne die dringendste Notwendigkeit nicht aufgegeben werden wird. Der König, der heute durch eine Erkaltung und leichtes Fieber verhindert ist, wird Venizelos statt heute erst morgen empfangen. Lyon, 27. September. „Progres" meldet aus Paris: Auf der bulgarischen Gesandtschaft weht die Flagge nicht mehr, doch weilt der Gesandte noch in Paris. Sofia, 27. September. Auf Verlangen des griechischen Generalstabs sah sich Venizelos sogar veranlaßt, in Sofia den Vorschlag zu machen, m Hinblick auf die beiderseitige Mobilisierung und zur Verhütung von Grenzzwischenfällen zu beiden Seiten der Grenze eine neutrale Zone von Flintenschuß weite, also von etwa 2500 Metern zu schaffen. Der Vor schlag ist von der bulgarischen Regierung bereitwilligst ausgenommen worden. Budapest, 27. September. Nach Mitteilung der Bukarester „Seara" wird die Antwort Bulgariens auf die letzte Note der Entente, in welcher diese Bulgarien zum Angriff auf die Türkei auf forderte, nach vollzogener Mobilisation überreicht werde» und das Verlangen der Entente abgewiesen. Oon freunti una feiiiL Gebt er, gebt er nickt? Athen, 28. September. Ein Frage- und Antwortspiel hält hier alle Welt im Bann und wird ebenso eifrig im Salon wie in der Pförtnerloge betrieben: „Geht oder bleibt Venizelos?" In der Person des Ministerpräsidenten sieht das griechische Volk sein kommendes Schicksal verkörpert. Geht Venizelos, so bleibt das Land neutral und stürzt sich nicht in das unübersehbare Elend eines Krieges; bleibt er am Ruder, so marschieren die griechischen Heere gegen Bulgarien. Das gilt als ausgemacht. Die Volksstimmung ist für die Neutralität, und es scheint fast so, als ob Venizelos sich in der Erkenntnis dieser Tatsache freiwillig auf den Altar des Vaterlandes opfern und zurücktreten werde. Es scheint, man sagt. Aber vorläufig fragt man bange weiter: „Geht er, geht er nicht?" England ärgert kick über Japan. Rotterdam, 28. September. Es ist aber auch rein gar nichts mit der Freundschaft der Japaner für die englisch-französischen Bundesgenossen. Sie schicken weder die hundertmal erflehten Hilsstruppen, noch machen sie sich sonst beliebt. In London ärgert man sich ungeheuer über die japanischen Freunde. Die Börsen leute der Londoner City sind außer sich. Japan läßt nämlich seine in England befindlichen Papiere zum jetzigen Kurswert von 72 anftäufen. um nicht bis zum Einlösungs lage warten zu müssen, wo sie zum Vollwerte von 100 werden müßten. Man nurst nun in Ler Eilu Len Japanern vor, daß sie von ihren Geschäften, namentlich mit Rußland, einen derart großen Nutzen ziehen, daß sie jetzt schon, während der Vierverband noch im Kriege sich befindet, ihre Schuldenlast vermindern können. Wie kann man aber auch den englischen Herren so etwas bieten? Irgendein anderer als sie selbst wagt beim Kriege Geschäfte zu machen und nennt sich dazu noch Englands Freund — es ist keine Tugend mehr unter den Leuten. Lar feräinanck an König Konstantin. Konstantinopel, 28. September. Der König von Bulgarien richtete an den König Griechenland ein Telegramm, in dem die bündigste Ver sicherung abgegeben wird, daß mit der bulgarischen Mobi lisierung keinerlei Absicht eines Angriffes auf griechisches Gebiet verbunden sei. Bulgarien lege im Gegenteil großen Wert auf den Ausbau der zwischen beiden Ländern be stehenden guten Beziehungen. Seit dem zweiten Balkan triege waren die persönlichen Beziehungen zwischen Sofia und Athen unterbrochen. Letzte Meldungen. Griechenland läßt sich nicht vergewaltigen. Budapest, 28. September, (tu.) Das Blatt „A Nap" meldet aus Sofia: Der griechische Ge sandte erschien beim Ministerpräsidenten Radis- lawow und führte aus: Griechenland habe schon jetzt seiner Entschließung Ausdruck