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8 Z-ZI, L-IZZ § «-ZK-ÄF N^ ° L «Z^ .LL-K^«tt-G «ALL »ZLSK LtvL«2§ NöLLtzL «LS KL> L b-i K ^L L- r: w r:L r:^ r: nN^sK L LQ L L ZL L LS § 8 o sA LZ.ZZ^M Z « -LKDEKL«Ä LZsL^LZL-ZL s^ 8 L-'L'SZ S L'L^L «ZGsKs; LL LL Krregserlebniste eines Hundert siebener Landwehrmannes. Albert Vohland-Leipzig. (Nachdruck verboten.) kf. I. Die Sturmglocke« Mule«. Wochen waren vergangen seil jener bübischen Tat in Oesterreichs Wetterwinkel. Noch immer schwieg Oesterreich. Schon fürchteten wir seine Langmut. Da fiel der Blitz ins Pulverfaß! Oesterreichs Note an Serbien ließ kein Ausweichen zu Entweder — oder! Deutschlands Volks- stamme lauschten in banger Sorge dem Schreiten des Schicksals. Am 31. Juli erklärte der Kaiser für Deutsch land den Kriegszustand Ich hatte mit den Herren Zieschang und Wachsmuth einen Ausflug nach dem Landberg für den 2 August ge plant Der Ernst der Lage gebot die Aufgabe des Unter nehmens Mit meiner Frau und meinem Buben wanderte ich darum am 1 August nach Limbach, um mich für Sonn tag zu entschuldigen. Alle Augenblicke konnte der Mobil machungsbefehl von Berlin aus eintreffen. In Limbach erfuhren wir von starken Besetzungen der Brücken der Tharandt—Freiberger Bahnlinie und auch davon, daß Limbachs Sturmglocke läuten wollte in dem Augenblicke, an dem der Mobilmachungsbefehl bekannt sein würde. Nach dem Kaffeetrinken im gemütlichen Kantorheim, bei dem allerdings schwere Sorge mit zu Tische saß, nahmen wir Abschied von den Freunden. Es war ein prächtiger, sonniger Tag, die Sonne blinkerte so golden wie sonst im tiefsten Frieden. Eben betrat ich die Schwelle des Vater hauses. Da gabs mir einen Stich ins Herz Ich horche atemlos. Gott, die Limbacher Sturmglocke tönt! Der Vater sucht mich zu beschwichtigen. »Es ist Abendläuten." Wir essen zu Abend, schweigsam, gedrückt. Wir treten vor die Haustüre. Da horch! Noch immer tönen Limbachs Glocken. So lange währt kein Abendläuten! Wirschauen uns an; wir sprechen kein Wort, aber ein jeder weiß, was noch nicht einmal verkündigt ist. Hilf Gott uns und unserem armen Vaterlande! Da kommt die Botschaft in amtlicher Form von Burkhardswalde. Deutschland mobil! Und drüben jenseits des Berges tönt noch immer die Sturm glocke von Limbach. II. Der Abschied vom Waterhause und die Aayrt zur Gestellung. Sofort nach der amtlichen Bekanntgabe der Mobil machung packte ich die wichtigsten Sachen zusammen. Den Frauen wurde diese Arbeit am sauersten. Bald füllte sich die Gaststube. Aufgeregt wogte das Gespräch hin und her; nach und nach kam die Ruhe wieder und die Entschlossenheit. Ich nahm Abschied von allen lieben Bekannten, ein fester Handdruck, ein Blick ins Auge und nun: Leb wohl, auf Wiedersehen, ja, auf Wiedersehen! Lang und ruhelos war die Nacht. Und nun kam der neue Tag, der schwerste Tag. Es galt Abschied nehmen, Abschied von Vater und Mutter und von der Scholle, mit der das Herz mit jeder Faser verknüpft ist. Noch einmal ging ich den Kellerweg hinaus. Dort hinten lag im blauen Morgendunst der liebe Landberg mit seinem dunklen Wald, den ich so über alles liebte und hier mitten im Tälchen mit dem freundlichen Dörfchen, meinem Heimatdorf. Man muß schon mal solch einen Ab schied genommen haben, um zu wissen, was einem die Heimat gewesen ist. Ade, du liebes, liebes Dorf, und Walts Gott: „Aus Wiedersehen." Und nun kam das Allerschwerste: Der Abschied von den Menschen, den lieben, treuen, denen man alles zu danken hat. — In Munzig erfuhr ich dir Kriegserklärung Rußlands gegen Deutschland. Nur zu und reine Wirtschaft! Mögen Franzosen und Engländer auch noch kommen; wir wollen es