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Oer ruMfcke Kiickrug in Polen. Wochenlang haben wir vom Feldmarschall Hindenburg nichts gehört. Die Berichte lauteten eintönig: auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist die Lage unverändert. Im feindlichen Ausland begann man aufzuatmen, denn Ruß lands gefährlichster Gegner, der Mann, der den Armeen des Großfürsten NikolaiNikolajewitsch die schwersten Schlä ie o -rsetzt hat, schien untätig zu verharren. Das ging so we"., X^aß russische Blätter ihren Leiern die Mär auftischten, Kraft Hindenburgs sei erlahmt und der Meister dec Strategie sei in Ungnade gefallen. Indessen stand unser Held auf der Wacht, wartete aus wohlerwogenen Gründen die Entwicklung in Galizien und Südpolen ab und begnügte sich damit, starke Kräfte der Russen zu fesseln und zu beschäftigen. Bald bei Szawle, dann wieder bei Praßniß stießen die deutschen Kräfte vor, oder aber sie wiesen mit überlegenen Kräften unternommene Durchbruchsver- suche ab. Jetzt aber ist die Zeit des Abwartens vorbei. In breiter Front find die deutschen Truppen zwischen Pissa und Weichsel oorgestoßen und haben überall den Feind aus seinen vorbereiteten Stellungen geworfen. Am bedeutsamsten ist wohl der Vorstoß der Armee des Gene rals der Artillerie o. Gallwitz, der die starken Stellungen der Rusten bei Mlawa angriff und damit die Drohung gegen die ostpreußische Grenze zunichte machte. Der heutige Bericht läßt erkennen, daß das russische Heer immer mehr an seiner Widerstandskraft verliert, denn ob wohl mit allen Mitteln Berichte russischer Gefangener aus Deutschland unterdrückt werden, obwohl man immer wieder den Soldaten einzureden versucht, alle Gefangenen würden in Deutschland erschossen oder mißhandelt und gemartert, sind doch über 20000 Mann in unsere Hände gefallen. Den Sieg, den unsere braven Truppen jetzt in Nordpolen errungen haben, sowie der großangelegte Vorstoß über die Windau 5'^nnen nur richtig gewürdigt werden, wenn man in Betracht zieht, daß auch in Galizien die auf kurze Zeit unter brochene Offensive wieder ausgenommen worden ist. Au') auf diesem Teil des russischen Kriegsschauplatzes sind die Armeen des Zaren erneut geschlagen und zum Rückzug genötigt worden. Die Lage im Osten stellt sich demgemäß folgendermaßen dar: Im äußersten Norden wird der Vor marsch auf Mitau—Riga planmäßig fortgesetzt. Über den Narew stoßen deutsche Truppen siegreich vor und nähern- sich dem Befestigungsdreieck, besten Mittelpunkt Warschau ist, und in Südpolen wie in Galizien wird der Druck auf die noch Widerstand leistende russische Front so ver stärkt, daß die Räumung von Ostgalizten (dem kleinen noch vonRusten besetztenTeil) als naher Siegespreis winkt. Man kann eine Betrachtung des Sieges in Polen nicht schloßen, ohne noch einen Blick auf die Lage im Westen zu werfen. Nach unserm glänzenden Vorstoß in den Argonnen, der die Franzosen um so überraschender traf, als sie unsere Front durch die Vorgänge im Osten geschwächt glaubten, ist der Kampf auf Artilleriefeuer beschränkt — die fran zösische Offensive ist erlahmt. Das ist für uns ein bedeut- /c'Mer Erfolg, der ins rechte Licht gerückt wird, wenn ruan sich vergegenwärtigt, welche Verluste das französisch Heer erlitt, weil der Durchbruch unter allen Umstände erstritten werden sollte. Allein bei den Kämpfen um Arras betrugen diese Verluste nach einer zuverlässigen Schätzung an Toten, Verwundeten und Gefangenen 80 000 Mann. Auf allen Fronten siegreich! In diesem stolzen Bewußtsein können wir der weiteren Entwicklung entgegenharren. O Italienische Krisen. Holländische Blätter berichten aus Rom, daß es »wischen dem Generalissimus Cadorna und dem König zu scharfen Meinungsverschiedenheiten gekommen s^'v Cadorna, der ursprünglich sehr gegen die Teilnahme Italiens an der Dardanellenaktion war, hat jetzt seine Ansicht geändert und ist dafür, daß italienische Truppen schon in der nächsten Zeit nach dem Osten gebracht werden. König Viktor Emanuel ist aber