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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 21.08.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191508218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19150821
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19150821
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-08
- Tag 1915-08-21
-
Monat
1915-08
-
Jahr
1915
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So Ist als Antwort auf die Verstümmelung des Kosaken Petschnjew vom Oberbefehlshaber der Befehl ergangen, von der nächsten Abteilung gefangener deutscher Soldaten, zehn Mann, ohne Ausschluß der Offiziere, zu erschießen für Lie Grausamkeiten, die in Ler letzten Zeit von den Deutschen verübt worden sind. gez. General Odischelides." Wenn ein Oberbefehlshaber einen so bestimmten Be fehl zu Vergeltungsmaßrcgeln gibt, dann sollte inan als selbstverständlich annehmen, daß die Taten, die gerächt werden sollen, unzweifelhaft feststehen. Das erfordert der europäische Rechtsbegriff ohne weiteres. Wie stebt eS aber damit bei dem russischen Befehl? Alle Berichte über deutsche Greueltaten an russischen Gefangenen waren biS- Ler als Lügen nachzuweisen. Auch die Verstümmelung des Kosaken Petschnjew durch deutsche Soldaten konnte von den Russen nicht festgestellt sein, weil sie sich nie rmd nirgends zugetragen hat. Sie ist zwar vom russischen Generalstab in einer amtlichen Mit teilung behauptet worden, doch haben die deutschen MMichen Untersuchungen ergeben, Latz die ganze Geschichte schon deshalb völlig erfunden war, weil bei den in Frage kommenden deutschen Armeeteilen überhaupt lein Kosak des Ussurischen Reiterregiments, dem Petschnjew angehörte, gefangengenommen ist. Dies ist inzwischen, am 7. Juli, in einer amtlichen deutschen Erklärung mit geteilt worden. Ob der Blutbefshl des russischen Ober befehlshabers beim t. turkistanischen Armeekorps aus geführt worden ist, entzieht sich noch der öffentlichen Kenntnis. Unabhängig davon gebürt aber die Grausamkeit und verbrecherische Leichtfertigkeit, mit der diese Heniers- arbeit ohne genaue Untersuchung angeordnet worden ist. vor den Richterstnhl der Geschichte. * Kaiser Milkelm im k. u. k. Hauptquartier. Zur Feier des Geburtstags Kaiser Franz Josefs. Wien, 19. August. Aus dem österreichischen Kriegspresseguartier wird gemeldet: Der Geburtstag des Kaisers Franz Josef wurde im Standorte des Armeeoberkommandos feierlich begangen. Nach dem Hochamte, dem Feldmarschall Erzherzog Friedrich und der Chef des Generalstabes Freiherr Conrad o. Hoetzen- dorf mit den dienstfreien Offizieren, den dem Hauptquartier zugeteilten Herren der deutschen Militärmission, sowie die Spitzen der Behörden beiwohnten, fand auf dem Haupt- platz die Aufstellung und erste Nagelung eines Wehrschildes statt. Nach 1 Uhr traf der Deutsche Kaiser mit militärischem Gefolge ein. Er wurde von Erzherzog Friedrich am Ein gang des Schlosses begrüßt und unter den Klängen des „Heil dir im Siegerkranz" in das Schloß geleitet, wo bei dem Erzherzog Friedrich ein Festmahl stattfand. Der Kaiser saß zur Rechten des Erzherzogs Friedrich. Zu seiner Rechten saß Freiherr o. Conrad. Im Laufe des Mahles brachte Erzherzog Friedrich einen begeistert aru- genommenen Trinkspruch aus Kaiser Franz Josef aus. Der Deutsche Kaiser weilte bis 3V- Uhr in der Fest versammlung. Die besetzten Gebiete im Osten. Durch die Erfolge der verbündeten Truppen