ihnen schon zeigen! Die Bahn- fahrt war ein immerwährendes Abschiednehmen. Aber unter all den Tränen, die da fielen, leuchteten doch Opfer- willigkeit. Entschlossenheit nnd Vertrauen hervor. Je näher wir Leipzig kamen, um so drangvoll fürchterlicher wurde die Enge im Bahnwagen, und auf dem Hauptbahnhofe standen die Menschen wie Mauern Trotzdem Körte man fast kein Geräusch, als das der schreitenden Menschen drinnen in der Halle und das Stampfen der Lokomotiven draußen Tiefernst harrte die Menschenmenge all der Ankommenden, schweigend drückten sich liebe Bekannte die Hand. Die nächsten Tage brachten schon die ersten Sieges- nachrichten und die Kriegserklärung an Frankreich. Unge heuere Erregung, festlicher Jubel, stundenlanges Stehen vor den Depeschenstellen der Zeitungen, Herunterschlagen französischer Firmenschilder, Festnahme verdächtiger Aus länder, Spionenfurcht, Jagd auf Automobile; das alles stand im Zeichen der ersten Mobilmachungstage. III. Die Einkleidung. Am vierten Mobilmachungstage hatte ich einzutreffen. Unsere Frauen begleiteten uns nach Gohlis. Um 8 Uhr war alles versammeli. Nach der Feststellung der Personalien wurde nach der inneren Stadt und weiterhin nach der 6. Bezirksschule am Landgericht marschiert Wir wurden überall mit großem Jubel begrüßt und überaus reichlich mit Zigarren, Zigaretten und Blumen beschenkt. In unserem neuen Standquartier erfolgte rasch die Zuteilung zu den vier Kompagnien des UI. Bataillons. Unbekannt blieb uuS vorerst die Bezeichnung des Regiments, noch viel dunkler die des Korps, ganz und gar verhüllt aber wurde uns das Ziel. Wirds nach Rußland gehen »der nach Frankreich? Das war die bange Frage Die Einkleidung ging rasch und tadellos von statten Wie das alles in Ordnung war und alles funkelnagelneu vom Uniformrock bis hinab zum Salzbeutel und zur Kaffeebüchse. Schon an jenen Tagen habe ich manchen sagen hören, der vielleicht noch die Woche vorher wie ein Rohrsperling über die Steuern geschimpft hatte: „Ja, ja, da sieht man, wohin unser Geld gekommen ist" und stolze Befriedigung üder deutsche Ordnung und deutsche Redlichkeit sprach aus diesen Worten. Wir kamen gleich am ersten Tage in Bürgerquartier. Ich kam mit vier anderen Kameraden in das gastliche Haus eines Privatmannes in der Kronprinzstraße. Herr und Frau Wiedig verstanden es wirklich durch ihre HerzenSgüte, durch die Erzeugnisse ihrer ausgezeichneten Küche und ihre Teilnahme an unserem zukünftigen Geschicke rasch unser aller Herz zu gewinnen Nach Erledigung all der langwierigen Ausrüstungsgeschäfte wurden wir geimpft. Hurra, es geht nach Rußland! Oft noch durften wir heim zu Weib und Kind, bis schließlich auch hier die letzte Stunde schlug. — IV. Die Kahrt nach dem Weste». Unter unendlichem Jubel, begleitet von Jung und Alt, von Männern und Frauen marschierten wir in der Nacht des 12. Augusts nach dem Freiladebahnhofe. Kurz nach 12 Uhr fuhr der Zug ab, einem unbekannten Ziele zu. Bald verstummte unter den Kameraden die Fröhlichkeit. Es wurde still im Viehwagen und immer stiller Ein jeder gedachte der Lieben daheim und des dunklen Ungreifbaren, was vor uns lag Geschlafen wurde nicht viel in jener Nacht. In banger Spannung lauschten wir auf das Anrufen der Stationen. Am 13. erreichten wir gegen >/z5 Uhr morgens Apolda, gegen 7 Uhr Erfurt. Um 9 Uhr gabs kurzen Aufenthalt in Gotha, wo wir von Damen des Roten Kreuzes förmlich mit Kakao, Tee, Kaffee, Pfefferminze, Zigarren und Zigaretten, gestrichenen Brötchen usw. überschüttet wurden. Bei Eisenach grüßte die Wartburg von stolzer Höhe. Mir zog dabei das Lutherlied durch den Sinn: „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen." Ja, Du