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— Hea-n das mangelnde Taktgefühl eines gewissen Teils des Publikums Verwundeten gegenüber wendet sich die Zusckrift eines Verwundeten, die dieser an die „Neue Vogtländiscke Zeitung" in Plauen gerichtet hat Diese Zu schrift lautet: „Leider gehöre ich zu den Menschen, die das Unglück hatten, in diesem Weltkrieg einen Arm verloren zu haben. Als solcher habe ich nun schon seit einem Viertel jahr Gelegenheit, zu beobachten, wie taktlos sich das Publi- kum uns Invaliden gegenüber benimmt Zunächst müssen wir einstechn, daß jeder uns Begegnende uns von oben bis unten „mustert". Das wollen wir uns noch gefallen lassen Sodann hören wir von den Vorübergehenden: „Ach, der hat einen Arm verloren!" Das bekommen wir Tag für Tag unzählige Male zu hören, weil die Vorübergehenden im Drange ihres Herzens es nicht fertig bringen, leise zu sprechen oder diese Aeußcrung ganz zu unterlassen Und dabei soll ein solcher unglücklicher Mensch, der sowieso seelisch völlig niedergedrückt ist, seelisch gesunden! Wir wollen von den Leuten nicht bemittleidet sein. Tretet aber für uns ein, wenn es gilt, uns in irgend welcher Weise zu unter- stützen! Ist das eben Berichtete wenig taktvoll, so ist es das Folgende erst recht: Die meisten Leute bleiben gleich vor Neugier auf der Straße steh n, wenn ein übel zugcrichteter Krieger des Weges daherkommt Dazu haben wir doch wahrlich nicht unsere Glieder gelassen, damit man uns a gafft und wie ein Schaustück betrachtet Dazu geben wir uns nie und nimmer her. Darum wenn Ihr einem Krüppel be gegnet, tut gar nicht, als ob er ein solcher wäre! Dann wird es gar kein eigentliches Krüppeltum mehr geben — uns Invaliden zur Freude!" Aus diesen bitterernsten Worten wird hoffentlich so mancher sich eine Lehre ziehen und in Zukunft, dem Wunsche der Verwundeten gemäß, etwas mehr Taktgefühl diesen Kriegern gegenüber an den Tag legen. — lA. I Die Aiotversorgung mährend der Hteifezeit. Um die BrotMrsorgurg der Besucher von Kur- und Bade orten oder Sommerfrischen sicherzustellen, sind folgende Vor schriften erlassen worden: Die Besucher solcher Orte erhalten auch dort die erforderliche Zahl von Brotkarten ausge händigt und können daher ihr Brot an ihrem Aufenthalts orte beziehen Voraussetzung hierfür ist aber, daß sie eine Bescheinigung beibringen, wonach sie für sich und ihre Be- gleitung für die anzugebende Dauer der Abwesenheit von ihrem Wohnoete dort keine Brotmarken erhalten oder diese zurückgegeben haben. Diese Bescheinigungen werden von denselben Stellen erteilt, von denen die Brotkarten ausge- geben werden Während Hotelgäste im allgemeinen auch ohne Vorlegung eines solchen „Brotkartenabmeldescheins" mit Brot bez Brotkarten versehen werden, ist an den ge nannten Orten auch für sie diese Bescheinigung in der Regel erforderlich, wenn ihr Aufenthalt länger als drei Tage dauert Wer deshalb in diesem Jahre eine Sommer frische zu besuchen gedenkt, wird sich vorher mit einem