dagegen ebenso wie die all gemeine Stimmung in Italien, wo man angesichts der bisherigen Erfolglosigkeit der kriegerischen Unternehmungen ,egen Österreich sich nicht gern in ein neues Unternehmen v-rzen will. Ministerpräsident Salandra soll in sei- y.»ergischer Weise für den Generaistabschef eingetreten seu. md sogar mit dem Rücktritt gedroht haben. — Englands Druck auf Italien, der schon den Treubruch veranlaßte, cheint also stark genug zu sein, um die Drahtzieher in stom auch noch zu dem Dardanellen-Abenteuer zu ver locken, bei dem England bisher so schlecht abgeschnitten hat. ^olniarfck auf ^itru—kiga. (Von unserem 6V.-Mi tarbeiter.) Unsere Truppen haben den Fluß Windau in Kurland bei Popeljany, nordwestlich des mehrfach erwähnten Kur» schany, überschritten und damit den Vormarsch auf Mitau und Riga wieder ausgenommen. Ob mit diesen Operationen zu Lande ein Borgehen unserer Flotte gegen den nördlich von Popeljany an der Windau gelegenen Seehafen von Windau, an der Spitze des Busens von Riga, verbunden ist, wird von deutscher Seite nicht gesagt. Von schwedischen Blättern wird gemeldet, daß Windau i« Braud stehen soll. So berichtet das „Nya Dagligt Allehanda*. daß ein schwedischer Torpedojäger in der Nacht aus Donnerstag beobachtet habe, daß Windau in Flammen aufgegangen sei. Damit in augenscheinlichem Zusammen hang steht die folgende Nachricht: Von Ljugarn auf Ost gotland wird an die Zeitung „Gottländingen" telephoniert, daß am 14. Juli von Einbruch der Dunkelheit bis 2 Uhr Im Griechen unct im Krieg » bekäll clie Einigkeit cien Sieg. z H Georg Möllenhagen. Z ein mächtiges Feuermeer gesehen worden sei. Fischer, die sich nachts auf dem Meere aufhielten, berichten von einer heftigen Kanonade. Daß die russische Heeresleitung mit einem neuerlichen Vormarsch der deutschen Truppen in der Richtung auf Riga rechnete, wird durch verschiedene Quellen bestätigt. Man forderte die Einwohner amtlich auf, sich und ihre ^abe in Sicherheit zu bringen und dem Feinde nickL Wertvolles zu überlasten, auch die Kirchenglocken, Tür klinken, Kupferdrahtleitungen zu beseitigen. Das alles zeigt, daß man mit einem ernstlichen Widerstand in dieser Gegend des östlichen Kriegsschauplatzes ruisischerseits nicht rechnet. Als vor einiger Zeit unsere Truppen über Schaule (Szawle) hinaus vordrangen und deutsche Reiter schon bis Mitau schwärmten, konnten die Russen aus. ihrem reichen Mannschaftsreservoir noch starke cier in cien Kämpfen um Oeutscklancis kukm unct fiortbesteken gefallenen kleiden aus V^ilsclrukk unct clen Orten cler OmZebunZ. l-snclsturmmann ^AUÜ SUS WilslinuE au8 kökksliorf. ^ä§er im 12. MAer-Lataillon su8 Kfumbaek. Loiciat im Orenaclier-I-ancswekr-KeZiment I^Ir. 100. Kunl ttempkl SU8 «okopn. Zolclat im lnksnterie-Kegiment dir. 93. ttsrmsnn 0ttokjMkfsu8Nsuian^ Qekreiter im Keserve-Pionier-Kompanie fvjr. 54. Ldre üea Ispkerea! „o weinet nickt! Ob ikr clas Teuerste auck kabt verloren! Gewaltig sckon clie neuen weiten Kreisen, Linck Orosses wird in 8ckmerren nur geboren. Oer borbeer reickt cier Palme sckon clie blsntt, Ontt kerrlick, neu Zestäklt in 6lut unä Lisen, Orstekt RUM köcksten Olan? äas Vaterlanä. Drum weinet nickt, Venn äie für solcken Preis sick kinxe^eben, 8ie sterben nickt, sie weräen ewi§ leben!" Kratts zmammenscharren, die es rarjam erscheinen liehen, die deutschen Linien zurückzunehmen. Jetzt hat sich das Bild geändert. Galizien und Südpolen haben d e Stärke des russischen Heeres ungemein angegriffen. M t furchtbaren Schlägen sind die öoit stehenden gewaltigen Armeen zurückgetrieben worden und von den anderen Fronten konnten nur mühsam die nötigen Verstärkungen heran- gezogen werden, um den völligen Zusammenbruch aufzu halten. Hindenburgs neue Offensive, die iu breiter Front ansetzt, von derOllsee bis herunter nach Prasznysz, nördlich von Warschau, trifft die Russen in einem verhängnisvollen Augenblick. Die russischen Truppen, die Hindenburg auf diesem Raum so lange festhielt, dürfen jetzt, wo der Manchall