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also einst mit Tresfin Deinen Kindern und Deinen Enkeln gehören wird. So geht also Dein Lieblingswunsch, freilich in anderer Weise, doch noch in Erfüllung. Ja, und nun mutz ich wohl beichten. Mein Vermögen ist doch größer, als ich angegeben: ich darf mich sogar reich nennen und werde Dir später mündlich Genaueres darüber berichten. Ich hielt es für besser, Dir das erst nach der Hochzeit mitzuteilen. Sonst hätte ich vielleicht Lisbeth gar nicht bekommen, und wir lieben uns schon seit Berlin, wo ich sie bei Böbmanns kennen lernte. Aber gestanden haben wir es uns erst kurz vor der Verlobung — wahrhaftig! Du wirst uns doch hoffentlich die kleine Nottvehr- komödie verzeihen, lieber Papa, wirst Dich des Glückes Deiner Tochter freuen, die ja — wenn Du schon von der .Liebe' nicht viel wissen willst — eine äußerlich sehr .glänzende Partie' an mir gemacht hat. Wir wissen ja, lieber Papa, daß es nur Liebe zu Deinem Kinde ist, daß Du Dich nicht von ihr trennen wolltest.' — (Moquierte sich der freche Mensch etwa über ihn?) — „Und deshalb habe ich ja auch Beulwitz gekauft, um in Deiner Nähe zu sein, trckzdem es nicht sehr groß ist und meiner Arbeitskraft nicht recht genügt. Aber hoffentlich trittst Du mir das Vorwerk und die Ziegelei, die ich vergröbern möchte, bald dazu ab — und noch später, wenn Du älter bist und Ruhe brauchst, auch Tressin. Dann ziehst Du zu uns. Bis dahin kannst Du ja Deine Tochter fast täglich sehen' . . . Der Okonomierat tobte diesmal nicht: er schlich ganz geknickt umher. Aber sie wichen ibm doch alle scheu aus. Sein stiller Grimm war fast noch schrecklicher als der laute. Natürlich wollte er von diesem .Betrüger' nichts wissen: er wollte seine Tochter nicht mehr sehen, die ihn .hintergangen' hatte. Alle Menschen waren schlecht, be sonders seine Kinder, die er natürlich beide enterben würde. Er kam sich wie König Lear vor, ohne Kordelia und Narr. Der Narr war er selbst gewesen. Sein Selbst bewußtsein, der Stolz auf seine überlegene Klugheit hatten einen starken Stoß erlitten. Er, der Schlaue, der Welt erfahrene, hatte sich so grenzenlos düpieren lasten. Aber nach Beulwitz, um die Arbeiten zu besichtigen, fuhr er doch alle paar Tage . . . Und er tat natürlich dort, als ob er alles gewußt hätte. Vor seinen Nachbaren wollte er doch nicht als Dummkopf dastehen: sie sollten sich nicht ins Fäustchen lachen. Die schmutzige Wäsche sollte in der Familie gewaschen werden. Wie er mit seinen Kindern stand, brauchte niemand zu misten. Und er prahlte sogar in Klützow mit dem Reichtum des Schwieger sohnes Dem Bedürfnis seiner Natur, sich über irgend etwas zu ärgern, wurde in Beulwitz ja auch Genüge geleistet. Diese Verschwendung, mit der Platen alles einrichten ließ! Der Alte zankte sich den ganzen Tag mit dem Dekorateur und sämtlichen Handwerkern herum; aber diese beriefen sich auf ihre Instruktionen und Pläne. Im März kam das junge Paar endlich zurück. Roloff spielte den grollenden, getäuschten Vater in Moll. Platen überstrh dies natürlich und blieb gleichmäßig liebenswürdig. Er lachte nur, wenn der Alte von .gemeiner Täuschung und Betrug' sprach und ihm mit Enterbung drohte. Übrigens imponierte diesem der Schwiegersohn. Erstens hatte er ihn überlistet; daS machte dem Platen so leicht keiner nach. Und dann bewies er ihm aus seinen Büchern, daß er da» väterliche Erbteil nicht vermindert, sondern durch geschickte Verwaltung und Beteiligung an soliden Unternehmungen sogar noch vermehrt hatte. Ganz söhnte er sich aber erst nach dem ersten Kinde auS. Und als daS zweite ein Junge war, da erzählte er jedermann, der würde ihn einst beerben. Seine Kinder kriegten nur ihr Pflichtteil. Er hoffe eS noch zu erleben, daß der Junge Tressin übernehmen könne. Seinem Schwiegersohn träte er es nicht ab — niemals! Das war seine Racke. . — Ende. — - —. / t Oie erste Oeläenrolle. Skizze aus dem Bühnenleben von Georg Persich. (Nachdruck verboten.) Es gibt wohl kaum einen Theaterdirektor oder Regisseur, der nicht überzeugt wäre, einmal in seinem Leben ein großes Talent entdeckt zu haben. Solange der Herr Direktor oder Regisseur selbst ein mehr oder weniger guter Mime war, hatte er diesen Ehr geiz nicht. Als aber die Locken schwanden und die Illusionen zerrannen, lab er auf einmal am Boden — der Blick hatte sonst immer nur die Wolken gesucht — ein blinkendes Etwas liegen. Er hob es auf und o Wunder — es war ein herrlicher Edelstein! Von einem solchen Funde wußte auch der alte Regisseur Markmann zu erzählen — von einem Talent funde, den er ganz zufällig unter seinen Statisten ge macht hatte. Als er dem langaufgeschossenen, blaffen Burschen zum ersten Male eine Sprechrolle übertrug, hatte er es zögernd getan, fürchtend, daß der Versuch mißlingen könne. Aber er war wider Erwarten gelungen. Auf der Probe war der Kunstnovize zum Verzweifeln schüchtern gewesen, abends jedoch um so schärfer aus sich herausgegangen. So wurden ihm denn allmählich größere Aufgaben zugewiesen. Markmann überstürzte nichts, um sicher zu gehen und keine Enttäuschung zu erleben. Bald war es ihm aber zur Gewißheit geworden, daß für den langen Berndt, wie ihn die anderen Statisten nannten, die Durchschnittselle auch in bezug auf seine Begabung nicht paßte. Der wollte mit größerem Maß gemessen sein. Doch da war der Vater! Ein braver Schreiner meister, aber ein Mann mit vorsintflutlichen Ansichten über Schauspieler und Schauspielkunst und ein unbeugsamer Starrkopf. „Der Junge bleibt bei seinem Handwerk!' erklärte er, als der Regisseur einmal Rücksprache mit ihm nahm. .Er kann an der Hobelbank mehr verdienen als hei der elenden Komödienspielerei.' .Sie hätten dem Mten den Standpunkt nur gehörig klar machen sollen', meinte wohl dieser oder jener der Zuhörer, wenn Markmann die Geschichte erzählte, während andere ihm den verspäteten Rat gaben, er hätte den jungen Mann üherreden sollen, davonzulaufen. .Hab' ich beides getan', lautete die Antwort. .Der Alte warf mich, als ich grob wurde, zur Tür hinaus, und der Junge — der war ein viel zu gehorsamer Sohn, um davonzulaufen. Es geschah auch nur mit deS Alten gnädiger Erlaubnis, daß er wenigstens weiter bei der Statisterie blieb. Mein Direktor aber lachte mich auS, als ich ihm die Widerwärtigkeiten schilderte, die ich wegen meines Schütz lings gehabt hatte. »Sie plagen sich umsonst ab, Markmann', sagte er. .Ich habe mir den Berndt doch auch angesehen und kann absolut nichts an ihm finden. Lassen Sie ihn getrost beim Leimtopf bleiben!' Ich ließ mich indes auch dadurch nicht abschrecken, sondern erteilte nach wie vor meinem Schüler dramatischen Unterricht. Und er machte verblüffende Fortschritte. Wie er begriff, wie er alles durchdachte! Ich gewann immer mehr die Überzeugung, daß der Augenblick nicht fern sei, wo der Direktor sprechen würde: .Es war doch gut, Markmann, daß Sie Vertrauen hatten! Sie haben der Kunst einen unschätzbaren Dienst geleistet.' An unserem Stadttheater war die Probe nicht zu machen, schon wegen des Direktors Vorurteil. Aber da war unser Sommertheater, mit dessen Leiter ich befreundet war, und wo es, wenn die Sache schief ging, nicht sonder lich darauf ankam. Nach langen Beratschlagungen waren wir endlich so weit — Berndt sollte den Karl Moor spielen. Er war außer sich vor Freude. Nach ein paar Tagen aber war er um so niedergeschlagener. Der Alte hatte ihm eine schreckliche Szene gemacht. Niemals würde er dulden, daß sein Sohn als Hanswurst vor die Leute träte, mit der Polizei würde er dazwischen fahren und was derlei Drohungen mehr waren. Nun hielt aber auch ich die Zeit für ein Ultimatum gekommen. Entweder — oder! Entweder auftreten oder es sei aus mit uns. „Sehr richtig!' erscholl es beifällig in der Runde. „Na, Sie werden gleich sehen, ob es das war. Der Tag der Aufführung erschien. Mein Direktor war nun doch neugierig geworden. Die scherzhaften „Räuber' im Sommertheater wollte er sich auch ansehen. Er hätte lange nicht gelacht. Das würde Gelegenheit geben. Ja, so sind die groben Herren! Sie nehmen die kleinen bloß von der spaßigen Seite. Die .Räuber' an einem glühendheißen Sommernach mittage — Courage gehörte schon dazu. Wer beim geringen Mann zieht Schiller selbst bei dreißig Grad im Schatten. Es darf nur nicht gerade die „Braut von Messina' sein. Überdies gab's im Sommertheater einen billigen Schoppen. Der zog am Ende auch. Die Vorstellung begann. Ich war von vornherein so sicher gewesen, daß mein Schützling mir keine Unehre machen würde, daß die Tatsache, die sich nun vor meinen Augen vollzog, mich nicht groß überraschte, ich fand sogar Muße, meinen Direktor zu beobachten. Dessen Gesicht wurde immer gespannter und nach denklicher und schließlich applaudierte er ebenso begeistert wie jeder andere im Publikum, obwohl die übrige Gesell schaft zum Teil unter aller Kritik spielte. Man sah und hörte nur den Karl Moor. Es war ein unbestrittener, ein schöner Erfolg. Der Direktor drückte mir, als die Vorstellung vorüber war, schweigend die Hand. Ich wußte, das hieß soviel als: Das ist unser Mann! Den engagieren wir! Der Saal leerte sich langsam, nachdem Berndt immer wieder heroorgerufen worden war. Auch wir gingen in den Garten, wo sich bald danach unser Held zu uns gesellte. Seine Augen glühten und wortlos vor innerer Bewegung nahm er unseren Glück wunsch entgegen. Wir wollten uns in einen Allen Winkel setzen, um ungestört miteinander zu plaudern. Da wurde ich auf einmal hinterrücks zur Seite ge schleudert. Einen gleich brutalen Stoß bekamen die anderen und dann fiel ein Schlag. Ich erblickte den alten Berndt, der die Hand von neuem erhoben hatte. Man hinderte ihn daran, das Antlitz seines Sohnes abermals zu schänden, aber seinem Schimpfen und Toben konnte man nicht wehren. Mit dem Elternhause war der Mißhandelte fertig und er sollte vorläufig in einem Hotel Quartier nehmen, bis sich eine geeignete Privatwohnung gefunden hätte. So geschah es. Am nächsten Tage wollte ich ihn ab holen, um mit ihm zum Direktor zu gehen und das Engagement zu besprechen. Im Hotel empfing man mich mit bestürzten Mienen. Der gestern abend eingezogene Herr Berndt sei in der Nacht am Nervenfieber schwer erkrankt und in aller Frühe dem Krankenhause zugeführt worden. Ich eilte nach dem Hospital. Man verweigerte mir den Zutritt, der Kranke lag in wilden Fieberphantasien. Einige Tage später war's zu Ende, und wieder nach einigen Tagen trugen wir ihn hinaus.' „Und Sie sind noch heute der Ansicht, daß ein bedeutender Künstler aus ihm geworden wäre?' fragte jemand. „Ich glaub's!' war die Antwort. „Schade, ewig sch^d» um ihn!' kostbare ^leiäungsktücke. Plauderei von Mdm. Chr. Asten. (Nachdruck verboten.) Welche horrenden Summen eine Dame der besten Gesellschaft alljährlich allein für ihre Toilette und das „Drum und Dran' derselben auszugeben pflegt, zeigen einige authentische Aussprüche von Wissenden, welche eine englische Zeitschrift rekapituliert. Da wird u. a. behauptet, eine Pariserin vom äermer ori trage bei einem Ausgange für nicht weniger als 400 000 Mark Kleidung und Schmuck an sich; reiche Amerikaner geben für jede ihrer Töchter alljährlich volle 200 000 Mark aus; und der Trousseau einer jungen Lady sei mit der gleichen Summe noch nicht bezahlt gewesen. Eine Dame aus amerikanischer Milliardärfamilie Mrs. Howard Gould, verneinte die Möglichkeit, ihren Anzug mit weniger als 160000 bis 200000 Mark jährlich bestreiten zu können. Die Behauptung, eine Pariserin trage für 400 000 Mark an und auf sich, scheint im ersten Augenblick unglaublich, gewinnt aber an Wahrscheinlichkeit, wenn man sie einer kleinen Nachprüfung unterzieht. Die Dame hat, um von oben zu beginnen, beispielsweise eine Togue mü Aigrefte auf — das Hütchen kostet die Kleinigkeit von 1200 Mark, und ihre Turbanfrisur, die von ihrem eigenen Haar natür lich nicht zu unterscheiden sein darf und daher etwas teuer ist, kostet 800 Mark. Ihr mit großen Blumen besticktes Samtkleid ist mit 1200 Mark wirklich nicht zu teuer be zahlt, und ihre seidenen Unterkleider, Strümpfe und Schuhe sind 1000 Mark gut und gern wert. Dies sind aber alles nur Kleinigkeiten. Eine große Ziffer repräsentiert erst ihr kostbarer Zobelmantel, der allein eine Fünftel million kostet; was sie an Juwelen an sich trägt, sieht sehr bescheiden und geschmackvoll aus und repräsentiert doch einen sehr hohen Wert: ein Perlenhalsband, ein Ketten armband und ein goldenes, juwelenbesetztes Handtäschchen — unter 120 000 Mark sind diese drei Kleinigkeiten nicht zu haben. Eine schicke Dame der Gesellschaft braucht fast wöchent lich ein neues Kleid, zu dem der Stoff nicht selten 200 bis 600 Mark pro Meter kostet. So trägt eine große Dame der englischen Gesellschaft ihre kostbaren Kleider größtenteils nur einmal. Ist der Stoff von besonders hohem Werte, so läßt sie sich wohl ausnahmsweife auch einmal dazu herbei, das Kleid zum zweitenmal anzulegen, aber dann muß der gesamte Besatz vorher so geändert worden sein, daß das Kleid dadurch einen gänzlich anderen Charakter bekommt. Vor einigen Jahren gefiel der gleichen Dame einmal ein Lyoner Seidenstoff besonders gut. Er hatte weißen Grund und war mit reliefartigen Blumen, Blättern und Vögeln geschmückt. Das Meter dieses Stoffes kostete 500 Mark. Da er ihr schließlich aber zum Kleide nicht recht geeignet erschien, ließ sie aus ihm — Vorhänge machen, wobei seine Schönheit entschieden bester und nachhaltiger zur Geltung kam. Einer der Pelz mäntel der Dame ist aus Silberfuchs und so kostbar, daß allein die Halsverzierung desselben über 12 000 Mark kostet. Daß das Unterzeug einer fashionablen Frau dem entsprechend kosckar ist, kann hiernach nicht wundernehmen. Ein Korsett wird mit 1000 Mark und ein Paar Strumpf bänder mit 200 bis 400 Mark bezahlt. Natürlich gibt es von letzteren auch juwelenbesetzte Exemplare, die dann Tausende von Mark kosten. Und wer da weiß, wie kost spielig Leibwäsche ist, wird 20 000 Mark jährlich nicht zu viel finden — sind doch manchmal allein die echten Spitzen einsätze schon so viel wert! Am meisten gibt, wenn man einer Aufstellung glauben darf, die reiche Amerikanerin für ihre Toilette aus; in Newyork allein soll es 100 Frauen geben, deren jede sich ihre Toiletten alljährlich 600 000 Mark kosten läßt, während 1000 weitere je 300 000 Mark dafür ausgeben. Wer eine amerikanische Modedame bestellt auch ohne Be sinnen gleich zwölf Dutzend Taschentücher auf einmal, das Dutzend zu 300 Mark, und Strümpfe, die 1000 Mark das Paar kosten. Auch ihr Juwelenkasten muß so reich ver sehen sein, daß er für jede Art der Toilette oder für jede Jahreszeit einen besonderen Schmuck aufzuweisen hat Vie Poesie. DaS Menschenleben ist ein wirrer Traum, Nur Poesie vermag es, ihn zu deuten; Beglückt ist jeder noch so schmale Raum, Drin ihrem Dienst geweihte Glocken läuten. Doch wo sie fern, ist alles schal und grau, Wär's auch die blumenreichste Gartenau. Wenn, Menschenherz, das Leben dich bedränge^ Dem Geier gleichend an Prometheus' Brust, Die starrer Stahl an rauhe Felsen zwänget, Bleib dir des Götterblutes nur bewußt, Das rein und stolz in deinen Wern wallet, Und horch, ob nicht ein tröstend Lied erschallet. Ludwig Kuhlenbeck.