Brot- kartenadmeldeschein zu versehen haben, um sich unliebsame Weiterungen zu ertvaren. — tVi. I. Die stellvertretendm kommandierenden Generale des 12. und 19. Armeekorps haben bis aus weiteres die Ausfuhr von Stroh jeder Art aus ihre« Bezirke« in andere Korpsvezirke verboten. — Die stellvertretenden Intendanturen des 12 und 19. Armeekorps sind e mächtigt, auf schriftlich begründete Anträge hin Ausnahmen zu be willigen. Hiervon wird im allgemeinen aber nur dann Ge brauch gemacht werden, wenn der Verkäufer durch amtliche Bescheinigung nachweist, daß das Stroh für eine Militär verwaltung gekauft ist — Der Aezirksvereiu Dresden des Deutsche« Buch drucker-Wereins hatte sei,>e Mitglieder zu einer Versamm lung für den 11. Juni eingeladen, die der Vorsitzende, Herr Woldemar Ulrich, leitete. Die Vorgänge im Bezirke, im Kreise V!I (Sachsen) und im ganzen Gewerbe wurden in einem Ueberblicke, den der Vorsitzende gab, geschildert und debattelos zur Kenntnis genommen. Die einzelnen Punkte der Tagesordnung: Bericht über die Berechnungsstelle, Preistarifliches und Verhandlungen des Kreisbeschwerde amtes, Bericht über das Tarifschiedsg» richt, Bericht über d'en Arbeitsnachweis, Bericht über die Jah>-esrcchnung 1914, zeitigten zum Teil lebhafte Aussprachen Bei dem folgenden Punkte der Tagesordnung: „Aussprache über die geschäft- liche Lage, über die eingetretenen Preiserhöhungen für Papiere usw, sowie die notwendige Preiserhöhung für Drucksachen", wurden die Preissteigerungen für alle Materi alien, deren unser Gewerbe bedarf und die bis zu 300 Prozent für einzelne Artikel betrage«, eingehend besprochen. Die Versammlung konnte sich der Einsicht nicht verschließen, daß der Mehrforderung für die Rohmaterialien eine Be rechtigung nicht abzusprechen sei, muß aber andererseits infolgedessen erwarten, daß mit Rücksicht auf diese Tassache die Notwendigkeit entprechender Preisaufschläge auf Druck sachen von feiten der Abnehmer anerkannt werden wird. Man beschloß alsdann einstimmig: eine Erhöhung der Drucksachcnpreise um 10 Prozent durchzuführen. Der Vor sitzende machte noch ganz besonders auf die am 22. August in Schandau stattfindende Kreisversammlung aufmerksam und empfahl allseitigen Besuch derselben. Nach Erledigung einiger interner Angelegenheiten schloß der Vorsitzende die Versammlung mit dem Wunsche daß bald ruhigere Zeilen für Vaterland und Gewerbe kommen möchten — Unteroffizier Gutsbesitzer Alfred Koitzsch aus Weukirche« erhielt die Friedrich August- Nedaille Mockenspielpls« cter Dresdener Tlkealer. Opernhaus: Dienstag „Der Zigeunerbaron", Mitt woch Zyklus klaff deutscher Opern 10. Abend „Tristan und Isolde", Donnerstag Volksvorstellung „Der Freischütz", Kaspar: Joief Schlembach a. G, Freitag Zum Besten der Pensionskosse des König! Opernchors „Tannhäuser", Sonn tag Letzte Opernvorstellung vor den Ferien: „Die Meister singer von Nürnberg'. Anfang Dienstag abend Vz8 Uhr, Mittwoch und Sonntag 6 Uhr, Donnerstag 8 Uhr, Frei tag 7 