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UMM für Wilsdruff veitsge;u Nr. irg vienslag, clen 17. November,9,4. Aus Stack uncl Lanct. MtNetluugeu auS dem Lejerkreije für dieje Rubril nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. — Uekgischer Wölkerrechisöruch. Der Krieg hat in seinem ganzen Verlauf gezeigt, wie wenig unsere Gegner das Völkerrecht achten. Und in den meisten Fällen nehmen sie sich nicht einmal die Mühe, ihr Vergehen zu entschuldigen. Sie begnügen sich damit, einfach ihre Schuld zu leugnen, wenn sie ihnen vorgehalten wird, und- dasselbe, was man ihnen zur Last legt, von den Deutschen zu behaupten. Nicht immer gelingt es, die Völkerrechtsbrüche der Feinde akten mäßig nachzuweisen. Umso dankbarer müssen wir dem Geschick sein, wenn es uns ein unzweifelhaftes Dokument in die Hand spielt, das aktenmäßig festgestellt, daß den belgischen Soldaten die schwersten Greueltat, der Parlamen tärmord, direkt befohlen wurde. In einem Erlaß des bei- gischen Generalstabes der von dem Generalleutnant und Kommandant Dequise unterzeichnet ist und in der Redoute .clu ckemin äe fer" aufgefunden wurde, wird folgendes befohlen: „Es ist ausdrücklich jedem, der ein ständiges Festungswerk besetzt hält, verboten, in Verhandlungen mit feindlichen Parlamentären einzutreten Es wird ohne Ausnahme auf jeden feindlichen Parlamentär Feuer gegeben, der sich irgend einem Punkte der Umwallung des ständigen Festungswerkes nähert." — Ariefverkehr mit Amerika. Seit dem Ausbruche des Krieges führen die deutschen Dkmpfer die Fahrten zwischen Bremen oder Hamburg und den Vereinigten Staaten von Amerika nicht mehr aus, so daß der direkte Weg für die sogenannten billigen Briefe zum Satze von 10 Pfennige für je 20 Gramm vorläufig nicht mehr in Frage kommt. Die Amerikapost wird vielmehr nur noch auf dem Wege über neutrale Staaten mit neutralen Dampfern weiter geschickt. Die Briefe nach den Vereinigten Staaten von Amerika müssen daher bis zur Wiedereinrichtung des Ver kehrs mit den deutschen Dampfern nach den Sätzen des Weltpostvereins frankiert werden. —ArauHeneraloöerstvonKindenöurg einstSchülerin des Luisenstifts in der Niederkößnitz. In der letzten Nummer des von der Diakonissenanstalt herausgegebenen Anstaltsblattes findet sich folgende Mitteilung: Nach den Ereignissen der letzten Monate auf dem östlichen Kriegs schauplätze ist es für unser Luisenstift in der Niederlößnitz eine besonders wertvolle Erinnerung, daß ihm die Gattin des Siegers von Tannenberg, des Generalobersten von Hindenburg, als Gertrud von Sperling in den Jahren 1871 bis 1876 als Schülerin angehört hat und auch in der Kapelle des Stiftes im Jahre 1876 von Pastor Fröhlich konfirmiert worden ist. — Die Ziehung der sächsischen Landestotterie wird nach einem Beschlusse des Finanzministeriums im Februar n. I fortgesetzt werden Die dritte Klasse gelangt zur Ausspielung Den Anlaß hat der flotte Verkauf der Lose der Roten-Kreuz-Lotterie und Völkerschlachtlotterie, welcher den Nachweis brachte, daß Spiellust im Publikum vor- Händen ist, gegeben. — Der Nachdruck der Zeitungen. Manche Bierbank philister, darunter Leute, von denen man auf Grund ihrer Bildung etwas anderes erhoffen könnte, bringen die Z-itungen der Provinz in den Verdacht, daß sie nur den großstädtischen Zeitungen 'nachzudrucken brauchen Die guigeleiteten Zei tungen m der Provinz, die selbstverständlich weder in der Auflagezifier noch im Anzeigenwesen mit denen der Groß- staote m Wettbewerb treten können und wollen, sind genau auf dasselbe Material angewiesen, wie es die Großpresse benutzt Dleie Wahrnehmung wird jeder aufmerksame Zei- Hsmmer und Schwert. Roman von Guido Kreuder. 