auf dem östlichen Kriegsschauplätze ist der Umfang des besetzten Ge bietes in den letzten Wochen um ein erhebliches gewachsen. Der Flächeninhalt dieses Gebietes beträgt rund über 147 090 Quadratkilometer und er entspricht einem Gebiete, das etwa Bapern, Württemberg und Böhmen gleichkäme. Auf polnischem Boden befinden sich jetzt keine russischen Truppen mehr, Polen ist ganz und gar im Bentz der Verbündeten, außerdem aber beträchtliche Teile Rußlands selbst. Den O-Kootsknieg. „Verdens Gang" meldet aus Bergen, daß der Dampfer „Haakon Vll" der Nordensfjeldschen Dampsschisssgejell- schaft, der von Bergen seine gewöhnliche Reise nach Eng land antrat, abends in Bekkervik zwischen Hangesund und Bergen eingetroffen ist, wo er die Mannschaft des nor wegischen Dampfers „Mineral" landete, der von einem deutschen Unterseeboot torpediert worden war. Das deutsche Unterseeboot hatte den Dampfer „Haakon VU" ungehalten und ebenfalls durchsucht. Die norwegische Posidirekstov teilt darüber mit: Das deutsche Unterseeboot, das den Dampfer „Haakon Vll." aus der Fahrt nach England an.aelt, befahl ihm, alle Drucksachen und Pakete nach England, Frankreich, Italien und allen deutschfeindlichen Kolonien über Bord zu werfen. Die Briefpost und Wertpost wurde an Bord des Unterseebootes genommen. Außer der norwegischen Post führte der Dampfer sieben Säcke Briefpost von Dänemark nach London niit. Da unsere Feinde ohne Bedenken die Hand auf iede nach Deutschland von neutralen Ländern oder aus Deutsch land nach solchen gehende Postsendung legen und trotz aller Proteste bei dieser Praxis beharren, so dürfte man sich unsererseits jetzt zu Repressalien entschlossen haben. Natürlich wird über unser Vorgehen gezetert werden, während das unserer Feinde von allen Neutralen still schweigend geduldet wird. — Der versenkte Dampfer „Mineral" war mit Eisenerz nach Newcastle unterwegs, also mit Bannware. Außer ihm wurde auch der norwegische Dampfer „Romulus" versenkt, der gleichfalls Bannware (Grubenholz) für England an Bord führte, soivie ein englischer Fischdampfer. Deutscher Reichstag. <13. Sitzung.) 'W. Berit«, 1V. August Oer KeickskanLler über die kage. Haus und Tribünen überfüllt. Auch der Bundesrats- tisch ist voll besetzt. Um 2Vr Uhr eröffnet Präsident Dr. Kaempf die Sitzung mit einer Ansprache, in welcher er den Dank der deutschen Volksvertretung allen abstattet, die um Len Sieg, die für die Zukunft des deutschen Volkes in Ost und West ringen. Einige geschäftliche Mitteilungen — alsdann nimmt der Reichskanzler das Wort zu einer hochbedeutsamen einstündigen Red«. Seine Ausführungen werden fortgesetzt durch stürmische Beifallskundgebungen, häufig auch — bei dem tiefernsten Kanzler eine Selten heit! — durch Heiterkeit unterbrochen. Nach Beendigung der Rede wird der Beifall des Hauses zu einer brausenden patriotischen Kundgebung. Oie Kede des Keickskanrlers: Meine Herren! Seit der lebten Tagung ist Großes geschehen. Alle mit Todesverachtung und mit dem äußersten Einsatz von Menschenleben unternommenen Versuche der Franzosen, die Westfront zu durchbrechen, sind gescheitert. (Verfall.) Italien, der neue Femd, ist bisher glänzend abgewehrt worden, trotz seiner rohbeumäbigen Übermacht und schonungslosen Aufopferung von Menschenleben. lLebb, Verfall.) Unerschüttert und unerschütterlich steht Ks ist ein Aorzug einer Matron, wenn sie ein Ä starkes Keer hat, weil das Keer nicht nur bestimmt I ist, als