nach wrgjältigsten Vorbereitungen zum Angriff vorgent, aus keine ünterUü^ung mehr rechnen. Dem Stoß im Südosten folgt jetzt ein gleich gefährlicher im Norden, der sicherlich durchdringen und die Lage der russischen Armeen verhängnisvoll gestalten wird. * Oie Übenlegenkeit cler Deutschen. Ein russisches Klagelied. Die seit jeher stark deutschfeindliche „Nowoje Wremja*, die besonders heftig zum Kriege gehetzt hat, bringt jetzt einen pessimistischen Artikel, in dem es heißt: Der Grund, weshalb 305 Millionen Alliierte nicht 120 Millionen Deutsche und Österreicher und Ungarn erdrücken können, liege in der besseren Bewaffnung und Munition, sowie in der größeren Tüchtigkeit des Sol- baten der Verbündeten, der durch bessere technische Mittel zwei Gegner aufwiegen könne. Eine weitere Meldung besagt, daß durch einen Ukas des Zaren die in Ausbildung befindlichen Jung-Kosaken der Armee eingegliedert werden sollen. Neicken tteutlcber Gefangener in frankreick. Amtlicher amerikanischer Bericht. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung bringt folgenden amerikanischen Bericht über das Gefangenenlager in Saini Nazaire in Frankreich: Die Verhältnisse dieses Lagers waren, wie bei fast allen bisher besuchten militärischen Lagern, nichtbefriedigend. Ich habe Gelegenheit genommen, die Mängel zur Kenntnis d sMinisteriums der Auswärtigen Angelegenheiten in Paris zu bringen, und es ist mir versichert worden, daß sofort entsprechende.Erhebungen angestellt und Heu Mängeln ab- geyouen werden würde. Die folgenden Angaben stammen aus Anfang Mai. Die Lage dürste sich inzwischen ge bessert haben. f? ?) Das Gefangenenlager in Saint Nazaire (Dep. Loire- Inf.) ist ein streng militärisches Gefängnis mit 400 Ge fangenen, sämtlich deutschen, darunter vielen, die schon seit September hier sind. Dieses Lager ist sehr überfüllt und es ist möglich, daß die Überfüllung Anlaß zu Krankheiten geben wird. Die Ordnung ist schlecht. Die Gefangenen sind in einem alten Fabrikgebäude am äußersten Ende der Stadt eingesperrt. Die Gefangenen beklagen sich über die Arbeit, zu der sie gezwungen werden — Beladen und Ausladen von Kohlenschiffen —, und erklären, daß sie für diese Arbeit schon seit drei Monaten nicht mehr bezahlt worden sind. Siebzehn Mann verbüßten gerade ihre Strafe, die meisten von ihnen hatten sich geweigert, zu arbeiten. Sie waren in einem engen, niedrigen, schlecht gelüsteten, dunklen Zimmer von ungefähr 10 zu 16 Fuß Größe eingesperrt. Es wird aber zurzeit ein zweckentsprechender Anbau an dem Gefängnis angebracht, um weitere 100 Gefangen^ die täglich erwartet werden, aufzunehmen. * Vas galirilcke petroleumgebiet. Bei seiner Fahrt zu den Schlachtfeldern am Dnj estr, von denen er in nächster Zeit ausführliche Berichte senden wird, querte Richard Schott, der Sonderbericht erstatter des W. T. B. das galizische Petroleumgebiet. Glücklicherweise scheint — so schreibt er — der Feind die Bedeutung dieses Schlachtfeldes nicht in vollem Um fange erkannt zu haben. Er würde es sonst wohl kraftvoller verteidigt und seine großen natürlichen Hilfsmittel gründlicher zerstört haben. Wie der liebenswürdige Hauptmann des österreichischen Betriebs kommandos berichtete, sind die Russen durch Boryslaw eigentlich nur durchgezogen, als der Sieg der deutschen Südarmee am Zwinin sie zwang, auch ihre weiter nord westlich in den Karpathen stehenden Kräfte zurückzunehmen. Nur dem Umstand, daß dieser Rückzug bei der Stärke des deutschen Erfolges in großer Eile geschehen mußte, ist es wohl zu danken, daß die Russen von den etwa 370 im Betrieb befindlichen Bohrtürmen nur 230 zerstören konnten und daß sie vor allem die ungeheuren Vorräte (44 000 Waggons zu je 10000 Kilo) unberührt ließen. Immer hin schätzt man den Schaden auf 120 Millionen Kronen, ein Ausfall, den man bei der groben Ergiebigkeit der Anlagen jedoch schon in Jahresfrist wettmachen zu können hofft. Gegenwärtig herrscht im galizischen Erdölgebiet wieder eifrige Tätigkeit. Es gibt dort