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WchenM für WM kettage ?u Nr. 18. vienstsg, cl«n ,6. februar ,-15. Rus Slacll uncl Lanä. . Mitteilungen aus dem Leserkreise sür diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. — Bedrohung der euglischeu Huste im Jahre 1673. Der „Daily Chronicle" zufolge ist der an der Ostküste Englands gelegene Ort Sheringham, der jetzt die Wirkung der Zeppelinbomben zu spüren bekam, bereits im Jahre 1673, zur Zeit des holländisch-englischen Seekrieges, in großer Angst wegen eines Küstenangriffes gewesen. Davon gibt eine aus jener Zeit stammende sehr naiv klingende Urkunde Auskunft, in der sich die Bewohner von Sheringham um Hilfe an den Lord von Norfolk wenden. Da heißt es: Unsere Stadt liegt dicht an der See, und wir fürchten jede Nacht, daß die Feinde an die Küste kommen und unsere Stadt anzünden, wenn wir in unseren Betten liegen. Denn unsere Häuser stehen ganz dicht zusammen und haben alle Strohdächer, so daß in einer Stunde die ganze Stadt nieder- gebrannt sein kann. Wir haben zur Verteidigung nur eine einzige Kanone mit einem zerbrochenen Wagen, die wir für unser eigen Geld gekauft haben. Das ist nur eine schwache Verteidigung gegen einen Feind, und wir haben auch kein Pulver und keinen Schuß für die besagte Kanone und auch keine Kanoniere, wenn wir in Not sind. — 40 Jahre bürgerliche Khe. Mit dem 6 Februar waren 40 Jahre verflossen, seitdem im Deutschen Reiche die Ziviltrauung Angeführt wurde und die Beurkundung der Ge burten, Heiraten und Sterbefälle ausschließlich durch die Standesbeamten erfolgt. Das Reichsgefetz über die Beur kundung des Perjonenstandes und die Eheschließung, um das es sich hier handelt, wurde vom Reichstag am 23. Ja nuar 1875 in dritter Beratung verabschiedet und erhielt am 6. Februar 1875 die Genehmigung des Kaisers. Durch das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Ja nuar 1900 erfuhr es wesentliche Umgestaltungen. — Nachstehende 2 Notizen zur Nachahmung für unsere Stadt! Burgstädt. Nach einer Meldung von zuständiger Seite wird ein Ersatz-Bataillon des 181. Jnfanterie-Regi- ments nach hier verlegt werden und mindestens auf die Dauer des Krieges in unserer Stadt verbleiben. Die Mannschaften werden auf den hiesigen Sälen und in Bürger- quartieren, d h ohne Verpflegung, untergebracht. — Roß wein. Die hiesige Stadt soll während des Krieges mit 1000 Mann Infanterie belegt werden Die Stadtgemeinde hat wiederholt darum nachgesucht. — Sechs Wochen sind nur «och vis Wer«. Für Ostern kaufen jetzt schon viele Leute die mannigfachsten Be darfsartikel ein. Für die Geschäftsleute wird es nunmehr Zeit, mit der Aufgabe von Inseraten im „Wochenblatt für Wilsdruff" zu beginnen, wenn sie ein gutes Oster- geschäft machen wollen. — Ergänzend sei dem Bericht über die öffentliche Schöffengerichtssitzung in voriger Nummer noch angefügt, daß außer dem Dienstknecht Schimmel auch Förster zu 20 Mark Strafe oder vier Tagen Gefängnis verurteilt worden ist. — Dresden. Der hiesigen Polizei gelang die Fest nahme schwerer Einbrecher. In der Nacht zum 1. Weih- Nachtsfeiertag wurden in Reick und Seidnitz mehrere Ein bruchsdiebstähle verübt, welche die Bewohner um so mehr in Erregung versetzten, als die Einbrecher auf ihre Verfol ger scharfe Revolverschüsse abgaben. Die Täter sind jetzt in fünf oberschlesischen Grubenarbeitern festgellt worden, die einen Abstecher nach Sachsen unternommen hatten und außerdem in Dohna und in Lugau und Niederwürschnitz i. E. Einbrüche verübten. Drei Einbrecher sind bereits in Haft. — Dresden. Der erste diesjährige Jahrmarkt wird vom 14. bis zum 16. März abgehalten. Zwischen -en Gchlachien. Krtegsroman von Otto Elster. A (Nachdruck verboten^ Der alte Kapitän mußte sich gegen einen Baum lehnen, um nicht in die Knie zu sinken. So furchtbar, so schrecklich, so vernichtend, so auflösend hatte er sich die Niederlage der Armee nicht gedacht, in deren Mitte er selbst die glänzendsten