ein Wittel für die auswärtige Aokrtik zu M dienen, sondern weil eine edle Mation mit rnßm- O voller Geschichte das Keer sehr lange als eine « ruhende Waffe benutzen Kanu, weil es eine Schule bildet für die eigentlich männlichen Äugenden des ck- AolKes. Kcinrlch von Hrsitschke. die türkische Armee an den Dardanellen. (Lebh. Beifall.) Wir grüßen unsere treuen Verbündeten. (Lebh. Beifall.) Wir grüßen den Kaiser Franz Josef, der gestern ins 86. Le bensjahr getreten ist. (Beifall.) Wo wir die Offensive er griffen, haben wir den Feind zurückgeworfen. Unsere Linien bilden einen festen Wall. Starre Armeen sind zn neuen Schlägen frei geworden. (Lebh. Beifall.) Unser Dank gebührt Gott, gebührt unseren herrlichen Truppen und ihren Offizieren. Fest und zuver sichtlich sehen wir der Zukunft entgegen. (Lebh. Beifall.) Wir danken den neutralen Staaten, die unsere Verwundeten in so menschenfreundlicher Weise ausgenommen haben: der Schweiz, den Niederlanden und Schweden. (Beifall.) Be sonderer Dank gebührt auch Sr. Heiligkeit dem Papst, der auch den Ostpreußen eine Spende gewidmet hat. (Beifall.) Unsere Gegner laden iiuc ungeheure Blutschuld auf sich. (Lebh. Zustimmung.) Weil sie das nicht ableugnen können, versuchen sie es mit Verleumdungen. Wir hätten heimtückisch zum Kriege gerüstet, während sie in unschuldiger Friedensliebe lebten (Heiterkeit). Vor Tisch las mans anders (Heiterkeit). - Der Reichskanzler weist auf die heimlichen Rüstungen Rußlands hin, auf das Drängen der Franzosen, das geliehene französische Geld zum Bau strategischer Bahnen in Rußland zu benützen. Kein Mensch glaubt mehr an die Fabel, daß England um Belgiens willen Len Krieg begonnen habe. (Sehr richtig!) Glauben die kleinen Völker noch, daß England sie schützen will? England schnürt den neutrale» Handel ein, besetzt griechische Inseln und will griechisches Gebiet für Bulganen erpressen. Und die Russen brennen die Ort schaften nieder, verwüsten die Feider, opfern Frauen und Kinder. Das nennt man für Freiheit und Zivilisation kämpfen! (Sehr gut!) Und dann denke man an Ägypten. Einem Lande, das 44 Jahre den Frieden bewahrt hat, während alle anderen Skaaien Kriege führten, kann man nicht Ländergier vorwerfen. Tut man das, so ist das Heuchelei. (Lebh. Beifall.) Es gibt Kreise, die mir politische Kurzsichtigkeit Vorwerken, weil ich versucht habe, zu einer Verständigung mit England zu kommen. Ich danke Gott, daß ich es getan habe. (Beifall.) Dieser männermordende Krieg hätte vermieden werden können, wenn es zu einer Verständigung zwischen Deutschland und' Eng land gekommen wäre. Wer hätte dann in Europa Krieg machen wollen! Hütte ich daher eine solche Verständigungs arbeit von mir weisen sollen, bloß weil sie schwer war und immer fruchtloser erschien. Hier wo Millionen von Menschen leben auf dem Spiele standen, da mußte es heißen: Bei Gott ist kein Ling nnmvi'Iich. Ich will lieber in einem Kampfe fallen als ihm aus dein Wege gegangen sein. (Beifall.) Ter Kanzler schildert dann die Einkreisungopolitik Eduards VII. Wir haben nach dem Tode des Königs Eduard unsern aufrichtige:! Verständigungs- Willen immer ivieder kundgegeben. Deutschland wünschte aufrichtig den Frieden und wollte weder Frankreich noch ein anderes Land überfallen. Der Kanzler schildert dann die weiteren Verständigungsversuche mit England. Ich habe alles getan nm Europa, um de, Welt ü-m Frieden zu sichern. Wir sind hart bis an die Grenzen des