All mächtiger, verleihe Du uns den Sieg und gib uns Ruhe vor den Neidern. (Fortsetzung folgt.) Im Flugzeug über der Heimat, u. Dienstag, den 7. April 1914. Die Maschine steht fertig am Start, ich sitze wieder zum Abflug bereit, mein Chefpilot am zweiten Steuer eben- falls Ich erteile das Startzeichen und flugs jage ich dahin, um bald hoch in den Lüften zu schweben. Nach 22 Minuten Flug über dem Platz habe ich 1500 Meter Höhe erreicht. Während dieser Zeit kommt der Parsival von einer Passagier fahrt zurück, und ich umkreise ihn zweimal Vor mir sehe ich Dresden mit seinen sämtlichen Vororten, und weit in der Ferne kann ich die Berge der Sächsischen Schweiz sehen. Links bietet sich ein reizendes Bild. Freiberg, Tharandt, Wilsdruff, die Orte kann ich sehen, obgleich die Slädte tief im Tale liegen, sobald ich seitlich aus der Karosserie hin aussehe. Es geht in raschem Tempo vorwärts, Dresden verschwindet unter den Flächen der Maschine, Loschwitz, Pillnitz, sie alle folgen schnell In neun Minuten ist Pirna erreicht. Ich glaube, mein Blick streift ins böhmische Land. Zwischen Bergen, an Bergen hinauf Helle Streifen, es sind das Straßen Sie sind selbst bei Nacht von den Fliegern zu erkennen. Eilig arbeitet sich die Maschine weiter nach der Heimat zu Ich ziehe bei Pirna eine Kurve und be- rühre bald Schloß Wesenstein und das herrliche Tal Hänichen—Possendorf und das Lockwitztal. Etwas weiter erblicke ich die Talsperre Malter. Der Rabenauer Grund wird überflogen, welch entzückendes Bild. Da schimmern die Straßen durch, dort steigt Rauch aus der Lokomotive auf. Noch weiter sehe ich den Grillenburger Forst, dahinter eine Sperre im Bau, aber rasch geht es der Heimat zu, über Tharandt fliege ich jetzt, Braunsdorf wird erreicht. 1800 Meter tief unter mir herrscht reges Treiben in der Ziegelei und Kalkbrennerei. Bald haben wir die Kirche von Grumbach unter uns, und Wilsdruff ist auch schon da. Der Saubach ist zu sehen, da rauchen die Schornsteine von mehreren Fabriken. Auf dem Markte und in den Straßen herrscht reges Treiben. Es wird gewinkt Ich möchte den Gruß erwidern, aber ich muß fest das Steuer halten und in das Seitensteuer treten. Der Bahnhof ist leer und es werden Wagen rangiert. Dort werden Bretter ausgeladen, da auf der Straße gehen Leute spazieren, Kinder spielen auf den Wiesen und auf dem SLützenplatz, andere patschen in dem Saubach umher. Vor der Schule ist völlig Ruhe. Hier erzählen sich einige Bürger Neuigkeiten, dort versucht einer das Radfahren, andere sehen sich die Schaufenster an. Meine Moole rast vorwärts. Auf dem Kirchplatz hält Friedrich vor der „Guten Quelle" ein Geschirr, und mehrere Gutsbesitzer haben dort ausgespannt. Ueber den Park, der erst anfängt zu grünen, geht es dahin; die Hofemühle liegt unter uns. Wilsdruff bietet das Bild eines großen Bau kastens i) Hier an der Hofemühle wollte ich erst Kehrt nach Dresden machen, da ich nicht genau wußte, was ich für Benzin mtthatte, aber auf „Glück ab" setzte ich die Reise fort. Ueber die Ziegelei geht es hinweg, der Unkenteich liegt untermir,und meine Heimat Sora seh ich steil über die Flächen herunter. Hier und da vereinzelt ein Geschirr auf dem Felde, ein Fußgänger oder Radfahrer auf dem Dorfwege. Vor dem Gasthof ist es leer, die Schule steht verlaffen, und mit Ruhe wende ich meine Moole links nach Lampersdorf zu Hier und da steht man Kalben und Fohlen vor den Gebäuden auf dem Gras. Dort wieder steht man Menschen auf dem Hofe. Die Bayerhöhe macht mir nichts zu schaffen. Ich gewahre Seeligstadt, Taubenheim, auf der anderen Seite Birkenhain.Limbach, wo auf dem Gutshof reges 