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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 20.03.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191503201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19150320
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19150320
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-03
- Tag 1915-03-20
-
Monat
1915-03
-
Jahr
1915
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die Zellentür geöffnet wurde, stürzte Tichy in gebückter Stellung — nackt und naß! — und mit einer Eisenschiene bewaffnet, heraus, trieb die auf dem Gange stehenden Personen — Beamte und Züchtlinge - auseinander, schlug den Oberaufseher W nieder, der blutüberströmt und be wußtlos zulammenbrach, verletzte einen Züchtling und stürmte die nächste Treppe hinauf in das Bereitschaftszimmer, wo er den Wachtmeister K. erschlagen wollte. Den von T ihm zugedachten Schlag parierte der Wachtmeister mit einem wuchtigen Schlag mit dem Seitengewehr, wodurch er T. schwer am Arme verletzte. Mittlerweile waren die Land- sturmleute herbeigeholt worden, die auf T. schossen, der, in die Hüfte getroffen, kampsunfäbig gemacht unk überwältigt wurde. Die von T verletzten Leute sind kürzere und längere Zeit arbeitsunfähig gewesen. Der Angeklagte gab alles zu und erklärte, daß es besser gewesen wäre, wenn er erschossen worden wäre, da brauchte er jetzt nicht den „Schwindel", die „Zirkusvorstellung" mitzumachen. Damit meinte er die Hauptverhandlung. Einmal rief er: „Schämen Sie sich rin bissel!" Während der Zeugenvernehmung geriet er wiederholt in Wut, die sich in Worten und Blicken gegen bie Zeugen Luft machte. Nach dem ärztlichen Gutachten hat Tichy drei Kugeln in die Hüfte und eine in den Arm erhalten; es waren Fleischschüsse Acht Personen hatte der Angeklagte verletzt, zum Teil schwer. Alle Verletzten find wiederhergestellt. T ist auf seinen Geisteszustand unter sucht worden. Der ärztliche Gutachter bezeichnete ihn als reichlich schwachsinnigen Menschen, besonders nach der moraUich-ethischen Seite. Der Strafausschließungsgrund nach ß 51 des Reichsstrafgesetzbuchs sei aber nicht vorhanden, Tichy sei für seine Handlungen verantwortlich. Die Ge- schworenen sprachen ihn schuldig im Sinne der Anklage Das Urteil lautete ans 13 Jahre Zuchthaus. 10 Jahre Ehrenrechtsverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht — Geffentliche Stadtverordnetensttzung am 18 März Zufolge eines Gesuchs des Herrn Kassierer Junge wird einstimmig beschlossen, einen weiteren Beamten bei der hiesigen Sparkasse einzustellen. Das Anfangsgehalt des- selben soll 1200 Mark, bei Vollendung des 25 Lebensjahres 1500 Mark betragen und bis 2400 Mark ansteigend sein Nach längerer Aussprache wird die Aenderung von § .4 des Sparkassenregulativs bis zum Wiedereintritt des Herrn Bürgermeister und der übrigen jetzt abwesenden Herren des Stadtrats und des Stadtverordnetenkollegiums vertagt, weil es sich nötig macht, eine Verbesserung des ganzen Sparkassenstatuts vorzunkhmen. Hierauf geheime Sitzung — Das hiesige Lichtspieltheater im „Goldenen Löwen" veranstaltet Sonntag abend aus Anlaß des im „Weißen Adler" stattfindenden Vaterländischen Abends keine Vor stellung, doch findet dafür Sonnabend große Vorstellung statt. Gespielt wird der berühmte Film von Paul Lindau „Die Landstraße" nach einer wahren Begebenheit im Thüringer Walde bearbeitet. „Die Landstraße" wurde vor kurzem in den Berliner Kammerlichtspielen mit beispiellosem Erfolg aufgeführt. Wir machen deshalb ganz besonders darauf aufmerksam. Außerdem werden auch wieder Kriegs- aufnahmen und Humoresken gegeben. Wir wünschen den Unternehmern ein volles Haus. — Aerztlicher Sonntagsdienst von mittags 1 Uhr ab Herr Dr. med. Polenz als Vertreter des Herrn Dr med. Bretschneider. « — Wohorn-Htund. Die Tricbisch führte bereits vor acht Tagen Hochwasser