Möglichen gegangen. Trotzdem hat Herr Asguith die Dinge entstell« und die öffentliche Meinuu« :u England rregeführl, indem er es so hinstellte, als ob wir am Scheitern der Verständigung schuld seien. Das Gegenteil ist richtig, die Darlegungen Asguiths schlagen der Wahrheit ins Ge- sicht. (Hört, hört!) Ich lege vor aller Welt Verwahrung ein gegen die Unwahrhastigkeiten und Verleumdungen, mit denen unsere Gegner uns bekämpfen, nachdem wir mit solcher Geduld bis an die Grenze des Möglichen gegangen stnd- (Lebh. Beifall.) Man hat uns Steine statt Brot gereicht. Man will uns durch eine ungeheure Verschiebung der Tatsachen an den Pranger stellen. Die Zeit wird kommen, wo die Geschichte ihr Urteil fällen wird. lLebb. Zustimmung.) Wir waren zu einer Verständigung bereit. England hat es abgelehnt. Diese Schuld wird es io alle Ewigkeit nicht mehr los. (Lebh. Beifall.) Der Kanzler schildert dann die weiteren Folgen der EinkreisnngspoUtik. Die Saat Eduards VII. war in die Halme geschoßen. Ach habe meine Politik niemals vor der Volksvertretung ver heimlicht. (Abg. Liebknecht, Soz.: Ultimatum an Belgien! Großes Gelächter, Zuruf: Herostrat!) Die Gesamtlaas war durch England bis in die Wurzeln vergiftet. Die Revanche gelüste Frankreichs, die panslavistischen Pläne Rußlands, alle fanden frische Nahrung durch England. Dann kam der Sommer 1914. Ich tat alles, um die russische und die österreichische Regierung zu einem Meinungsaustausch von Kabinett zu Kabinett zu bringen. Wir haben durch Herrn v. Tschirschkp in Wien er klären lassen: Wir sind bereit, unsere Bundespflichten zu erfüllen, lehneu cS aber ab, uns dnrch Nichtbeachtung nnscrcr Rat schläge in einen Weltbrand ziehe» zu lassen. (Lebh. Be- wegung und lebh. Hört! hört!) Man hat diese Instruktion als fingiert hingestellt. Diese Verdächtigung bedarf wohl keiner Widerlegung (Zustimmung). Wir haben die direkte Aussprache zwischen Wien und Petersburg mit dem äußersten Nachdruck betrieben. Di» Behauptung, daß wir durch Ablehnung des englischen Ko> ,-snzvorschlages an diesem Kriege schuldig sind, gehört in i . Kategorie derjenigen Verleumdungen, hinter denen unsere Feinde ihre eigene Schuld verstecke» wollen. Unaus weichlich wurde der Krieg durch die russische Mobilmachung (Zustimmung). Ich will das hier noch einmal mit aller Bestimmtheit sesistellen, um Ler Flut von Verdächtigungen entgegenzutreten, mit denen Las reine Gewissen Deutschlands im Auslande angeschwärzt wird. Weifall.) Wer wir werden letzte« Endes den Kampf gegen diese Heuchelei ebenso siegreich bestehen, wie den großen Kampf draußen auf den Schlachtfeldern. (Lebh. Beifall.) An Vie Polen, über Polen. Unsere und die österreichisch-ungarischen Truppen haben die Grenzen Kongreßpolens gegen Osten erreicht. Uns beiden fällt die Aufgabe zu, das besetzte Land zu verwalten. Geographische und geschichtliche Entwicklung haben seit langen Jahrhunderten Deutsche und Polen zmn Kampfe gegen einander gezwungen. Das hindert nicht unsere Achtung vor der leidenschaftlichen Vaterlandsliebe, mit der das polnische Volk seine alte westliche Kultur und seine Frsiheitsliebe gegen das Rufsentum verteidigt und auch durch das Unglück dieses Jahres gewahrt hat. Ich hoffe, daß die Besetzung des polnischen Gebietes durch unsere Truppen den Beginn einer Entwicklung Larstellen wird, die die alten Gegensätze zwischen Deutsche« uuL Pole« aus der Welt schafft und die vom russische« Joch befreiten