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»SSSSSSSSSSSSSSKSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSS» Welt lm Bild prächtigen Kameraden, der uns durch seinen unverwüstlichen Humor über manche öde Lagerstunde hinwcggcholfen hatte. Jantzen schrieb uns vom Ersatzbataillon, dann von Aachen aus. Als er eine fidele Karte aus dem Schützengraben in Frankreich schrieb, konnte ich's nicht länger ertragen. Ich bat den Häuptling, doch unter der Hand mit dem Adjutanten zu sprechen. Es traf sich gut, daß der Oberstleutnant einige Tage später die Kompagnieführer zu einer Besprechung befahl. Als er zurllck- kehrte, brachte er mir den Bescheid mit, daß ich auf Versetzung zur Front rechnen könnte. Und wirklich stand einige Tage der Konrpagnieschreiber vor mir und meldete: „Telephonischer Befehl vom Regiment —" Und wieder trabte der Pferdebursche des Häuptlings in die „Großstadt", um Wein zu holen. Und wieder hörte'nach Mitter nacht der Lagerposten unser Lied: „Kein schönrer Tod ist in der Welt. . Wenn man fast sllnf Monate lang nichts als Dünen, See und bleigrauen Himmel ge sehen hat, kein wirkliches Dach über dem Kopfe hatte, nichts von den Ereignissen der Welt hörte, als was einem wochenalte Zei- tungen sagen, da ist es schon ein unbeschreib- I licher Genuß, einmal wieder im Eisenbahn- abteil zu sitzen, wieder Bahnhofsgetriebe zu sehen, das geschäftsmäßige „Brötchen, Li monade, Apfelsinen" der Bahnhofskellner ! zu hören. Nur peinlich war es, wmn jemand mit achtungsvollem Blick auf die nicht mehr schöne feldgraue Uniform fragte: „Sie waren auch draußen!?" Und man mußte ärgerlich antworten: „Ne, draußen j in den Dünen auf das englische Gesindel gewartet." „Ach, die Kerle kommen nicht." Einige faule Tage beim Ersatzbataillon, , in denen man die Zivilisationsgüter, wie Warmbad, Haarschncidestube, gute Speise anstalten und — endlich einmal wieder! — ein wirkliches Bett durchkostete, dann die Zusammenstellung neuer Formationen und - hinaus, hinaus! Es war auf den Bahnhöfen nicht mehr die laute Begeisterung, wie sie damals am zweiten Mobilmachungstage uns überall empfing. Aber wieviel erhebender wirkte — jetzt nach fünf harten Kriegsmonaten! — die ruhige Entschlossenheit: wir müssen siegen! die feste, selbstverständliche Uober- zeugung: wir werden siegen! Jedes Gesicht ! zeigte es, jeder Mund sprach es. Ueber die Grenze ging's. Belgien. Oede Acckcr, zerschossene Dörfer. Und ! Kriegsgräber. Weiter, weiter. Deutscher ! Landsturm, deutsche Blaujacken, die von ! nichts anderem sprachen, nichts andres dach ten: wann gcht's gegen England. Und dann — wir hatten das Kampfgelände er reicht. Die „alten" Truppen erzählten und be lehrten ein wenig von oben herab uns Neu linge, und wir hörten stilllächelnd zu und dachten: Wieviele Tage noch und wir wer- j den ebenso herablassend wie alte Lands knechte von Gefechten und Schlachten reden. Ich war der dritten Kompagnie zuge teilt, die von einem neugebackenen Ober leutnant geführt wurde. Wir lagen allein in einem größeren Bauernhof, dessen Be wohner törichterweise geflohen waren. Die drei andern Kompagnien lagen eine halbe Stunde von uns entfernt im Schützen graben.