und trat teilweise aus ihren neu befestigten Ufern In Grund hat sie in unmittelbarer Nähe des Gasthofes die Dämme zerrissen, in der niederen Mühle zu Mohorn ist das vor Jahresfrist erbaute Wehr völlig verschwunden Vor einigen Tagen wurde unter Leitung des Amts-Flußmcisters als Vertreter der Negierung eine beratende Sitzung abgehalten — Mohorn. An einem vom hiesigen Ortsausschuß veranstalteten Familienkriegshilfsabend beteiligten sich die Kinder unter Leitung des Herrn Lehrer Sobe und der Turnverein Die sehr guten Leistungen der Kinder und die vortrefflichen Darbietungen des Turnvereins wurden durch reichen Beifall der zahlreich Anwesenden belohnt. — Gemeindevorstand Wüstner-Mohorn wurde zum Vorsitzenden im Schulvorstand gewählt. — Weukirche«. Bei der am letzten Montag in hiesiger Gemeinde stattgefundenen Sammlung von Metallen wurde folgendes Resultat erzielt: Zinn 16 Pfund, Blei 3 Zentner 48 Pfund, Messing 1 Zentner 50 Pfund, Staniol 8 Pfund, außerdem 1 goldener Ring, Ohrringe und 1 Medaillon. — Zwickau. Zum Tode verurteilt wurde vom hie sigen Schwurgericht der Handarbeiter Ernst Max Dietze aus Meuselwitz Er hatte am 20. Juni v I. in der Nähe von Ronneburg an der achtjährigen Gutsbesitzerstochter Erna Landmann aus Grobsdorf einen Lustmord begangen. - Mautzen. Aus dem hiesigen Gefangenenlager sind Dienstag mittag vier kriegsgefangene Russen entwichen, und zwar ein Feldwebel, zwei Unteroffiziere und ein Mann Der eine Unteroffizier spricht deutsch. Sie tragen russische Uniform und vermutlich Mäntel. Ihre Spuren führen in der Richtung Löbau. — Krosse«. Eine freudige Ueberraschung wurde einer hiesigen Familie zuteil, deren junges Oberhaupt, Gefreiter im Landwehr-Regiment 133, am 26. Dezember v. I nach amtlicher Mitteilung an die Angehörigen auf einem Patrouillen- aang in Rusfisch-Polen gefallen sein sollte; es war seiner bereits tin Gotteshause gedacht worden, auch war schon .Ehrengelaut" erfolgt. Vergangenen Montag erhielt seine Ehegattin von seiner eigenen Hand die frohe Nachricht, daß er, wenn auch schwer verwundet, sich in russischer Gefangen schaft befinde! Man sieht, was in diesem Kriege alles mögltch ist. tzckultcr an Sckulter. Deutschland und Österreich im Karpathenkampf. 644. ,12. März. Während der ersten Kriegsmonate war es den Russen gelungen, Galizien und die Bukowina zu besetzen, im Karpathengebirge vorzudringen und dort Stellungen einzu nehmen, von wo aus sie Ungarn bedrohten. Wie ein-t Insel inmitten der feindlichen Brandung hielt sich noch d^«.- „alizische Festung Przempsl. Wollte Osterreich-Ungarn Przemysl entsetzen und zugleich verhindern, daß der Russe aiizien, Ungarn und die Bukowina ebenso mit Beschlag belegte, wie Deutschland es mit Belgien und Nordfrank reich getan hatte, so galt es, die dortigen Streitkräfte auf's Äußerste anzuspannen. Zur Erfüllung dieser überaus wichtigen Aufgabe beschlossen die Verbündeten im Januar ein gemeinsames Vorgehen. Zwischen die österreichisch- i ungarischen Armeen und Armeegruppen wurden deutsche Kräfte eingeschoben, die von Munkacs als ihrer Operations basis den Vorstoß in die Karpathen alsbald unternahmen. Die Karpathen erheben sich zu Höhen von 1000 bis 2000 Metern. Steigungen, die die Fahrstraße in langen Windungen allmählich erschleicht, müssen abseits der Straßen durch steilen Anstieg errungen werden. Rollendes Fuhrwerk versagt hier ganz. Nur Tragtiere vermögen dem kletternden Menschen dorthin zu folgen und ihnen muß er alles aufbürden, was er an Munition und Lebens mitteln bedarf. Auch die Fliegeraufklärung hat in den Bergen mit außerordentlichen Widerwärtigkeiten zu kämpfen. Die hohen Stellungen des Feindes zwingen den Flieger zu um so viel höheren Flügen. Die Wolken, die sich in den kurzen und gewundenen Tälern stauen und festklemmen, hindern die Beobachtung ebenso wie die verschleiernden und täuschenden Nebelbildungen. Und dann