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«r. 141. IS. Suck 1SL7. Erzgebirgischer Dolksfreund. ««1--«m m. - ««-« D VerMche Angelegenheiten. D Sladlverordnelensitzung in Aue a« 17. Juul. Unser Stadlverordnetenkollegium hat kürzlich Zuwachs bekommen. Lin neuer Stadtvater ist in den Sitzungssaal ein- gezogen, und wenn man schon behauptet: Neue Besen kehren gut, so trifft das auf die heilsame Wirkung und die segens reiche Tätigkeit des neuen Volksvertreters voll und ganz zu. Der Reuerkorene erfreut sich allgemeiner Beliebtheit und eines seltnen Respektes noch dazu. Kein« Wählerschaft steht hinter ihm, er vertritt keine Sonderinteressen und regiert doch nach- weislich das gesamte Kollegium durch sein temperamentvolles Dorwärtsdrängen. Er ist nicht launenhaft, kennt kein Er- eifern,-kein überstürztes Handeln, noch gestattet er sich je ein Sondernickerchen bei langweiligen Themata. In unerschütter licher Ruhe, ewig sich gleichbleibend, bringt er allem und jedem strenge Objektivität und kühle Sachlichkeit entgegen. Er hält nicht hinter dem Berge mit seiner Meinung, zeigt stets in aller Offenheit, wieviel es geschlagen hat und ruft mit sonorer, überaus angenehmer Stimme von Stunde zu Stunde seine Ratskollegen zur Sache zurück. Der Held des Tages, das ideale VorbiL eines weisen Stadtvertreters ist eine imposante Wanduhr, die ihren er höhten Sitz an Ler Rückwand des Sitzungssaales, zu Häupten des Vorsitzenden erhglten hat. Das war fürwahr eine lichte Stunde der Erleuchtung, als die aktenbündelbeschwerten und parteizerquälten Stadtväter die Einberufung dieses Retters aus aller Not beschlossen. Zwar hängt der neue Zeitmesser und -Mahner ausgerechnet auf der angemalten Figur der strengen Frau Justitia, die ihr Antlitz trauernd verhüllt hat, doch hat sich der ticktackfrohe Freund Chronos' die leuchtende Kopfgloriole der „Gerechtigkeit" zwangsläufig geborgt und immerhin läßt er noch die bloßen Füße der Göttin frei, die nach wie vor den dornenvollen Weg aller Gerechten wandeln kann. Daß auch in den Köpfen der Stadtverordneten der un gewohnte Anblick- zunächst krause Gcdankengänge auslöste, bewies zu Anfang der Sitzung gleich ein Vertreter der äußer sten Linken, der sofort aufsprang und mit dem Hinweis auf die Wanduhr den stark verspäteten Beginn der Sitzung rügte. Es tut ja so wohl, wenn man einem „guten Freund" und Nachbar nahe liegenden Schmutz in die Stiefel schieben kann. Leider hatte der Eiferer der KPD. zu wenig auf seine eigenen Lämmlein geachtet und mußte sich quittieren lassen, daß erst in elfter Stunde der letzte Linke cingelenkt war. Könnte man hier von einer gewissen Ironie im Uhrzeiger sinn reden, so war doch der Einfluß der Uhr im weiteren Verlaufe der Verhandlungen, wie eingangs erwähnt, von heilsamer und äußerst erquicklicher Art. Punkt um Punkt er- ledigte sich in taktischer Harmonie, und beim sonoren Glocken schlag ^8 Uhr (der neue Ratskollege kennt noch keine 24-Stun- denzeit, ist also konservativer Tendenz verdächtig!) waren sämtliche 14 Punkte der öffentlichen Sitzung reibungslos er ledigt. Weitere 13 Punkte standen noch auf der Tagesord nung der nichtöffentlichen Sitzung. Der Vorsitzende ließ sich aber in anbetracht der tropischen Hitze im Saal noch drei Punkte abhandeln. Das Kollegium nimmt zunächst Kenntnis von einer Einladung des Landesverbandes sächsischer Klempner