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M»n<tern<i« Stäclte. . Daß ganze Häuser aus irgendwelchen Ursachen entweder fortbewegt oder ab gebrochen und an anderen Stellen wieder aufgebaut werden, passiert wohl alle Tage, Lab aber ganze Städte sich bequemen müssen, einen andern Stand ort aufzusuchen, dürfte weniger oft vor kommen. Die Stadt Branscombe in Norkshire war vor wenigen Jahren noch ein blühender Ort, der seiner heil kräftigen Mineralquellen wegen von vielen Kranken gern aufgesucht wurde. Aber gerade diese Quellen waren auch die Ursache des Ruins der Stadt. Eines Nachts wurden die Bewohner der tiefer gelegenen Stadtteile durch ein eigen tümliches Spülen, Rauschen und Gurgeln aus dem Schlummer geweckt. Von den Quellen, die in großer Anzahl wie Ädern Las Erdreich durchziehen, mußten sich mehrere der mächtigsten vereinigt und die Erdkruste durchbrochen haben. Es wurde täglich schlimmer, an ein Äuspumpen oder andere technische Hilfen war nicht zu denken, und so ent schloß man sich kurzerhand auszuziehen. Drei oder vier der reicheren Bürger der Stadt machten den Anfang. Sie kauften etwa drei Kilometer von der unterspülten Stadt entfernt auf einem Hochmoor, Blair Heath genannt, Bau plätze und ließen ihre in Branscombe abgebrochenen Häuser hier wieder auf bauen. Ändere folgten nach, und bald war fast die gesamte Einwohnerschaft mit ihren Häusern nach dem neuen Branscombe übergesiedelt und hatte auch das Stadthaus und die Kirche dahin gebracht. — Die Stadt Northwich in Cheshire ist Hauptsitz des Salinen betriebes und des Salzhandels in ganz England. Wichtige Salzlager ziehen sich unter der Stadt hin. Schöpf- und Pumpwerke saugen fortwährend die Sols herauf, und dadurch entstehen unter Ler Erdkruste natürlich grobe Hohlräume. Von dem Druck der darauf lastenden Gebäude wird die Kruste durchbrochen, und nicht allein Häuser stürzen ein, sondern ganze Strabenzüge verschwinden in der Tiefe. Eine ganze Anzahl von Wohnhäusern und Ställen verschwanden in der Versenkung. Um dem sicheren Untergang zu entrinnen, brachen auch hier die Einwohner ihre Häuser ab, um sie in dem sechs Kilo meter entfernten Knutsford wieder auf zubauen. Ärztliche Kunst in früherer Zett. Grauenvoll« Operationen. Im Zeitalter der heutigen Chirurgie können wir uns kaum einen Begriff davon machen, wie entsetzlich roh und naiv die Chirurgie in früheren Zeiten vorging. Es war schon ein Fortschritt, als man, um nach Gliederamputationen das Blut zu stillen, den Gliedstumpf in siedendes Ol steckte. Als Markgraf Declo an der Fettsucht litt, schnitten ihm ums Jahr 1190 die Arzte einfach den Leib auf. Natürlich wurde er von seinem Leiden für immer befreit. Herzog Leopold von Österreich war am 26. De zember 1194 bei einem Turnier zur Erde geworfen worden und hatte den Unter schenkel so unglücklich gebrochen, daß die Knochensplitter aus der Haut heroor- ragten. Die Arzte verbanden ihn, amputierten ihn aber nicht. Am nächsten Tage war der Brand hinzugetreten, und nun wagten sie nicht mehr, das Bein abzunehmen. Da setzte der Herzog selbst I ein Beil auf das Schienbein, und sein Kämmerer mußte dreimal mit dem Hammer draufschlagen, so daß das Glied abgetrennt wurde. Der Tod er löste bald den Herzog von seinem Leiden. Als Herzog Albrecht, der spätere Kaiser, sich vergiftet glaubte, hängten ihn die Arzte verkehrt auf und stachen ihm ein Auge aus. .damit das Gift abfließe". Poefie-Album. )VIuNK. Musik durchwogt die ganze Welt, Wenn du nur hören magst. Und gläubig lauschend der Natur Den Weltengeist befragst. Musik ist's, wenn im Abendschein Die Welt zur Ruhe geht, Durch grüne Waldeseinsamkeit Der Odem Gottes weht. Musik ist's, wenn in Vollmondnacht Die Welle glänzt und rauscht Und mit dem Schilf am Ufer spielt Und flüsternd Märchen tauscht. Musik ist's, wenn der Nebel wallt Beim ersten Morgengraun, Der Alpen Gipfel still erglühn, Eh' sie die Sonne schaun. Musik ist's, wenn mit einem Blick Zwei Seelen sich verstehn, Zwei junge Herzen, selig stumm, Die Liebe sich gestehn. Richard Pohl. Atte Gerichtsbarkett. Seitrakung eine» StreitMcktlgen. Ein wunderliches Strafurteil des Cvrveyschen Hofgerichts von 1748 nebst landesherrlicher Bestätigung ist erhalten geblieben. Es lautet: „Dieweil der zum Trunk und Streit geneigte, auch schon wegen gefährlichen Schlägereien ermahnte und bestrafte, folglich zum Postillion unfähige Kaspar Plöger über wiesen worden, daß er die namens des gnädigsten Landesherrn auf dem Posten stehende Schildwacht zu peitschen und zu schießen gedroht, die ganze Garnison gescholten und gröblich beleidigt, und zuletzt den Gefreiten bei Rückbringung der Torschlüssel zur Erde geworfen, an den Haaren geschleift, die Torschlüssel zerstreut, wodurch der Montierungshut sogar verloren gegangen, ist derselbe wegen dieser vielen Exzessen billig zu bestrafen, daß er öffentlich vor des Kommandanten Haus in Huxar kniend seine begangenen groben Fehler, nach dem ihm vorzulegenden Formulare, be kenne, sämtlichen Beleidigten abbitte, und an Eidesstatt gelobe, dergleichen Tätlichkeiten ferner nicht mehr zu be geben. Darauf sollem diesem Kaspar Plöger durch einen Korporal zwischen den Piken vor der Parade fünfzig Prügel gegeben, dann dieser Kaspar Plöger in der fürstlich-corveyschen Portwache vier zehn Tage bei Wasser und Brot, täglich sechs Stunden krumm geschloffen, auf bewahrt werden, dann nach abermaligem Versprechen, sich forthin ruhig auf- zuführen und vom Saufen, von Schelten und Schlägereien abzustehen, des Arrestes entlasten werden." bin gereckter Wickler. Ein Franzose, der im Jahre 1821 durch die Schweiz reiste, kam in einem Gebirgsdörfchen in ein Wirtshaus. Dort stärkte er sich mit Speise und Trank. Als er nach der Rechnung fragte, ver langte der Wirt zwölf Franken. „Wie", rief der Gast erstaunt, .zwölf Franken? Für diese Summe hätte ich ja eine herr ¬ liche Mahlzeit in einem ersten Hotel von Paris haben können." — .Ich kenne die Preise der Pariser Hotels nicht", entgegnete der Wirt, „aber ich kann auch nichts von der verlangten Summe ab lasten." — „Was", wetterte der Franzose, „gibt es denn keine Gerechtigkeit hier zulande? Ich werde mich bei dem Richter beklagen" und eilte nach dem Gemeindehaus. Endlich wird er ins Gerichtszimmer gerufen, und man denke sich sein Erstaunen — sein Wirt, der ihn so überfordert, ist der Dorfrichter, dem er seine Klage vortragen soll. Der Richter fragte: „Sind Sie es, mein Herr, der zu klagen hat?" — „Ja." — „Worüber haben Sie Beschwerde zu führen?" — „Sie wissen es schon. Hier ist die Rechnung, nun urteilen Sie über sich selbst." —„Sie haben recht", sagte darauf der Wirtsrichter oder Richterwirt und verurteilte den Wirt dazu, sich mit der Hälfte des geforderten Preises, also mit sechs Franken, zu begnügen, indem er hinzufügte: „Recht muß sein in der Welt!" Scherz und Ernst. Unnvlre SesUrcktung. Ein Humorist unter den Schul meistern ist der alte T. in N. Eines Tages tritt der Herr Schulinspektor in das Klassenzimmer des alten T. und sieht mit Entsetzen, wie letzterer dabei ist, einem seiner Schüler die Weisheit des Lebens in einer Weise beizubringen, wie dies von den Lehrern nur bei ganz groben Verstößen gegen die Schul ordnung geschehen darf. Zum Befremden seines Vorgesetzten prügelt T. ruhig weiter, als ob der Herr Schulinspektor gar nicht vorhanden wäre. Natürlich nimmt hierauf der Schulinspektor Ver anlassung, dem „Herrn Kollegen" klar zu machen, daß er kein Recht habe, eine solche Exekution an einem Schüler vor zunehmen. Die ganze Strafpredigt scheint aber sehr wenig Eindruck zu machen, und auf die ärgerliche Frage, was dann geschehen solle, wenn die Mutter sich bei ihm, dem Schulinspektor, beschwere, antwortet T. lakonisch: „Raus- schmeißen, Herr Schulinspektor!" — „Nun, und wenn dann der Vater kommt und sich über Sie beschwert?" — „Äch, der kommt nicht, Herr Schulinspektor, der Vater — bin ich!" Lustige Ecke. Die Hausfrau. „Ei, Frau Meier, was häkeln Sie denn da Schönes?" — „O, das gibt Schutzdeckchen über meinen Sofaschoner." Hoffnungsvolle Backfische. „Weißt du, Mieze, ich habe es gern, wenn Papa so hinter uns geht! Findest du das nicht auch nett?" — „Gewiß: wer das dann so sieht, muß denken, wir werden von einem älteren Herrn verfolgt!" Blitzschneller Erfolg. Herr (zu einem berühmten Bühnensänger): „Sie, Herr Lerchenmayer, wie haben Sie eigentlich Ähre Frau Gemahlin kennen gelernt?" — Lerchenmayer: „Mich ge hört — mir gehört!" Unnötig. Kellner: „Wünschen Sie eine Ansichtskarte von unserem Hotel?" — Gast (der tüchtig geschnitten worden ist): „Danke, ich habe von Ihrem Hotel meine eigenen Ansichten." Abgewiesen. „Warum machst du denn so ein betrübtes Gesicht?" — „Na, glaubst du, es macht Spaß, wenn man die Hand der Tochter verlangt und dafür den Fuß des Vaters bekommt?" 1914 W —_ (Nachdruck verboten.? „ Mit hungrigen Gedanken griff Hans nach dieser Frucht und sein Herz wurde voll, und die Lippen flossen über. Er lief zum Steinmetz in die Werkstätte und setzte sich aus euren unfertigen Grabstein und redete eine Stunde Der Steinmetz hörte zu, hielt im Arbeiten inne und bückte mit dunkeln Pupillen in weite Ferne. Aber dann sprang ein Feuer in den Augen auf, grünlich schillernd, uns er nahm sein Spottvogelgesicht an. Er war aber alter geworden und sarkastischer. „Was bist du für ein Hansnarr. Red bloß nicht laut, i du. Die Menschen lachen dich aus. Geh mal und sag's, j daß die guten Schulen für alle da sein sollen, für arm und reich. Paß mal auf, was sie dir für'n Lied singen! Jeder hat mit sich zu tun. Das ist 'ne große Weisheit. Die merke dir! Ja, ja." Und er lachte und schlug wieder auf den Stein ein, daß die Funken sprühten. Da Hans bloß blinzelte, sah er die Welle, aber nicht die Tiefe, Mit rotem Kopf ging er weg. Zu Hause setzte er sich hin, nahm Feder und Papier und machte eine Rede zurecht, die er dem Großvater Altmann in Nickrow halten wollte. Dann las er sie im Garten in der Laube seinen eigenen lauschenden Ohren vor. Das war ein Heben und Senken seiner Stimme, ein Zorn und ein Feuer. Mit dem Stück Papier in der Hand lief er und suchte Fritz Weller. Er traf ihn aber nicht und lief darum weiter zu seinem alten Lehrer Herrn Christoph Lämmlein. Herr Lämmlein hörte ihn gar nicht kommen. Er saß gerade am Klavier. „Vater Lämmlein! Guten Tag, Vater Lämmlein!" rief Hans ein paarmal. Endlich hörte Herr Lämmlein und sprang auf. Er hatte auch schon graue Haare bekommen, aber seine Augen hatten noch immer den Blick, mit dem er sich sogleich die Herzen seiner Lämmerchen gewann. Hans trug ihm Gustchens Angelegenheit vor, und dann las er seine schöne Rede. Christoph Lämmlein hielt die Hände auf dem Rücken und ging auf und ab. Als Hans schwieg, blieb er stehen, nickte zustimmend und nickte noch einmal. „Die Rede ist gut. Nun kommt es aber darauf an, ob der Großvater sie versteht. Ob er auch wirklich daraus erkennt, was Recht, was Unrecht in diesem Falle ist. Und es kommt auch darauf an, was der alte Mann für Anschauungen hat. Jedenfalls die, daß Mädchen nicht so viel zu lernen brauchen. Dann mußt du ihm erst die entgegengesetzte Auffassung beibringen." „ Diese Bedenken raubten Hans etwas seine Sieges gewißheit. Er ging heim und änderte noch an der Rede herum und las sie dann abends bei der Lampe seiner Mutter vor. Da leuchtete die verloren gegangene Sieges zuversicht in den Mutteraugen auf und sprang wieder in die seinen über. Endlich war dann der Sonntag da. „HanS! . . . Sans, steh auf!" Gustchen pochte an seine Er wär schon längst auS dem Bett und stand am' (8. Fortsetzung.) , Hans sprang auf. „Ich will alles auf mich nehmen, alles, bloß steh mir bei, Mutter, daß der Vater mich auf der Schule läßt, daß ich studieren darf." Er packte seine Mutter an beiden Schultern und sah ihr nes m die Augen. Und diese Hellen, klugen, diese guten, treuen Augen nahmen einen ganz harten, festen Blick an. „Das will ich schon, aber es wird uns schwer, Hans." Hans saß und sann nachdenklich vor sich hin. Frau Emma tat ebenso. Durch Gustchens Seele spannen melancholische Ge danken. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Deine Mutter kann was für dich tun, meine kann mir nicht helfen", schluchzte sie auf. Frau Emma strich ihr wieder über daS Haar. „Eine Mutter tut viel . . . deine Mutter . . . Wenn die lebte. Ja . . ." Da schüttelte auch Hans seine Nachdenklichkeit ab, und gleich stieß er mit seinem Hitzkopf wieder gegen ein Unrecht an. „Warum seid ihr denn nicht Großvater Altmann aufs Dach gestiegen, Mutter? Er hat doch Geld genug. Er kann Gustchen die bessere Schule besuchen lassen." „Der", meinte Frau Emma, „der gibt nichts." „Aber er muß doch. Er ist doch Gustchens Großvater." Es kam wieder ein Flammen in Hansens Augen. „Ach, Hans." Gustchen faltete die Hände. Hoffen, Bitte, Flehen schimmerten in ihrem Blick. Hans fuhr fort: „Es ist ein Unrecht gegen Gustchen . . . Ich werde ihm das sagen . . . Wir wollen Sonntag hingehen. Du, Gustchen und ich." Gustchen nickte. Hans sprach noch viel. Immer mit dem Feuer in den Augen, sagte er alles, was er dem Bauer auseinander setzen wollte. Und er war schon ganz siegessicher. Mit der Stimmung steckte er Gustchen an. Das Kind wurde immer heiterer und lachte und schwärmte von dem Beruf einer Lehrerin. Da behielt Frau Emma alle ihre Sorge, Zweifel und Erfahrung für sich und ging unbemerkt ins Haus. Hans wartete mit großer Unrast auf den Sonntag. Es waren die Tage für ihn gekommen, wo die Seele durchaus sehen will, wo sie sich an den Strand des Lebens legt. Aber es ist eine zu große Weite da, und es sind zu viele Wogen und Wellen, und die Augen blinzeln. . . Und Hans sah nur zwei Farben: Recht und Unrecht. Und sein Freund Fritz Weller, der bei einem Ober lehrer in Pension war, lag auch und starrte hinaus. Der war aber schon ein Jahr älter, war siebzehn Jahre, war aus Berlin in die kleine Stadt gekommen und hatte als Grobstadtkind schon Zeitungswissenschaft getrieben. Der hatte schon verschiedene Glocken läuten gehört. Diesem blaffen Jungen trug Hans in den Schulpausen Gustchens Angelegenheit vor. Da wurde der rot und kramte aus seinem verborgensten Schrein schwärmerische Ideen heraus und sprach von einer Frucht aus Utopien. Gleiche Schulbildung für alle, ob reich, ob arm. KOMM für UMff /Imis WZ -Llatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Mechen, für das Königliche Amtsgericht und den Stsdkvst ku Wilsdruff sowie für das König- Uche Forffrentamt m TharE ' Memstadtzrmker Roman von Margarete Wolff.