die Witterung. Wir hatten von Anfang an mit einem strengen Winter gerechnet, zumal uns bekannt war, daß in den Karpathen die Kälte im Februar mit 25 bis 30 Grad unter Null ihren Höhepunkt zu erreichen pflegt. Kleidung und Au-rüstuug der Truppe sind danach ein gerichtet. Eine große Menge von Fuhrwerken haben wir auf Schlittenkufen gesetzt. Ganze Kompagnien sind mit Schneeschuhen ausgestattet. Auch an Eskimohunden fehlt es nicht, die bei dem starken Schneefall im Samariter dienst verwendet werden. Allein der Himmel zeigte sich von seiner launischen Seite. Klingender Frost <bis zu 23 Grad) schlug mehrmals plötzlich in frühlingsmäßiges Tauwetter um; frischer meterhoher Schnee schmolz unter lauen Regengüssen schnell wieder dahin. Was nun die Quartiere betrifft, so hauchen aus der. Blockhausbauten mit ihren hoch darauf gestülpten Dächern aus Schindeln oder Stroh Zuglust und Rauch, Gerüche und Ungeziefer, Engigkeit und Schmutz dem Fremden eine Atmosphäre von Ungesundheit entgegen, die er nicht gerade als anheimelnd empfindet. Vor allem war es jedoch die gewaltige Zahl uuterzubringender Menschen und Pferde, was die Militärbehörden veranlaßte, überall große Baracken zu errichten und, unter Schonung der E.n- wohner, selbst für die Unterkunft der Truppen zu sorgen. So finden wir an und neben den Heerstraßen außer den Tausenden, die selbst kämpfen oder den Kämpfenden ihren Lebensbed^rf nachtragen sollen, noch ein zweites Heer, das Heer der Arbeiter. Die einen bauen Baracken, die andern schaufeln Schnee oder bessern die Straßen und Brücken aus. Eine höchstwichtige und schwierige Aufgabe ist den Pionieren zugefallen. Auf der Strecke der die Karpathen durchquerenden Eisenbahn sind in einem früheren Stadium des Feldzuges mehrere große Viadukte zerstört worden. Es handelt sich um Brückenbogen, die in einer Höhe von 35 Metern eine 40 Meter breite Kluft überspannten. An die Stelle der zwischen zwei steinernen Pfeilern hängenden Eisenkonstruktion ist ein riesiges Holzgerüst getreten. Hocherfreulich ist es zu beobachten, wie die Deutschen all dieser Schwierigkeiten Herr werden. Auf jeder nach Galizien hinführenden Straße haben wir dasselbe Schau spiel einer unaufhaltsam oorwärtsrollenden Woge. Überall sehen wir deutsche und österreichisch-ungarische Truppen frisch und entschlossen nachrücken, überall begegnen uns Scharen gefangener Russen in ihrem Feldbraun. Eine feindliche Stellung nach der anderen wird genommen, oft erst nach tagelangen Kämpfen und unter blutigen Ver lusten, aber stets mit der geduldigen Zuversicht, daß wir es doch länger aushalten werden als der Gegner. Lwme Wie man die Deutschen schlachtet. Unter der Über schrift „Ungeheure Hinschlachtung von Deutschen" schreibt die „Newporter Staatszeitung": Einer unserer Leser in Brooklyn hat sorgfältig Rechnung geführt über die deutschen Verluste, wie sie von einigen hiesigen Zeitungen veröffent licht worden sind, und erfreut uns nun nut dein Ergebnis. Danach sind „Deutsche getötet und vernichtet" nach der „World" 8 756 320 „Tetegrani" 24 570 000 „Journal" 18 500 000 „Sun" 14 000 000 Man sieht, auch die kleinste Summe, die angegeben wird, ist noch so ausgiebig, daß auch der größte Deutschen fresser befriedigt sein kann. Auf ein paar Millionen mehr oder weniger kommt es ja überhaupt nicht an. Amerikas Waffenlieferungen. Als wuchtige Anklage veröffentlicht die amerikanische Zeitung „Fatherland" vom 17. Februar nachfolgende Auslassungen: Nach Sekretär Redfield gibt es in Amerika 15000 Betriebe, die Kriegs material liefern können. Die Ausfuhrzahlen für Sep- ^ember, Oktober, November 1914 und 1913 sind (in Dollar): 1S14 1913 Patronen.... 8105957 635535 Feuerwaffen. . . 1886 656 575 283 Zusammen 4 992 613 1210 818 Blei 31 837 623 56 069 Kupfer .... . 