Petroleum, Benzin, Flieger benzin (von leichterem Gewicht), Gasöle für Unterseeboote, Schmieröl und Paraffin in Hülle und Fülle. Nur an Verkehrsmitteln zum Versand fehlt es. da die eingleisige Bahn fast ausschließlich durch militärische Transporte in Anspruch genommen wird. Die Kraftwagenparks unb Flieger der in Galizien kämpfenden verbündeten Armeen versorgen sich jetzt übrigens schon meist direkt von Boryslaw aus mit Benzin. Hoffentlich wird sich die Befreiung der galizischen Petroleumgebiete bald auch im Privatverkehr in stark entlastender Weise fühlbar machen. Politische Kunälcbau. Deutsches Keicb. über die Beurlaubungen zur Ernte wird folgendes bekanntgemacht: Bekanntlich wird den Mannschajten, die zur Heu- und Körnerernte sowie im Interesse des Wein baus beurlaubt werden, unter Belassung der Löhnung freie Eilenbahnfahrt auf Kosten des Reiches gewährt, wie dieK schon bei den Beurlaubungen der Frühjahrsbestellung der Fall war. Der Urlauber erhält für die Reise einen Militärfahrschein, der neben anderen Angaben auch den Vermerk: „Fahrkosten sind zu stunden" enthält. Hieraus ist vielfach geschlossen worden, daß der Beurlaubte nur vorläufig frei fahre und die Fahrkosten später von ihm bezahlt werden müßten. Das trifft nicht zu. Jeder, der einen solchen Schein in Händen hat, fährt tatsächlich frei. Der Vermerk regelt nur das Abrechnuugsverhältnis zwischen dem Reich, das die Fahrkosten trägt, und der Eisenbahnverwaltung, auf deren Linie der Beurlaubte fährt. 4- Nach den Berliner Politischen Nachrichten haben die Mitteilungen über die Absicht der Reichsleitung, an die gesetzgebenden Körperschaften mit einer weiteren Kredit vorlage heranzutreten, anscheinend zu dem Gerücht Ver anlassung gegeben, daß die Ausgabe einer neuen Kriegs anleihe unmittelbar bevorstehe. Dieses Gerücht eilt den Tatsachen voraus. Auch wenn der bis zum 10. August vertagte Reichstag die ihm zustehende Kreditvorlage um gehend erledigt, wird die neue Anleihe jedenfalls nicht vor dem Monat September zur Zeichnung aufgelegt werden. Für die Bemessung der Zeichnungsfrist und der Ein zahlungstermine werden die mit den ersten beiden Kriegs anleihen gemachten günstigen Erfahrungen zugrunde gelegt werden. WaS den Zeichnungspreis anlangt, geht auS den kürzlich veröffentlichten Mitteilungen des Staatssekretär- des Reichsschatzamts hervor, daß die Absicht besteht, die neue Anleihe abermals zu einem etwas höheren Kurse al» die lstzte Anleihe auSzugeben. Die zweite Kriegsanleihe ist zu S8Vr v. H. aufgelegt worden. Es wird also für die neue Kriegsanleihe wohl mit einem ZeichnungSprei» von mindesten- 99 v. H. zu rechnen sein. * In München «eilte der Eeneraladjutant de» Kaiser», Generaloberst und Oberbefehlshaber in den Marke« v. Kessel zur Überbringung »e- preußischen Frldmar- schallftube- «« König Ludwig von Bayern. Gleich zeitig mit dem kunstvoll auSgeflhrten Feldmarschallstab überbrachte der Generaloberst rin Handschreiben de» Kaiser-. Der König empfing den Generaloberst in feier licher Audienz im Keinen Lhronsaal der Residenz. Später fand Frühstücks täfel statt. * Die ergänzenden Bestimmungen beS BundeSratS über den Verkehr mit Zucker setzen fest, daß der gesamte Zucker, der nicht für die Bezugsvereinigung zurückgestellt ist, für den menschlichen Verbrauch freigegeben ist. Der VerbrauchszuckerpreiS für September ist auf die gleiche Höhe wie der für August festgesetzt worden. Weiter sind Höchstpreise für den Handel mit VerbrauchSzucker mit Wirkung vom 22. Juli festgesetzt worden. Endlich ist bestimmt, daß auch nach dem 80. September 1915 Ver brauchszucker in einer Menge enteignet werden kann, die im wesentlichen der Menge entspricht, die die Verbrauchs- zuckerfabriken aus dem jetzigen Betriebsjahr hinüber-' genommen haben, oder die der Handel zu den bis Ende September gültigen Preisen gekauft hat; der Enteignung»- preis ist für die Zeit nach dem 80. September 1915 um 10 Pfennig für 50 Kilogramm niedriger festgesetzt als -er Preis, der bis dahin gilt.