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3? 3 8 8Z^LLLZ .! L^ SZPS48Ä «8^ iVMMMA/MLM Amterlckacker. Eine der Ursachen der französischen Revolution war die vollständige Kor ruption der Beamtenschaft. Die Beamten stellen wurden nicht an würdige, mit den nötigen Kenntnissen versehene Leute vergeben, sondern zum Besten des Staatsschatzes verkauft. Wer den höchsten Preis zahlte, erhielt das beste Amt. In welcher Weise im alten Frankreich der Ämterschacher blühte, davon legen die Anzeigen aus jener Zeit ein schmach volles Zeugnis ab. So beißt es in einer Zeitung aus dem Jahre 1779: „Eine Parlamentsratsstelle wird gesucht, zu der man keine Vorkenntnisse braucht." — „Es sucht jemand ein Amt mit 10 000 bis 12 000 Livres Einkünften, bei dem man nichts selbst zu tun braucht." — „30 000 Livres würde man für eine Stelle zahlen, bei der man Gelegenheit hätte, allen Lustpartien des Hofes bei zuwohnen." — „Bei Herrn Bronot in der Straße St. Ävone ist eine Offizier stelle bei einem Feldregiment feit, die man von Paris aus versehen kann. Der Preis ist sehr mäßig." kürgerstols. Das anspruchsvolle Selbstgefühl, das sich gegen Ende des Mittelalters in den meisten Städten, die dem Hansabund angehörten, ausgebildet hatte, artete oft in den tollsten Übermut gegenüber einem „hochweisen Rate" aus. Ein Fuhrmann namens Teigler, der wegen seiner Eulen spiegelstreiche in ganz Hildesheim be kannt war, weckte einst mitten in der Nacht seinen Sohn, nahm ihn mit zum Hause des ersten Bürgermeisters und verlangte, sofort vor diesen geführt zu werden. Im Glauben, es handle sich um eine das Stadtwohl betreffende eilige Nachricht, weckten die Leute in der Tat den Bürgermeister. Dieser stand auf und empfing den Teigler. Darauf sagte Teigler zu seinem Sohne: „Sieh, Junge, dat is dat Recht von em hilmischen Börger, dat hei in aller und jeder Tiht sinen Borgemester spreken kann. — Nix for ungut, Herr Äorge- mester!" Damit empfahl er sich wieder mit „Gebührlichkeit und Reverenz" und ging mit seinem Jungen vergnügt von dannen. Anderen Tages freilich wurde der „hilmische Börger" Teigler von einer Abteilung Stadtsoldaten verhaftet und in «bürgerlichen Gewahrsam" gebracht, wo er einige Tage bei Wasser und Brot nachdenken konnte, welche Rechte einem „hilmischen Borgemester" zuständen. Berühmte Namen, Ellison, ller Lerttreute. Wie alle groben Gelehrten ist auch Edison sehr zerstreut. So sehr, daß er am Abend seines Hochzeitstages vergaß, daß er am Morgen geheiratet hatte. Als er von der Trauung zurückkam, führte er seine Frau in sein Haus und sagte: „Nun mach's dir bequem und laß mich auf eine Viertelstunde ins Laboratorium gehen. Ich will nur eine kleine Beobachtung machen und komme wieder." Einer von den Trauzeugen, der auf dem Weg zum abendlichen Fest mahl an dem Atelier des berühmten Elektrikers vorbeiging, sah Licht, und da er fürchtete, Übeltäter hätten sich den Umstand der Feier zunutze gemacht, um dort einzudringen, trat er ins Laboratorium und fand den Erfinder ganz in seine Arbeit vertieft. „Unglück licher, was machen Sie hier?" rief er. i — „Ich arbeite. — „Sie arbeiten? An /Ihrem Hochzeitstag? Und Ihre Frau /und Ihre Gäste warten auf Sie?" Edison schlug sich an die Stirn, sprang muf und rief: „Wahrhaftig! Ich hatte vergessen, daß ich mich verheiratet habe!" SckMer In ller ^inllerstube. Schiller ist ein wahrer Freund seiner Kinder gewesen. Am heitersten war er bei Tische, wenn er seine Familie bei sammen hatte. Dann saß er beständig zwischen zweien seiner Kinder und lieb koste sie. Die Kinder hatten ihn auch unbeschreiblich lieb. Wenn eines zu ihm ins Zimmer kam, so kletterte es an ihm hinan, um ihn zu küssen, und manchmal kostete es Mühe, zum Zweck zu kommen, denn Schiller war sehr lang und tat im geringsten nichts, um es den Kindern zu erleichtern, bis zu seinem Munde sich emporzuarbeiten. Einmal klagte Schiller, daß seine Kinder so philistrig wären, „sie haben auch gar keine Poesie, es sind rechte Philisternaturen." Da hätte man das Lamentieren der Kinder hören sollen: „Papa, ich bin kein Philister, ich will kein Philister sein!" Und Schiller drückte die Kinder an sein Herz und küßte sie. Goldens Blatter. Jede echte Erzeugung der Kunst ist unabhängig, mächtiger als der Künstler selbst und kehrt durch ihre Erscheinung zum Göttlichen zurück und hängt nur darin mit dem Menschen zusammen, daß sie Zeugnis gibt von der Vermittlung des Göttlichen in ihm. Beethoven. * Das Wesen der höheren Instrumental musik namentlich besteht darin, in Tönen das auszusprechen, was in Worten un aussprechbar ist. * Rich. Wagner. Klavierspiel ist eine Fingerbewegung, Klaviervortrag eine Seelenbewegung.— Man hört jetzt meistens das erstere. Rubinstein. * Ein vollflutender magnetischer Strom verbindet die beiden Formen mensch lichen Denkens und Fühlens: Poesie und Musik. Liszt. * Gute Musik gut ausführen, das ist der Beruf des Virtuosen. H. v. Bülow. LLL Lose Geschichten. Verkaufte hl Inner. In Krakau fand einmal eine Ver steigerung statt, deren Gegenstand ein Mann bildete. Die Frau des Auktions objekts fungierte selbst als Auktionator, während dieser „Gegenstand", ein an sehnlicher junger Mann mit hübschen Gesichtszügen, auf einem Stuhl neben ihr saß. Es kam zu einigen Angeboten, und der Mann wurde schließlich einer Witwe zugeschlagen, die nach Erlegung der Kaufsumme Lie Schenke, in der die Auktion stattfand, im besten Ein vernehmen mit ihrer Erwerbung und der Verkäuferin verließ. Häufig kamen solche Verkäufe in früheren Jahr hunderten in England vor. Im Jahre 1774 ließ eine Frau Cruttley aus Leeds durch den Ausrufer bekanntmachen, sie wolle an einem bestimmten Tage ihren Mann, einen fleißigen Zimmermann, an die Meistbietende versteigern. Der Mann erzielte nicht mehr als fünf Schillinge. Ein nicht viel besserer Preis wurde für einen Mann aus Southampton bezahlt, den seine Frau im Labre 1801 in einer Sch-mkö öffentlich verkaufte. Die Be sitzerin eines Krämerladens erstand der Mustergatten schließlich für 20 Mari und eine Flasche Brandy. Der alte VorryHulre. In Bitte auf Hiddensee lebte bei Dorfschulze Johann Karl Schluck, ein Mann, dessen Charakterkopf mit den festen Zügen und dem dichten weißen Haar von manchem Maler festgehalten worden ist. Nach der großen Sturmflut von 1872, die auch Hiddensee heimsuchte, war den Bewohnern angst geworden. Sie faßten daher den kühnen Gedanken, das ganze Dorf Bitte nach dem hügeligen Norden der Insel zu verlegen. Johann Karl Schluck machte sich mit zwei Nach barn auf nach Berlin, um eine Audienz beim Kaiser nachzusuchen. Doch als sie ankamen, empfing sie der Kronprinz, der nachmalige Kaiser Friedrich. Das ent täuschte die biederen Hiddenseer, und einer von ihnen sagte: „Jä, wie wull'n eigentlich den Ollen spräken!" Der Kronprinz lachte und meinte, als die Deputation ihren Plan entwickelt batte: „Kinnings, dat kann nicks warden!" — doch versprach er reichliche Unterstützung zur Ausbesserung der Schäden an Haus und Boot. Den Hiddenseern war das Herz warm geworden bei den freund lichen Worten des hohen Herrn, und zutraulich verabschiedete sich Johann Karl Schluck schließlich mit den klassischen Worten: „Na, denn siell'n Sei Vaddern dat man orentlich vör!" und ernst Ein UeutUcker Mink. Die Frau eines bekannten Berliner Theaterdichters suchte ihre Modistin auf, um sich bei ihr über ein Dienstmädchen zu erkundigen, das noch bei der Modistin in Stellung war, aber bei der Frau des Dichters in den Dienst treten wollte. „Ist sie fleißig und ordnungsliebend?" fragte die Dame. — „Darin", erwiderte die Modistin, „bin ich mit ihr zufrieden." — „Ist sie aber auch ehrlich?" fragte die Dame weiter. — „In dieser Hinsicht", entgegnete die Modistin, „bin ich im Zweifel. Ich habe sie vor mehreren Wochen schon mit einer Rechnung zu Ihnen geschickt, aber bis heute hat sie noch kein Geld abgeliefert." Lxvei GrSÜen. General von der Tann war ei», leidenschaftlicher Theaterfreund. So ver- säumte er keine der im Jahre 1880 stattgehabten vierzehn Münchener Musier- vorstellungen. Bekanntlich ehrte König Ludwig die dreiundzwanzig gastierenden Künstler dadurch noch ganz besonders, daß er sie im Verein mit den ersten Kräften der Münchener Hofbühne zur Königlichen Tafel zog. In den so genannten Trierschen Zimmern der Residenz versammelten sich die Ge ladenen. Unter den Repräsentanten des Hofes befand sich auch der Feldherr, als Generaladjutant des Königs Ludwig. Vor der Tafel unterhielt man sich leb haft. An einem der Fenster stand Franziska Ellmenreich, im Gespräch mit Ernst Possart begriffen, dem plötzlich der General von der Tann auf die Schulter klopfte. „Exzellenz befehlen?" — „Ach, bester Direktor, würden Sie nicht die Güte haben, mich mit Frau Ellmenreich bekannt zu machen?" — „Mit vielem Vergnügen, Exzellenz", entgegnete Possart, den greisen General seiner Kollegin zuMrend; „aber eine Vorstellung ist zwischen den beiden Herrschaften ja wohl überflüssig: der Eroberer von Orleans — die Jungfrau von Orleans!" WnibW sw MW unä dmgegenck. für das Königliche Amtsgericht und den Stadkrst liche Fvrstrentamt ru Tharandt. JosertlonSprelS IS Pfg. Pw smifgespaltene KorpuSzelle» Außerhalb deS AmtSgerichHbezlrls Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Prozent Ausschlag. Jeder Anspruch aus Rabatt erlischt. Denn der Betrag durchs Klage eingczogen werden muß od. der Auftraggeber in Konkurs guät. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adreste: Amtsblatt WilSdruff. Bezugspreis in der Stadl vierteljährlich. l,4O Mk. frei tn» Hauö. abgeholt von der Expedition ILOMk., durch die Post und H« unsere LandauSträger bezogen l,54 Mk. Mr die Königliche Amtshauptmannschast Weihen, zu Wilsdruff sowie für das König- 1014 Drnckund^erlagNioii-^NHur-Z^ KleiustadLztMErer Roman von Margarete Wolff. Frau Emma Klemens war dreiunddreißig Jahre alt, als ihr viertes Kind zur Welt kam. Es war ein Junge. Die drei ersten waren auch Jungen gewesen und elende Würmchen, deren matter Puls bald aufgehört hatte zu schlagen, und dieses Kind hatte ein ebenso mageres Körperchen, ein ebenso faltiges Gesicht und atmete ebenso matt. „Ach Gott, das wird auch nicht groß", seufzte Frau Emma und weinte ungesehene Tränen. Die Nachbarinnen kamen und trösteten sie und wußten Rat, solch ein schwäch liches Geschöpfchen dem Leben zu erhalten. Einem „Erd namen" schrieben sie eine solche Zauberkraft zu. Unter Erdnamen verstanden sie einen Namen mit dem Anfangs buchstaben E . . . Das gab eine Sympathie zwischen dem Kind und der Erde. Sie schlugen Erich vor. Erich war gerade Mode. Frau Emma hatte ihr Kind schon längst im heimlichsten Herzen Hans genannt. Doch in ihrer Angst und Qual, auch dieses Kind wieder hergeben zu müssen, bat sie ihren Mann, den Jungen Hans Erich zu nennen. Hans sollte der Rufname bleiben. Und während der Tage ihres Krankenlagers, wenn sie allein mit ihm im niedrigen Zimmer lag, ließ sie ihre kummervollen Gedanken über sein Köpfchen laut werden. „Du, du", flüsterte sie, „hättest dir lieber ein Haus in der Stadt aussuchen sollen, da haben die Frauen nicht viel mehr zu tun, als fl»re Kinderchen zu versorgen. Hier, auf der Altstadt, in den Kleinbürgerwirtschaften, gibt es noch soviel anderes für die Frauenhände, und nun erst bei uns im Krämerhause. Ja, ja, deine Mutter hat viel Arbeit." Sie seufzte dann und dachte an alle die Pflichten, die es für sie neben allen den andern selbstverständlichen Frauenpflichten gab. Da war der Hof hinter dem Hause, auf dem tummelten sich Hühner, Enten und Gänse, und im Stall grunzten ein paar Schweine. Da war, vom Hof durch den Gartenzaun getrennt, der große Garten mit seinen schnurgeraden Gemüsebeeten, seinen Obstbäumen und Obst sträuchern, in dem gab es jetzt zum Frühjahr alle Hände voll zu tun. Dann war ja auch der Laden da, und Christian Klemens war umständlich und kurz angebunden, und Frau Emma mußte sehr oft einspringen und Hilfe leisten und vermitteln. Und Geschäftssorgen gab es auch; denn in den modernen Vorstraßen saßen schon moderne Kaufleute in modernen Läden. Es schien nun wirklich, als hielte das elende Kindchen irgendeine geheime Macht auf der Erde fest. Der Tag, den Frau Emma so sehr fürchtete, an dem es mit der allerletzten Kraft seinen elenden Körper recken und strecken würde, wie die andern drei vor ihm es getan hatten, kam nicht. Hans muckerte sich durch. Zwar bekam er keine roten, runden Bäckchen, und als sein erster Geburtstag da war, lag er noch, gleich einem wenige Monat alten Kind, kraftlos auf dem Rücken. Aber er lag doch wenigstens da, er hielt doch auf der Erde aus. Die Tanten, Paten und Nachbarinnen, die sich zur Feier des Geburtstages einstellten, schlugen allerdings die (Nachdruck verboten.'» Hände über dem Kopf zusammen. Ein solch elendes Kind wollten sie noch nicht gesehen haben. Sie kramten ihre Weisheit heraus und nannten allerlei Mittel und Mittelchen, die den schwachen Knochen Kraft und Festig keit geben sollten. Doch Frau Emma traute den guten Ratschlägen nicht recht. Sie schickte aber noch am selben Abend die Magd zu dem alten Sanitätsrat. Gern hätte sie es schon früher getan, doch ihres Mannes wegen hatte sie es unterlassen; denn Christian Klemens war immer und überall Krämer und nörgelte um jeden Groschen, der ausgegeben werden mußte. Der alte, weißbärtige Arzt, eine stadtbekannte Er scheinung mit seinem hohen Zylinder und dem Stock mit dem Elfenbeinknopf, kam und sah Hänschen an. „Hm, was haben Sie gemacht?" fragte er knurrig. Frau Emma beschrieb gewissenhaft die Ernährungs weise ihres Kindchens. Der alte Herr blickte sie durch die Brille scharf an. „Wie kommen Sie zu einem solchen Jammerkind? Sie, so kräftig und gesund, und Ihrem Mann fehlt es doch auch nicht." Frau Emma blickte schweigend zu Boden. Die vielen kleinen Kreuz- und Querfalten in ihrem Gesicht vertieften sich. „Hm . . . ja", brummte der Sanitätsrat in den Bart. „Als Frau sollten Sie sich nur um Haus und Kind zu kümmern brauchen, nicht auch noch um das Geschäft und den ganzen andern Krimskrams", meinte er väterlichen Tones. Dann wandte er sich wieder Hänschen zu, schrieb eine genaue Lebensweise vor und verordnete kräftigende Bäder. „Wenn der Junge nur ein bißchen von Ihrer Rasse in sich hat, kommt er doch noch auf die Beine", tröstete er beim Weggang. Und Hans hatte etwas von Ler Rasse. Nachdem er alle die ersten Kinderleiden hinter sich hatte, stellte er noch vor dem zweiten Geburtstag die ersten Gehversuche an. Nun dauerte es gar nicht lange, und die kleinen Beinchen wurden kräftiger, zitterten nicht mehr und trugen den Körper sicher und immer sicherer im Zimmer umher. Er erholte sich äußerst schnell. Mit drei Jahren war er einem normalen Kind seines Alters sowohl in körperlicher als auch in geistiger Hinsicht gleich. Im Sommer darauf erwachte auch die Helle, jubelnde Kinderlust in ihm. Er tobte in Hof und Garten nach Herzenslust herum und brachte stets tüchtigen Hunger mit herein. Wie hätte er da nicht ein gesunder, kräftiger Junge werden sollen. Als ein solcher stand er jetzt: stämmig, rotbäckig und mit lebensprühenden Augen im schulpflichtigen Alter. Heute sollte er seinen ersten Schulgang antreten. Bis zum Schulbeginn war noch eine reichliche Stunde Zeit, aber Hans hatte keine Ruhe mehr im Haus gehabt und ging, auf die Mutter wartend, vor dem Krämerladen auf und ab. Er steckte in einem braunen Samtanzug, auf dem Kraushaar saß eine feine Tuchmütze und auf dem Rücken eins Mappe mit hoffnungsgrün leuchtendem