und Installateure zu den Festlichkeiten am Sonnabend und Sonntag. Es folgt ein Antrag Stv. Fabians zur Geschäftsordnung. Die KPD. wünscht, daß diverse Punkte Ler nichtöffentlichen in die öffentliche Sitzung hinübergenommen werden. Es handelt sich um Rechnungs legung und Bilanzen der städtischen Betriebe. Da ein Agi tationsbestreben der Antragsteller offensichtlich Beweggrund ist, lehnt das Kollegium in seiner Mehrheit den Antrag ab. Fortschreitend nimmt man Kenntnis von einem Beschluß des Krankenhausausschusses, der die Verpflegungsver gütung des Verwalters Wolf regelt. Einstimmig und ohne Debatte erfolgt Richtigsprechung des Stadtgirokassenabschlusses auf 1925. Ein Nach trag zur Gemcindcsteuerordnung, der die fernere Er hebung der Bier st euer ab 1. Juli vorsieht, stößt auf sehr geteiltes Empfinden. Grundsätzlich.spricht sich die KPD. durch Stv. Roller gegen die Weitererhebung der Biersteuer aus. Stv. Mitzschke legt in längeren Ausführungen das Widerspruchsvolle des ungerechten Kompromisses dar, der dieser Gemeinde die Biersteuer verwehre, jener aber gestatte. Im besonderen tadelt er es, daß Wein und Spirituosen steuerfrei seien, aber gerade das Mer, das Getränk des ein fachen Mannes, steuerlich belastet werden solle. So ergibt sich bei der Abstimmung en dloo eine Ablehnung des Nachtrages und der Bierbesteuerung im Stadtgebiet Aue. Ein Nachtrag zur Gemeindesteuerordnung sieht die Erhebung eines Zuschlages zur Grundcrwerbssteuer vor und findet einstimmige Annahme. Die Neuanstellung eines Dienst mannes führt zur Aufgreifung des Dorkriegstarifes für Dienstmänner, und da dieser veraltet und überholt ist, zur Erhöhung der Lohnsätze. Mit 100 Prozent Erhöhung findet der Tarif Annahme. Da vorläufig keine Möglichkeit besteht, dem Siedlungsgelände jenseits des Schlachthofes Leucht- und Brenngas zuzuführen, beabsichtigt man dieZuteitung elektrischen Stromes, ein Projekt, das mit einer Aufwendung von 1339 NM. vom Ausschuß und Rat befür wortet und einstimmig angenommen wird. Stv. Lorenz (SPD.) ergreift die Gelegenheit, auf die unhaltbaren Zu stände in Bezug auf Lie Beschaffenheit der Wege an besagter Stelle hinzuweisen. Erster Bürgermeister Hofmann unter richtet anschließend über geplante Verbesserungen und einen Fußweg, der, parallel zur Straße, am Walde entlang bis nach Lößnitz führen soll. Stv. Menzner referiert über die ge plante Asphaltierung der Gaswerks-Zufahrts straße. Es ist Walzasphalt vorgesehen, und die Kosten be laufen sich auf 9800 RM. Dtr Rat hat bereits 10 000 RM. aus Rücklagen bewilligt. Das Kollegium schließt sich ihm ein stimmig an. An der Mehnertstraße macht sich die Er richtung einer Hauptschleuse nötig, La infolge schlechter Kanalisation übler Geruch und andere Mißstände sich herausgestellt haben. Die 50 Meter lange Strecke er- fordert einen Aufwand von 1250 RM., eine Summe, zu der die Anlieger 600 RM. beizutragen haben. Da es sich aber nur um drei Anlieger handelt, deren jeder also 200 RM. zu tragen hat, ersucht man Len Rat um weitestgehendes Ent gegenkommen in der Zahlungsweise. Einstimmig erfolgt auch hier die Zustimmung der Stadtverordneten. Eine Petition der Lindenstraße um Belegung der Fußwege führte zur Plan legung einer besseren Ausgestaltung der Fußsteige im gesam ten Stadtgebiet. Man beabsichtigt aber zunächst eine Durch führung dieser Arbeiten in Len