^ Am nächsten Morgen vor Tagesgrauen sollten wir marschieren. Wohin? Niemand wußte es. Aber es würde Wohl einen An griff geben meinte der junge Oberleutnant gleichmütig. Im Westen hatten den ganzen Tag über die Geschütze gedonnert. Gegen Mitternacht kam der Oberleutnant vom Bataillonskommandeur zurückgeritten. „Also, Kirchhof La V. . . . und das Ge- Höft südwestlich davon sind ziemlich stark von Franzosen besetzt, sind rauszuwerfen. Antreten 4 Uhr 30, Abmarsch 5 Uhr, um sechs Uhr beginnt der Rummel." Ein stockdunkler Morgen war's. Aber der Weg zum Schützengraben war bekannt, und ohne jenes eklige tapsende Schreiten, welches sonst ein Marsch im Finstern mit sich bringt, rückten wir los. „Kompagnie Halt." Der Befehl wurde mehr gehaucht als kommandiert. „Gewehr ab!" O, hätte sich Wohl mancher wackere Exerziermeister über solchen Griff entsetzt! Lauschend, wartend standen wir da. Plötzlich hörte ich eine unbekümmert laute Stimme: „Nu kiek mir doch einer diesen Muskoten an, zettelt seinem Leutnant die Gamaschen entzwei. Mann, ich will anständig ins Massengrab!" Ein unterdrücktes Lachen. Ich aber fuhr auf, diese Stimme! Wer war's? Jantzen? War es möglich? Und schon hörte ich eine scharfe Kommandostimme: „Zum Teufel, Leutnant Jantzen, Sie alarmieren ja die ganze Franzosen- und Hottentottenblase da drüben." „Zu Befehl, Herr Oberleutnant," rief Jantzen frisch, wenn auch etwas leiser zurück. Die Kompagnien entwickelten sich. Lang sam. leise ging's vorwärts. Drüben fielen die ersten Alarmschüsse der feindlichen Posten. Nichts zu sehen, nichts zu hören. Drüben wurde das Feuer lebhafter. Die Kerls witterten uns und schossen blindlings drauflos. Wir fchritten weiter. Der Morgen graute. Durch die Dämme rung sahen wir in unbestimmt verwischten Linien die Umrisse der hohen Kirchhofs mauer, der Kirche und das Gehöft im Süd- Westen. Der Feind mußte uns auch bemerkt haben, denn hier und da brach einer der Unsern zusammen. „Hinlegen! Zugweise Vorarbeiten." Ein Gruppenführer raunte mir zu: „Im Zug bleiben, nicht vor dem Zug her." Richtig, neuester Befehl, damit nicht immer die Führer abgeknallt wurden. Vorwärts ging's in kurzen rasenden Sprüngen. Und dann das Signal: „Seiten gewehr Pflanzt auf!" Blitzschnell fuhr mir Jantzens Lied durch den Kopf, jenes Lied, mit dem einst die deutschen Landsknechte in den Kampf gezogen, jenes Lied, das der Preußische Kämpe Detlev v. Liliencron so geliebt: „Kein schönrer Tod ist in der Welt, Als wer vom Feind erschlagen . . ." Und dann geschah alles in atemrauben der Schnelle. Die Trommeln rollten, die Hörner schmetterten: „Vorwärts, vorwärts, vorwärts." Rechts und links sanken sie hin, die - tapferen Jungen, denen das Leben noch so- viel hätte geben tonnen, die bärtigen Erfatz- reservisten, die Frau und Kinder daheim hatten. Aber immer befehlender, immer lockender das eiserne Prcußcnsignal: „Vor wärts!" Der Kirchhof, das Gehöft, und plötzlich stand einer, standen mehrere, viele Pickel hauben zwischen den zertretenen Gräbern und jauchzten, sich Schweiß und Blut von der Stirn wischend, ihr Hurra in den Mor gen hinein. Und jener, der zuerst die Mauer erklommen, ließ den Degen über Kopf und Helm sausen und sang: „Im engem Bett nur einer allein. . . ." Kirchhof und Gehöft waren unser. Was an Feinden nicht am Boden lag, wurde gefangen genommen. Ich hatte Zeit, zu Jantzen hinüberzu gehen. „Mensch, Mann, Petersen, du hier. Lieber Junge, das ist doch ein anderer Kram, als gegen einen markierten Fnnd die Dünen raufzukraxeln. Haha, du, das war unser erster Kampf zusammen, hotst ntUch nicht der letzte." Wir drückten uns froh die Hand, und ich begab mich zu meiner Kompagnie. „Pech," meinte mein Oberleutnant, unsre Kompagnie sollte in der Kirche Not quartier beziehen. Das Gotteshaus war arg hergenommen. Die Scheiben von Gewehrkugeln zerschla gen, die Holzstatuen der Heiligen zer splittert. Der