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WchMM für MM Beilage zu Dr. ^28 Sonnabencl, clen Li. Oktober 19,4. Zum 21. Sonntag nach Trimtatis. (Klag. Jerem. 3,22 ) Die Güte des Herrn ist, daß wir nicht gar aus sind; seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende. Je länger der Krieg währt, um so größer wird auch die Zahl derer, die verwundet aus dem Felde in die Heimat zurückkehren. Allerorten sieht man sie, die bleichen Gestalten. Den Stock in der Hand, der den verletzten Fuß ersetzen soll, den Arm an der Binde; die tiefliegenden Augen spiegeln noch all das Weh und all den Jammer wieder, die sie auf dem Scblachtfeld und auf den Verbandplätzen schauen Mußten. Und in den Lazaretten liegt die einst so blühende Jugend, die so mutig und fröhlich hinauszog, auf dem Schmerzenslager; zwar jetzt aufs beste gepflegt von liebenden Händen, aber doch mit gebrochener Kraft. — Was sind's für Gedanken, die uns bei ihrem Anglick bewegen sollen? Was sind's für Gedanken, die ihr eigen Herz durchzieht? Welches Gotteswort wollen wir über die Krankenbetten schreiben? Die Güte d.s Herrn ift's, daß wir nicht gar aus sind. Ein Wort von Gottes Güte? Ein Wort des Dankes gegen Gott? Vielleicht wird das manchem bei dem An- blicke der Schmerzensgcstalten schwer. Und doch darf der Dank über dem Leiv nicht vergessen werden Jst's nicht doch Gottes Güte, die es mit dem jungen Leben noch nicht gar aus sein ließ? Tausende rechts und links sind gefallen. Tausende hat die feindliche Kugel plötzlich aus dem Leben hinweggerafft. Dein Leben blieb erhalten. Du wurdest vom Tode errettet, oft ganz wunderbar. Nur einen fingerbreit weiter rechts oder links durfte die Kugel gehen und du hättest die Heimat nicht mehr wiedergesehen War das Zufall? — Nein, nicht ein blinder Zufall waltet über unserem Leben. Gott regiert es. Er lenkt auch in diesem Kriege das Kleinste wie das Größte Es fällt auch kein Haar von unserem Haupte ohne Gottes Willen. Darum — wenn du daran gedenkst, wie nahe auch dir die tödliche Kugel war, dann denke daran In wieviel Not, Hat nicht der gnädige Gott Ueber dir Flügel gebreitet. Und in dies Lob der Güte G.ttes sollen auch alle die einstimmen, die nun eins ihrer Lieben verwundet zurück- kehren sehen. Mag es dir auch zuerst schwer fallen, du Vater» und Mutterherz, wenn du die bleiche Gestalt deines Sohnes anschaust Dennoch soll es in deinem Herzen klmgen: Nicht gar aus! Lobe den Herrn meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen Lobe den Herrn meine Seele und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat. Gott hat das Leben erhalten. Gott hat also mit deinem Leben noch etwas vor. Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende. Das halte fest auch für die Zukunft deines Lebensweges Mancher Schwerverwundete empfindet das erhaltene Leben vielleicht gar nicht so sehr als ein Geschenk der Güte Gottes. Unter den Schmerzen seines Kranken lagers kommt ihm der Gedanke: Ach wäre ich doch lieber geblieben auf dem Schlachtfelde! Es kommen auch allerlei Gedanken der Sorge: Wie wird's mit mir werden? Wo mit soll ich mich und die Meinen ernähren, wenn ich nicht "^arbeitsfähig bin? All diesen Gedanken des Murrens ""d Sorgens sollst du wie ein Schild das Wort ent- Mnhalten: Gottes Barmherzigkeit hat noch kein Endel Als Gott die feindliche Kugel so lenkte, daß sie dich zwar 1 ?ir nicht den Lebensfaden abschnitt, da war das erst der Anfang einer langen Reihe von Barmherzigkeits erweisen, die noch deinem Leben kommen sollen Du murrst: Ware ich doch lieber gefallen! Aber wärst du auch „Danke und selbstverständlich. Aber nee; ich meine — hat sich denn da schon son Gentleman angefunden, der deinem Onkel Theophilus besser behagt als meine reizvoll sinnige Persönlichkeit? „Auf was für weitgrelfende Kombinationen du gleich kommst, Georg! Das weiß rch nun wirklich