Siege erfochten hatte. Dieser Rückzug erinnerte ihn an die Schilderungen der Flucht nach Leipzig und Waterloo, die er von älteren Kameraden In seiner Jugend gehört hatte. DaS Herz erbebte ihm bei dem traurigen Anblick, die Tränen quollen ihm über die eingefallenen Wangen, er bemerkte es nicht, daß er weinte, er starrte mit brennenden Augen auf die vorüber- ziehenden Truppen wie auf eine schreckenerregende Fata morgana. Jetzt drängte sich die Kolonne der vorwärts Hastenden nach der einen Seite der Straße zusammen. Ein Reiter trupp sprengte auf Pfalzburg zu, ein General mit seiner Suite. Der General saß starr und finster auf dem reich aufgeräumten Pferde; er warf keinen Blick auf die demoralisierte Truppe, sondern jagte dahin, als wolle er dem furchtbaren Anblick entfliehen. Seine Adjutanten und Ordonnanzen folgten ihm. indem sie die Köpfe tief auf die Hälse ihrer Pferde senkten und scheue Blicke nach rechts und links sandten, von wo ihnen drohende Zurufe der ermatteten Soldaten entgegenschallten. „Halt!" ertönte an der Spitze der Kolonne bas Kommando. Die Soldaten hörten anfangs nicht auf das Kommando, sie drängten vorwärts. Da stemmten sich ihnen die Offiziere entgegen, schrieen und wüteten, packten einzelne der frechsten Burschen vor die Brust, stießen sie zurück — ein drohendes Murren ging durch die Kolonne, aber sie gehorchten endlich dem Kommando, sie hielt, und die einzelnen Soldaten warfen sich rechts und links in den Straßengraben nieder, in dumpfer Verzweiflung vor sich viederstarrend. t _ .Weshalb läßt man un- nicht nach Pfalzburg hinein?* — Dresden. Die Königliche Gtneraldirektion der Sächsischen Staatsbahnen hat die Pächter der Bahnhofs wirtschaften ihres Betriebsbereiches angewiesen, alle entbehr lichen Fremdwörter auf den Speisekarten zu vermeiden und nur solche mit deutschen Bezeichnungen auszulegen. — Werdau. Das „Werdauer Tageblatt" (Amtsblatt) versprach dieser Tage jede Person, die mindestens 200 Mk in Gold bei seiner Geschäftsstelle abliefern würde, eine Spielkarte Bis jetzt hat das „Werdauer Tageblatt" über 12000 Mark in Gold der Reichsbanknebenstelle Werdau zuführen können. GGOKGOKOOOGKO SpsnoomIrsiK mit etem knote iot eine pstniotievtiv ptttvkt. teilen gebe ein gutes ksiepiet. DOKOOGKOKOKOO — Iohanngeorgeastadt, 12 Februar. (Beschaffung von Futter und Futtermitteln) Da die ungeheueren Wälder des Erzgebirges Tausende von Zentnern Heu und Streu bergen, die der Allgemeinheit nutzbar gemacht werden können, besteht in Landwirtskreisen die Absicht, mit Rücksicht auf den be stehenden Mangel an Futtermitteln bei der Regierung um Freigabe des Grases der Wälder einzukommen. Feldpostbrief eines Wilsdruffer Kriegers. A. . . 30. Januar 1915, Liebe Eltern! kf. Es waren aufregende Tage und ich muß zugeben, daß ich alles geordnet und daß ich für Euch die letzten Grüße hinterlegt hatte. Ich hatte abgeschlossen. Die 32. Division sollte angreifen. Wir wurden auch dazu beordert, ohne natürlich Ahnung zu haben, worum es sich handelte. Es hieß also Abschied nehmen vonA... Einige blieben zur Be- wachung des Quartiers zurück. Am 20. Januar 9 Uhr vormittags rückten wir ab. Unser Weg führte uns über St. Erme, Matson rouge nach La Bove Chateau. Es war dies die schönste Gegend, die ich bis jetzt in Frankreich ge sehen habe. Wir wanderten auf den Höhen entlang, zu unseren Füßen die wunderbaren Täler mit herrlichen, nied lichen Dörfern am Abhange. Bei St. Erme kamen wir an dem alten Römerlager Cäsars vorüber, das noch sehr gut erhalten war. Von Maison rouge aus hatten wir eine herrliche Aussicht. Leider war daS Wetter nicht klar, man sagte uns, daß man die Türme von Reims sehen könnte. Nach 30 Minuten erreichten wir La Bove Chateau. Eine herrliche Besitzung mit einem hübschen Schlößchen Die Wege waren aufgeweicht und oftmals nur im Gänsemarsch zu passieren. Wir wurden hier auf einem Boden über den Pferdeställen einguartiert, was ja gegen die anderen