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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 31.10.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191410315
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19141031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19141031
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-10
- Tag 1914-10-31
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Monat
1914-10
-
Jahr
1914
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deutschen Berichte auszeichnet, ist es aber durchaus nicht ausgeschlossen, daß mit diesen Worten die Einnahme Dixmuidens, das ja südlich von Nieuport liegt, tatsächlich gemeint ist. Schon am letzten Sonnabend sollten nach Berichten der.Times" dreitausend Deutsche in Dixmuiden eingedrungen, allerdings durch Geschützfeuer wieder ver trieben worden sein. Dünkirchen vor der Belagerung. Daß die deutschen Angriffe an der Bserlinie ständig Fortschritte machen, wird am besten durch die Furcht be wiesen, die man in Paris um das Schicksal von Dünkirchen hegt. Man rechnet schon mit dem Fall der Stadt. Dünkirchen bereitet sich auf die Belagerung vor. Alle überflüssigen Esser sollen den Platz verlassen. Wenn die Deutschen vorrücken, sollen sofort die Meerdämme durch stochen und die ganze Gegend unter Wasser gesetzt werden. Nur! ein drei Kilometer breiter Dünenstreifen soll erhalten bleiben. Angeblich ist eine längere Belagerung notwendig, um einen Durchbruch zu erringen. Die Be völkerung wurde schon mehrmals von einer Panik er griffen, beispielsweise als die Kunde kam, daß die Deutschen Lasse genommen hätten. Daraufhin begann gleich ein Auszug der Bevölkerung. Es sind bereits mehrere Tausend Personen aus Dünkirchen geflohen. Mehrere deutsche Tauben sind über Dünkirchen er schienen. Eine hatte angeblich ein Luftgefecht mit einem englische« Flieger. Die Bevölkerung von Dünkirchen ist beunruhigt durch die vom Schlachtfeld kommenden Be richte. Das Feuer der deutschen Artillerie sei von außer ordentlicher Heftigkeit. Die Zahl der Verwundeten ist ungemein grob. Allein letzten Mittwoch und Donnerstag seien in Dünkirchen 2500 Verwundete eingetroffen. * Deutsche Mnen an Jrlanäs storäkMe. In London herrscht blasser Schrecken über die neueste Überraschung, die die deutsche Mvrine dem übermütigen England bereitet hat. Ein deutsches Minenfeld ist an der Nordwestküste von Irland, also im Atlantischen Ozean, entdeckt worden und ein grober englischer Dampfer ist bereits das Opfer einer Mine geworden. Das Reutersche Bureau meldet: Der Dampfer „Manchester" mit 5363 Tonnengehalt stich in der Nahe der Nordküste von Irland auf eine Mine und sank; der Kapitän und 13 Mann ertranken, 3V Mann wurden durch einen Schlepper gerettet. Die seemännischen Behörden von Liverpool erlichen eine Warnung für die Nordirland passierende Schiffahrt, dah deutsche Minen in diesen Gewässern gelegt seien. Den Engländern ist es unbegreiflich, auf welche Weise es den Deutschen gelungen ist, dort ihre Minen auszulegen. Man fabelt von einem deutschen Handels schiff, das unter neutraler Flagge die Auslegung vor- genommen habe, da man es für unwahrscheinlich hält, daß ein deutsches Unterseeboot bis nördlich Irlands Vor dringen konnte, ohne entdeckt zu werden. Die Engländer wollen es durchaus nicht zugeben, daß die deutsche Marine auch das bisher für unmöglich Gehaltene fertig bringt, trotzdem sie schon die schlagendsten Beweise davon mehrfach erhalten hat. Natürlich trägt dieser neue Fall dazu bei, die bereits in England herrschende Mißstimmung und das Mißtrauen gegen die Oberleitung der Marine noch zu erhöhen. kleine kriegspost. Köln, 29. Okt. Ein Privattelegramm der Kölnischen Zeitung meldet aus Brüssel: In dem ehemaligen belgischen Kriegsministerium wurden Geheimakten gefunden, die weitere gemeinsame Pläne des Dreiverbandes und Belgiens gegen Deutschland, besonders gemeinsame Spionage gegen Deutschland enthalten. Havre, 29. Okt. In Ostafrika erlitten belgische Truppen, die vom Kongostaat bis nach Kissenpi am Kiwusee vorgedrungen waren, eine vollständige Nieder lage durch die Deutschen. London, 29. Okt. Die „Times" meldet aus Lissabon: Gestern wurden durch Dekret alle Klassen der Flotten reserven aufgerufen. Eine Seebrigade von 600 Mann wird Anfang November nach Angola geschickt werden, um das dortige Expeditionskorps zu verstärken. Amtliches über das 43-Zentimeter-Gescbüt?. Berlin, 29. Oktober. über das deutsche 42-Zentimeter-Belagerungsgeschütz werden fortgesetzt allerlei Gerüchte verbreitet. Während von einigen Seiten die Existenz dieses Geschützes über haupt in Frage gestellt wird, werden andererseits Beschreibungen, Zahlenangaben und Abbildungen veröffent licht, die sich darauf beziehen sollen. Das eine ist ebenso falsch wie das andere, nachdem vom Großen Generalstab unter Nennung dieses Geschützes Photographien Ler damit gegen die Lütticher Forts erreichten Wirkung veröffentlicht worden sind, steht sein Vorhandensein außer Zweifel. Abbildungen und irgendwelche sonstige Angaben über dieses Geschütz sind jedoch nicht bekanntgegeben worden, und alles darüber Veröffentlichte beruht nur auf Vermutungen, die einer verläßlichen Grundlage entbehren und durchweg ganz irrig sind, unä fern. 0 Fahnenjunker. Wie von maßgebender Seite er klärt wird, ist der Andrang zur Osfizierlausbahn bei den Verkehrstruppen derartig groß, daß zurzeit Anträge auf Annahme als Fahneniunker gar keine Aussicht auf Erfolg haben. Sämtliche Stellen sind nicht nur voll besetzt, sondern sogar bis auf längere Zeit hinaus überfüllt. Es wird noch bemerkt, daß nach den bestehenden Bestimmungen die Einstellung als Fahneniunker bei Flieger-, Luftschiffer und Kraftfahrtruppen überhaupt nicht erfolgen kann. Große Aussicht auf Erfolg versprechen aber Anträge auf Ein stellung als Fahnenjunker bei der Infanterie, besonders bei den Regimentern der Grenzbezirke. G Der Kommandant von Verdun. Die »Frankfurter Zeitung" erfährt aus Zürich: Der Kommandant der Festung Verdun ist General Boyer. Der Name ist durch Zufall bekannt geworden, da Boyer als Zeuge vor dem Kriegsgericht in Paris auftrat. Zu Beginn Les Krieges kämpfte Boyer an der Spitze der französischen Truppen in Belgisch-Limburg. v Der Miesendampfer „Vaterland" mit Beschlag belegt. Der Riesendampfer.Vaterland" der Hamburg- Amerika-Linie wurde in Newyork mit Beschlag belegt s-'egen einer angeblichen Forderung der englischen Firnis Waring and Gillon für Innenausstattung und Maler arbeit. DaS Schiff wird nunmehr den Hafen von Newyork nicht verlaffen können, bevor die Fordemng bezahlt wird, sogar uichh falls der Dampfer an ein Muttales Land verkauft wird. O Scharfe Zurechtweisung eine- amerikanischen Lügenblattes. Der .Newyork Herald" hat vom Münchener Oberbürgermeister Dr. 0. Borscht und vom General intendanten des HoftheaterS, Freiherrn v. Franckenstein, folgende Zuschrift erhalten: .In Ihrer Nummer vom. 1. Oktober erschien eine Mitteilung von Charl. E. Russell, daß die Münchener Behörde die hiesigen Amerikaner zu e.aer Parsifal-Vorstellung eingeladen hätte, um ihre Auto mobile konfiszieren zu können. Wir weisen diese Heraus forderung zurück als unzweideutige und schamlose Lüge. Gez. Dr. 0. Borscht und Freiherr 0. Franckenstein." 0 Dessauer Kriegsbrot. In Befolgung der von sach verständiger Seite erteilten Ratschläge, die dringende Sparsamkeit beim Verbrauch von Roggen empfehlen, haben Stadt und Kreis Dessau Versuche mit der Beimischung von Kartoffeln zum Roggenbrot gemacht. Das mit Kartoffelmehl vermischte Brot zeigte mancherlei Mängel. Dagegen hat das Brot, dem ein Prozentsatz von gekochten Kartoffeln zugesetzt wurde, nicht nur einen ausgezeichneten Geschmack, sondern auch eine gute Haltbarkeit. Es ist des halb einstimmig die Einführung dieses .Kriegsbrotes" be schlossen worden. Der Magistrat wendet sich an alle Bäckermeister, solches Brot zu backen. Die Polizei achtet darauf, daß nicht mehr als 25 Prozent Kartoffeln zugesetzt werden. Wesentlich ist auch, daß ein sogenanntes 50-Pfennigbrot mit Kartoffelzusatz schon zu 45 Pfennig herzustellen ist. Politische Rundschau Deutsches Keich. 4 In einem öfters zu halbamtlichen Mitteilungen be nutzten Berliner Lokalblatt wird bekanntgegeben: „Wie verlautet, haben nunmehr die deutschen Bundesregierungen Vcrgeltungsmaßrcgel» gegen das feindliche Ausland als Erwiderung der gegen deutsche Staatsangehörige und 'ffr Privateigentum beliebten Verfolgungen in Aussicht genommen. Eine entsprechende Vorlage wird deu, Bundesrat demnächst zugchen. Wir begrüßen diesen Entschluß unserer Regierung, dessen Notwendigkeit mehr fach betont worden ist, und hoffen, daß die geplanten Ver- geltungsmaßregeln sich in erster Liüie gegen England richten werden, dessen unerhörtes Verhalten gegen unsere Landsleute nicht unerwidert bleiben durfte." 0 sterreick-lln garn. X Unter dem Eindruck des gewaltigen Krieges ist das Urteil von Serajewo ohne besondere Erregung aus genommen worden. Das Verbrechen vom 28. Juni d. Js., das zwar nicht den wirklichen, aber doch den äußerlichen Anstoß zum Kriege gab und Osterreich-Ungarn seines Thronfolgers beraubte, ist gesühnt worden, indem fünf Angeklagte zum Tode und die andern zu langjährigen Kerkerstrafen verurteilt wurden. Was vielleicht auffiel, ist der Umstand, daß die unmittelbaren Täter, nämlich Princip, der den Mord verübt hat, und Cabrinowitsch, der eine Bombe gegen den Wagen des Erzherzogpaares ge schleudert hat, mit Kerkerstrafen davongekommen sind. Die Ursache dazu liegt darin, daß diese bechen im Augen blick der Tat noch minderjährig gewesen sind. SrsLbrilAnnien. X Wie man in England augenblicklich mit den Rcchts- »egriffeu umspringt, erhellt aus folgender Meldung des Reuter-Bureaus. Am 27. Oktober ließ der Polizeiriclner von Deptford unter der Bedingung künftigen Wohl verhaltens einen Soldaten frei, der in Uniform an den gegen die Deutschen gerichteten Ausschreitungen teil genommen hatte und von der Polizei im Schlafzimmer eines geplünderten Hauses im Besitz eines gestohlenen Ringes und einer gestohlenen Uhr verhaftet wurde. Das Londoner Blatt „Daily Chronicle" kritisiert das Urteil scharf und schreibt, es sei fast eine direkte Ermutigung des Verbrechens. Die Militärbehörden könnten weitere Schritte tun und hätten hoffentlich eine bessere Vorstellung von der Ehre der Armee, als der Polizeirichter von der Ehre der Nation. — Wir wagen diese Hoffnung kaum zu teilen. x Wie aus London berichtet wird, hat der militärische Mitarbeiter der. „Times" erfahren, daß nach neuen An weisungen deutsche und österreichische Reservisten, die sich an Bord eines neutralen Schiffes befinden, auf offener See von diesen Schiffen entfernt werden sollen. Wenn sich das bewahrheitet, so hätte man einen weiteren Beweis für die Hinterlist und die Treulosigkeit der englischen Regierung. Sie hätte durch die gegenteilige Bekannt- m«chung nur erzielen wollen, daß sich eine große Anzahl von deutschen und österreichischen Wehrpflichtigen ein schifften, um sie dann heimtückisch abzufangen. Hoffentlich hat sie wenig Glück bei diesem völkerrechtswidrigen Seeräuberkniff. Onlere Volksernäbrung im Kriege. Höchstpreise für Getreide - Brot mit Kartoffel- zusatz - Roggerzusatz zu Weizen - Bessere Aus nutzung des Getreides — Keine verfütterung an Vieh. Die schon seit einiger Zeit erwarteten Höchstpreise für Brotgetreide sind mm vom Bundesrat festgesetzt worden. Es ist das notwendig geworden, um einerseits einer zügellosen Spekulation, wie sie sich stets während eines Krieges breitmacht, den Boden abzugraben, anderseits, um die genügende Ernährung des Volkes durch Einschränkung der Verschleuderung des Getreides zu gewährleisten. Der Bundesrat hat bestimmt, daß der Preis für die Tonne (1000 Kilogramm) inländischen Roggens folgende Sätze in den entspre henden Orten nicht übersteigen darf: Beträgt das Gewicht des Hektoliters Roggen mehr als 70 Kilogramm, so steigt der Höchstpreis für jedes volle Kilogramm um eine Mark fünfzig Pfennig. In den oben nicht genannten Orten (Nebenorte) ist der Höchstpreis gleich dem des nächstgelegenen genannten Hauptortes. Die Landesrentralbebörden oder die von ihnen bestimmten Mark Mark Aachen 237 Hamburg 228 Berlin 220 Hannover 228 Braunschweig 227 Kiel 226 Bremen 231 Königsberg i. Pr. 209 Breslau 212 Leipzig 225 Bromberg 209 Magdeburg 224 Cassel 231 Mannheim 236 Cöln 236 München 237 Danzig 212 Pofen 210 Dortmund 235 Rostock 218 Dresden 225 Saarbrücken 237 Duisburg 236 Schwerin i. M. 219 Emden 232 Stettin 216 Erfurt 229 Straßburg i. Els. 237 Frankfurt a. M. 235 Stuttgart 237 Gleiwitz 218 Zwickau 227 höheren Verwaltungsbehörden können einen niedrigeren Höchstpreis festsetzen. Der Höchstpreis für die Tonne inländischen Weizens ist vierzig Mark höher als der Höchstpreis für die Tonne Roggen. Beträgt das Gewicht des Hektoliters Weizen mehr als 75 Kilogramm, so steigt der Höchstpreis für jedes volle Kilogramm um eine Mark fünfzig Pfennig. Der Höchstpreis für die Tonne inländischer Gerste, deren Hektolitergewicht nicht mehr als 68 Kilogramm be trügt, ist in den preußischen Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Westfalen, sowie in Oldenburg, Braun schweig, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg zehn Mark, in dem rechtsrheinischen Bayern dreizehn Mark, anderorts fünfzehn Mark niedriger als der Höchstpreis für die Tonne Roggen. Der Preis für den Doppelzentner Roggen- oder Weizenkleie darf beim Verkauf durch den Hersteller dreizehn Mark nicht übersteigen. Diese Vorschrift gilt nicht für Futtermehl (Bollmehl, Rand, Grießkleie und dergleichen). Die Höchstpreise bleiben bis zum 3t. Dezember 1914 unverändert, von da ab erhöhen sie sich am 1. und 15. jedes Monats bei Getreide um eine Mark fünfzig Pfennig für die Tonne, bei Kleie um fünf Pfennig für den Doppel zentner. Diese Verordnungen treten am 4. November in Kraft, zu ihrer Aufhebung ist eine neue Bundesrats- entscbließung notwendig. Weiter wird bestimmt, daß Roggenmehl, aus dem Brot gebacken wird, mit einem Kartoffelzusatz bis zu 20 Prozent versehen werden darf. Den Bäckern wird ge setzlich erlaubt, bis zu dieser Höhe Kartoffel dem Roggen brot zuzusetzen, wenn sie dem Publikum solches Brot mit „K" kenntlich machen. Setzen sie mehr zu, so muß der Prozentsatz auf dem Brote angegeben werden. Um eine gleichmäßige Behandlung aller Brotverbraucher zu er reichen, ist, ähnlich wie beim Weizenmehlbrot, vor geschrieben, daß mindestens fünf Gewichtsteile Kartoffel in jedem Roggenbrot enthalten sein müssen. Dann soll auch das vorhandene Weizenmehl ge streckt, d. h. durch Zusatz vermehrt werden. Hierzu sollen erstens die Mühlen mehr Mehl aus dem Weizen ziehen. Damit die kleinen Mühlen nicht geschädigt werden, sind nur 75 Prozent Mehlausbeute vorgeschrieben. Es ist aber leistungsfähigeren Mühlen überlassen, größere Mehlmengen auszumahlen. Zu jenem Zweck sollen zweitens dem Weizenbrot mindestens 10 Prozent Roggenmehl zugesetzt werden. An Geschmack, Bekömmlichkeit und Aussehen der Backware wird dadurch nichts geändert. Durch den gesetz lichen Zwang wird erreicht, daß alle Schichten der Be völkerung gleichmäßig solches Weizenbrot erhalten, und verhindert, daß einzelne Bäckereien für ihren Kundenkreis das übliche Weizenbrot bereiten. Ist der Weizenpreis erheblich höher als der Roggenpreis, so ist zugleich ein Anreiz gegeben, noch größere Mengen Roggenmehl dem Weizenbrot zuzusetzen und die in vielen Bäckereien übliche Weizenmehlverschuendung einzuschränken. Im übrigen wird die west- und süddeutsche Bevölkerung, wie sie schon angefangen hat, mehr zum Roggenbrotgenuß übergehen. Durch Einschränkung der Spritbrennerei auf 60 Pro zent des Normalbrandes werden 0,16 Millionen Tonnen Roggen für menschliche Ernährung frei. Weiter wird auch sür Roggen ein schärferes Auswahlen, mindestens bis zu 72 Prozent, oorgeschrieben. Die neuen Anordnungen stehen im Einverständnis mit den Ergebnissen der Nahrungsmittelwissenschaft und der Gesundheitspriege. Das gröbere Brot, mit Roggen versetztes Weizenbrot und mit Kartoffelzusatz hergesielltes Brot sind in bezug auf Bekömmlichkeit und Geschmack einwandsfrei. Zu gewöhnlichen Zeiten wird ein Viertel der deutschen Roggenernte an das Vieh verfüttert. Die Roggen- versütterung würde in diesem Jahre noch stärker werden und damit die Brotoersorgung der Bevölkerung gefährden. Um dies zu verhüten, wird das Verfüttern von Brot getreide verboten. Die Landeszentralbehörden können bei dringendem wirtschaftlichen Bedürfnis den kleinen Bauern gestatten, selbst erzeugten Roggen an das eigene Vieh zu füttern, wenn sie es anders nicht erhalten können. Die Durchführbarkeit dieses schwer kontrollierbaren Ver botes wird ferner dadurch erleichtert, daß EAatzlutternuttel zu niedrigen Preisen zur Verfügung gestellt werden, also Kleie und Gerste. Durch alle diese Maßregeln ist die bestimmte Gewähr geboten, daß unser Vorrat an Getreide für ein ganzes Jahr, also gegebenenfalls bis zur nächsten Ernte, aus reicht, falls Ler Krieg sich so lange ausdehnen sollte. Auch durch Erleichterung des gesetzlichen Enteignungs verfahrens wird dafür gesorgt, daß keine Vorräte ein gesperrt und dem Verbrauch ferngehalten werden können. Also nochmals: Keine wucherischen Preise für Brot getreide, aber Sparsamkeit im Verbrauch, das sind die beiden Punkte, von denen die Regierungen sich haben leiten lassen. So werden wir in die Lage gesetzt, den Krieg ohne Beeinträchtigung der Ernährungsmöglichkeit durchzuhalten bis zur nächsten Ernte und bis zum end gültigen Sieg, ohne daß es möglich' wird, uns aus zuhungern, wie England es uns so offen angedroht hat. Wir zu Hause und unsere Brüder im Felde werden es den Feinden zeigen, daß wir aushalten, aushalten bis zum Frieden, den wir wollen und brauchen. ZUM Reformationsfest. Reformationsfest in Kriegszesten! Wird es nicht fast übertönt vom Gebrause der Schlachten, vom Klirren der Waffen? Das wäre sehr zu bedauern Denn gerade in diesem Jahre hat uns das Reformationsfest etwas Wichti ges zu sagen Es will uns daran erinnern, daß Deutsch land das Volk der Reformation ist und daß der gegen wärtige gewaltige Krieg auch für den Protestantismus eine große, ja vielleicht entscheidende Bedeutung hat. Wird die deutsche Nation besiegt, ein Opfer ihrer Feinde, dann er leidet auch das evangelische Christentum einen schweren Stoß. Siegt Deutschland, dann wird es nicht nur in seiner Weltstellung gewaltig emporsteigen, sondern mit ihm wird auch das Erbe Luthers an Bedeutung gewinnen, wird das evangelische Christentum ganz neue Möglichkeiten der Ausbreitung, der Durchdringung der Völker erlangen. Ist denn aber nicht unser Hauptgegner im jetzigen Kriege, England, auch ein evangelisches Volk? Gewiß, England ist protestantisch, aber es ist nicht daS Kernland des Protestantismus, es ist nicht das Volk der Reformation. Englands Ueberg"ng vom Katholizismus zum Protestantismus vollzog sich seinerzeit unter Umständen, die für die religiöse Weiterentwickelung dieses Landes sehr nachteilig gewesen sind. Der Norden, Schottland, erhielt durch John Knox das Evangelium in der Gestalt emeS schroffen, durch und durch gesetzlichen Calvinismus. Rein politische Erwägungen, vor allem das persönliche Zerwürf-
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