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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 24.07.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191507244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19150724
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19150724
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
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Jahr
1915
-
Monat
1915-07
- Tag 1915-07-24
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Monat
1915-07
-
Jahr
1915
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unteren D^jestr versuchen die Russen wohl hier und da noch wei.ler anzugreifen, aber im großen und ganzen hat sich hier ein Stellungskrieg entwickelt und die Russen sehen ein, daß gegen die starken Positionen der Österreicher auf dem linken Ufer nichts auszurichten ist. Mit welchen ungeheuren Schwierigkeiten die öster reichisch-ungarischen Truppen am Dnjestr zu kämpfen hatten, geht aus folgender Schilderung des Sonderberichterstatters des Wolfsschen Bureaus, Richard Schott, hervor: Um Mitternacht hatte nach wirkungsvollster Artillerievorberei tung der Jnfanterieangriff mit der Überschreitung des Stromes eingesetzt. Unter dem Schutze der Nacht und eines dichten Nebels, der in den ersten Morgenstunden aus den Uferwiesen aufgestiegen war, hatten die Pioniere ihre Pontons herangesührt und die ersten Truppen den Übergang erzwungen. Die das Ufer besetzt haltenden feindlichen Vortruppen waren verjagt oder gefangengenommen worden. Nur an einzelnen Stellen, wo die Steile des Ufers und andere natürliche Verteidigungsmittel unsere Sturmkolonnen aufgehalten und es dem Gegner ermög licht hatten, Verstärkungen heranzuziehen, war bis in den Vormittag hinein erbittert gekämpft worden. Bis an den Hals im Wasser stehend hatten hier unsere tapferen West- preußen mehr als zehn Stunden lang aushalten müssen. Um schieben zu können, hatte der Hintermann den Vorder mann immer in die Höhe heben müssen. Mancher Brave war, von feindlicher Kugel getroffen, durch die reibende Strömung fortgerissen worden. Doch endlich war es auch hier „geschafft" worden. Nur in einer Fluß schleife hielt sich noch immer eine Ablesung finnischer Scharfschützen, die mit ihrem Gewehr- und Maschinengewehrfeuer unseren Truppen hart znsetzte. Endlich aber gelang es, sie zu umzingeln und gefau,ea zu nehmen, und nun war in der ganzen Gefechtsbreite der Division das nördliche Ufer in unserem Besitz. Bald war es möglich, wenn auch unter heftigstem Feuer der russischen Artillerie einige Brücken und Laufstege anzu legen und einen Teil der Batterien herüberzuführen. Jetzt war der Angriff auf die feindlichen Hauptstelluugen aus den jenseitigen Höhen in vollem Gange. Am nächsten Morgen wurden sie endgültig von den Unsrigen besetzt. * Mer plünäert in frankreick? „Exelsior" vom 7. Juli 1916 brachte folgende Notiz: Im Laufe des vergangenen März wurde in Ver folgung gewisser Tatsachen bei Frau Proust in Paris Haussuchung abgehalten. Man fand Gegenstände ver dächtigen Ursprungs, vor allem zwei Ordonnanzreoolver samt Futteralen, alte Fayencen und Leinenzeug. Zur Verantwortung gezogen, erklärte die Frau Proust, das ihr all das von ihrem Manne, Adjutant beim 70. Terri- torial-Regiment, übermittelt worden sei, der die Fayencen aus dem Schloß von Ecouen, wo seine Abteilung unter gebracht war, genommen habe. Ein Haftbefehl wurde sofort gegen den Unteroffizier, der zur Front ab gegangen war, erlassen: der Unteroffizier aber verübte, sobald er sich entdeckt sah, Selbstmord, indem er sich zwei Kugeln in den Kopf schoß, unter Beteuerung seiner Unschuld. Seine Frau erschien gestern vor dem Kriegs gericht unter Anklage der Mitschuld am Diebstahl durch Hehlerei. Nach dem Plaidoyer wurde Frau Proust freigesprochen. Der „Excelsior" nennt das einen „dramatischen Vor fall". Wir nennen es eine neue