Quartiere noch sehr angenehm war, aber absolut kein warmes Fleckchen aufwies. Wir Unteroffiziere fanden dann noch Platz in einem Zimmer, wo schon Landwehr lag. Es war dies ja nun schon bedeutend gemütlicher, aber eben- so kalt. Unsere Decken waren uns nachgefahren worden und fanden nun hier gute Verwendung; denn nur Hunger und Durst vermochten es. uns unter ihnen hervorzulockcn. Am nächsten Tage wurden tüchtig bei strömendem Regen Artillerieunterstände und Beobachtungsstände gebaut. End knurrte ein bärtiger Zuave in der Nähe des Kapitäns Hoffer. „Seit vierundzwanzig Stunden im Gefecht und auf dem Rückmarsch, die preußischen Ulanen im Nacken, nichts zu essen und zu trinken — das mag der Teufel ertragen!" „In Pfalzburg gibt eS gefüllte Magazine", meinte ein afrikanischer Jäger, der neben dem Turko im Grase lag, „da könnten wir wieder einmal ordentlich einhauen. Aber das muß natürlich für die Herren Generäle auf gespart bleiben." „Der Henker hole die Generäle!* fluchte der Zuave. „Sie haben uns bei Froschviller verraten und jetzt lassen sie uns verhungern!" „Wie ist's, Kamerad", entgegnete der andere, „wollen wir auf eigene Faust versuchen, uns etwas für unseren hohlen Magen zu verschaffen? Ich kenne hier herum die Gegend. Dort in den Dörfern Ouatre-Vents und Les BaracqueS gibt'S noch manchen feisten Hühnerbraten und gefüllte Tonnen Wein. Kommst du mit?" „Gewiß komme ich mit, und den Bauern möchte ich sehen, der mir nicht sein letztes Huhn, seinen letzten Liter Wein herausrücktl" Die beiden wilden, halb verhungerten Burschen schlichen davon und verschwanden nach kurzem hinter Len Hecken der ersten Gehöfte von Ouatre-Vents. Grober Gott, war das Ler Geist, welcher jetzt die Armee beherrschte? Ein grimmiger Zorn erfaßte den alten Kapitän, er hätte den beiden am liebsten seinen Krückstock zu kosten gegeben. Mehrere Bauernwagen mit Verwundeten beladen, rollten vorüber. Sanitätssoldaten begleiteten sie. Das erinnerte Kapitän Hoffer an seinen erkrankten Sohn, und rasch schritt er dem Tore PfalzburgL zu. Innerhalb der Festung herrschte noch größere Un ordnung als draußen auf der Landstraße. Auf dem großen Platz inmitten deS Städtchens lagerten Flüchtlinge auS der Schlacht in wildem Durcheinander. Verwundeten- kanSporte raffelten über daS holprige Pflaster: hier und da versuchten die Offiziere Ordnung in den Wirrwarr zu bringen. Vergeben-, man hörte nicht aut fie. In den lich am 23. erfuhren wir den geplanten Angriff. Wir wurden eingeteilt, und ich erhielt 20 Mann als ... trupp. Am 24. früh rückten wir in die Stellung und zwar nach der Regimentshöhle. Es gibt hier kollosale Höhlen, wahr scheinlich hat man hier Steine gebrochen, Höhlen, die ganze Regimenter fassen und deren Verbindung mit feindlicher Seite erst durch Sprengung beseitigt worden ist. Diese bieten natürlich den bombensichersten Unterstand und er freuen sich immer außerordentlicher Benutzung. Elektrisches Licht sorgt für die notwendige Beleuchtung. In solch einer Höhle waren wir nur untergebracht in der Pionierecke; denn viele Pioniere waren herangezogen worden. Später kam noch viel Infanterie, die alle für diesen Sturm heran gezogen wurden. Hier war ich zusammen mit Frühauf, Lorenz, Dachdecker Schulz. Wir hatten noch viel im Laufe des Tages zu tun. Die Stellung wurde besichtigt, damit jeder seinen Platz wußte und so manches mehr. Am nächsten Vormittag wurde dann nochmals das Antreten und Vorrücken der Sturmkolonnen geübt. Dann hatten wir noch bis 2 Uhr nachmittags Zeit. Jetzt meldete ich die ver schiedenen Trupps bei ihren Kolonnen und dann ging es vor in die Stellung. Hier lagen wir ein einviertel Stunde und über uns hinweg gingen die Granaten, Schrapnells und Minen. Der Artilleriekampf hatte begonnen, der die feindliche Artillerie zum Schweigen bringen sollte. Das haben sie ja auch gründlich versorgt. Ungefähr ... Ge schütze waren bei uns beteiligt. Aber auch die Franzosen haben eine gute Artillerie und die bekamen wir zu merken. Es ist mir unangenehm, Euch die Gefühle zu beschreiben, die wir hatten. Wir schmiegten uns so gut es ging an die Grabenwände an und blieben ruhig liegen, obwohl oftmals die Granaten sehr nahe einschlugen und Steine und DicL auf unseren Rücken niedersäuselten. Unsere Ruhe verließ uns aber nicht. Wie hatten uns vorher mit allem abge- I funden. Enoüch 3,50 Üyr hieß es vorrücken an die Aus- I fallsstellen. Andere Pioniertrupps hatten in dem Artillerie» feuer schon unsere Hindernisse beseitigt. 