gegeben, nach der es unter keinen Umständen gestatten werde, daß aus seinem Gebiete irgend eine Macht Truppen ausschiffen darf. Griechenland erachtet die Frage des Statusquo aus dem Balkan als Angelegen heit der Balkanstaaten und halte seinerseits daran fest, daß die interessierten Staaten diese Frage untereinander erledigen mögen. Griechenland wolle unter allen Umständen seinen wichtigsten Hafen Saloniki schützen und sei darum entschlossen, wenn die in der Schwebe befindlichen Fragen zwischen Serbien und Bulgarien friedlich nicht gelöst werden können, Doitan zu besetzen. Nur soviel der Einberufenen werden eingereiht werden, als zur erfolgreichen Verteidigung der Küste und zur Sicherheit der Bahnlinien von Saloniki un bedingt notwendig seien. Radoslawow nahm diese Erklärungen mit Befriedigung zur Kenntnis. Rund 300 000 Mann italienische Verluste. Brüssel, 29. September, (tu.) Obwohl die italienische Regierung, wie man weiß, die Ver lustlisten nicht veröffentlicht, erfährt man aus halbamtlicher Quelle, daß Cadorna bis zum 1. September, also für drei Monate, 3500V Tote und 180000 Verwundete und Kranke nach Rom gemeldet hat. Seither dürste der Gesamt verlust Italiens an Menschen aus nahezu 300000 gestiegen sein, ein Umstand, der es erklärt, daß Cadorna heftiger denn je gegen die Teilnahme Italiens an den Dardanellenunternehmen und an der Westfront sich wehrt. Dazu ist noch die Tatsache zu erwähnen, daß König Viktor Emannel, der vor dem Kriege an großer Novosität litt, sich nicht im besten Gesundheitszustand befindet. Von der weiteren finanziellen Unterstützung Italiens durch England hört man nichts mehr, nur soviel verlautet, daß England der italieni schen Kriegsmarine 100000 Tonnen Kohlen zum Geschenk gemacht hat. Der Munitionsverbrauch der letzten Tage. Lugano, 29. September, (tu.) Der Kritiker des „Coriere della Sera" schätzt, daß die franzö sische Artillerie seit der Champagne-Offensive über Ifick Millionen Granaten und Schrapnells verfeuerte. Die französische Presse zur Offensive im Westen. Lausanne, 28. September, (tu.) Die hier eingetroffenen Morgenblätter der Pariser Zei tungen beschäftigen sich eingehend mit den jüngsten Ereignissen aus der Westfront, deren Ergebnisse sie in maßloser Weise übertreiben. Der Umstand jedoch, daß die Blätter fast einmütig vermeiden, die Kämpfe als den Beginn der seit langem an- gesetzten großen Offensive zu bezeichnen, weist deutlich daraufhin, daß die französischen Fachleute sich vollständig bewußt sind, daß die durch rück sichtslose Menschenvergeudung erzielten Ergebnisse nur örtlicher Natur sind, die auf das große Ganze keinen Einfluß haben können. Der Mi litärkritiker des „Petit Journal" erklärt, daß erst die nächsten Tage beweisen werden, ob die großen Hoffnungen, die man überall in Frank reich an den Beginn der nenen Kämpfe knüpft, berechtigt waren. Einberufung der griechifchen Kammer. London, 29. September, (tu.) Die „Times" berichten aus Athen, daß die griechische Kammer für heute einberufen wird, um den Gesetzentwurf gut zu heißen, der den Belagerungszustand ver hängt. Die notwendigen Kredite werden eben falls der Kammer zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Flotte wird vorläufig nicht mobili siert. Die Regierung wird jedoch Schiffe für et waige Transporte einfordern. — Reuter meldet: Das griechische Konsulat in Cardiff macht be kannt, daß alle griechischen Schiffe in englischen Häfen sofort nach dem Piräus zurückkehren müssten. Schweres Explosionsunglück an Bord eines italienischen Linienschiffes. Brindisi, 28. September, (tu.) Wie die Agenzia Stefani meldet, ereignete sich im Hafen von Brindisi in der Hinteren Pulverkammer des Linienschiffes „Benedetto Brin" (13400 Tonnen)