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Vsm 48. brr 24. Januar 4945 Rei^swsllwoche Uns Slacil unä Lanä. Mitteilungen aus dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. — Aür de« Befehlsbereich stellvertretende» Gene ralkommandos XII wird folgendes angeordnet: 1. Sämt lichen Fabrikanten und Händlern ist die Veräußerung der bei ihnen lagernden eigenen und fremden Bestände sowie der eigenen, bei Spediteuren und in Lagerhäusern lagernden Bestände an wollenen, wollgemischten, halbwollenen und baumwollenen Decken sowie an Filzdecken — soweit nicht die Decken nachweislich zur Ausführung eines unmittelbaren Auftrages einer Heeres- oder Marine-Dienststelle bestimmt sind — bis auf weiteres verboten. 2. Sämtliche Fabrikan ten und Händler reichen dem Königlichen stellvertretenden Generalkommando XII in Dresden-N. 6, große Klostergasse 4, binnen drei Tagen noch Erlaß dieser Bekanntmachung eineAuf- stellung dieser Bestände ein, soweit es sich um mindestens üO Stück insgesamt handelt. 3. Die Bestände verbleiben vorläufig in den Lagerräumen, wo sie sich zur Zeit der Be- schlagnahme befinden. — HSre-kau wieder Jestuug. Die Befestigungsarbeiten, die seit Beginn des Krieges um Breslau herum auSgeführt wurden, sind jetzt soweit gediehen, daß die Stadt such offiziell wieder als Festung bezeichnet wird. Sie war es ja auch schon früher, bis sie 1808 auf Befehl des großen Korsen geschleift werden mußte, wodurch die wundervollen heutigen Promenadenanlagen entstanden. Das alte Breslau hat manche schwere Belagerung auszuhalten gehabt; so wies es von 1248 bis 1266 dreimal den Ansturm des Herzogs Boleslaw zurück. 1474 belagerten die verbündeten Polen und Böhmen Breslau, das aber durch den Ungarkönig Mathias Corvinus entsetzt wurde. Später wurde es durch seine großen Geschützgießereien berühmt. Friedrich der Große bemächtigte sich der schlesischen Hauptstadt 1741 durch Handstreich. Nach der Niederlage des Herzogs von Bayern am 22. November 17d7 wurde die Verteidigung Breslaus dem General von Lestwitz anvertraut, der aber mutlos schon zwei Tage später kapitulierte. Jedoch erfocht Fried rich den herrlichen Sieg bei Leuthen und brachte darauf in einer kurzen (14. bis 20. Dezember), meisterhaft geleiteten und mit einer furchtbaren Beschießung verbundenen Be- lagerung die Stadt wieder in seinen Besitz. Breslaus schönste RuhmeSzeit war die nächstfolgende Belagerung durch Laudon (1760). Dem Verteidiger, General von Tauentzien, dessen Standbild jetzt den nach ihm genannten Platz ziert, standen kaum 3000 Mann, darunter noch 1000 zuverlässige Garden, zur Verfügung, während Laudon 5< 000 Mann gegen die Wälle vorführte. Als er ergrimmt sagen ließ, seine Kroaten würden im Falle der Erstürmung nicht das Kind im Mutterleibe schonen, erwiderte Tauentzin kaltblütig, daß weder er noch seine Soldaten schwanger zu werden gedächten Am 4. August mußte Laudon unverrich- teter Dinge abziehen, da ein Entsatzheer unter Prinz Hein- rich herannahte. Um so kläglicher verlief die Belagerung im Jahre 1807 durch Vandamme. Kommandant Breslaus war Generale von Thiele, ein- furchtsamer alter Gamaschen- treter. Mutlos übergab er die Stadt fast ohne Kampf, obwohl der Fürst von Pleß mit Hilfstruppen im Anmarsche War. Thieles wackere Soldaten waren über die feige Handlungsweise ihres Generals so empört, daß sie re volutionierten. Die Stadt mußte dann hart dafür büßen. — Der Landesausschuß der Vereine vom Roten Kreuz im Königreiche Sachsen übermittelt uns folgenden Aufruf: Nochmals ergeht, wie im September pes vergangenen Jahres, der Ruf Ian unseres Sachsenlandes Frauen und Männer, durch Hergabe edlen Metalles die mit dem Fortschreiten und der Dauer des uns aufgezwungenen Krieges immer größer und dringender werdenden Aufgaben des Roten Kreuzes opferfreudig zu unterstützen. Noch besitzen viele Schmuck- und Gegenstände aller Art, aus edlen