A ta d cken und Teppi.ee halten sich die Herren Franzosen schon bedient. Jetzt, da der Kamps aus war, trat ein Mann in die Kirche und blickte mit finsterem Blick auf unsere liebem Kerls, die sich's in der Kirche einigermaßen behaglich zu machen suchten. Ein unangenehmes Gesicht hatte er, dieser hagere Franzose, dessen unrasiertes, bläulich dunkles Kinn dem Antlitz geradezu etwas Mephistohaftcs gab. Und dann die schwarzen, lauernden Augen. Der Bursche würde uns auch lieber Salzsäure als Wasser geben, dachte ich. Gegen Abmd kam ein Kamerad der zweiten Kompagnie und brachte eine Einla dung von Jantzen, ich möchte mit ihm einige Stunden im Gehöft, wo er einquar- tiert war, verleben. Ich verständigte meinen Oberleutnant und ging. In einem mittelgroßen Zim mer, das trotz der geschmackvollen Möbel wegen der herrschenden Unordnung einen unbehaglichen Eindruck machte, saß Jantzen vergnügt im Sofa, rauchte eine Zigarre, drehte am Weinglas und versuchte sich mit einem hübschen dunkeläugigen Mädchen zu unterhalten. Am Tisch saß noch ein alter Mann, der einen recht stupiden Eindruck machte. Es war, wie ich nachher erfuhr, der Großvater des Mädchens. Das Ganze war ein Bild des Friedens, wenn — ja. wenn der Schwärzäugige nicht in einer Ecke am Kamin gesessen und die andern mit seinen finster lauernden Blicken beobachtet hätte. Jantzen schien durch die Anwesenheit des unheimlichen Gastes nicht gestört zu werden Er begrüßte mich in seiner burschi kos frischm Art, stellte mich dem Hofbesitzer und seiner Enkelin vor, und bald scherzte und radebrach ich mit Jantzen um die W.tte. Wenn nur dieser Schwarzäugige nicht ge wesen wäre! Ich schalt mich Angstmeier, «SDSSDSSS-SSSSSSSSSSSSKSSSSSSS<SSSLSSe«S Welt im Bild »EeSSLS-öLLESeSSLELSSSESSSLSSSSSSSSS»«»» reichen und stutzte, als sie seine entg genge- j streckte Rechte nicht zu bemerken schien. Was fiel dieser Elaire P:chon ein, ge- ! dachle sie sich ihm gegenüber irgendwie aufs ! hohe Pferd zu setzen, und aus welchem Grunde? „Sie haben mir geschrieben und ich kam," begann er kurz, „Sie schrieben, daß Sie sich in einer Notlage befänden, ich bin - gern bereit, Ihnen zu helfen, bitte aber um ein höfliches Benehmen " „Das soll Ihnen werden," ganz heiser vor unterdrückter Wut rang es sich aus der ! Kehle der Frau, und in ihren Augen ent glomm ein wildes Feuer. Blitzgeschwind holte sie einen Revolver hervor, den sie hinter dem Rücken gehalten, und in der näch- § sten Sekunde krachte ein Schuß. Werner Kerrwitz taumelte zurück, die Kugel war zum Glück an ihm vorbeigcslo- gen. Aber die taumelnde Bewegung des Grafen wurde von dem Weibe falsch gedeu tet, sie glaubte den Mann getroffen und mit einem Hohngelächter verschwand Claire Pichon hinter der Wohnungstllr. Verwirrt, was er nun tun solle, hielt sich der Gras am Geländer. Er übcrsann sekundenlang seine Lage, dann stieg er die Treppe leise hin unter, allein wollte er sich nicht in die Woh nung dieser hinterhältigen Person begeben, eine zweite Kugel könnte ihr Ziel besser treffen als die erste. Er wollte Hilke herbei- holcn, um dieser Hexe das Handwerk zu legen, das Franktircurhandwerk, in dem sie sich zu üben schien. Also eine Deutschen hasserin war sie und er hatte Herma mit Recht vor dieser Person gewarnt. Er meldete den Vorfall mit den nötigen Erklärungen, woher er Claire Pichon kenne, sofort, und mit einigen Soldaten begab er sich dann zurück zu dem Hause, in dem er vorhin gewesen. Man klopfte und klingelte, und da niemand öffnete, brachen stämmige Soldatenschultern die