Uhr. Schauspielhaus: Dienstag „Wetterleuchten", Mitt- woch „Othello", Donnerstag Zyklus vaterländischer Dramen 8 Abend „Minna von Barnhelm", Freitag „Das alte Heim", Sonnabend „Katle", Sonntag Letzte Schauspielvor- steüung vor den Ferien: Zyklus vaterländischer Dramen „Im deutschen Bürgerhaus 1813, Wörth, Der Wächter auf den Bergen". Anfang abends V28 Uhr, außer Mittwoch 7 Uhr Residenz-Theater: Dienstag und Freitag „Der müde Theodor", Mittwoch, Donnerstag, Sonnabend und Montag „Rechtsanwalt Tantalus", Sonntag „Die spanische Fliege". Anfang abends 8 Uhr. Außerdem Sonntag nach mittag V-4 Uhr „Alt Heidelberg". Central-Theater: Dienstag und Mittwoch „Die Frau von vierzig Jahren", Donnerstag bis Montag „Der Klex" Anfang täglich abends 8 Uhr Nossener Produktenbörse am 18 Juni 1915. 1000 M.Pf. M.Pf. KZ M.Pf. bis M-Psi Weizen » L " L 283 85 85 24 03 Weizen neu 85 -- —— „ neu 68/72 „ „ r- — 85 ——- . -- Roggen, neu 70 „ L 243 80 80 19 44 Hafer, neu „ „Z. - Z 264 50 50 13 20 Futtermehl II „ 50-- —— Noggenkleie, inld. „ „ 50 M— —— „ russische „ ,, -- --50-- — Weizenkleie, grob „ 50 > Maiskörner, grob „ 50 —- — Maisschrot „ „ 50 — Heu, neu per 50 Kilo M. 3 - 3 50 Heu, alt ,, 50 „ „ 4- /V 4 50 Schüttstroh „ 50 „ „2- 2 50 Gebundstroh ,, 50 „ „ 1- e, 175 Speise-Kartoffeln neu 50 „ „ 4 50 5 50 Meikner MsrktberiM am 18 Juni 1915. Butter, ein Kilo 3-3,10 Mk., Landeier, ein Stück 12—13 Pfg., Honig ein Pfund 1,20—1,60, altes Huhn, ein Stück 3,50—4,— Mk., junge Hühner, ein Stück — Gänse, ein Pfund — Pfg., bis — Mk., Enten, ein Stück —, Mk., Tauben ein Stück 60—65 Pfg. Getreidepreise Höchstpreis geringe Qualität mittlere Qualität gute Qualität niedrigst, höchst, niedrigst, höchst, niedrigst, hockst Weizen, — — — — — 283 00 Roggen, — — — — — 243 00 Gerste - — — — — Hafer, — — - — — 264 00 Dresdmer HfrodukteavSrse am 14 Juni 1915 Wetter: Trocken. Stimmung: Fest. Um 2 Uhr wurde amtlich notiert Weizm, pro 1000 Kilo netto, inländischer, 283,00 Mk — — gesetzlicher Höchstpreis, Ware beschlagnahmt. Roagen, pw 1000 Kilo netto, inländische, Kilo 243,00, gesetzlicher HotMvreis, Ware beschlagnahmt. Gerste, pro 1000 Kilo netto d ländliche — Kilo —iächsische 282/0 schlesische und pojener 282,56 gesetzt Höchstpreise,Ware b schlagnohmt, ausl 6' 0 -680 (Klew-Handel-preis bis 3000 lex-, Angebot fehl:.) Haier, pro 1000 Kilo netto, inländischer ' 64, - gesetzlicher Höch'pr.iS, Ware ^eschtagnohmt (kl. Handclsvrets bis 3(00 lißl netto, Angebm fehm. Mais, Pro Un netto, Cincpntine 610 — 625, Nundmais 000 — 620 B üenkleie pro 100 netto ohre Sack, gesetzliche Höchstpreise iür den Her ttelb r 13,00, Roggenkleie pro I00 i<A netto ohne Sack, gesetzlicher Höchst preis sür den Hersteller, Großhandelspreis sür inländische Kleie I5,(D (beschlagnahmt), do Kleinhandelspreis bis 1000 kg 15^0 (beschlagnahmt), ausländische Kleie 44—45 Die sür Artikel pr 100 «A notierten Preist verstehen sich sür Geschäfte unter 5000 I<^ Alle anderen Notierungen einschließlich der Notiz sür Malz, gelten sür Geschäfte von mindestens !0 000 lex. Oampfsckifs-fskrplan -rs vom iz. Mai bis mir ry. August 191Z. Fruchtsäfte, Marmelade») Gelees. (L, V) Keidetvcersaft. 