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WWWAWeM Nr. 151. Freitag, den 1. Juli 1927. 80. Jahrg L« .»r»,«blr,Nch« 4>»U»Ir«und- «ych^i >L,ll- m!! vusnohme der Io,« not e»nn- und ^«ftlag«,. D«r Preis Idr dl« 34 mm br«»« Lolon«! - ÄnzUg«»z«!I, lm MmI»blaIIb«z>rd Ist 10 <FamMenanze!g«n und Sleüengestich« L,durstiger 11), aurwilrls »5, Idr dl« 90 mm drill« P«M- R<klam«z,u« »o, auiwürl, 100, ldr dl« so mm drill« am». L«lon«lM« 55, ouMürls 55 Peichrglennlg. P»ftlch«a-«»»t» > L«lpz>, Pr. IWA. O<m»Ind«-Olr».l>«nto i 4 ue, Srzg«b. Ar. 28. «»zeig««.Annahme str dt« am NachmMag «rlchilnmd« Nummrr dl, oormlllag, S Uhr in d«n Sauplael-Lsts« st«L«n. Sin« Gewähr lür di« Aufnahme d«r Äuiitgin am oorgifchrlkdrnin Tag« lowl« an d«lilmml«r S»I, wird nichi geg«b«a, auch nichi flir Li« Rlchiigheil dir durch g«rnfpreh«r aufgtg,denen Anzeigen. — gar Rückgob« un. verlangi elngelandier Schriftstücke üdermmmi dt« Schrtsl- Iiilung dein« Deraniworiuna. — Unlerbrechungen d«s S«. Ichäfisdrirlebtt dtgründen dilneSInIorüch«. Bei Zahlung», »szug und Konhur» gelten Rabatte al, nicht oereindarl. yaupt,«fchtftdftell«n tn: Au«, LSHnih, Schn««d<rg und Schwarz«nd«rg. » «nthallend die amttichen Debannlmachunge« der Amlshauplmannschaft und der er vru» Staatsbehörden in Schwarzenberg, der Staals- u. städtischen Behörden in Schneeberg, Lößnitz, NeustSdtel, Srünhain, sowie der Finanzämter in Aue und Schwarzenberg. Es werden außerdem oervssenllicht: Die Betiannimachungen der Eladlräls zu Aue und Schwarzenberg und der Amlsgerichie zu Aue und Johanngeorgenstadt. Verlag E. W. Gärtner, Aue, Srzgeb. g«ml»rich«r: An« 81 uns 01, lihnth iAmi Au«) 440. Schn««d,ra 10, Schwor,«nbtra 2881. vrablanschrill k BoUsfnrund Aueerggidlrge. Amtliche Anzeigen. Wegen Kleinpflastcrherstellung wird die Bahnhofstraße in Schwarzenberg (Staatsstraße Schwarzenberg — Zwönitz) von Km. 0,0 bis 0,525 auf die Zeit vonr 4. Juli bis 6. August 1927 für allen Fährverkehr gesperrt. Die Umleitung erfolgt über die Karlsbader und Erlaer Straße. Weiter wird die Staatsstraße Schwarzenberg—Eibenstock in den Fluren Schwarzenberg und Vermsgrün zwischen Km. 0,760 und 1,962 wegen Vornahme von Bauarbeiten zur Verlegung der Staatsstraße auf die Zeit vom 1. Juli bis 13. August 1927 für allen Fährverkehr gesperrt. Die Umleitung erfolgt auf den Pappclweg über Perms- grün. Zuwiderhandlungen werden nach 8 21 des Reichsgesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. 5. 1909 (RGBl. Seite 437) bestraft. Die Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, 29. Juni 1927. Die Cholera unter dem Geflügel der Fa. Nier L Ehmer im sogenannten Viertelgut Nr. 86 in Beierfeld istcrlos ch e n. Die Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, 30. Juni 1927. Die Maul- und Klauenseuche unter dem Vieh bestände des Wirtschaftsbesitzers Ernst Beyreuther in Stein- Heidel isterloschen. Die Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, 30. Juni 1927. In dem Konkursverfahren über das Vermögen der Fa. Gustav Müller A.-G. in Mittweida i. E. wird Schluß termin zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis und zur Prüfung nachträglich angemeldeter Forderungen auf den 26. Juli 1927, nachm. 