nicht! Dafür hab ich mich doch erklärlicherweise herzlich wenig inter essiert. Im übrigen trau ich rhm schon zu, daß er auf irgendeine ganz bestimmte Persönlichkeit hinzielt. Mangeln wird's daran wohl nicht; Onkel Theophil kennt ja Gott und die Welt; soviel Leute gibt's eigentlich gar nicht, wie zu ihm in Beziehung stehen!' , Sie mußten ein paar Minuten haltmachen, um den flutenden Wagenverkehr passieren ru lassen, der aus der Voßstraße zum Potsdamer Platz einbog. Der Dragoner stand dicht vor ihr; ,er versetzte ge- b5mpft: Also der langen Rede kurzer Sinn: — du bist fest entschlossen, mich zu heiraten?' „Weniger; sondern vielmehr — mich von dir heiraten zu lassen!" „Binnen welcher Zeit habe ich mein Wort einzu losen ? - die verhaltene Spannung in dem soldatisch-straffen Reitergesicht, und wurde hilflos. „Sobald sich die Möglichkeit dazu bietet; darüber haben 'vir doch langst gesprochen!" „Aber wenn es Jahre dauert?" „Dann, werden wir es eben ertragen müssen, Georg!' „Und in diesem Entschluß kann dich nichts wankend machen?' . „ . Ihre Augen wurden groß und dunkel in jäher Leiden- schäft. „Nichts . . . du! . . . Aber nun sag mir doch end lich — Ich verstehe ja gar nicht . . .' Er war schon wieder ruhig geworden. Er schüttelte ben Kopf. „Dieses Verhör war überflüssig,- ich weiß. Ich Mmmer und Schwert. Roman von Guida Kreutzer. (Nachdruck verboten.) recht bereitet gewesen? Warst du schon reif zum seligen Sterben? Gottes Güte verlängerte dir noch die Gnadenzeit. DaS ist doch Ursach zum Danken. Und hat er dir dein Leben noch geschenkt, da will und wird er dich auch erhalten und versorgen. Keiner wird zuschanden, der seiner harret. Hat er dich nicht von Jugend auf, Versorget und ernährt? Wie manchen schweren Unglückslauf Hat er zurückgekehrt! Ei nun, so laß ihn ferner tun, Und red ihm nicht darein, So wirst du hier im Frieden ruhn, Und nachmals selig sein. Bei allen Verwundeten findet man ein wunderbares Verlangen, wieder hinauszugehen in den Kampf. „Mich zieht es in allen Fingern wieder zu meinem Regiment", so hört man selbst die sprechen, die mühsam sich aufrecht er halten Das ist ein herrliches Zeugnis für den Patriotis mus unseres Volkes. Auch der letzte Blutstropfen soll dem Vaterland geweiht sein! Doch — es spricht sich darin auch das Verlangen nach Ardeil, nach Tätigkeit aus. Nach dem heißen Ringen und Kämpfen da draußen will dem Verwundeten das Stille liegen und Müßiggehen nicht behagen. Aber ist nicht das Kreuztragen auch eine Arbeit? Eine von Gott auferlegte Arbeit? — Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Der Kaiser ehrt seine tapferen Krieger durch das Eiserne Kreuz. Unser himmlisch-! König ehrt die Seinen oft gerade dadurch, daß er ihnen ein besonderes Kreuz des Leidens auferlegt. Dann bewährt sich der Glaube gerade darin, daß man es willig an Gottes Hand nimmt. Das Kreuz ist dennoch gut, Auch wenn es wehe tut. Es geht ja durch Kreuz zur Krone Gott will uns vollbereiten, stärken, kräftigen und gründen zum ewigen Leben. Amen. (Aus dem Kirchenblatt f. cv. luth. Gemeinden i. Pr.) „Schlachtengedicht". Das nachfolgende, in seiner schlichten Gesühlstiese ergreijende Gedicht wurde der „Kreuz-Ztg." mit der Angabe zugesandt, daß es bei einem gesallenen 57 er Jnsanteristen gesunden wurde. Die Kanone schweigt! Aufs blutige Feld die Nacht sich neigt. Die goldenen Sterne, sie blicken so traut, Wohl mancher sie heute zuni letzten Mal schaut. Euch Sternlein, euch leer ich mein Herz aus, Ihr bringt meine Grüße wohl gern nach Haus, Und sagt's meinen Eltern, sie ahn's wohl schon, Daß an sie denkt ihr sterbender Sohn Sagt meinem Vater, wenn der Schmerz ihn drückt, Ich hab mir erworben las größte Glück, Und sagt's meiner Mutter, daß das Herz ihr nicht bricht, Für's Vaterland sterben, das war meine Pflicht. Jn's Liebchen Zimmer schleicht leise auch dann, Und