Metallen — Gold und Silber — die wenig Kunst- und Erinnerungswert be sitzen und in dieser schweren Zeit dem Vaterlande geopfert werden sollten; noch nennen viele Vertreter von Handel und Wandel, viele Künstler und Gelehrte, viele Vereinigungen wertvolle, zum Teil ausländische Preise in Form von Münzen und Geräten aller Art ihr eigen, in ihrer Gesamt heit große Werte, die in einer Zeit wie der jetzigen, in der Gold und Silber zu der besten Rüstung unseres Volkes zählt, zu dessen Gunsten nutzbar gemacht werden sollten. Darum ergeht an alle die herzliche und dringende Bitte: Spendet Gold und Silber dem Roten Kreuze! Seine Unterstützung ist eine wirksame Hilfe für unser Land und unser Heer! — Aus dem Krzgevirge. Heftige Schneestürme herrschen seit einigen Tagen wieder auf den Höhen des Erzgebirges. abgeschickt worden waren, aber sie hatten uns nicht gefunden bei diesem Nebel Früh ^6 Uhr kamen wir wieder zu unserem Bataillon. So hatten wir also von früh 7 Uhr bis nachts 11 Uhr ohne Unterbrechung, ohne Verpflegung im Schützengraben gelegen. Dann noch einen Marsch bis früh 7.6 Uhr zu bewältigen und vorher zwei Tage im Ge- fecht gelegen. An diese Nacht werde ich, werden alle in meiner Kompangnie, Zeit ihrrs'Lebens gedenken. Das alles war schlimmer als ein heftiges Gefecht. Den Leutnant hatten wir aufgegeben. Aber früh, wir denken, wir sehen nicht recht, kam er gegen 11 Uhr an. Er hatte noch zwei Stunden herumgeirrt — war auf 80 Mann Versprengte gestoßen, und hatte sich mit denen glücklich zurückgefunden. Wie die Pirnaer Landwehr auszog. (In einem englischen Blatte geschildert.) Der Sonderberichterstatter der „Daily Mail*, ein „Neutraler", der Deutschland während des Krieges bereist hat und nun in einer langen Reihe von Artikeln seine Ein drücke wiedergibt, erzäht in einem seiner letzten Aufsätze von dem Abmarsche eines Landwehrbataillons, dem er in Pirna beiwohnte. „Es war so ein rechter dunkler, un freundlicher Winternachmittag. Düster und niederdrückend schien alles. Da kamen von zwei Richtungen her Kom pagnien der Landwehr-Jnfanterie nach der Kaserne mar schiert, mit Schmutz und Regen bedeckt. Die Leute hatten ihre letzte Marschübung gemacht, bevor sie zur Front ab- gingen Es waren alles tüchtige Männer, von sieben wohl sechs Familienväter, ein lebendiges und prächtiges Beispiel für die deutsche Lehre: jedermann ein Soldat. Noch im vorigen Monat Beamter, Kaufmann oder Handwerker, tragen sie nun alle des Königs Rock. Sie sahen aus „jeder Zoll ein Krieger", ebenso kräftig und geübt wie die jungen Leute von 20 und 21 Jahren. Ich war überrascht von der Vollständigkeit ihrer Ausrüstung. Kein Stück fehlte an ihrer Uniform, und außerdem hatte noch jeder Mann seine tuchüberzogene Trinkfllasche am Gürtel hän gen, und da sie zu dem großen Schützengrabenkrieg aus- zogen, war jeder von ihnen mit einem Spaten bewaffnet. Ich habe übrigens gehört, daß deutsche Soldaten von diesem Spaten einen sehr wirksamen Gebrauch zur Abwehr von Kugeln machten, indem sie sie als eine Art Schild be nutzen. Das Bataillon stand nun, in Reih und Glied aus- gerichtet wie nach der Schnur, auf dem Kasernenhofe. An der Seite hatte sich die Regimentsmusik aufgestellt. In den offenen Platz zwischen den Kolonnen trat der Oberst, ein grauhaariger Veteran, und hielt seine Abschieds ansprache: „Landwehrleute! Ihr habt nun eure Zeit der Uebung vollendet. Ihr seid nun fertig für die Front. Ich rufe euch ein Lebewohl zu und ein Glück auf den Weg! Seid stets eingedenk, daß es eure höchste Pflicht ist, dem Vater lande zu dienen, auf welchen Posten euch auch eure Vor gesetzten stellen. Möget ihr auf Patrouille sein, fern von euren Kameraden, mögt ihr im Schützengraben liegen in der Feuerlinie oder weniger schönen Dienst machen hinter der Front bei den Munitionskolonnen, bei jeder Arbeit haltet im Gedächtnis, daß ihr unserm teuren Vaterlande dient. Mit