Länder einer glücklicheren Zukunft entgegenführt, indem sie die Eigenart ihrer Kultur werden entfalten könue». Wir an unserem Teile werden bestrebt sein, das Laud gerecht zu verwalten, die entstehrsdvn Sckwi«Mkeiten aus-ugleicherl und die Wunden. Lie Rußland dAY Lcurde geschlagen hat. zu heilen. Dieser Krieg wird ein zerrüttetes, aus tausend Wunden blutendes Europa zurücklassen, aber die Welt wird anders aussehen, als unsere Feinde sie sich geträumt. Sie streben zurück nach dem alten Europa mit einem ohnmäch tigen Deutschland in der Mitte, als dem Tummelplatz feindlicher Ränke und dem Schlachifeld aller europäischen Kriege. Ihnen schwebt ein Deutschland vor, in dem kraftlose Eiuzelstaaten auf fremde Winke lauern, ein Deutschland mit zerrütteter Industrie, nur mit Kleinhandel auf dem inneren Markt und ohne Flotte, die das Meer von Eng- lanüs Gnaden befahren könnte: ein Deutschland, das nur ein Vasallenstaat des russischen Riesenreichs sein würde, Las den ganzen Osten Europas beherrschen und alle Slaven unter dem Zepter Moskaus vereinen sollte. So träumte man in Paris, Loudon und Petersburg. Nein, meine Herren, dieser ungeheure Weltkrieg wird nickt zu alten Zeiten zurückfüdren. Ein Neues muß entstehen. Soll Europa jemals zur Ruhe kommen, so kann es nur geschehen durch eine starke, unantastbare Steilung Deutschlands. Die Vorgeschichte dieses Krieges redet eine harte Sprache. Mehr als 10 Jahre hindurch ist das Sinnen und Trachten der Ententemächte nur darauf gerichtet gewesen, Deutsch land zu isolieren, es auszuicklisßcu von jeder Verfügung über die Welt. Die englische Polini des Gleichgewichts muß verschwinden, sie ist. wie der englische Dichter Shaw neulich sagte, der „Brutofe» für Kriege". Deutschlands Zukunft. Wohl kein Volk hat in den letzten Jahrhunderten solche Leiden zu tragen gehabt, wie das deutsche. Und doch können wir dieses Schicksal lieben, das uns mit solchen Leiden den Ansporn zu unerhörten Leistungen gegeben hat. Für das endlich keimende Reich war jedes FriedenSjahr ei» Gewinn. Ohne Krieg kamen wir am glücklichsten vorwärts. Wir brauchten ihn nicht. Nie hat Deutsch land die Herrschaft über Europa augestrcbt. Sein Interesse war es, in dem friedlichen Wettbewerb der Nationen, in den Ausgaben der Wohlfahrt und Ge sittung voranzustehen. Dieser Krieg aber bat es an den Tag gelegt, welcher Größe wir fähig find, gestützt auf unsere eigene sittliche Kraft. Die Macht, die uns unsere innere Stärke gab, können wir auch nach außen bin nur im Sinne d-r Freiheit gebrauchen. Die von den Feinden ringsum in den Krieg gehetzten Völker baffen wir nickst, aber, meine Herren, wir haben die Sentiutrniaiilät verlernt. (Stürmischer Beifall). Wir halten den Kampf durch bis jene Völker von dem wahrhaft Schuldigen den Frieden fordern, bis die Bah» frei ist für ein ueneS, von franzö sischen Ränken, rufftfchcr Eroberungssucht und englischer Vormundschaft befreites Europa. (Stürmischer minuten langer Beikall im Hause und auf den Tribünen.) Ohne weitere Diskussion wird die Vorlage über die neuen Kriegskcedite an die Budgetlommisfion verwiesen, ebenso die Vorlage über die Abänderung Les Milstär gesetzes. Dann vertagt sich das Haus auf morgen. Von freunä unä feinet. (Allerlei Draht- und Korrespondenz.Meldungen.) Vie kriegsriele der fortlekrittler. Berlin, 18. August. Es hat den Anschein, als sollte die Aussprache über die Kriegsziele nach und nach freigegeben werden. Nach dem am