15s (Nachdruck verboten.) „Wird geschehen!" versprach der Kleine wohlwollend. „War mir 'n Volksfest, dieses Plauderstündchen. Erstens hab ich Sie an sich schon immer sehr gern gehabt, und zweitens ist es in eurem Deutschland für einen Zivilisten direkt goldwert, wenn er an eine Uniform Anschluß gefunden hat. Sie verstehen; wegen der. . . Rücken deckung!!" . Mit dieser Bosheit schwirrte er ab. Die Markgraf Mbrechtstraße bis zum Kurfürstendamm schien er es tot- eilig zu haben Aber als er um die Ecke herum und in der Nahe des „Skating Roller-Rmk" war, ging er sehr gemächlich. Das tat er immer, wenn er scharf über etwas nachdachte. Und er hatte da eine Idee — eine Idee . .. 5. Kapitel- „Darf ich jetzt anfangen zu lesen, Ria: eS find drei neue Szenen, die du noch nicht kennst. JÄ hoffe, sie werden deine Zustimmung finden." Die illyrische Witwe Ria Targolowicz hatte sich am Kamin mit Kiffen, Decken und Fußstütze eme behagliche Ecke konstruiert. Hier war immer ihr Platz, wenn sie sich !" ^join von Stareyns Garconwohnung befand. Man selbst saß im Halbdammer und vermochte doch das ganze Arbeitszimmer zu übersehen. Sie zündete sich eine Zigarette an und kuschelte sich behaglich zurecht. „Einen Moment noch, mein Lieber, ehe du beginnst. Ich möchte dich etwas fragen." Der Student wandte ihr vom Schreibtische aus den Kopf zu. „Bitte, um was handelt es sich?" , „Um deinen Onkel." Er verstand sofort; aber er machte eine mißmutig ausweichende Bewegung. „Ach so — wieder die Beschüß -Ueferung für die illyrische Armee!' tungsleser gerade in der gegenwärtigen Zeit gemacht haben. Zur Richtigstellung der eingangs erwähnten albernen Nach- reden soll aber einmal gesagt werden, daß z.B. die Meldungen von W. T. B. in Berlin gleichzeitig und gleichmäßig an alle Abonnenten dieses Büros versendet oder telephoniert wer den. Dasselbe gilt von den Zweiganstalten dieses Büros in den deutschen Bundesstaaten, insbesondere von Wolffs Säch sischem Landesdienst. Außerdem unterhält das Ministerium des Innen seit Kriegsausbruch enge Fühlung mit der Landes- presse. Wenn letztere Schriftsätze in der Provinzpresse ein mal später erscheinen, wie in der Presse der Residenz usw., so verübt sie deshalb keinen Nachdruck, sondern sie veröffent- licht sie nur später, entweder weil die Zusendung in die Provinzstädte naturgemäß länger dauert als am Platze, oder weil augenblicklich kein Raum für die Mitteilung verfügbar gewesen ist. Was nun die Presse der Reichshauptstadt oder die der preußischen Großstädte gelangt, so wird sie von den großen sächsischen Zeitungen ebenso ausgeschöpft, wie von den kleinen, und sie wiederum ist, wenigstens jetzt im Kriegs zustände, genötigt, aus holländischen, dänischen, schwedischen, italienischen und Schweizer Blättern zu schöpfen. Es wird eben überall mit Wasser gekocht! — Neunte Iortfetznng der Aeldpostvriefe an einen Soraer Einwohner: . Inzwischen war es schon beträchtlich finster geworden. Wir waren alle todmüde und hatten tüchtigen Hunger. Wir Miefen im Straßengraben ein und weckten uns gegenseitig wieder auf. Ich kann nicht mit Sicherheit angeben, was inzwischen alles geschehen ist. Jedenfalls wurde ich von einem Kameraden p ötzlich aufgerüttelt; es ging weiter. Es war schon ganz finster Wir marschierten neben der Artillerie. Zwei tote Pferde lagen am Wege; die Beine reckten sich starr und steif in die Luft. — Halb im Traum und Schlafdusel wankten wir noch ungefähr eine halbe Stunde auf der Straße hin und kamen dann in eine Stadt — Remogne. Hier sollten wir einquartiert werden. Wir kamen in das Maschinenhaus einer Schiefer schleiferei zu liegen. Der Besitzer war, wie alle Leute der Stadt, geflohen. — Nachdem ich unter stetem Ein schlafen uud Aufschrecken noch die Hälfte meiner eisernen Fleischportion hinuntergeschluckt hatte, sank ich hin auf den Boden. — Es gibt im Kriege viel unnötige Störungen, mehr noch als im Frieden, und da gibts schon genug. Es war zwar noch kein Befehl zum Antreten gekommen, aber trotzdem wurden wir fchon mit dem ersten Morgen grauen geweckt. Und hatten die es eilig! Wollte sich einer da noch schnell ein bischen waschen in einer Pfütze, die aus einem Kessel in einen Trog gelaufen war Kommt unser Feldwebel dazu! Das war ja das größte Ver brechen, sich erst waschen, Wenns antreten heißt, das grenzte