1 Kilogramm Heidelbeeren, V- Liter Wasser. Die Heidelbeeren werden verlesen und gewaschen. Dann setzt man sie mit kaltem Wasser zum Kochen an und läßt sie zerkochen. Tie Masse wiid auf ein auSgechannteS Seihtuch geschüttet Den Saft läßt man adlaufen, ohne in der Masse zu rühren, bringt ihn dann wieder zum stochen und füllt ihn heiß in saubere, trockerr Flaschen, die man verkorkt. Krdöeer-, Pohannisbeer- oder Kimveermarwelade. 1 Kilogramm Erdbeeren oder Johannisbeeren oder Him beeren, 1 Pmnd Zucker. Die Früchte werden variiertet, Erdbeeren verlesen, gewaschen, Himbeeren verlesen, Johannis beeren gewaschen und gestreift Eine Sorte der angeführten Früchte oder auch mehrere Sorten werden aufs Feuer ge- setzt. Sind die Früchte zerkocht, fügt man den Zucker hin zu und kocht das Mus unter beständigem Rühren dick ein, was ungefähr 80 bis 45 Minuten dauert Dann füllt man die Marmelade heiß in avgewärmte Gläser und bindet diese nach dem Erkalten zu Die richte Beschaffenheit der Marme lade prüft man, indem man einen Tropfen auf einen Teller tut und erkalten läßt Behält der Tropfen seine Form und bildet sich kein Wasserrand, ist die Marmelade gut — Erst lesen — dann unterschreiben! Infolge der durch den Kriegszustand verursachten Abwesenheit vieler Männer erscheint folgende Mahnung an die Frauen zur Vorsicht wieder angezsiat: Es kommt nicht selten vor, daß Frauen in Abwesenheit ihrer Männer von redelustigen Reisenden aufgesucht und dazu gebracht werden, einen ihnen vorgelegten Bestellschein zu unterschreiben. Der Inhalt deS Scheins stimmt gar ost nicht mit dem mündlich 'Versprochenen überein Man mache sich daher zum Grundsatz, nichts zu unterschreiben, was man nickt zuvor genau durckgelese« noch in seiner ganzen Tragweite erfaßt hat, insbesondere keinen Bestellschein zu unterschreiben, worin nicht klipp und klar die Endsumme der Bestellung emhalien ist Klauseln, die man nicht versteht und die eine unbillige Erschwerung der Rechtslage des Bestellers bezwecken, streiche man ohne weiteres. Nb Dresden 10,00 0,00 7 35 6,408,15 12.352,50 7,40 9,1' 11,40 f7,45!s,R)!ll',lch I0M15 an Ab an X Nnr Sonn- und Festtags. ',00 7,00 5,35!7,35 7,55 8,00 5,10 8.20 8,25 Kaditz Radebeul Gohlis Köpfchenbroda Niederwartha Gauernitz Scharfenberg Sörnewitz Spaar Meißen Meißen Spaar Sörnewitz Scharfenberg Gauernitz Niederwartha Kötzfchenbroda Gohich Radebeul Kaditz Dresden 3,35 3,40 i 3,5.5 44,00 >2,5 >3,0 >3,10 s12,15fl,30 3,tt 12,2bs?,40 3, 5 6,40X40 . 6,4. >8,45 5.