Tür auf. Die Woh nung schien leer, doch nein, im allerletzten Zimmer da hockte eine totenblasse Frau mit irren Augen, den Revolver noch immer in der Hand. Sie schrie aus, da Graf Kerrwitz vor sie hintrat und ehe er es noch verhindern konnte, brachte sie die Waffe wieder in An schlag. Gleich danach krachte ein Schuß, der den Mann auf die Knie zwang Die Sol daten sprangen zu, doch zu spät, schon hatte Claire Pichon den Revolver gegen sich selbst g-richtet Schwer sank sie zur Seite und im Lterbcn flüsterten ihre verzerrten Lippen: „Nun habe ich einen Deutschen getötet, du bist gerächt " Sie murmelte noch den Namen Hector Croissants, aber niemand verstand das mehr. Einen Augenblick später war Claire Pichon tot — ihre ruhelose heiße Seele halte Ruhe gefunden. Mit vorsichtigen Händen mühten sich die Soldaten um ihren Rittmeister, der die Hand fest auf die Brust gedrückt, unfähig j war, sich selbst mit Hilfe seiner Leute zu er- ! heben. Man legte ihn auf das Bett im Zimmer nieder und einer der Soldaten j rannte davon, einen Arzt herbeizuholen. Die Leiche Claire Pichons schleppte man ! in ein anderes Gemach. Herma von Kerrwitz kehrte von einem Spaziergang zurück. Die Stellung, die Claire Pichon bei ihr inne gehabt, war noch nickt wieder besetzt und das Zimmermädchen vertrat vorläufig den Posten einer Zofe. Aber sie vermochte der verwöhnten Gräfin nichts recht zu machen, und das nette, an stellige Mädchen vergoß manche heimliche Träne über die immer unzufriedene Ge bieterin. Auch heute, da ihr Marie nur beim Mantclablcgen behilflich war, gab cs Aerger. „Sie sind bodenlos schwerfällig, Marie," schalt Gräfin Herma, „und ich werde mich endlich doch nach einem Ersatz für Claire unitun müssen. Sie sind gräßlich ungeschickt." Marie wagte keine Erwiderung; sie wußte, dergleichen konnte die herrische Frau garnicht vertragen. „Darf ich den Tee bringen, gnädige Frau?" fragte sie nach einem Weilchen und nahm Mantel und Hut ihrer Herrin, um die Kleidungsstücke forlzuhängen. Herma nickte nur kurz und blickte an dem Mädchen vorbei, als wäre an der Stelle, wo es stand, leere Luft. Marie ging. Ihre kleinen gesunden Zähne bissen fest in die Unterlippe. Es war schwer, sich immer so kurz, so von oben herab behandeln lassen zu müssen. Schließlich in dieser Zeit hatte wohl jeder seine Sorgen, aber deshalb brauchte man doch nicht andern das Leben schwer zu machen, wie es die Gräfin tat Wohl stand deren Mann im Feld, aber die Männer von tausenden von Frauen standen draußen im Krieg und Kriegsgefahr, und die Frauen waren weich und milde dadurch gestimmt. Ein kleines Tränlein rollte wie verschämt über die runde Wange Maries, denn ihr Schatz, der hatte schon am ersten Tage ausnicken müssen, und nur ein paarmal waren bisher kurze Nack- rich'en von ihm zu ihr gelangt. Wie oft ging ihr die bange Frage im Kopfe herum, ob sie ihn Wohl Wiedersehen würde; aber trotz ihrer Sorgen unliebenswürdig und hart zu ihren Mitschwcstern zu sein, das hätte sie nicht übers Herz gebracht Wer konnte wissen, ob nicht manch eme von ihnen noch an schwererem Leid zu tragen hatte als sie. Wie viele Opfer hatte er schon gefordert, dieser böse, den Deutschen gewaltsam aufge- zwungcne Krieg, wieviele Solda'en lagen sckon in Belgiens und Frankreichs Erde ge bettet, wieviele Mütter und Schw'estern, wie viele Frauen, Töchter und Bräute weinten schon um einen von denen, die so frohgemut ausgezogen waren. (Schluß folgt.) I^em sckönrer Hä . . . Kriegser:ählung von Albert Petersen. anz wie im Frieden," flüsterte