4 Uhr, bestimmt. Die dem Konkursver walter zu erstattenden Auslagen werden auf 200 RM und die ihm zu gewährende Vergütung auf 4200 RM festgesetzt, sk 7/26 Schwarzenberg, den 28. Juni 1927. Das Amtsgericht. Freitag, den 1. Juli, vormittags ^9 Uhr, sollen in Grün hain 39 Zentner Saatkartoffeln meistbietend gegen sofortige Barzahlung versteigert werden. Sammelort der Bieter: Vieh wegers Restaurant. sQ 355/27 Der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts Schwarzenberg. Das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma Walter Reinecke, Malz- und Getreide-Kaffeefabrik, Groß handlung in Kolonialwaren in Lauter, wird mangels Masse und nach Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Schwarzenberg, am 28. Juni 1927. Das Amtsgericht. Die Kreishauptmännschaft in Zwickau hat mit Ermäch tigung des Ministeriums des Innern den 31. Nachtrag zur Gemeinde st euerordnung für die Stadt Aue, der die Weitererhebung der Biersteuer regelt, genehmigt'. Er liegt innerhalb von 14 Tagen in unserer Stadthauptkanzlei zur Einsichtnahme für jedermann aus. Aue, 30. Juni 1927. Der Rat der Stadt. Vergebung. Die Wasserinstallationsanlage für den Neubau des städti schen Mehrfamilicnwohnhauscs am Zwitterwcge in Aue soll vergeben werden. Angebotsformulare können vom Stadtbauamte bezogen werden. Die Angebote sind mit entsprechender Aufschrift zu ver sehen, fest zu verschließen und spätestens bis Donnerstag, den 7. Juli 1927, vormittag 11 Uhr, im Stadtbauamte Aue cinzu- reichen. Verspätet eingehende oder nicht ordnungsgemäß ausge füllte Angebote bleiben unberücksichtigt. Zuschlags frist 2 Wochen. Aue, den 30. Juni 1927. Das Stadtbauamt. Slromunlerbrechung. Am Sonntag, dem 3. Juli 1927, findet von S—14 Uhr infolge Vornahme von Betriebsarbeiten eine Unterbrechung der Stromversorgung des Stadtnctzes Aue statt. Aue, den 1. Juli 1927. Die Direktion d. städt. Gas- «. Elektrizitätsversorgung. Die amtlichen Bekanntmachungen sämtlicher Behörden können in den Geschäftsstellen des „Erzgebirgischen Volksfreuuds' in Aue, Schneeberg, Lößnitz und Schwarzenberg ringckeben werden. Stresemann über das Deutschland von heute. Nobel-Rede in Oslo. Oslo, 29. Juni. Heute vormittag hat der König dem oeutschen R e i ch s a u ß e n m i n i st e r und Gemahlin einen halbstündigen Besuch im Grandhotel abgestattet. Mittags begab sich Dr. Stresemann mit seiner Gemahlin in die Universität. Trotz des trüben Wetters hatte sich vor der Universität eine große Menschenmenge angesammelt. Der Festsaal war von einer repräsentativen Versammlung dicht besetzt. Auch die deutsche Kolonie war vollzählig vertreten. Der König begrüßte Dr. Stresemann in herzlicher Weise. Darauf hielt der Vorsitzende des Nobclkomitees, Direktor der Univer sität Professor Stang, eine kurze Ansprache, in welcher er der großen Freude des Komitees Ausdruck gab, Dr. Strese mann begrüßen zu können. Unter Beifall bestieg dann Dr. Stresemann die Red nertribüne. Er sprach in etwa einstündiger Rede über fol gende Gedankengänge: Diese Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis gilt nicht theoretischen Forderungen, sondern praktischer Politik. Sie gilt einer Einheit in bezug auf die Politik der Länder, die ähnliche Wege gegangen sind, gilt Deutschland, nicht einer ein zelnen Persönlichkeit. Das heutigcDeutschlandist vielfach nachAeußcrlich- keitcn beurteilt worden. Die deutsche Verständigungs- und Friedenspolitik wäre "nicht möglich gewesen, wenn sie nicht einem tiefen Sehnen der deutschen Volksseele entsprochen hätte. Dabei kreuzen sich die Ideen des nationalen und des internationalen Zusammenwirkens. Man muß national empfinden, um international wirken zu können. Dem deutschen Volke ist es nach dem militärischen Zusammenbruch nicht leicht gemacht worden, die nationale Idee in diesem Sinne zu vertreten und auf dem Wege zum Frieden mit führend zu sein. Der schwerste Verlust lag nicht nur in den verlorenen Gebietsteilen, Kolonien und Vermögen, sondern darin, daß die Mittelschicht, die früher die wichtigste Trägerin des Staatsgedankens gewesen war, völlig verarmte und pro- letarisiert wurde. Mit Füßen getreten und gedemütigt, wandte sich die geistige Bewegung dieser Schichten in scharfer Kritik gegen ungerechtfertigte