« 0 5,10 5,2 .5,25 5,40 5,45 5,1 5,55 6,00 6,10 6,20 6,25 11,55 2,10 12,(X L.15 12,102.25 6,35 8,10 10,35 " 10,40 6,45 8,20 10,45 6,55 8,30 10,55 7.00 8,3.5 11,00 7,10 8,45 11,10 7,M,5501,20 7X5 9,0001,25 12,402,55 1 ,55R,10 11,15 1.3012,^ 11,50 2,05 2,50 6,00 X 8,15 10,20 X 12,15 1,45 X 3, 5 ! x 4,30!6,00 6,05 8,20 10, 5 12,20 1,50 3, 0 4,35i6,05 6,25 8,-0 10,45 12,40 2,10 >,00 4.55 6,25 6,35 8,50 10,55 12 50 2,20 4,'O 5,05 6.35 6,50 8,05 11,10 1,05 2,35 4, 5 5, 0'6,50 7,10 9,25 11,30 1,25 2,55 4,45 5, 0 7,10 7,20 9.35 11,40 1,35 3,05 — 5,50^7,:» 7,30 9,45 11,50 1,45 3,15 — 6 00'7.30 7,35 9.50 11,55 1,50 3,20 — 6.05:,35 7 45 10,00 12,05 2,00 3,30 — 6,15 7,45 8,40 10,55 1,00 2,55 4,25 — 7,10,8,40 An äer Mria Originalroman von H. A. Revel. 4s (Nachdruck verboten.) „Pfui, Pepi! Muß dein erstes Wort gleich eine Bitterkeit sein? Der Diener ist eben noch nicht lange in meinen Diensten. Woher sollte er eine Ahnung haben, Laß ein Herr von Wehnsdorf der Sohn der Frau Sömnes sein könnte? — Junge, wie siehst du gut aus! Aber sag mal, was führt dich hierher nach Berlin? — Na, komm man erst herein. Du wirst noch jemand finden, den du hier kaum anzutreffen glaubst." Stolz in ihrem mütterlichen Gefühl, zwischen Lachen und Weinen, ihren weißen Kopf an die sie überragende Schulter ihres Sohnes zärtlich schmiegend, betrat sie am Arm ihres Ältesten das Schlafzimmer. Frau Sömnes stellte ibn der Russin vor. Sein Blick fiel auf Franziska, die bleich an einer Marmorsäule lehnte. „Franzl! Da schlag doch gleich der Donner drein!" rief er ihr gemütlich zu und streckte ihr beide Hände ent gegen. „Du hast halt wohl gewußt, daß ich herkomm, — was? Und da hat's auch dich hergetrieben! Na :a! Alte Liebe rostet nicht." Er schlug sich scherzhaft — mit einer Verbeugung — auf den Mund. „Pardon! Ich war ja nicht derjenige welcher." . „Ach, sprich doch nicht so dummes Zeug", zwang sich Franziska zu einem Lächeln. „Aber gute Kameraden sind wir doch immer gewesen. Gelt?" — Da er den fragenden Blick Franzls verstand, fuhr er fort: „Ja, ja. Allein komme ich. Ganz allein. Louis " Er hielt inne, als ob er nicht gleich mit Ler Sprache heraus wollte. Die Mutter verfärbte sich: „Louis? Was ist mit ihm? Warum schweigst du? Ist ihm etwas passiert? Um Gottes wiüeu, Pepi — sag!" „Nein, nein, beruhige dich, Mama. Allerdings ist etwas mit ihm vorgefallen. Etwas sehr Gutes sogar. Und wenn er dich nicht hatte davon vorher verständigen können, so lag das eben in den Umständen. Gott, das läßt sich alles nicht so sagen. Er wird dir's am besten selbst auseinandersetzen. — Na, kurz und gut — mit einem Wort —" Er zögerte noch immer. „Was denn? Um Gottes willen? Du spannst mich auf die Folter!" jammerte Frau Sömnes. Er gab sich einen Ruck. „Also — Louis ist — verheiratet." — Erst sah Frau Mathilde ihrem Sohn entgeistert — wie er starrt — in die Augen: dann aber brach sie plötzlich in ihrem Stuhle mit einem schmerzlichen Ausruf zusammen und bedeckte die Augen mit der Hand. Ihr Sohn hatte geheiratet! Ihr Luigi! Und er hatte es nicht einmal für der Mühe wert gefunden, sie zu fragen, sie durch ein Wort vorher in Kenntnis zu setzen! Joseph war zu sehr mit seiner Mutter beschäftigt, als daß er den fassungslosen und zugleich entsetzten Ausdruck auf Franziskas Zügen hätte bemerken können. Sie war fahl im Gesicht geworden; ihre Wangen waren eingefallen, ihre Backenknochen traten vor; sie sah bemitleidenswert aus. Doch niemand außer Wera Winscheff achtete darauf. Die Freundin war leise an ihre Seite getreten, wie um Franziska einen Halt zu bieten, den sie auch — ohne es zu wissen — ausnützte; denn sie selbst hatte es gar nicht bemerkt, daß sie wankte und daß sie ein leichtes Unwohlsein überkommen hatte. Louis verheiratet! Beiden Frauen kam die Nachricht gleich unerwartet, erschütternd; beide konnten sie nicht fassen. Allmählich, während Joseph in langen Schritten das Zimmer durchmaß, kam Frau Sömnes wieder zu sich. Müde blickte sie ihren Ältesten an: „Wie ist denn das alles so plötzlich gekommen? Hast du etwas — davon gewußt?" Er zuckte die Achseln: „Keine Ahnung. Louis hat ja selbst nichts davon gewußt. Er hatte sich vierzehn Tage Urlaub genommen, eigentlich in der Absicht, direkt über Fiume nach Berlin zu fahren und dich zu überraschen. Dann ließ er sich von einem Kameraden, dem Oberleutnant von Velhatz überreden, ihn nach Brindisi zu begleiten und von dort aus durch Oberitalien und über Venedig, den Brenner, Rosenheim, München nach Berlin zu fahren. In Brindisi traf Velhatz, der in aller Welt Frauenbekannt ¬ schaften hat, befreundete Damen, unter ihnen auch eine Komtesse di Pirantese —" „Eine Verwandte des Grafen Flayio Pirantese, deS Römers?" unterbrach ihn Wera mft einem unwillkürlich erschreckten Ausdruck, den sie rasch unterdrückte. „Jawohl. Seine Tochter. Sie kennen also die Piranteses?" fragte Joseph beinahe erfreut. „Oh, nur so oberflächlich^ erwiderte die Russin aus weichend. „Die Komtesse Elena Pirantese war eine Freundin der Giulia Agosti, die wieder Mit mir einst sehr befreundet gewesen war/ „So! Aber Elena ist nicht seine Frau, sondern Elenas Schwester Melitta." Eine beispiellose Überraschung matte sich auf den Zügen Weras. „Melitta? Ich dachte, Graf Flavio hätte nur die eine Tochter Elena." Dann überlegte sie beinahe düster. „Ach nein! Ich erinnere mich dunkel, den Namen Melitta gehört zu Haven. Ich glaube, ich habe sie sogar gesehen." „Wer Melitta einmal gesehen hat, soll sie nicht so leicht wieder vergessen", sagte Joseph zur Erklärung. Die Russin sah den jungen Mann durchdringend und eigentümlich an, mit einem fast unheimlichen Ausdruck. „Ganz recht. Es wird diese Melitta gewesen sein." Hilflos und ängstlich blickte Frau Sömnes auf Wera. Sprach diese doch von jener Frau, die ihren Sohn, ihren Luigi, glücklich machen sollte. „Und — Sie kennen die näheren Verhältnisse?" „Wie gesagt: nur oberflächlich. Ich weiß nur, daß' die Familie früher sehr reich gewesen war und jetzt in mehr als bescheidenen Verhältnissen am Esquilin irgendwo lebt Joseph schüttelte ernst den Kopf. „DaS können die Piranteses nicht sein. Denn Melitta soll außerordentlich reich sein. Und das gerade soll auch mit der Grund sein " Er hielt rasch inne. Doch er hatte bereits zuviel ge sagt. Die Mutter hatte ihn verstanden. (Fortsetzung folgte