mir grimmig der junge Jantzen zu. Wir — die Kompagnie- und Zugführer standen im Halbkreis um den Regimentskommandeur herum und lauschten ein wenig gelang weilt der Kritik über die heutige Bataillons Übung. Rechtsstaffelung, Zusammenkristalli- siercn, Pivot der ganzen Schützenlinie so klang es an unser Ohr, ganz wie im Frieden. Nings um uns her erhoben sich die mäch- tigen weißköpfigen Dünen und mochten einem oberflächlichen wie auch einem Phan- tasicbegabten Beobachter das gewaltige Bild einer Alpenlandschaft vorgaukeln. Am grauen Himmel hingen schwere Schneewol- ken, von denen sich das schwarz-weiße Ge- ! fieder der ruhig schwebenden Kaisermöven scharf abhob. Dumpf drang das Braus-m der Nordseebrandung an unser Ohr, jenes eintönige, ewig gleiche Geräusch, das wir seit fast fünf Monaten hören mußten. Der Regimentskommandeur hob seine Stimme, und seine prächtig sehnige Solda- tcngestalt rerkte sich noch mehr, als er jetzt sagte: „Im übrigen, meine Herren, danke ich Ihnen für den heutigen Morgen, der für mich außerordentlich genußreich war. Seien Sie überzeugt, daß ich, wenn endlich für uns der langersehnte Marschbefehl kommt, ebenso gern und zuversichtlich mit diesem Landwehrrcgiment gegen den Feind rücke wie mit einer aktiven Truppe. Danke sehr, meine Herren." Jetzt war der Augenblick da! Und wie auf Kommando sahen wir Zugführer unsrer Kompagnie unsern Häuptling an. Und der trat vor, legte die Hand an den Helm und sagte: „Gestatten, Herr Oberleutnant, ein Wort einzulcgcn für meine Zugführer, welche den dringenden Wunsch haben, an die Front zu kommen." Da blitzte es in den Augen des grau bärtigen Soldaten. War es Zorn über uns, die wir unsre Truppe verlassen wollten? War es Aerger über die niederdrückende Aufgabe des Regiments, das sich fähig fühlte, in Frankreich oder Polen in erster Linie zu stehen, und hier auf die Engländer warten mußte, die zu feige waren, sich blik- ken zu lassen? „Front? Meine Herren, wir stehen an der Front. Ich verbitte mir diese Verken nung unsrer Aufgabe," und nach einer kur zen Pause, „hm, übrigens, meine Herren, mein Regiment hat sich vor Lüttich und Antwerpen Lorbeeren errungen, und ich — hm — sitze hier. Verfl—, meine Herren, wir alle müssen da unsre Pflicht tun, wohin Sr. Majestät uns befohlen hat. Guten Mor. gen, meine Herren." „Alles wie im Frieden," flüsterte mir Jantzen zu. Aber der Negimentsadjutant trat zu unserm Häuptling und kritzelte etwas in sein Notizbuch. Wir saßen gerade mit der kurzen Pfeife beim dampfenden Grog in unsrer mit rohen Brettern und feuchten Zeltbahnen tapezier ten Erdhöhle, als der Kompagnieschreiber eintrat. „Telephonische Meldung vom Regiment, § Herr Leutnant Jantzen möchte sich marsch- bereit halten." „Dreimal Hurra," schrie Jantzen. Wir andern saßen ein wenig bedrückt da. „Gestatten, Herr Hauptmann, daß der j Pferdcbursch sofort in die Großstadt reitet, um etliche Buddeln Wein zu holen?" Der Pferdebursche trabte in die „Groß stadt", und am Abend saßen wir bei rot- gelbem Laternenlicht und feierten Jantzens Abschied. Der Lagerposten draußen mochte ein erstauntes Gesicht schneiden, daß nach Mitternacht noch aus unsrer Erdhöhle Jantzens Lieblingslied drang: „Kein schönrer Tod ist in der Wei: Als wer vom Feind erschlagen. Aus grüner Heid', in freiem Feld, Taes nicht höe'n groß Wehklagen. Im engen Bet', da einer allein Mutz au den Todes'eihen; Hier findet er Gesellschaft fein, Fallen mit wie Kräuter im Maien." Am nächsten Tag schon reiste Jantzen freudestrahlend ab. Und wir entbehrten den