ja gleich an Hochverrat Als wir angetreten waren und eine halbe Stunde gestanden hatten — einige schliefen im Stehen wieder ein — hieß es: „Alles wieder hinein, schlafen!" Wir krochen hinter in den Lagerraum der Schieferschleiferei, legten uns auf die großen Schiefer- Platten und schnarchten noch ein paar Stunden. - Gegen 10 Uhr wieder antreten. Es war etwas Außergewöhn liches, daß wir so spät weiter marschierten. Wir er fuhren auch bald den Grund: Der Feind wollte sich mit großen Massen uns entgegenstellen und wollte versuchen, uns im Halbkreis Fu umstellen. Allzuweit durften wir uns darum nicht vorwagen. — Tas nächste Dorf vor uns, Martin, war früh von den Franzosen zusammenge- schossen worden, in der Meinung, daß wir darin lägen, Wie wahnsinnig müssen sie geschossen haben, und wir lagen inzwischen drei Kilometer davon auf den Schiefer platten und schnarchten. Als sie das Dorf eingeschossen „Selbstverständlich!" „Na ja — du sagst „selbstverständlich"! Und es mag ja auch sein, daß eine Verstärkung eurer Artillerie aus politischen Gründen dringend geboten ist. Die Verhältnisse bei euch auf dem Balkan scheinen übrigens reichlich ver worren zu sein." „Es handelt sich . . ." „Ich weiß!" unterbrach er sie schnell. „Ihr habt nicht viel Geld, braucht aber eine ganze Reihe neuer Batterien. Und da ich nun zufällig der Neffe eines Mannes bin, der Kanonen fabriziert, so soll ich euch durch meine verwandt schaftlichen Beziehungen möglichst billig dazu verhelfen." „Darum bitte ich dich seit einem halben Jahr." „Wenn ich nur wüßte, wie du dir das denkst!" — er stand auf und kam ihr ein paar Schritte näher. — „Erstens- mal habe ich als Literat von allen diesen militärtechnischen Dingen natürlich ein sehr unklares Verständnis. Und zweitens bist du auf Grund unserer sechsmonatigen Be ziehungen wohl hinreichend informiert, wie lose die Ver bindung zwischen meinem Onkel und mir ist . . . Also ich fürchte, meine Intervention würde nur minimalen Erfolg haben." „Wenn du es wenigstens versuchen wolltest!" Als er aber nur schweigend die Achseln zuckte, proponierte sie rasch . . . und eine jähe Bewegung wetterleuchtete über ihr Gesicht: „Laß mich mit deinem Onkel sprechen! Mache mich mit ihm irgendwie bekannt!" „Du bist von Sinnen!" fuhr er auf. Die schöne etwas überreife Frau lächelte plötzlich; es war ein Lächeln, das eigentlich nur in den Augenwinkeln lauerte. „Weshalb von Sinnen, Liebling? Weil ich meinem Vaterland zuliebe einen vielleicht ungewöhnlichen Schritt wagen will und weil ich es wirklich müde bin. auf die Erfüllung deiner mir so oft gegebenen Zusagen noch länger zu warten?" „Nein, sondern weil mein Onkel sofort seine Hand von mir abziehen wird, sobald er von unserer Verlobung hört.' hatten und uns wahrscheinlich vernichtet glaubten, traten wir in Remogne an und marschierten durch das zerschossene Martin. Wir, die 5. Kompagnie, besetzten eine weiter südlich sich quer hinziehende Eisenbahnlinie. Beim Auf marsch dahin wurden wir vom Feinde gesehen und sofort begannen er ein lebhaftes Geschützfeuer auf uns. Wieder zischten die Granaten über uns hinweg, um hinten in einer nachfolgenden Kompagnie einzuschlagen. Wir kamen durch einen Obstgarten. Einige feindliche Schrapnells schlugen in die Aepfelbäume, daß es Neste und Aepfel in Massen herunterschlug. Da haben wirs uns nicht lange überlegt. Wir lasen die Aepfel auf und steckten uns die Taschen voll, so viel wie hineingingen — zehn Schritt vor uns schlugen die Schrapnells ein — und dann gings im Marsch-marsch weiter. - Als wir unsern Bahndamm besetzt hatten, wurden wir nicht mehr be schossen. Ich unternahm mit einem Gefreiten und einem Mann eine Patrouille gegen den Feind. Wir suchten den Wald und einen Busch vor uns ab, es war nichts zu finden. Ein französisches Vorpoftenzelt fanden wir, aber es war leer. Diese Zelte bestehen aus einer Grube und einem darüber leicht erhöhten Dache aus Zweigen. Die Oeffnung zeigt gerade umgekehrt wie bei uns, nicht gegen den