älteren, bevorrechtigten Straßenzügen und beschließt, eine Granituitbelegung der Fußwege in der Neustadt mit eirtem Kostenauf wand von 25 000 NM. vorzunehmen. '/» der Summe trägt die Stadt, 'st (20 000 RM.) fallen den Anliegern zur Last. Dieser Umstand gibt Stv. Hentschel Veranlassung, dem Rat weises Maßhalten zu empfehlen im Verfügen über den 'Geld- beutel Ler Hausbesitzer und speziell im vorliegenden Fälle den Anliegern durch Herabsetzen des Zinsfußes die Geldbeschaf fung nach Möglichkeit zu erleichtern. Man tadelt gelegentlich dieser Straßenverbesserungen die deplazierten, oft direkt ge fährlich angebrachten Eckenhydranten. Stv. Lorenz plä diert für ein Versenken dieser anstößigen Wasserlieferanten. Die Angelegenheit wird später noch Rat und Kollegium be schäftigen. Die Belegung der Fußwege (vorläufig nur Neu stadt!) findet einstimmige Annahme. Um die längst geplante Kraft wagenlinieAue — Geyer — Wolke nst ein zur Durchführung zu bringen, schlägt Ler Rat die Ueber - nähme einer Garantie (600 RM.) auf ein Probe vierteljahr vor. Leider entfällt auch bei diesem Projekt, das Mulde und Zschopautal verbinden soll und ohne Zweifel viele Vorteile in verkehrstechnischer Hinsicht bietet, der Löwenanteil der Kosten auf das an Kopfzahl mächtigere Aue. Die KPD. wendet sich in geharnischten Protesten gegen das ungeschäfts mäßige Gebahren von Vater Staat, der den Profit ohne Ab zug einstreiche und einen eventuellen Verlust auf die Schul tern anderer abwälze. Da aber bei reiflicher Ucberlegung kein anderer Ausweg-bleibt, entschließt sich das Kollegium in seiner Mehrheit für eine Uebernahme der Garantiesumme. Da die Betonstraße längs des Gleises im Schlachthof stark gelitten hat, soll sie wieder hergerichtet werden. Schlacht- hofausschuß und Rat haben hierfür 1000 RM. aus Betriebs mitteln zur Verfügung gestellt. Stv. Mcnzner als Be richterstatter ersucht das Kollegium um Zustimmung, die auch erfolgt. Desgleichen erfolgt Zusage zu einem Abänderungs vorschlag des 8 45 dcrSch lacht- und Viehhoford nung. Reibungslos erledigen sich auch Lie beiden letzten Punkte der Tagesordnung, die sich SHlchfaA Mt Angelegen heiten des Schlachthofe- befassen. Um Mßständen (Dieb- stählen usw.) abzuhelfen, hat man sich entschlossen, wieder wk in Vorkriegszeiten einen Pförtner anzustellen. Da die Trichinenschau und ähnliche Arbeiten zurzeit von einem ein- zigen Beamten erledigt werden müssen und dessen Arbeits kraft weit übersteigen, beabsichtigt man die Neueinstellung einer tüchtigen Kraft, die man im Nebenamt in der Wohl- fahrtspflege zu beschäftigen gedenkt. Das Kollegium stinnnt einhellig der Gründung dieser Wohlfahrtspoli zeibeamtenstelle zu. Bezirksausschuß -er Amtshauptmanuschast Schwarzenberg am 15. Juck. Die Beschwerde eines Gemeindeverordneten aus Ober» stützengrün über die Handhabung der Geschäftsordnung durch den GemeinLeverordnetenvorsteher wurde aus formellen Gründen zurückgewiesen. Eine Berufung gegen einen Steuer bescheid des Gemeinderates Hundshübel wurde beachtet. Der Nachtrag zur Gemeindesteuerordnung für Earlsfeld, Hundesteuer betr., wurde genehmigt, einem gleichen Nachtrag« Ler Gemeinde Mittweida wurde Lie Genehmigung mit Rück sicht auf die finanzielle Lage dieser Gemeinde versagt. Zu einer Grundstücksabtrennung in Beierfeld wurde Nachsicht erteilt. Den Gemeinden Schönheide und Ritters grün wurde die