Bestätigung der bereits genugsam erhärteten Tatsache, daß die französischen Soldaten im eigenen Lande plündern. (W.T.B.) „Ein wahrhaft mongolisches System." Unter dieser Spitzmarke schreibt dieKrakauer„Naprzod": Wie wir aus dem Gouvernement Radom erfahren, haben dort die Russen bei ihrem Rückzüge 200 Dörfer aus militärischen Rücksichten völlig niedergebrannt. Ebenso sind auch zahlreiche Dörfer im Gouvernement Lublin voll ständig zerstört worden. Alle Jünglinge und Männer von 16 bis 60 Jahren, aber auch viele Mädchen haben die Russen vor sich hergetrieben und in die Gefangenschaft ab geführt, zurückgelassen haben die Russen nur alte Männer, Frauen, Kinder und Trümmerstätten, alles dies nur, damit die vorrückenden deutschen und österreichischen Truppen nichts mehr vorfinden. * Einziehung der russischen Neunzehnjährigen. Petersburg, 21. Juli. Die Zeitung „Rietsch' meldet: Der Ministerrat hat ^"schlossen, noch im Laufe des Jahres 1915 die im Jah r896 geborenen Wehrpflichtigen, die nach den geltenden' Bestimmungen erst im Jahre 1917 zu dienen haben, ein zuziehen. * Englands russische Nöte. Der Militärkritiker des „Daily Telegraph' schreibt: Das Schicksal der englischen Armee in Flandern und des englischen Volkes daheim ist eng mit dem ungeheuren Kampfe zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meere verknüpft; die endgültige Entscheidung, die der einen oder der anderen Partei Niederlage oder Sieg verleiht, dürfte auf dem östlichen Kriegsschauplätze fallen. Vie neue ^ieäenlLge cler Italiener. Die Italiener fahren — wohl auf mahnende Weisung oon Paris aus, die Herr Porro überbrachte — in ihren Angriffen auf hie Jsonzolinie mit gröberer Heftigkeit fort und richten sie besonders gegen den Görzer Brücken kopf und das Plateau von Doberdo. Der Mut der italienischen Truppen mußte nickt nur durch sehr starke Verschwendung von Artilleriemunition, sondern auch durch Alkohol angefeuert werden. Die gegen den Ab schnitt von Podgora angesehte elfte Infanteriedivision hatte des edlen Weines soviel gespendet bekommen, daß die Soldaten, wie der österreichische Heeresbericht feststellt, vollständig betrunken waren. Überall erlitten die Italiener sehr schwere Verluste und wurden zurückgeschlagen. Die Artillerie, die sehr zahlreich war, unterlag dem vernichtenden Feuer der österreichischen Mörser, die mehrere feindliche Batterien völlig vernichteten. Im Raume südlich des Krn wurden zwei heftige Angriffe der Alpini zurückgewiesen. Die neulich von den Österreichern verlorene Stellung südlich Schluderbach wurde den Italienern wieder abgenommen. In Italien rufen die ständigen Mißerfolge große Nieder- geschlagenheit hervor. Deutsche in kremäen Munitionsfabriken. Eine amtliche Warnung. Durch W.T.B. wird folgende amtliche Mahnung m tn ausländischen Munitionsfabriken beschäftigte Deutsch» bekanntgegebenr Wie verlautet, sind in den neutralen Landern, ins- H tackeln ist leicht, cleskalb versuchen sich * » so viele Sarin. Mit Verstanck loben ist schwer, » I darum tun es so wenige. I A Anselm Feuerbach. « besondere in den Vereinigten Staate» von Amerika Personen deutscher Abstammung als Arbeiter, In genieure oder in sonstiger Eigenschaft in Betrieben tätig die sich mit der Herstellung von Kriegsbedarf fm unsere Feinde befassen. Alle diejenigen, die auf solche Weise die feindliche Kriegsmacht stärken und dadurch Deutschlands Kriegs führung erschweren, laden nicht nur eine schwere moralische Schuld gegen ihr Vaterland auf sich; sie machen sich auch — was nicht allgemein bekannt zu sein scheint — nach den deutschen Gesetzen wegen Landesverrats strafbar. Der 8 89 des Reichsstrafgesetzbuches lautet nämlich: Ein Deutscher, welcher vorsätzlich wahrend eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges einer feind lichen Macht Vorschub leistet, oder der Kriegsmacht des Deutschen Reiches oder der Bundesgenossen desselben