sagt, ich sei gefallen als Mann, Und wenn sie ist taurig, so habt auf sie acht, Und sagt, daß ich sterbend an sie noch gedacht! Das unerschöpfliche Deutschland. Um den Siegeslauf der Deutschen, der in letzter Zeit zwar langsam, aber stetig vorwärtsschreitet, zu verschleiern, bemühen sich französische und englische Blätter, Lügengewebe zu spinnen, die geeignet sind, den bei vielen Deutschen sich vorfindenden Kleinmut noch mehr herabsinken zu lassen und den Mut der Feinde zu heben Man posaunt in die Welt hinaus, Deutschland stehe am Ende seiner Kraft, hätte nur mit Mühe Belgien erobern können und würde mit seinen noch ganz jungen und ganz alten flüchtig ausgebildeten Leuten auch nicht Frankreich bezwingen, im Kampfe mit Rußland aber würde es verhungern, verdursten, im Elend verkommen und der Rest würde dann unter den Kosaken säbeln verbluten. Wie steht es nun eigentlich bei uns? Ist das Gerücht unserer Feinde begründet? Zahlen mögen sprechen. Zunächst sei erwähnt, daß Deutschland noch von Soldaten wimmelt, die gedient haben und den Abmarsch sehnsüchtig herbeiwünschen. Die Ersatzreserve ist auch noch nicht vollzählig bei den Waffen, ebenso ist von dem ge dienten Landsturm nur ein ganz kleiner Bruchteil in Feindesland Das Riesenheer der Freiwilligen, das zurück gestellt werden mußte, steht auch noch zur Verfügung. Bei der Ueberbevölkerung konnten alljährlich Hunderttausende kräftige junge Männer nicht eingezogen werden, weil die gesetzliche Zahl erreicht war. An ungedientem Landsturm hat Deutschland 7 Millionen und Oesterreich-Ungarn ö Millionen. Die Zahl der noch wehrfähigen Männer beträgt, sobald die Altersgrenze der von Frankreich gleichgesetzt wird, noch 18 Millionen wehrfähiger Männer. Also, lieb' Vaterland, magst ruhig sein. Das Gewäsch unserer Feinde wird in nichts zerrinnen. Mit dem Aushungern hat es also noch gute Wege Auch unser Wirtschaftsleben werden die beiden guten englischen Freunde Grey und Churchill nicht zerstören können. Unsere Milliarden-Kriegsanleihe redet eine zu deutliche Sprache. Durch Bismarcks Schutzpolitik ist unsere Landwirtschaft so erstarkt, daß die von derselben gewonnenen Produkte genügen, uns selbst zu ernähren.. Sven Hedin über Deutschland und den Krieg. Wir Deutschen sind in Bezug auf ausländische Aner kennung gegenwärtig nicht gerade verwöhnt. Um so be merkenswerter ist es, wenn inmitten des Hasses und der Mißgunst, von der wir umgeben sind, ein Mann von Welt ruf aufsteht, der unerschrocken, wie es stets seine Art war, über Deutschland die Wahrheit sagt. Es ist Dr. Sven von Hedin, der berühmte Forscher und Weltreisende, der seit einigen Wochen auf dem westlichen Kriegsschauplatz an der Front weilt, um dort Vorstudien zu einem Werke über den Weltkrieg zu machen. Dr. Hedin hat von dort ein längeres Schreiben an einen schwedischen Freund gerichtet, und „Sydsvanska Dagbladet" hat in seiner Nummer vom 18. Oktober diesen Brief veröffentlicht. Es heißt darin: „Du weißt, daß ich vom ersten Tage des Krieges an nicht einen Augenblick an seinem Ausgang gezweifelt habe. Daß es schwer und kostspielig werden würde, eine solche Uebermacht zu überwinden, war leicht zu verstehen. Aber jetzt, nachdem ich so viel mit eigenen Augen gesehen habe, und mich mitten in dem Wirbel der Geschehnisse befinde, verstehe ich klarer als je, daß das deutsche Volk, das jetzt für sein Dasein kämpft, siegen muß. Auf dem Wege über Frankfurt und Koblenz, den ich im Auto unternahm, beobachtete ich überall, daß das bürgerliche Leben sich ebenso ruhig wie sonst abwickelte. Nicht die geringste Störung war zu bemerken; alles ging im tiefsten Frieden seiner Arbeit nach. Man ahnte nichts von den gewaltigen Transporten an Menschen, Pferden und Material, das gegen Westen zog, sofern man sich nicht auf einem Bahnhof befand. Aber auf den Stationen hatte man in der Tat Anlaß, zu