Angriffe von außen und betonte um so mehr die Erhaltung des Traditionellen im Innern. Dr. Stresemann sprach dann über den Ruhrkriea, den Dawesplan und die Politik von Locarno. Es wäre eine Unwahrheit, zu sagen, so führte er aus, daß diese Politik freudiger und herzlicher Zustimmung begegnet wäre. Sie begegnete Mißtrauen auf der Gegenseite, Mißdeu tung im Innern. Dann kam im Wechsel zwischen Mißtrauen und Vertrauen die Verständigung über die Verträge. Dann kamen falsche Empfindlichkeiten, die noch einmal im März 1926, Deutschlands Eintritt in den Völkerbund unmöglich mach ten, dann der Eintritt Deutschlands, bei dem Briand in seiner Rede davon sprach, daß die Zeit der Kanonen vorbei sein müsse, und in der er die Worte sprach, die über diesem Jahrhundert stehen sollten, daß die beiden großen Völker, Deutsche und Franzosen, die so viel Lorbeeren im Krieg auf den Schlachtfeldern gegenseitig errungen hätten, ihre Zukunft nunmehr dem Wettbewerb um die großen idealen Ziele der Menschheit widmen sollten. Wer diese Stunden in Genf mit- erlebt hat, der wird sie niemals vergessen. Die Zeiten, die seit- hem gekomr waren ein Auf und Ab. Sie zeigen gegen wärtig mehr eine Krisis des Vertrauens in der gan zen Entwicklung des Friedens, als eine nötige Bejahung von allen Völkern der Erde, und doch kann heute gesagt wer den, daß in dem Willen nach Frieden und Verständigung die überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes sich einig ist. Wenn ein Volk, dessen Umschichtung so gewaltsam wie die unsrige ist, des Bolschewismus von rechts und links Herr geworden ist, so zeigt dies zunächst den Sieg des Real politischen über das Imaginäre und über den Illusionismus. Im neuen Deutschland hat die Arbeiterklasse, gleichgültig welche politische Vertretung sie sich gab, sich fest an das Reich und den Staat gebunden. Keine Aenderungen der Parteikon stellation können an dem Geiamtwillen, keine Schicht des Vol kes auszuschließen von der Mitarbeit und Verantwortung am Staate, irgend etwas ändern. Alle Parteien arbeiten heute am neuen Deutschland mit. Gegenüber der Idee „altes oder neues Deutschland" fand sich die Synthese der Verbindung des Alten mitdem Neuen. Diese Synthese sieht das deutsche Volk verkörpert in der Persönlichkeit seines Reichspräsi denten. Er war dem Manne gefolgt, der — hervorgegangen aus den Kreisen der alten grundsätzlichen Opposition — als erster Präsident des Deutschen Reiches mit großem Takt, mit politischer Weisheit und mit starker Vaterlandsliebe den Weg vom drohenden Chaos zur Konstitution, von der Konstitution zum Wiederaufbau geebnet hat. In dem vom Volke gewählten Reichspräsidenten von Hindenburg sieht das deutsche Volk die Persönlichkeit, die, aufgewachsen tn den Traditionen des alten Kaiserreiches, die Pflichten gegenüber der jungen Republik in schwerster Zeit erfüllt. In seiner Persönlichkeit und seinem Wesen ist die Idee der Volksgemeinschaft verkörpert. Mit Lem Deutschland von heute hat nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft zu rechnen. Man hält diesem Deutschland vor, daß sich in ihm Hunderttausende zu sammenfinden in Organisationen, die von Frontsol daten tum sprechen, von Frontgeist und ähnlichen Dingen. Aber sollte das psychologisch anders sein? Ist es nicht eine Freude für Briand, wenn die französischen Frontkämpfer ihn zu sich rufen? In einer Rede vor den Orientkämpfern hat Briand gesagt, daß einer der glücklichen Momente seines Lebens der gewesen sei, als er die Nachricht erhalten habe, daß Verdun von den Deutschen nicht erobert worden sei. Und warum will man es einem Deutschen verdenken, daß er ebenso zu den glücklichsten Augenblicken die Stunde zählt, in der ihm Kunde ward von der