Nachteil zufügt, wird wegen Landesverrats mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Ferner bestimmt der 8 4 Abs. 2 des Strafgesetzbuches, daß ein Deutscher we- en einer tandesverräterischen Hand lung auch dann verfolgt wird, wenn die Handlung im Ausland begangen ist. Sofern also Personen, die sich an der Herstellung von Kriegsbedarf für die Feinde Deutschlands beteiligen, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, können sie struf- gerichtlich vertrügt werden, sobald sie deutschen Boden be treten. Es ist nickt daran zu zweifeln, daß dje deutschen Strafverfolgungsbehörden jeden Deutschen, der in dieser Zeit seine Pflichten gegen, das Vaterland verletzt, ohne Nachsicht zur Verantwortung ziehen werden ^olitikbe Aunälckatt. Deutsches Aeich. -r Nach 8 7 der Bekanntmachung über die Höchstpreise für Petroleum und die Verteilung der Petroleum bestände vom 8. Juli 1915 kann der Reichskanzler Aus nahmen von der Einhaltung der festgesetzten Höchstpreise zulassen. Solche Ausnahmen werden, wie halbamtlich erklärt wird, nur für Einzelfälle, nicht allgemein, erteilt werden. Erforderlich ist ein an das Reichsamt des Innern zu richtender Antrag. Der Antragsteller muß durch ein Zeugnis seiner Gemeindebehörde nachweisen, daß er bereits vor dem l. August 1914 H-mdel m t Petroleum getrieben hat. Eine Ausnahme wird nur be willigt für eine bestimmte, genau zu bezeichnende Menge von Petroleum. Über den 31. August 1915 hinaus wird eine Ausnahmebewilligung in keinem Falle erteilt werden. 4- Dem Verlangen auf allgemeine Maßregeln gegen den Lebensmittelwncher beabsichtigt die Reichsregierung jetzt nachzukommen; der Erlaß einer BundeSrats- verordnnng zur Regelung der Volksernährung steht unmittelbar bevor. Wie die National-Zeitung dazu erfahren hat, finden zwischen den zuständigen Berliner Regierungsstellen Ver handlungen über eine Verschärfung der Wucherpara graphen des Strafgesetzbuches statt, um dem neuerdings stark um sich greifenden Wucher mit Lebensmitteln und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs wirksam ent gegenzutreten. Damit soll zugleich auf diesem Gebiete ein einheitliches Vorgehen im ganzen Reiche gegen diese Art von Wucher ermöglicht und gewährleistet werden. So sehr das Einschreiten der verschiedenen militärischen Behörden gegen diese Ausbeutung der Bevölkerung be grüßt worden ist, so ist es doch an manchen Orten auch zu Unklarheiten in bezug auf die Abgrenzung der Befug nisse von Zivil- und Militärbehörden gekommen. Diesen Unzuträglichkeiten soll für die Zukunft ebenfalls vor gebeugt werden. Es werde wohl demnächst eine ent sprechende Vorlage an den Bundesrat kommen. Die Fassung der neuen Paragraphen bietet große Schwierig keiten, insbesondere die neue Begriffsbestimmung der „Notlage", man fei aber auf dem besten Wege, über sie hinwegzukommen. Berlin, 21. Juli. Bisher wurde nur den zur Wieder herstellung der Gesundheit und de» zur Frühjahrsbestellung nd zur Ernte in die Heimat beurlaubte» Manns hn?te- ncic Eisenbahufahrt gewährt. Nunmehr ist für sämtliche Mannschaften bei HcimatSnrlaub während deö Krieges freie Eiseubahnfahrt bewilligt worden. Amtlich wird bekanntgegebenr Nachdem kürzlich del zweite deutsch-englische Schwerverwundeten-Austausch durch Holland hindurch unter entgegenkommendster Mit wirkung der niederländischen Regierung und des nieder ländischen Roten Kreuzes tn durchaus befriedigender Weise stattgefunden hat, ist diesen beiden Stellen von dem Kaiser lichen Gesandten im Haag der wärmste Dank der deutschen Regierung übermittelt worden. ölterrelch-dngarn- X In einem längeren Artikel weist das offiziöse „Wiener Kremdenblatt" darauf hin, daß die öffentliche Meinung in Osterreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche in steigendem Maße ihre Aufmerksamkeit der künftigen Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen beiden Reichen zu