diesem Bewußtsein in jedem Augenblick und bei jedem Werk werdet ihr eure Pflicht tun. Und nun drei Hurras auf Seine Majestät, unsern allerhöchsten Kriegs herrn, den Kaiser!" Der Oberst, seinen Degen hebend, rief dreimal „Hurrahl", und die Truppen antworteten ein stimmig. Die Kapelle stimmte „Deutschland, Deutschland über alles" an, das Bataillon formierte sich zum Marsch, und nun ging es in Parade eine Viertelstunde lang durch die Stadt zum Bahnhof. Als sie so durch die Haupt- Durch den starken Schneefall sind in den Wäldern vielfache Schäden durch Schneebrüche entstanden, auch wurden die Fernsprechleitungen gestört und eine große Anzahl von Wegen verweht. Der Wintersport ist überall im Gange. Bericht eines Wilsdruffer Kriegers vom östlichen Kriegsschauplatz. (Schluß.) Wir sehen Lichter, die nicht da waren, Baumschatten, die riesengroß erschienen und verschwanden; alles Erscheinungen überreizter Nerven. Nun wurde eine lange Postenkette ge stellt, auf diese Weise hielten wir gerade Richtung und er- reichten 7,12 Uhr wenigstens die Straße. Alle atmeten auf. Die Schießerei beantworteten wir nicht, sonder marschierten in unser altes Quartier. Am Ortseingange keine Wachen, das fiel uns schon auf, und richtig, kein Mensch mehr da. Aber nun schleunigst „Kehrt". Ein Wunder, daß das Dorf nicht schon von russischer Reiterei besetzt war. Da wäre es uns schlecht gegangen. Aber der liebe Gott hilft immer weiter. Und so wanderten wir, ein Leutnant war abhanden gekommen, ihn mußten wir seinem Schicksal überlassen, da wir mit unseren Taschenlampen nicht leuchteten, wegen der Nähe des Feindes auch nicht rufen durften. Gewehre waren schußfertig. Ich lief neben meinem Kompagnieführer an der Spitze der Kompagnie, die Pistole fertig zum Schuß, und bis zum nächsten Dorf (17, Stunde) Unendlicher Schmutz hemmte unseren Marsch gewaltig nach der Eisen bahn Hatten wir einmal die Schienen, so war uns ge- Holfen Aber wo waren denn eigentlich unsere anderen Kompagnien? Endlich erreichten wir die Bahn, und hier standen acht Mann, man hatte sie hierher geschickt, zu warten bis der Mond aufging, uns dann zu suchen. Alle, auch die acht Mann atmeten aus. Jetzt ging es zwischen den Schienen entlang, 18 Kilometer gab es noch zurück zulegen, soweit waren die unseren zurückgegangen. Wir er- fuhren nun auch, daß wohl Befehlsüberbringer nach uns WchMM für WM S«U«ge Nr. 6 Dienstag, clen <9. Januar <->Z. Hammer und Schwert. Roman von Guido Kreutzer. IN (Nachdruck verboten.) Da lächelte Ria Targolowicz. Es war eine Weichheit in ihrem Gesicht: eine scheue demütige Dankbarkeit, die die Grenzen der Reife verwischte, den Zügen etwas jung- mädchenhafteS gab. Und der Herr von Dührssen vergaß 'eine ganze, mühsam zusammengekramte Lebemanns philosophie, vergaß dusiness und smartoess und fühlte sich plötzlich wieder leutnantsjung und . . . heiratsfähig und fragte leise: „Liebst du mich, Ria?" Die schöne Frau schreckte zusammen, strich sich über di« Stirn und sah den kleinen korrekten Gentleman ver ständnislos an. ES dauerte reichliche Zeit, bis sie begriff. Und dann hatte sie unvermittelt wieder daS gewohnte, etwa- blasierte, etwa» geheimnisvolle Gesicht: und schüttelte energisch den Kopf. „Aber nein, Kleiner!" „Nicht?" . . . vergewisserte er sich schmerzlich ver dutzt .. . „Na, hast du mich vielleicht wenigstens früher geliebt?" „Wer nein. Kleiner!" „Auch nicht? Sol Weshalb denn nicht?" „Ja — bist du denn ein Illyrier?" Er wich beunruhigt zurück. „Um GotteS willen! Nee, soweit hab ich's noch nicht gebracht. Und offen gesagt bist du die erste Frau meiner Bekanntschaft, die bet ihren HerzenSaffären auch auf Len Patriotismus Rücksicht nimmt. „Wer nun erkläre mir doch mal ... ich dachte nämlich eben darüber nach: den jungen Studenten hast du nicht geliebt, mich hast du auch nicht geliebt . , . ja, handelte eS sich bei dir denn nur um dein« verdammten