Schlacht von Tannenberg, von der Be- Wahrung deutschen Bodens vor dem Ansturm der Gegner? Ich wende mich an Brian- selbst, der von der Erinnerung sprach, an die großen Taten beider Völker im Ringen gegen einander in den mächtigen Zeiten der Vergangenheit. Ich bin sicher, daß gerade diejenigen, vis an der Front den Weltkrieg erlebt haben in all keiner Größe und in all seinem Graue«, die Träger einer neuen Zukunft des Friedens sein werden. Die Einleitung der Politik von Locarno war ein Wendepunkt in der Entwicklung der europäischen Nachkriegs zeit. Es ist irrig zu glauben, daß Lie deutsche Öffentlichkeit die Politik von Locarno nur unter dem Gesichtspunkt der Aus- Wirkungen für Deutschland allein ansicht. Locarno bedeutet viel mehr. Einmal ist es der Zustand des dauernden Friedens am Rhein, gewährleistet durch feierlichen Verzicht der beiden großen Nachbarnationen auf Anwendung von Gewalt, zum andern durch die Verpflichtung anderer Mächte, demjenigen Hilfe zu leisten, der entgegen dieser feierlichen Vereinbarung das Opfer der Gewalt wird. Für diesen Gedanken steht heute die überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes ein. Mit diesem Gedanken wäre es nicht vereinbar, wenn auf dem Boden eines Landes, das als unterlegenes Land der Re vanche abschwört und dem Frieden sich widmet, auf Jahrs hinaus der Druck von Bajonetten lasten sollte. Die Politik von Locarno ist unvereinbar mit der Politik des Miß trauens, mit der Politik der Gewalt, mit der Politik Ler Unter drückung. Sie ist Politik der Verständigung, Politik des freien Willens; sie ist die Politik Les Glaubens an eine neue Zukunft. Verstehe ich Sie recht, dann ist es Ihr Volk gewesen, das in mehr als hundertjährigem Frieden lebt, das Liese Idee mitkräftigcn wollte durch Lie Entscheidung des Nobclkomitees, das den Männern von Locarno den Preis zuerkannte für ihr Streben. Ich verbinde mit dem Dank für diese Ehrung Lis Hoffnung, Laß die Ideen, die Ihrer Ehrung zugrunde lagen, Gemeingut werden möchten der ringenden Nationen der Gegen- wart, auf daß, wenn dieses Ziel erreicht wird, das Wort Wahr heit werden möge, daß der große Deutsche, der am meisten über die Völker hinauswirkte, einst gesprochen hat: „Wir beken nen uns zu dem Geschlecht, dasaus dem Dunkel ins Helle strebt! Nach Beendigung seines Vortrages erntete der Reichs außenminister anhaltenden stürmischen Beifall. Der König drückte Dr. Stresemann die Hand. O Oslo, 30. Juni. Im Grand Hotel fand gestern Abend seitens des Nobel-Komitees ein Bankett zu Ehren Dr. Stre- semanns und seiner Gemahlin statt. Auf die Begrüßungs ansprache Les Präsidenten führte Dr. Stresemann u. a. aus: „Seit meiner Ankunft in diesem Lande habe ich von Stunde zu Stunde mehr empfunden, wieviel Gemeinsames unsere Völker verbindet. Die große Gemeinsamkeit des Schick sals unserer Völker und der Nationen überhaupt ist es, worauf es ankommt. Wir sprechen verschiedene Sprachen, aber wir verstehen uns in dem einen Gedanken, daß Gott die Völker nicht geschaffen hat, damit sie ihre Kultur gegenseitig zerstören, sondern damit sie ihr Bestes hingeben in gemeinsamer Arbeit. Das Genfer Memorandum vom 9. Februar 1925 hat, Gott sei Dank, Mittel gefunden, die geeignet waren, die Noten der Re gierungen nicht zu lesen mit Lem zergliedernLen Auge des Juristen, sondern mit dem Atem des führenden Politikers, Ler keine Phantasie, keine persönliche Auffassung in die Menschheit hineinlegt. Es Hot mich tief ergriffen, Laß die Männer vom Nobelkomitee mit dem, was mir als Ziel europäischer Ent wicklung vorschwebt, eines Sinnes sind." * Dr. Stresemann legte heute an der vor dem Gebäude des Nobel-Institutes stehenden Büste Nobels einen Lor- -eerkranz nieder. .. . ...