wendet. Allein man müsse sich darüber klar werden, daß die Fortführung der Erörterungen im gegenwärtigen Augenblicke mancherlei Bedenken wachruft. Die Erörte rungen seien heute verfrüht, da die militärischen Ereignisse noch im Flusse sind und die künftige politische Gestaltung Europas noch ungewiß ist. Es fehlen darum wichtige Voraussetzungen für eine sachgemäße Beurteilung der handelspolitischen Fragen. Mit Recht hat aus ähnlichen Erwägungen heraus die Deutsche Regierung wiederholt mit großem Ernste gewarnt, sich mit den Friedensbedin gungen zu befassen. Dieselben Gründe sprechen dafür, auch in den Erörterungen über das künftige handelspolitische Verhältnis zwischen dem Deutschen Reiche und der Donau monarchie eine maßvolle Zurückhaltung zu beobachten. SroÜbrltannien. X Bedenken wegen des allmählichen Versagens der englischen Finanzkraft wagen sich mehr und mehr in die Öffentlichkeit. So schreibt der „Daily Telegraph" sorgen voll: Wenn wir alles hinter der Herstellung oon Muniti-v zurücktreten lassen, wird es uns nicht mehr lange möglich sein, unseren Alliierten als finanzielle Hilfsquelle zu dienen. Ohne unseren Ausfuhrhandel zu einem groben Teil aufrechtzuerhalten, werden wir die silbernen Kugeln, welche den Krieg gewinnen sollen, nicht zur, Verfügung haben. Die Beschäftigung der Mechaniker müßte so ge regelt werden, daß unsere, gewöhnliche Ausfuhrindustri aus einem möglichst hohen Standpunkt bleibt. Kmeriks» X Die Pariser Ausgabe des „New Tork Herald" bringt eine Meldung aus Newyork, nach der Bryan in einer seiner letzten Agitationsreden in Washington die Arbeiter aufforderte dem Krieg durch allgemeine Verweigerung der Mmutionserzcugmig in den Vereinigten Staaten ein Ende zu machen. Der „Hera d" hält eine vorübergehende Beschränkung der Munitionserzeugung für sehr wahr scheinlich, da die Deutschen und Iren eine große Propaganda für diesen Plan Bryans ausgenommen haben. In den Waffenfabriken von Bridgeport streiken bereits an 8000 Arbeiter, in den Waffenfabriken von Connecticut an 3000 Arbeiter. Die bekannten großen Remingtun Munitionsfabriken zeigen an, daß sie den Betrieb vor läufig nicht wieder aufnehmen können. 5000 Arbeiter der Standard Oil Company in Bayonne (New Jersey), die beim Laden der Schiffe für die Ausfuhr beschäftigt sind, haben die Arbeit niedergelegt. Sechs Schiffe tonnt.n nicht abfahren. x Im englischen Unterhause wurden die verlangten Kriegskredite einstimmig bewilligt. Aus der Rede, die Asquith zur Begründung dieser Vorlage hielt, sind folgende Sätze bemerkenswert: „Die Kriegskosten werden steigen und auch die den Alliierten zu gewährenden Dar lehen werden vermutlich zunehmen wegen der Teil nahme von Staaten auf Seiten der Entente, die bisher außerhalb des Krieges geblieben sind." — Was Asquith mit den angeblichen neuen Bundesgenossen auf Seite des Vierverbandes meinte, weiß man nicht. Ob die Hoffnungen des Ministerpräsidenten bereits auf so festem Grunde stehen oder oh er den Parlamentsmitgliedern nur Mut machen wollte, steht ebenfalls dahin. s^apan. X Uber einen Znkunftskrieg Japans gegen die Ver einigten Staaten von Amerika gehen allerlei Andeu tungen durch che Presse. So schreibt die Petersburger „Rjetsch": Da Japan jetzt isoliert in der Welt dasletze, England durch die japanische Politik mißtrauisch geworden, Amerika direkt feindselig gemacht worden sei, suche Japan Anschluß an Rußland, nachdem der Gegeniatz im Osten ausgeglichen sei und Japan nichts gegen die Politik der Türkei gegenüber einzuwenden habe, auf die jetzt Rußland das Hauptgewicht lege. Bisher sei einem Bündnis die Erinnerung an den früheren Krieg hindernd im Wege ge wesen. Jetzt wolle Japan Rückendeckung an Rußland haben, um seine ganze Energie auf den Kampf gegen Amerika verwenden zu können. — In England macht man sich Kopfschmerzen über den neuesten Plan Japans, eine chinesisch- apanische Bank