0 Siehe Heimatsammlung: Ballonausnahmen des MajorS Härtel- Leipzig. Treiben herrscht. Meine Heimat und alles, was ich sehe, bietet den Anblick einer großen Gärtnerei. Hier grünende Aecker, daneben frisch gepflügte, daran Wiesen, und dort wieder fleißige Leute auf dem Felde. Alles gleichte einer Gärtnerei, und mitten darin Häuser, Teiche und Wälder. Nossen ist erreicht, und nun geht es im Tale abwärts nach Meißen. Rechts sehe ich Dresden, links Oschatz, den Kolm berg und Döbeln; die ganze Lommatzscher Pflege bietet sich meinem Auge Die Brücke von Riesa ist zu sehen. Im schnellen Flug kam Großenhain immer näher, ferner eine große Ebene. Eine schnelle Wendung, und es geht auf Coswig zu. Hier unten herrscht auf den Straßen ein sehr reger Automobilverkehr. Bald hatte ich einen Zug einge holt, da taucht schon die Elektrische zwischen Häusern auf; weiter südlich zeigt sich unser Flugplatz. Der Motor wird abgestellt, um die 4'/, Kilometer im Gleitfluge zu landen, der sich aus 1600 Meter ziemlich steil gestaltet Die Landung geht glatt, die Maschine hat ihren nötigen Auslauf und steht heil an der Stelle, wo ich vor zirka einer Stunde abflog. „Glück ab!" Ein Soldatenleben vor 100 Jahren. Wach den Aufzeichnungen eines sächsischen Grenadiers.») I. Kindheit und Kekrntevzeit. Am 13. Juli 1787 früh 10 Uhr wurde ich zu Klipp- Hausen bei Wilsdruff geboren Meine Eltern, Johann Georg Leutritz und Johanna Sophie geb. Döhring ließen mich in der Kirche zu Röhrsdorf am 15. Juli 1787 in die christliche Gemeinde aufnehmen. Meine Taufe haben be zeugt: 1. Johann Michael Schubardt, Bauer in Klipphausen; 2. Johann Gottlob Döhring, Sohn des Johann Georg Döhring, Bauers und Richters in Röhrsdorf; 3. Johanna Rosina Tietze, Tochter des Christian Tietze, weiland Bauers in Seeligstadt. Im Jahre 1801 wurde ich in der Kirche zu Röhrsdorf konfirmiert. Ich begab mich darauf in Dienst und war zuletzt in Stellung beim Richter Pietzsch in Sachs- dorf bei Wilsdruff. Von dort wurde ich im März 1805, in meinem 18. Lebensjahr, durch einen Unteroffizier von den Grenadieren abgeholt. Der Unteroffizier führte mich nach Meißen ab und übergab mich daselbst dem Wacht- kommandanten, der mich in Verwahrung brachte, damit ich nicht desertieren sollte. Als ich in das Gemach kam, sagte der Wachtkommandant mehrere Male hintereinander zu mir: „Lege Dich auf die Pritsche." Das heißt soviel als: „Lege Dich auf die Bank." Ich verstand es aber nicht. Ich hörte etwas rasseln und verhielt mich deshalb ganz stille, ja ich blieb vor Furcht die ganze Nacht über auf einem Beine stehen. Wie ich später erfuhr, war das Geräusch durch Ketten verursacht gewesen, mit denen zwei Arrestanten in einer benachbarten Zelle geschlossen waren. Am anderen Morgen früh 7 Uhr fragte mich der Wachtkommandant, ob ich desertieren wollte. Ich antwortete: „Nein" und wurde aus der Verwahrung entlasten. Ich bekam zu essen und zu trinken im Gasthof zur Sonne, und wir blieben diesen Tag noch in Meißen. Am folgenden Morgen setzte ich in Begleitung des Unteroffiziers den Marsch *) Johann Gottlieb Leutritz, der Held der Erzählung, entstammt einer bäuerlichen, nachweislich mindestens seit 1550 in Klipphausen bei Wilsdruff ansässigen Familie. Er wurde im Jahre 1787 daselbst ge boren, diente nach seiner Konfirmation als Knecht in Sachsdors und wurde 1805, noch nicht 18 Jahre alt, zum Militär ausgehoben. Er nahm teil an den Feldzügen 1806, 1809, 1812, 1813/14 und 1815, trat dann in französische Dienste und kehrte 1824 in seine Heimat zurück. Dort verheiratete er sich 1825 mit Johanna Rosina Klinger auS Gruben und starb als Landwirt 1852 in Lotzen bei Wilsdruff.