79440917 25752207 Zusammen 111278 540 25 808 276 Darin ist Dynamit u. a. noch nicht eingeschloffen Bis 1. November 1914 waren für über 300 Millionev Dollar Kontrakte über Kriegsmaterial abgeschlossen Amerika tötet tue Deuüchen. i Krahenplage am Vktederrhetn. In verschiedenen Be« -irken des Niederrheins find jetzt große Scharen von Krähen anzutreffen. Auf größeren Feldern haben sich an manchen Abenden Hunderte der schädlichen Vögel nieder gelaffen. Man vermutet, daß es sich um gefiederte Be wohner der Argonnen, der Ardennen und der Vogesen handelt, die durch das Kriegsgetümmel verscheucht wurden und nunmehr die weiten Ebenen des Niederrheins aus gesucht haben. Für den Landmann bedeuten sie jedenfalls eine unangenehme Erscheinung, da sie der jungen Saat, namentlich dem Frühgemüse, gefährlich werden, und es dürfte an der Zeit sein, gegen den Feldräuber mit scharfen Abwehrmaßregeln vorzugehen. Kaiser Wilhelm und unsere Verwundeten. Bei der jüngsten Anwesenheit des Kaisers in Lötzen in Ostpreußen, wo er, wie berichtet, den siegreichen Kämpfen östlich der Stadt persönlich beiwohnte, besuchte der Monarch, einer nachträglichen Meldung zufolge, auch das dortige „Bethanien". Eine Stunde lang weilte er bei den Ver wundeten und sprach mit jedem huldreich und lieb, über reichte auch jedem ein Blumensträußchen, in den ein Lorbeerzweig eingebunden war. Bei einem der Ver wundeten, welcher aus übergroßer Ermüdung eingeschlafen war, legte er diese freundliche Gabe still auf die Bettdecke, strich sanft über die Hand des Schläfers und ging dann in zarter Rücksicht ganz leise auf den Fußspitzen weiter, um den Todmüden nicht zu stören. Beim Abschied über reichte der Kaiser der Vorsteherin des Hauses mit freund lichen Worten sein Bild mit eigenhändiger Unterschrift. Bericht eines Kriegskrankenpflegers^ Rethel, 23 Februar 1915. I<f. Nun eine Mitteilung aus meinem Tagebuch Am 13 Februar bekam ich auf meinen Saal einige Zugänge, darunter ein Reservist, ein schöner, stattlicher Mann von etwa 30 Jahren, aber mit seltsamen erloschenen toten Augen^ Er lag da wie eine Wachsfigur, regte sich nicht und konnte nur mühsam meine Fragen beantworten. Zuerst schob ich es auf die Ermüdung und Strapazen, welche dieser arme Mensch hinter sich Haden mochte Um ihn auf andere Ge- ranken zu bringen, wollte ich ihn von seiner Heimat und einen Lieben erzählen lassen. - Es wirkt ja immer Wunder, wenn unsere Soldaten im Felde einen mitfühlenden Menschen von daheim berichten dürfen. Und Wunder wirkte auch diesmal meine Frage, aber anders, als ich es gedacht hatte. Ganz langsam schien das erstarrte Blut in ihm rege zu werden; in die toten Augen trat ein schrecklicher Glanz, je mehr er erzählte, und zuletzt hatte ich einen Fiebernden vor mir, während mir selbst fast der Herzschlag stockte. Er war ein Landwirt aus der ostpreußischen Niederung, jatte seinen väterlichen Hos mit einer guten Frau, die er ung geheiratet hatte, in Ordnung gehalten und vorwärts gebracht. Er war auf dem Wege zum Wohlstände, als der Krieg ausbrach, der ihn zur Fahne rief „Acht Kühe", erzählte er, „hatte ich schon und zwei Pferde, Kamerad, und als ich den Hof bekam, k-Legte ich nur zwei Kühe mit; denn wir waren fünf Geschwister. Im nächsten Jahre hätte ich einen neuen Stall gebaut. Da kamen die Russen. Gegen Männer können die Schufte nichts ausrichten, wenn sie gleich acht gegen einen gehen. Aber gegen die Weibsleute hatten sie Mut Meine alte Mutter haben sie mit dem Beil erschlagen, und meine Frau und die beiden Kinderchen, Mädchen von 8 und 7 Jahren, sie haben sie geschändet, ehe sie ihnen die Kehle durch» chnitten haben." Ruhig, als lese er in einem Buche, so fli-ßen die ton» osen Woite von den Lippen. Ich wollte ihn trösten und sagte ihm, daß in diesen Kriegszeiten das Gerücht doch manches übertreibe, besonders in den Gegenden, wo alle Einwohner geflüchtet seien. „O, was gibts da zu zweifeln", stöhnt er und weißt mich an, aus seinen mitgebrachten Briefschaften