Feind. Solche Verstecke sind sehr schwer zu entdecken, und die Franzosen sind im Bau derselben entschieden Meister. Wir hatten das Zelt auf fünf Schritte noch nicht entdeckt. Im übrigen blieb unsere Patrouille ergebnislos. — Unsere Artillerie und auch die feindliche donnerten heftig hin und her, bis die feindliche schwieg. Hierauf marschierten wir zurück nach der Stadt Remogne. Unterwegs wurde einmal Halt gemacht. Jeder sollte sich sein Kockgeschirr auf einem nahen Kartoffelfeld voll Kar toffeln füllen. Nachdem wir auf diese Weise unser Ge päck um etwas beschwert hatten, marschierten wir weiter. Wir lagerten uns südlich von Remogne, in einem nassen Talgrund. — Drei Stunden Rast! Glaubt ja ein rich tiger Soldat überhaupt nicht! Wir hielten gerade über dem Kartoffelschälen, eine halbe Stunde mochte verflossen sein, „An die Gewehre!" Schrecklicher Ruf! Der ab- fcheulichste von allen Kommandos. Aber was half da alles Philosophieren, wir mußten doch wieder fort. Auf dem Marsche wurde ein Marmeladentopf herumgereicht; da mochte jeder den knurrenden Magen ein Mnig ver albern. — Der Befehl lautete, wir sollten die Höhen west lich besetzen. Eine eigentümliche Aufgabe für einen so kurzen Nachmittag. Aber ein Soldat fragt nie nach dem Grunde, und darum liefen wir getreulich hinter unserm Hauptmann her, fragten nach nichts und dachten alles mögliche. (Fortsetzung folgt) — Kellerau. Aus einem Aufsatz im „Journal de Geneve", betitelt: Pauvre Jaques, erfahren wir, daß man von Hellerau aus an Jacques Dalcroze eine letzte Forde rung gestellt hat: er solle seinen Irrtum bekennen und seine Unterschrift unter dem Widerspruch gegen die Zerstörung der Kathedrale von Reims zurückziehen. Jacques Dalcroze hat sich aber geweigert, dies zu tun und hat daraufhin von Hellerau wegen seines taktlosen Vorgehens die Kündigung erhalten. — Mauen. Up Panzerzug, der in Feindesland er beutet worden ist, passierte am Mittwoch früh den hiesigen oberen Bahnhof. Er bestand aus einer unter Dampf be findlichen Maschine und zehn Wagen. Diese glichen den jenigen unserer Güterwagen, nur daß an Stelle des Holzes Panzerplatten sich befanden. Obon darauf lagerten Sand säcke, die für die im Wagen befindlichen Personen als Deckung dienen. Den Zug begleiteten einige deutsche Soldaten. Frau Ria Targolowicz lächelte wieder; aber diesmal schien es spöttisch, fast mitleidig. „O . . . du bist ein über wältigender Kavalier!" In das Gesicht des Lyrikers schoß eine dunkle Röte. „Verzeih!" sagte er unmutig. „Ich hatte nicht überlegt; ich wollte dich nicht verletzen)" „Das hast du auch durchaus nicht getan!" ... es klang recht ironisch . . . „Und im übrigen wäre es selbst verständlich, daß ich hinsichtlich unserer Beziehungen dem alten Herrn gegenüber die größte Reserve beobachten würde. Schon, um dir den Fortbestand deiner Lebens führung zu erhalten, die so gar nichts . . . lyrisches an sich hat!" Erwin von Stareyn musterte die schöne blonde Frau mit unsicherem Mißtrauen. „Was . . . was meinst du denn damit?" Sie blies ihm spielerisch den Zigarettenrauch ent gegen. „O — nichts, mein Lieber; wirklich nichts. Du mußt es dir abgewöhnen, jedes Wort, das eine Frau spricht, auf die Goldwage zu legen; damit erschwerst du nur unnötig die Konversation! „Und was meinen Wunsch nach einer persönlichen Bekanntschaft mit deinem Onkel betrifft — so sollst du dich selbstverständlich nicht sofort entscheiden. Aber es wäre mir angenehm, wenn du bis zu meinem nächsten Hiersein einen Entschluß gefaßt hättest." Sie wartete nicht erst seine Antwort ab, sondern änderte plötzlich Ton und Thema nnd nickte mit strahlendem Lächeln zu dem jungen Herrn hinüber. „Jetzt bitte ich um etwas Geist, Liebling. Wieviel hast du bereits vom zweiten Akt geschrieben? . . . drei Szenen? Oha, da bist du aber fleißig gewesen!" Sie begann Perspektiven zu entwickeln. Dabei hielt sie dre Zigarette zwischen den Zähnen und sprach halblaut und heimlich, als fürchte sie, belauscht zu werden. (Fortsetzung folgt)