mit einem Kapital von 5 Milli onen Pfund Sterling zu gründen. Davon sollen die chinesische und die japanische Regierung 30 Prozent über nehmen, um China im japanischen Interesse auszubeuten. Keine chinesische Regierung könnte einen solchen Plan annehmny der die Hartnäckigkeit der japanischen Politik kennzeichne. Kus ^n- unck UuslLNck. Krakau, 22. Juli. „Nowa Neforma" mewet indirekt aus Petersburg über neue Pöbelexzesse in der Wyborg- Vorstadt, wo sich deutsche Fabriken befinden. Aber auch französische Fabriken wurden vom Pöbel völlig ausgeraubt. Wien, 22. Juli. Der Direktor der bulgarischen SiaaiS» schuldcnvcrwaltnug Dr. Siyauow ist in Wien etngeiroffen. Er bat mit hiesigen Finanzinstituten Fühlung genommen und ist nach Berlin weitergereist. Zürich, 22. Juli. Der „Tribuna" wird aus Brindisi gemeldet: Die Hoffnung einer griechischen Intervention zu gunsten des Vierverbandes ist auf ein Minimum gesunken. Der deuischfreundliche Hof und Generalstab stehen der Beniselistischen Kammermehrheit schroff gegenüber. Haag, 22. Juli. Infolge der unerwartet großen Nach frage nach der Ausfuhrerlaubnis für lebende Schafe mußte von dem Plane, die Ausfuhr zu gestatten, Abstand ge nommen werden. Die Grenzen blriben daher für lebende Schale geschlossen. Pciersbnrg, 22. Juli. Ein Ukas des Zaren ordnet die Finberusung der Duma für den 1. August an Mieviel ilt eine MUiaräe? (Auch eine Kriegsbetrachtung.) Manche Leute sehen aus, als ob sie nicht drei zählen könnten, womit besagt sein soll, daß sie recht harmlos und simpel dreinschauen. Andere Leute, wie einige auf ganz aiederer Gesittungsstufe stehende wilde Stämme Süd amerikas, können zwar bis drei, aber nicht weiter als biS fünf oder sechs zählen. Was darüber hinausgeht, nennen sie einfach „viel", und ihre Sprachen haben keine eigenen Bezeichnungen für höhere Zahlen. Die gesittete Menschheit kann viel weiter zählen und seit die Kriegsfurie durch die Welt tobt, ist das Rechnen mit Milliarden gleichsam zum täglichen Brot geworden. Könnte nun einer von uns klugen, gesitteten Kulturmenschen bis zu einer Milliarde zählen? Gewiß! Aber er müßte dieser Verrichtung sein Leben ausschließlich widmen und dürste keinerlei Nebenbeschäftigung haben. Vorstellen läßt sich eine Milliarde ohne weiteres nicht. Man kann der Vorstellung dieses Ungetüms nur aus Umwegen in die Nähe kommen. Unsere Zeit hat in Amerika wirklich Vermögen in der Hand einzelner vereinigt, die mit dem Maß von einer Milliarde, d. h. tausend Millionen Mark zu messen sind. Wäre es nun zur Zeit von Christi Geburt einem Manne gelungen ein Vermögen von einer Milliarde Mark irr barem Geld zu erwerben, so hätte er ohne es auf die Bank zu tragen und ohne einen Pfennig Zinsen mit seinem Mammon zu machen, auch bei sehr üppigem Lebenswandel, keine Zukunftssorgen für seine Familie gehabt. Wenn die Erben dieses Mannes eine Mark pro Minute, also sechzig, Mark pro Stunde, 1440 pro Tag und somit ein Jahres einkommen von 518 400 Mark aus dem Schatz entnommen hätten, so hätten sie das Familienvermögen erst vor etwa zwanzig Jahren erschöpfen können. Denn vom Jahre 1 bis zum Ende des laufenden Jahres sind nur eine Milliarde sechs Millionen fünfhundertvierundzwanzig tausend Minuten verstrichen. Und daraus läßt sich ohne weiteres ersehen, warum der kluge Kultureuropäer, der bis zu einer Milliarde zählen wollte, daraus seine Lebensaufgabe machen mußte. An genommen, er brauchte zum Aussprechen von jeder — sehr bald, ungeheuer lang werdenden — Ziffer eine Sekunde und würde tagtäglich zwölf Stunden lang zählen, so brauchte er rund 62 Jahre, um seine Aufgabe zu erfüllen und wäre natürlich wohl in den siebenziger Jahren, ehe er stolz die Schlußziffer aussprechen könnte. Viel länger würde er einen so schweren und eintönigen Beruf auch kaum ertragen, und das „Gewiß", auf die Frage? ob ein
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