staunen. In einer Stadt, in wollte mir ja nur noch mal alles von dir bestätigen lassen. Und jetzt werde ich dir auch meine Idee nicht länger vor- enthalten: — wenn es sich nu. darum bandelt, die Gerland- schen Stahlwerke in Hörde eurer Familie zu erhalten, dann ist der Retter in der Not schon längst vorhanden! Er braucht nur aus der Versenkung rausgeholt zu werden!" Und als sie ihn verständnislos anstarrte, warf er ihr kurz hinüber: „Dein Bruder Erwin!" Da vergab die schöne ladylike Irene von Stareyn ihre ganze sonstige kühle Reserve, die sie unter Menschen stets beobachtete; griff nach dem Arm ihres Liebsten und lachte ihm ausgelassen ins Gesicht. „Um Himmels willen, Georg; wie verfällst du ausgerechnet auf Erwin?! Nein sowas Komisches! Der eignet sich doch nicht zum Ge schäftsmann! Der ist doch Lyriker!" Der Baron schnitt eine Grimasse; diese fidele Laune vor allem Publikum behagte ihm gar nicht! „Nu komm man schon weiter, Irene; du fällst auf; da drüben sind gleich ein paar Ladenschwengels stehen geblieben und glotzen mit ihren halbblinden Monokelaugen herüber . . . Sol hast du dich beruhigt? sehr schön! . . . Dann werd ich dir sagen: — der Erwin ist an sich 'n ganz vernünftiger Mensch. Momentan allerdings etwas ver schroben, weil er da in solche Gesellschaft von allerlei un reifen Jungens hineingeraten ist. Das hockt in Cafes zusammen, redet bombastische Phrasen über Kunst, Literatur und allen Tod und Teufel und beweihräuchert sich gegen- sertig. Aber bei Licht besehen, sind die Herrchens alle noch nicht trocken hinter den Ohren. Und sobald sie ihre Unzulänglichkeit erst mal eingesehen haben, kriechen sie auch schleunigst in irgendeinem bürgerlichen Beruf unter. Denn ich hab mir sagen lassen, die Befähigungen, die sich durchsetzen, sind verdammt dünn gesät; und die findet man nicht im Cafe, sondern an ihrem Schreibtisch!" „Aber Erwin gehört zu diesen wenigen. Der schlägt seine Zeit nicht in so minderwertiger Gesellschaft tot; der sitzt zu Hause und studiert und lernt und arbeitet!" . . . und dichtet!" ergänzte der Oberleutnant Baron Bressensdorf resigniert. „Bitte sehr — er hat ein Renaiflancedrama unter der Feder, von dem schon der erste Akt fertig sein soll!" - „Also schön!" sagte der junge Recke neben ihr achsel zuckend. „Glaub du nur an deinen Bruder; du kennst ihn ja schließlich besser. Ich verstehe, offen gesagt, von diesen ganzen Fragen auch nur wenig; die Leute, die ich lese, haben alle schon ihre anerkannten und gefeierten Namen.! Wie sie aber zu denen gekommen sind, ist mir ganz schnuppegal; das geht ja auch das Publikum nischt an. Bloß soviel sage ich mir: — ein guter Kaufmann ist- besser als ein schlechter Schriftsteller. Und da kein Mensch dem Erwin die Garantie für spätere literarische Erfolge, zu geben vermag, so sollte er doch ernsthaft erwägen, ob, er sich für die Zukunft nicht lieber mit dem Hörder Geschützmaterial als mit dem Musenalmanach beschäftigt.^ Damit hilft er uns und noch viel mehr — sich selbst! Sie wollte eine abwehrende Erwiderung geben; doch der Baron winkte eine langsam vorüberfahrende Nuto- droschke heran und öffnete den Schlag. „So, Irene, bitte steig ein und fahr nach Haus!' Aber sie dachte gar nicht daran; sie fragte verblüfft: > „Was soll ich?" j „Einsteigen und nach Haus fahren!' Und mit halber Kopfbewegung nach vorn: „Da kommt nämlich der grimme^ Barde angesetzt!" „Wer??" „Der Onkel TheophiluS!' „Wo denn — um Gottes willen?!" „Schau mal zu Josty rüber; siehst du, wie er sich da' durchdrängelt?" s Jetzt batte auch sie den Kommerzienrat erkannt. „Ob^ er uns gesehen hat?" „Na klar; er rennt ja wie ein Bürstenbinder, um > möglichst schnell Familienanschluß zu kriegen." v Sie saß bereits lustig lachend im Auto. „DaS soll ihm aber nicht gelingen. Wir fahren ihm vor der Nale/ davon. Komm schnell herein!" " (Fortsetzung folgU " b"