Kanonen?" Sie neigte langsam bestätigend den Kopf. „Nur um meine Kanonen, Kleiner! Ganz nebenbei hat sich daraus auch noch eine Freundschaft entwickelt. Oder ..." sie sah ihn fest an; leiser hochmütiger Spott schürzte die Lippen, „könntest du dich etwa rühmen, daß eS mehr gewesen sei als Freundschaft?" „Nein." „Und der Stareyn?" „Der Stareyn auch nicht!" bestätigte er verbittert. „Nun gut: wie verfällst du dann auf die eigenartige Vermutung, daß ich dich oder den dichtenden Knaben ge liebt hätte? Ich liebe keine Ausländer, mein Freund!" Er lachte ärgerlich auf. „Also entschuldige gütigst diesen gelinden Anfall von Größenwahn. Ich hatte immer angenommen, außer euch Illyriern gäbe es auch noch einige umwohnende Völkerschaften, die gleichfalls nicht ganz unwichtig wären!" Sie war zu ihrem Sessel zurückgekehrt und hatte die kleine Handtasche wieder an sich genommen, in die sie den französischen Brief sorgfältig gefaltet hineinsteckte. „Siehst du, Edward, ich weiß wohl, daß die Frauen hier in Deutschland sich viel ängstlicher zurückhalten, als wir eS gewohnt sind. Jedes Land hat da seine besonderen Regeln. Aber wenn ich mich vielleicht auch ungenierter und freier benahm — sei versichert, auch bei unS lernt man «S, Grenzen innezuhalten!" „Du hast es darin sogar zu einer Virtuosität gebracht!" bestätigte er ihr in verbissenem Humor. Sie verneigte sich graziös-ironisch. „Danke, Kleiner — du bist tatsächlich ein Kavalier! So wirft du mir auch zugestehen, daß nur eine Frau, die absolut ladylike und selbstsicher ist, eS wagen darf, wirklich kameradschaftlich mit einem Mann zu verkehren. Denn dadurch vergibt sie sich noch nicht-: wenn nur der Mann nicht sofort hinter jedem ungezwungenen Wort, hinter jedem kleinen Flirt einen anderen Sinn vermutet. Oder hast du daS etwa getan?" Der Berliner Vertreter deS HauseS Blackwood and Jeffries, Limited, Liverpool verschwor sich heftig: „Ich? I wo! Wie kannst du nur so etwas vermuten?!' „Ich freue mich wirklich sehr, weil ich mich in dir nicht getäuscht habe. ES wäre mir peinlich gewesen, wenn ich mir in Berlin lauter Narren zu Freunden genommen hätte! „Und nun adieu. Jetzt lauf« ich erst schnell tele graphieren. Und heut abend darfst du mich um sieben Uhr abholenr ich möchte irgendwohin tnS Theater fahren >' Eine Kußhand, ein strahlendes Lächeln ... der Herr Direktor war allein. Er trat vor den Spiegel und musterte sich bedenklich; er kam sich recht töricht vor. Dann verkroch er sich wieder hinter seinen Schreibtisch, machte ein bedeutendes Gesicht und begann bei einer Zigarre zu philosophieren. Das Resultat aber war folgende schmerzliche Er kenntnis: „Schließlich . . . wenn man'S recht bedenkt . . . gar so bedeutend ist der Altersunterschied zwischen dem Erwin von Stareyn und mir eigentlich doch nicht! Und was Ria Targolowicz anbelangt, so gibt eS Frauen, denen wir Männer immer wie dumme Jungen gegenüberstehen. Ein wahres Glück nur, daß diese Frauen meistens . . . na ja, also ich meine — daß sie meistens auS solchen un- möglichen Weltwinkeln stammen! Denn sonst. . . sonst hätten wir für unsere Trottelhaftigkeit ja nicht mal «inen MilderungSgrund!!' 14. Kapitel. Theophil Gerland wartete, bis sein Gast Platz ge nommen hatte; dann setzte er sich gleichfalls. Er vergewisserte sich nochmals mit schnellem Blick auf die Visitenkarte. Da stand: vom veoäoro Ilaria cka Valmaeeäa attaobä L la le^ation 60 Oua^aua verUn. Wie redete man solchen Menschen nur an? Verteufelt kniffliche Frage! „Herr" ging natürlich nicht; „Sennor" oder „Dom" war amende inkorrekt? Denn der Deiwel kenn sich in solchem Kram auS! Ach waS — einfach „Monsieur"! Französisch war immer noch am unverfäng- Und kaum, daß er diesen heldenhaften Entschluß gefaßt hatte, brannte er auch schon darauf, ihn in die Praxi- umzusetzen. Aber vorläufig begann erst mal -er Brasilianer zu reden. (Fortsetzung folgt.)