4 Uhr. Eine Mine unter dem feindlichen Graben wurde gesprengt und schon ertönte das Kommando „Marsch", Pioniere vornweg! Eine halbe Minute und wir waren in dem völlig zertrümmerten Schützengraben über die zerschossenen Hindernisse hinweg. Unsere Granaten säuselten nieder, wo sich etwas erblicken ließ. Die Infanterie stürzte weiter vor. Möglichste Ausnutzung der Deckung ließ mich wohlbehalten vorn ankommen. Die Franzosen ließen sich aber jetzt nicht blicken. Ich kroch wieder zurück. Unsere Gräben wurden nun schon durch Laufgräben mit den französischen verbunden. Ich übernahm den Bau eines Laufgrabens und rückte dann in die Höhle ein. Hier waren nun schon Verwundete. Die Luft war scheußlich. Kein Streichholz brannte an. Mindestens acht brauchte man, um ein Licht anzuzünden, das aber auch nur schwach brannte. Franzosen waren auch schon genügend da. Davon hatte man zwei genommen und in die Höhle geschickt, um den anderen mitzuteilen, daß sie sich ergeben sollen oder binnen zehn Minuten in die Luft gesprengt würden. Sie zogen natürlich ersteres vor und gegen 500 Mann konnten wir zu unserer Siegesbeute zählen. Ein schönes Bild, wie so einer nach dem anderen in unsre Höhle kam. Stattliche Kerlchen! Es war dos 18 Jnfanterie-Regiment Paris. Schöner war aber noch der Anblick, als nach Ueberspringen des ersten Grabens sich die Franzosen eiligst mit gehobenen Händen nach unserem Graben begaben. Man konnte ja das ganze Schlachtfeld übersehen, das Vorgehen der . . . er und . . . er. Aber auch traurige Bilder. In meinem Trupp waren fünf Verluste. Wir hatten Glück. Unsere Kampf mittel hatten Großes getan. Man sah die Franzosen im Graben kauern, wie sie Deckung suchten vor unseren Ge- CafeS und Wirtshäusern drängten sich die Soldaten und Offiziere. Die Bürger brachten den erschöpften Kriegern und den Verwundeten Speise und Trank und lauschten mit ängstlichen Gesichtern den Erzählungen auS der un glücklichen Schlacht. Vor der Kommanbantur hielt das Gefolge deS Generals; dieser selbst befand sich im Bureau der Kommandanten. Ordonnanzen und Adjutanten flogen hin und wieder. Die lagernden Truppen achteten nicht aut sie; niemand folgte ihren Winken und Rufen, mit denen sie die Soldaten zum Weitermarsch aufforderten. Vergebens suchte der alte Kapitän nach einem Arzt. Die beiden Zivilärzte der Stadt waren mit ihren Kollegen vom Militär im Hospital beschäftigt. Wer kümmerte sich jetzt um die Kranken außerhalb der Hospitäler? Endlich gelang eS dem Kapitän einen ihn befreundeten Militär- arzt zu sprechen. „Doktor, Sie müssen mit mir kommen, tu meinem Hause liegt mein Sohn schwer krank.' „Ihr Sohn? Ich denke, er ist bei der Armee?' „Heute nacht kam er verwundet bei uns an. Jetzt liegt er im heftigen Fieber." „Sacrebleu, Kapitän! Ich kann Sie nicht begleiten« Hab' hier alle Hände voll zu tun. Bringen Sie Ihren Sohn hierher.' „Ich fürchte, er stirbt unS auf dem Transport hierher.' „So schlimm steht's? — Aber, wahrhaftig, Kapitän Sie müssen ihn herbringen. Niemand von uns Ärzten in jetzt hier entbehrlich! Und wenn Sie Ihren Sohn bei sicn behalten, läuft er Gefahr, den Preußen in die Hände zu fallen. Morgen können die Preußen hier sein." „Und will man sich hier nicht von neuem ver teidigen?' „Hier — verteidigen? Mit den Truppen? Ah, Kapitän, Sie hatten doch sonst ein scharfes militärisches Auge! Nein, wir ziehen unS hinter die Mosel nach Mez zurück.", (Fortsetzung folgt)