Genehmigung zur Aufnahme eines Staats- baudarlehns erteilt. Die von den Gemeinden Lauter und Oberpfannenstiel nachgesuchten Genehmigungen zu Darlehnsaufnahmen wurden nur teilweise erteilt. Die Be stellung von Erbbaurechten durch Lie Gemeinden Ober st ützengrün und Markersbach wurde genehmigt. Von der Verordnung des Wirtschaftsministeriums vom 7. Mai betr. Schankerlaubnis für Turn-, Sport-, Kleingarten- vereine usw. wurde Kenntnis genommen. Anschließend wurde eine Anzahl Schankerlaubnisgesuche erledigt. Die Beteiligung an der Gemeinnützigen Baugenossenschaft in Schönheide wurde mangels vorhandener Mittel abgelehnt. Auch konnte sich der Bezirksausschuß zur Bewilligung einer Beihilfe zur Beschaffung einer Ueberland-Automobilspritze in Aue nicht entschließen. Der vorliegende Entwurf eines Nachtrages zur Satzung des Bezirksverbandes über die Erhebung von Be zirksumlagen soll dem Bezirkstage zur Annahme empfohlen werden. Die Anstellung eines hauptamtlichen Fürsorgearztes soll dem Bezirkstage gleichfalls empfohlen weiden. Zur sächsischen Regierungskrise. Die gestrige interfraktionelle Sitzung hat keine Eini gung der Fraktionen herbeigeführt. Es bleibt nach wie vor dem Ministerpräsidenten das Weitere überlassen. * Die Sächsische Einzelhandelsgemeinschaft hielt in Dresden ihre Jahresversammlung ab. Landtags- abg. Prof. Dr. Kastner sprach über den „Kampf des Einzel- Handels um sein Recht". Es gelte, gegen die Versuche der öffentlichen Hand, sich wirtschaftlich zu betätigen, mit Energie zu kämpfen. Dje Staats mono pole dürsten nicht zu einer Gefahr für das gesamte Wirtschaftsleben werden. Jede rein fiskalisch eingestellte Reklamewrrtschaft müsse bekämpft, die Eisenbahnautomatenfrage im Auge behalten, die Tarif politik der Eisenbahn verbessert werden. Unkaufmännisch und unsozial seien die Tariferhöhungen der Post. Inter essant sei, daß die Deamtenorganisationen auf die Vor stellungen des Perbandes hin mehr und mehr von der Eigen versorgung abrückten. Unbillige Härten zeitige die Verwei gerung der Rückerstattung der Getränkesteuer. Die bevor stehende Neuregelung des Realsteuerwesens durch das Reich erfordere des Einzelhandels höchste Aufmerksamkeit. Unlau terem Wettbewerb gegenüber habe verbandliche Selbstjustiz die besten Erfolge gezeitigt. Von aller Konsumfinanzierung möge man sich, wie bisher, in Sachsen fernhalten. Die Versamm lung nahm einstimmig eine Ents chließung an, in der aus Anlaß des fünfjährigen Bestehens der Sächsischen Einzel- handesgemeinschaft dem geschüftsführenden Vorsitzenden Prof. Dr. Kastner für seine Tätigkeit im Dienste des Einzelhandels mit ehrenden Worten gedankt wird. Oberregierungsrat Dr. ZMsemeins veulseke zoez I. k.rgab., vsknkoktr. 3—7 8ckva.ranv«rg, 3a. IVI SYSL». KN S2S0. KN S7S0. 70 4 Klo erltr Sebreiber, Automobils, 2«ieksu zu«ck»Nung«- unü v»rk»ulck »um«: n»uptm»rck s p«rmck >»« u. 6«» w«rk»1»tt«n UN» s«r»,«n: Sr»I«,»uptckro0s 1« Oeneral-Vertrstung ckor klnns sesn. eeie «s^eirs, snenn/tson-nenne, snznoensuns (n^vei.) l^emspreebm 650, 651, 730-732 ssemsprecdm 24, 74, 84 empfehlen 8ich rur u « - v b r u n g «11» r d m nkmävlgsn Ss»ebLft» 2U 8ün8ti88ten veäinAunxsn. Vsrmlstung tsuor- unä äl«b«»»lvb»ror StabNLebsr. In s»»n NSbrungsn. vurcti Verorcknung cke, luetirmlakierium, -ur ännahme von dlvväslgelckorn im ?aüo Z 1808 cko, 8 O. 8. ormitektigt. — kN 4250.- 4350.—