den Brief eines Dorfnachbarn heroorzu'ucken, der in schlichten Sätzen )as Unfaßbare, Grausige enthielt. „Ich war nicht dabei", uhr er fort; „ich habe meine Kinderchen nicht schütze« önnen, aber der Herrgott hat gewollt, daß ich noch da bin. Zweimal habe ich schon darum gebeten, daß man mich in den Osten gegen die Russen kämpfen läßt Man hat mirs abgeschlagen, aber ich komme noch hin. Mich hat der Herr» goit zur Rache bestimmt Den Weibern tue ich nichts; an Weibern und Kindern vergreift sich kein Deutscher, aber diese Kerle! Zehn müssen dran glauben, ehe mich eine Kugel trifft." Er schweigt dann eine Weile und fährt hierauf mit seiner matten Stimme, als ov er zu sich selbst spräche, fort: „Als rchs zuerst erfuhr, hatte ich einen Haß in mir, daß ich glaubte, ich könnte die ganze Welt erwürgen. Aber die Franzosen hier, die in ihrer Dummheit in den Krieg gegen uns gelaufen sind, hasse ich nicht, nur die Russen, die Weibermörder und Kinderschänder. Ich werde noch einmal darum bitten, daß man mich gegen die Russen ziehen läßt. Aber wenn man mir es nicht erlaubt, dann ists auch gut. Dann hebe ich mir die Rache auf, bis ich an die Engländer komme, die die Russen auf urs gehetzt haben. Und dann soll Weinen sein und Zähnekluppen, bis ich selber wieder weinen kann um meine Kinderchen, um meine gute Frau und um meine alte Mutter " Er verweigerte jede Nahrungsaufnahme und schaute nur mit seinen weiten, glühenden Äugen wie in eine ferne andere Welt. Da half kein Zuspruch, er wehrte sehr ent» schieden meine Worte ab: „Latz es gut sein, Kamerao, ich bin jetzt kein Mensch mehr. Alle Kugeln, die auf mein Herz gezielt waren, sind rechts und links von mir ausge» wichen. Mich hat der Herrgott zur Rache dagelassen." Seine letzten Worte waren nur ein Murmeln . . . Karl Mitzscherlich, freiwilliger Krankenpfleger. Lutherworte über den Lrreg. Kein Leiden oder Gedränge und Tod kann überwunden werden mit Ungeduld, Flucht und Trostsuchen, sondern allein damit, daß man fest still Ueht und ausharrt, ja, allem kühn entgegen geht . . . Furcht tut nichts Gutes. Darum muß man frei und mutig in allen Dingen sein und fest stehen l „Laßt euch sagen, ihr lieben Herren, hütet euch vor Krieg, es sei denn, daß ihr wehren und schützen müßt und euer von Gott auferlegtes Amt euch dazu zwingt. Alsdann aber laßt gehen und haut drein, seid dann Männer und beweist euren Harnisch, da gilts dann nicht mit Gedanken kriegen. Es wird die Sache selbst Ernst genug mit sich biingen, daß den zornigen, trotzigen, stolzen Eisenfressern die Zähne stumpf werden sollen, daß sie nicht wohl frische Butter beißen können." „Wehe aber den Fürsten, die nach ihrem tollen Kopf den Krieg vom Zaun brechen! Weltliche Obrigkeit ist nicht eingesetzt von Gott, daß sie soll Frieden brechen und Krieg anfangen, sondern dazu, daß sie den Frieden handhaben und den Krieg wehren. .Der Herr zerstreut die Völker, die Lust zu kriegen haben", so läßt Gott verkündigen im Psalm 68, 31. Da hüte dich vor, der lügt nickt, und laß dir das gesagt sein, daß du weit, weit voneinander scheidest. Wollen und Müssen, Lust und Not. Harre, bis Not und Müssen kommt, ohne Lust und Willen, auf daß du sagen mögest, und dein Herz sich könne rühmen: Wohlan, wie gern wollt' ich dock Frieden haben, wenn meine Nackbarn wollten! So kannst du mit gutem Gewissen dich wehren." „Bist du nun von deinem Feind oder Nachbar ange griffen und hast redliche Ursache zu kriegen und dich zu wehren, so hast du drum noch nicht Brief und Siegel von Gott, daß du gewinnen werdest. Ja, ein Trotzen auf dein Recht kann wohl machen, daß du verlieren mußt, darum, MdlLMLeu Wä Luxxsn LU8 vr Volker'» sinci billig, nabrbatt uncl wosilbekmeckenä. Keine äeut8cbe lsiaiwkrau wirä nock cla8 enZIwcbe ölonckamin kaufen. In Paketen ru 15, 30 uncl 60 pf§., überall ru baden.
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