Sonntag die Nationalliberalen gesprochen, haben gestern die Führer der Fortschrittlichen Volkspartei eine Erklärung versandt, die besagt: „Ebenso entfernt von der grundsätzlichen Ablehnung des Landerwerbes, wie von uferlosen Annexionsplänen, hält es die Fraktion für unbedingt geboten, das Recht durch mili tärische und wirtschaftliche Maßnahmen, durch notwendige Gebietserweiterung für die Zukunft zu sichern und für den friedlichen Wettstreit der Völker Bedingungen zu schaffen, die in der Heimat, wie auf dem freien Meere, die Entfaltung der Volkskrast und des deutschen Volkes gewährleiste." Am Schluffe der Erklärung spricht die Partei ihre Bereitwilligkeit aus, die Regierung zu unterstützen, die nach den Worten des Kaisers am 31. Juli 1915 sich die Aufgabe stellt, auf erprobten alten und vertrauensvoll be tretenen Bahnen vorwärts zu schreiten. Menn der Krieg unentsckieden bliebe... Haag, 18. August. In einer Werbeversammlung in England hat Lord Derby über die Möglichkeit eines unentschiedenen Krieges und eines dementsprechenden Friedens gesprochen. Ein solcher Friede würde nur eine Folge haben: einen zweiten Krieg, der wahrscheinlich noch zu Lebzeiten Ler meisten der Anwesenden ausbrechen werde. An d Iben Tags, wo England einen unentschiedenen Frieden. iß machen werde, würde es auch die allgemeine Dienstps . einsühren. Das ganze Geld und alle Menschenleben, dst eizt geopfert worden seien, wären nutzlos dargebracht. — Soviel wir wissen, gedenken die Deutschen dem edlen Lord diese Sorge zu nehmen und den Krieg zu kraftvoller Emichsidung zu bringen. Oer Aufruf an das belgische Volk. Berlin, 18. August. Vor einer Woche wurde bekannt, daß in Belgien ein Aufruf an das Volk verbreitet werde, der die Unterschrift König Alberts trage. Der Aufruf enthielt grobe Ausfälle gegen unsern Kaiser und noch gröbere gegen unser Volk. Jetzt versichert der Pariser „Temps", daß Mitglieder der belgischen Regierung in Havre auf Anfrage erklärt hätten, der Aufruf sei gefälscht. Selbstverständlich sügk das Blatt aus eigenem hinzu, die Abfassung des Ausrufs be weise, daß es sich hier nur um ein — deutsches Manöver handeln könne, das bestimmt war, Erregung in Belgien hervorzurnfen. Vittere Mabrbeiten für» England. London, 18. August. Trotz aller krampfhaften Anstrengungen des Reuter bureaus im Verein mit der englischen Zensur und den englischen Zeitungen, dem Volke Lie Erkenntnis über Lie wirkliche Kriegslage fernzuhalten, läßt sich die Wa- v' fit nicht ganz unterdrücken. So bringen jetzt die „Times", sicher mit innerem Widerstreben, den Artikel eines Neu- tralen, der im letzten Jahre kriegführende und neutrale Länder besuchte und kürzlich aus Rußland gekommen ist. Er schreibt: Ich bin beständig überrascht darüber, wie wenig Engländer begreifen, was der Vsrli«^ Warschaus für die Russen bedeutet. Der zuversichr-- liche Ton der Zeitungen verhüllt den tiefen Schmerz, den alle Russen empfinden. Der Verfasser erzählt, daß eine mit ihm reisende russische Dame, als sie bei der Landung in England die Nachricht erfuhr, in Ohnmacht fiel, und fährt fort, die Engländer find gegenüber dem Kriege viel gleichgültiger als Holländer, Schweben und Schweizer, entweder weil sie schlecht unterrichtet oder zu weit von den Kriegsoperationen entfernt sind. — Die „Times" könnten, wenn sie wollten, viel erzählen von Lem „schlechten Unl«riWMem" ihrer Leser. .
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