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eMSMD« Der dedsuevnswerte l^»ngb8rtige. Daß der Günstling der Zarin Katha rina II., Potemkin, als Feldherr und Staatsmann in Rußland nach Belieben hauste, ist bekannt. Einen Beitrag zu seiner barbarischen, rücksichtslosen Herr schaft giot folgende Geschichte. Einst er- wähnte jemand an Potemkins Tafel eines Kaufmanns in einer entfernten russischen Provinz, dessen Bart so lang wäre, daß er ihm bis über den Gürtel hinab reiche. „Den möchte ich sehen!" rief eine anwesende Dame. Sofort schickte Potemkin den Befehl an die Polizei, jenen Kaufmann zur Stelle zu schaffen. Sechs Monate darauf erinnerte er sich des Mannes wieder und er kundigte sich nach ihm: die Antwort war: „Er sitzt schon seit fünf Monaten, will aber immer noch nicht gestehen, was er verbrochen hat." Jetzt wurde er, ein zitternder, kraftloser Greis, herbeigerufen, jener Dame vorgestellt. gehörig beguckt und entlassen. Als er wieder in sein Haus trat, war sein Weib aus Kummer und banger Besorgnis um ibn gestorben und sein ganzes Vermögen zugrunde gerichtet. Munderlidie Krsutlrure. Ein exzentrisches Brautpaar wollte sich in London trauen taffen. Der Geist liche stellte wie gewöhnlich die Frage an den noch jungen Bräutigam, ob er gegenwärtige Jungfrau zu seiner Ehe- liebsten begehre. Ein resolutes „Nein!" war die unerwartete Antwort. Natürlich schickte der Reverend beide wieder fort. Den Sonntag darauf kehrten beide junge Leute wieder zurück. Der Prediger be fragte den Bräutigam wieder zuerst und freute sich, als ein kräftiges „Ja!" erscholl. Nun aber wandte er sich an die blut junge Schöne, welche kaum den Kinder schuhen entwachsen war, und fragte sie, ob sie gegenwärtigen jungen Menschen zu ihrem ehelichen Gemahl haben wolle. Ein schroffes „Nein!" war die unver mutete Antwort, Ärgerlich darüber, schickte der Geistliche beide wieder fort, nicht ohne ihnen zuvor gebührend die Leviten zu lesen. Mochte dies nun nach träglich gewirkt haben, Tatsache ist es, daß die wunderlichen Brautleute einen Sonntag später wieder erschienen und die an sie gerichtete Frage mit einem freudigen „Ja!" beantworteten. Der Geistliche aber erwiderte: „Meine Lieben! Als ich euch trauen wollte, wolltet ihr nicht, darum wundert euch nicht, wenn ich jetzt nicht will, da ihr wollt." Mit diesen Worten verlieb er die Kirche und ließ das Paar ungetraut. U Selckeidenkett Ist eine der schönsten Gaben. Nichts fördert so sehr im Leben als Bescheiden heit und Höflichkeit. Beide haben nichts mit Kriecherei zu tun. Man kann an einem Menschen, der sich besonders mit Worten zurückhält, seine vornehme Ge sinnung erkennen. Weise Mäßigung in Zorn und Freude führt zum wahren Lebensglück. Man muß Kinder nicht nur mit Worten erziehen, sondern ihnen auch die Folgen etwaiger unbescheidener Handlungen nicht ersparen. Das hilft oft bester als lange Reden. im Genug. Es ist ein Irrtum, zu glauben, der Mensch müsse ein Einsiedlerleben führen, um Gott und der Welt wohl /v'ällig zu sein. Mit Nichten! Gott gab uns unsere Sinne, damit wir uns auch freuen sollen, damit wir alle unsere Kräfte harmonisch entfalten können. Darum sollen wir nicht als graue Schattenbilder, jedem Genüsse und jeder Freude abhold, durchs Leben hinschreiten. Nein! Wir sollen uns des Lebens, das an sich ernst genug ist, freuen: „Und wenn das Herz hundert Tore hätte, wie Theben, so lasset die Freude herein zu allen hundert Toren!" