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»*»»»»«»a*s»s^L2»c>o^»i-ll'SsSis»sss»ss»ss»» 20ci« im Bti» Und sechs Weiche Kinderanne schlangen ' sich um sie. Stumm, innig schmiegten sich di« heißen Bäckchen an das känenüber- strömte Gesicht. „Nicht weinen, liebe, liebe Mutter, nicht weinen!" Al- sie ihre herzige kleine Schar mit den warmüberquellenden, liebebedürftigen See- len um sich sah, da breitete sie ihre Arme um ihre verlassenen Küchlein, und sie legte sich im stillen ein heiliges Gelöbnis ab, daß - sie alle Willenskraft und Seelenstärke zu sammen nehmen wollte um ihren Kindern, dem teuren Vermächtnis ihres heißgeliebten Gatten, eine wackere Stellvertreterin für den fern Weilenden zu sein, eine treue Verwal- terin von all ihrem Hab und Gut, damit sie, wenn ihm eine glückliche Heimkehr beschieden sein würde, mit der gekosten Zuversicht vor ihn hintreten könnte, ihr bestes daran ge geben zu haben. Es würde sicher nicht im Sinne ihres stets heiteren, stets frohgemuten Gatten sein, wenn die frohe Jugendlust der Kleinen durch die Schatten ihrer Trauer und Verzagtheit verdüstert würde. „Vater läßt euch noch einmal alle recht herzlich grüßen," sagte sie mit zuckenden Lippen und bebender Stimme und streichelte zärtlich die blonden Köpfchen. ' Dann kam eine alte Frau und kaufte etwas Band, Zwirn und Knöpfe, ein kleiner Junge wollte für zehn Pfennig Stecknadeln haben, und ein Dienstmädchen, das lange unschlüssig wählte, erstand eine blaue Küchenschürzs. Es war keine Zeit mehr übrig, um sich zu besinnen, es hieß, tapfer zugreifen, wenn alles im gewohnten Geleise bleiben sollte. Am meisten fürchtete sie sich vor der Nacht, wenn in der Dunkelheit und Stille die Gedanken wieder Zeit haben, Einkehr zu halten in dem Kauemden Gemüt. Aber nach Ladenschluß gab es im Hause noch so viel zu schaffen und aufzuräumen, daß sie nachher wie tot vor Müdigkeit auf ihr Lager sank. Ein traumloser Schlaf hielt das Bewußtsein ihres Kummers bis zum anderen Morgen fem. Der Mond aber, der so vielen verein samten Gattinnen und Müttern zu ihren durchweinten Nächten leuchtet und weit draußen im Feld mit seinem bleichen Schimmer den für den heimischen Herd Kämpfenden den Weg zum Feind weist, überflutete mit seiner ruhigen Klarheit d»s friedliche Bild, die schlafende Kn-gerftau mit ihren Kleinen. Dankbar empfand sie es beim Erwachen, daß dem Menschen zwei nicht zu unterschätzende Tröster mit auf den Lebensweg gegeben werden, der Schlaf und die Arbeit. Auf eigene Füße fo plötzlich gestellt, mußte sie sich über sich selbst wundern. Hatte sie doch nicht geglaubt, daß so viel Kraft und Mut zur Selbständigkeit in ihr verborgen ruhte. Das Leben ging seinen Gang und jeder Tag brachte seine Anfor derungen. Im Geschäft wollte es manche Tage gar- nicht so gut gehen, wie sie es wohl wünschte. Die Kauflust war recht gering. Aber die Lieferanten drängten und ver langten pünktliche Begleichung der Rech nungen. Dazu kam, daß sich eines Tages schräg gegenüber ein Konkurrent niederließ, der ebenfalls Wollartikel und Putz- und Modewaren führte, nur in viel größerem Maßstabe. Mit dessen reicher Auswahl und den ksigen Schaufenstern, deren blendende in ein hübsches Stück Geld Sie nur bald mal wieder, überall ihre wohlwollend würde es nicht jeder mit solcher ihrer Waren umgesetzt. „Kommen sucht, so reifte Erleben heran sönlichkeit. Und wenn Schützengraben das ihr geworden, war ihr auch die Kraft gewachsen, es voll und ganz zu erfüllen. Auch sie war eine echte, tapfere deutsche Soldatenfrau. nachgerufen. Von nun ab machte sie sich einen richti gen Schlachtenplan für ihren Feldzug in die Umgebung und bereiste mit der Zeit alle in der Nähe gelegenen kleineren Ortschaften. Die alten Kundinnen wurden von ihr in be stimmten ZeitabscbnitteN ausgesucht, und Frau Höfer," hatten ihr fast neugewonnenen Kundinnen seiner Stirn ge- ängstlichen, ewig schwärm von Schaulustigen herbeilockte, konnte Frau Höser mit ihrem bescheidenen, kleinen netten Laden kotz aller aufmerk samen und reellen Bedienung und den sorg fältig instand gehaltenen Warenvorräten ihr Gatte draußen im ihre Briefe las, dann freute nn er sah wohl, mit dem Amt wirklich wahr sein, sonst immer und immer wieder Bestimmtheit behaupten. Es mußte Wohl auf schrieben stehen, auf dem einen gedrückten Ausdruck tragenden blassen Gesicht, an dem unfreien, verschüchterten Wesen mochte mans ablesen. Es war auch nicht Schritt halten. Da begann von neuem allerhand Sorgengelichter ihr das Herz schwer zu machen. Eines Morgens kam eine langjährige Kundin in den Laden, eine Gutsbesitzers frau aus der Umgegend, die stets, wenn sie in die Stadt hineinkam, ihre Einkäufe bei Höfers machte. „Ach", klagte Frau Luhmann, die etwas korpulent und kurzatmig war, „unsereiner hat es doch sauer. Wenn ich für meinen Karl, der im Felde ist, wie Sie wissen, was Wollnes kaufen will, oder für meine Töchter etwas Modemes haben will zum Anziehen, dann muß man immer erst in die Stadt reinfahren. Bei uns hinken sie mit der Mode immer so'n bißchen hinterher und sind obendrein so teuer!" Dies gab Frau Höfer zu denken. Was man in der großen Stadt in Hülle und Fülle hat, daran fehlt's manchmal auf dem Lande. Und wie sie noch darüber nach dachte, reiste bei ihr ein Plan, wie sie ihre Einnahmen vermehren könnte. Kamen die Kunden nicht zu ihr, wohlan, so würde sie zu den Kunden gehen. — Waren genug hatte ja ihr guter Mann auf gestapelt. Am anderen Morgen stand sie ganz früh auf und packte mehrere handfeste Kartons voll mit den hübschesten und modernsten Blusen, Schürzen. Spitzenkragen und sonsti gen modernen Niedlichkeiten, die ein Frauen, oder Mädchenherz entzücken können, nicht zu vergessen schöne warme Sachen für (unsere) Krieger. Eine ältere Frau oben aus der Vietten Etage wurde gebeten, mal einen Tag unten bei den Kindern zu bleiben und im Geschäft, wo ja ohnehin kein rechter Betrieb mehr war, nach dem Rechten zu sehen. Mit einem Billet vierter Klasse, das ihr gestattete, ihre Gepäckstücke mit hinein in den Wagen zu nehmen, fuhr sie nach dem kleinen, in der Nähe gelegenen Ott, von dem Frau Luhmann gesprochen. Dott angekommen, legte sie in einem Katton von jedem etwas zusammen, prak tische Wollsachen und allerlei Damenputz; das andere ließ sie wohlverpackt im Gast haus zurück. — Und nun begann sie einen Rundgang durch den kleinen Ott. Neugierig sammelten sich Mütter und Töchter um die hübschen städtischen Mode herrlichkeiten. „Mitter, sieh, die Bluse ist was für dich!" „Hier, diese wollene Kappe könnten wir eigentlich Max ins Feld schicken." „Lina, wie wär's, wenn du die Weiße Achselschürze nähmest?" Frau Höfer war ganz glücklich, bald war der erste Kasten leer. Und als der Abend kam, da hatte sie den größten Teil Lichtfülle stets einen förmlichen Bienen- man wartete schon auf sie und v rschob den wichtigen Einkauf bis zu ihrem Eintreffen War sie früher wie der Efeu, der stets an einein starken Stamm Halt und Stütze " sie in diesem wechselvollen zu einer selbständigen Ver ¬ ein eigenes Verhängnis. Seine Mutter, die Witwe Heinemann, hatte doch niemand anders, als den Sohn, der die Wäsche zu den Kunden hinbringen mußte, oft weit draußen. Wenn er dann abends eilig die Schularbeiten zurechtbasteln mußte, ihm die müden Augen dabei zufielen, ost ging da nichts Rechtes mehr in den Kopf hinein. Aber auch wenn er seine Lektion zu Hause wie am Schnürchen gewußt hätte, in der Schule nachher, wenn aller Blicke und vor allem die Brillengläser des Lehrers auf ihn gerichtet waren, wie weggeblasen war dann mit einem Male alles. „Na, aus dir wird schon nichts Ge- scheidtes," pflegte der Lehrer geringschätzig vor sich hin zu murmeln. Wenn dann die Zensur schlecht ausfiel, klagte die Mutter: Schade um das schöne Schulgeld. Na, ich fag's ja immer, da ist Hopfen und Malz verloren." Dumpf fühlte er wohl die Ungerechtigkeit, die hierin aus gesprochen lag, aber er wußte keinen Aus weg, also es blieb dabei, daß aus ihm mal nichts Richtiges würde. Wo es sich darum handelte, sich keck vorzudrängen nach Jun- genatt, hielt er sich scheu zurück, als käme ihm dieses Recht nicht zu, und wo es galt, andern den Rang abzulaufen, lastete ein dumpfer Druck auf ihm, der ihn Hindette, sich hervorzutun. „Natürlich, der Karl ist mal wieder der Dumme," höhnten die andern dann. Dabei waren doch manche in der Klasse, die ließen sich von Karl ihre Arbeiten des Morgens, bevor sie abgegeben wurden, nach sehen, denn dann wußten sie, daß sie gut gerieten. Dann kam es ost vor, daß diese bessere Nummern bekamen als er in der selben Arbeit, weil er sie zu Hause spät abends unter dem Lärm der Geschwister müde zum Umfallen, bingekleckst batte. cler auf äem k>;eqspfaä Von D r. von Gneist. eit seines Lebens war es ihm ge predigt worden, aus dir wird mal F nichts Rechtes. In der Schule schon hörte er's zum Ueberdruß, so oft, daß es sich unauslöschlich bei ihm einprägte, und es mutzte d H auch E - - Welt i« Bit» verraten hätte," sagte das Mädchen, nach- ! dem sie in den Garten eingetreten waren, auf die weißen Tempelsäulm im Hinter- ! gründe eines von den Streifen der Mittags sonne durchzittertcn Fichtenhains deutend, „Sic werden dadurch vielleicht unsre seit herige Zurückgezogenheil begreiflicher fin- den. Sehen Sie, hier verbringe ich meine schönsten Stunden." Sie betraten den dämmrigen Raum, der einfach aber geschmackvoll ausgestattet war, auf einem Tischchen in der Mitte lag ein Buch aufgeschlagen, die Faustdichtung. Den jungen Künstler berührte das alles seltsam. „Ich finde es begreiflich, wenn Ihnen dieses Plätzchen ans Herz gewachsen ist. Miß Sharp," sagte er höflich, „Sie verbrin gen Ihre Zeit nicht in schlechter Gesellschaft — indem er aus das Buch zeigte — sind Sie zufrieden mit Ihrem Freund?" „Ich lese ihn zum erstenmal in seiner Sprache," versetzte das Mädchen, „wenn ich auch nicht den Mut habe, mich mit seinen allegorischen und metaphysischen Problemen zu beschäftigen, so steckt in dem übrigen doch soviel Schönheit, daß man sonst nichts zu haben brauchte, um zufrieden zu sein," ent gegnete das Mädchen. „Ich stimme Ihnen vollkommen bei," sagte Herr Staufen, „das Menschliche der Dichtung ist das Schönste. Hier quillt über all eine warme echte Menschenliebe hervor, die uns den Dichter in seinem besten Idea lismus zeigt." „Halten Sie diesen Idealismus für ge rechtfertigt ?" „Weshalb nicht?" „Ich habe mir diese Frage bei der Todesszene Faust's vorgelegt. In dem Ringen mit feindlichen Naturgewalten, in seiner Mitarbeit an den großen Zielen der Menschheit findet er seine Sühne. — Er wird von Engeln in den Himmel getragen." Ein düstrer Schatten breitete sich bei diesen Watten über das Gesicht der jungen Amerikanerin aus. Ein« Erinnerung schien in ihr aufzu steigen. Sie starrte einen Augenblick wie geistes abwesend m die Ferne, um sodann sortzu- fahren: „Ist dieses Faustschicksal nicht typisch für die Menschheit oder einen Teil der Menschheit? — Es sind so viele, die irren und fehlen, die finsteren Mächten erliegen, ehe eine Stimme vom Himmel das erlösende Wort ausspricht: Er ist gerettet — aber sagen Sie, wo ist eigentlich Ihr Freund Clevetton hingeraten, Herr Staufen? Sie sind allein aus dem Taunus zurückgekehtt." Dem jungen Mann war die plötzliche Veränderung in dem Wesen seiner schönen Gefährtin nicht entgangen, aber er wagte es nicht, eine Frage auszusprechen. Gleichgültig versetzte er: „Er ist mit Herrn v. Wetterstein nach Wiesbaden gefahren." „Er Hai den Sezessionskrieg mitgemacht, nicht wahr?" „Ja. bis zu dem Tage von Appomatox." „Meiner Mutter ist eS leid, daß sie ihn bis jetzt nicht empfangen konnte. — Wir unterhielten seither so wenig Beziehungen zu der Welt. Die erste Anstrengung, die wir in dieser Richtung machten war unser jüng- stes Gattenkst, aber die Aufregungen dieses Tages waren offenbar für Ma zuviel. > Sie mutzte sich zurückziehen, ehe Sie und ! Mister Clevetton unser« Gäste wurden." „Na, noch ist Polen nicht verloren, hoffentlich bietet sich in nächster Zeit Ge legenheit, Ihrer Frau Mutter diesen merk würdigen Mann zuzufllhren. Haben Sic während dieser Tage keine Sehnsucht nach ! den Wäldern da drüben gefühlt?" „Wenn ich offen sein soll, so mutz ich Ihnen gestehen, daß mir dieser Wunsch nicht fremd geblieben ist. Jedoch, Sie kennen meine Mutter. In ihrem Alter und bei ihren Gewohnheiten ist es schwer, etwas von ihr zu fordern, was sie aus dem Ge leise bringt. Sie hat schon so vieles hinter sich. — Auch sie hat einen Sohn zu be weinen, wenn auch in anderm Sinne als Frau Günter. Jedenfalls sind die Erinne rungen Mas nach dieser Richtung nicht die angenehmsten. Es scheinen sich hier Ereig nisse abgespielt zu haben, die jedes Band der Zusammengehörigkeit durchschnitten, und so hat sich zwischen ihm und uns eine Kluft aufgetan, die unüberbrückbar ist. Wenn sie ihn gestorben wüßte, sie würde vielleicht ruhiger sein. Aber so! Menschen seines Schlages können nicht in der Dunkel heit bleiben. Bei seiner ungewöhnlichen Intelligenz, bei seiner eisernen Willenskraft kann mvn lhn nicht zu den Toten werfen. Man fragt sich hundertmal: Was mag aus ihm geworden sein? Wie mag es ihm ahm? Wo mag er sich aufhalten? Meine Mutter zittert davor, ihn wiederzusehen. Und doch ist jeder Schlag ihres Herzens ein Sehn suchtsruf nach ihm." In ihren Watten lag ein solches Weh, ? daß er sie betroffen anblickte. Ihre schönen Augen waren mit Tränen angefüllt, über den freien und regelmäßigen Zügen lag ein Hauch von unbeschreiblicher Weichheit, eine träumerische Traurigkeit, unter der sie zu leiden schien wie unter einem großen Schicksal. Sein Herz kämpfte sich zusammen. Und doch durchströmte ihn bei alledem ein froh lockendes Gefühl. So offenherzig hatte sie noch nicht zu ihm gesprochen. „Ich begreife Ihren Kummer," erwi derte er, aber umsomehr halte ich an der Hoffnung fest, daß eine Veränderung des Wohnortes dazu beitragen wird, die Er innerungen Ihrer Frau Mutter zurückzu drängen und frischeren Empfindungen Ein laß zu gewähren." „Ich möchte, daß Sie recht haben," ver setzte das Mädchen, „aber ich fürchte, daß Sie tauben Ohren predigen werden. Es gibt Antipathien, die unüberwindlich sind. Meine Mutter hat eine förmliche Scheu vor der Außenwelt und besonders die neuen Verhältnisse, die sich seit der Rückkehr Herrn v. Riethweilers entwickelt haben, sind nach allem, was sie darüber gehört hat, ganz und gar nicht geeignet, sie zu einem Heraus gehen aus ihrer Passivität zu veranlassen. Sie werden mich vielleicht auslachen, aber ich halte «S für meine Pflicht, Ihnen nichts zu verschweigen: sie hat eine Ahnung, als ob ihr drüben ein Unglück zustoßen könnte." „Ich bitte Sie, sich hierüber nicht zu be unruhigen," sagte der junge Mann mit seinem frischen, offnen Gefühl, „derartige Ahnungen sind bei Personen, die leben wie Ihre Frau Mutter lebt, nicht selten, und wenn ich noch schwankend wäre, ob ich ihr raten soll, nach Hohenstein zu gehen oder nicht, so würde Ihre Mitteilung meinem Schwanken ein Ende machen." (Fortsetzung folgt.) Oie cles Oanästurmmarmes. Von D r. von Gneist. ö KT angsam fährt der Zug aus der Halle. k tränenverdunkelten Augen I E^k) starrt Frau Hörer der sck'warzen, , '-k»- I langen Wagenkette nach, die ihr den Gatten davon führt, hinaus in Kampf und Tod. Wieder ging ein ganzer Trupp Landsturmmänner hinaus, um die gelichte ten Reihen der draußen Kämpfenden aus zufüllen. Wie betäubt machte sich Martha Höfer auf den Heimweg. Ein entsetzliches Ver- lassenheitsgefühl, der Leere überfiel sie. Nun hieß es mit einemmal, sieh zu, wie du allein fettig wirst, wie du, ohne den Gefährten deines Lebens zur Seite zu haben, für die Kinder, den Haushalt und das Geschäft zu sorgen vermagst. Der starke Arm, der sie und die Kinder so treu beschützt, unerreich bar, er, zu dem sie sich in allen Nöten und Kümmernissen flüchten konnte, ihr ent rissen — vielleicht für immer. Die innige Gemeinsamkeit zweier Menschen, die sich Jahr für Jahr mehr in einander gelebt, plötzlich zerschnitten, dies ritz und zerrte ihr fast die Seele wund. Wie zerschlagen an allen Gliedern, mut- und kraftlos kehrte sie zurück in ihren kleinen Laden, den ihr Mann aus bescheide nen Anfängen hochgebracht hatte mit Be harrlichkeit und Fleiß. Nebenan tollten Gretchen, Karl und Marie wie sonst, sie hatten nach Kinderatt den Abschiedsschmerz um den Vater schon überwunden. Dort stand noch der Karton mit den neu eingetroffenen Blusen, die Heinrich noch gestern in der Landsturmuniform eigenhändig mit Preisen versehen hatte, wie schmuck er das noch einmal mit gewohnter Sorgfalt neu hergerichtet hatte, voran die Wollsachen für die Krieger und rundherum die Schürzen und Taschenkicher, die Häub chen und Blusen. Unterdessen hatte sie hinter dem Laden tisch gesessen und sich verstohlen die immer wieder hervorquellenden Tränen fortge wischt. Sie wollte ihm ja wirklich nicht das Herz schwer machen, ganz gewiß nicht. Aber gemerkt hatte er es doch, wie entsetzlich ihr zu Mute war, Wohl als seine Augen beim Umwenden ihrem trostlosen Blick begeg neten, und er war zu ihr geketen, hatte sie fest, ganz fest in seine Arme genommen und ihr leise allerlei Liebes gesagt. Ach, er war ja immer so furchtbar gut zu ihr. Da stand sie nun allein an der Stätte ihres jahrelangen, gemeinsamen Wirkens und Schäftens, und der Jammer brach mit solcher Wucht über die Verlassene herein, daß der Körper unter der Leiden schaftlichkeit ihres Schmerzes bebte und zuckte. So versunken war sie in ihren Schmerz, daß sie es nicht gewahrte, wie sich leise die Tür vom Kinderzimmer geöftnet hatte. Große, erstaunte, erschreckte Kinderaugen starrten herüber zu der weinenden Frau. Ganz still standen alle drei eine W-ile da. Dann, wie einer gemeinsamen Ein gebung folgend, schlichen sie behutsam auf die Bekümmette zu.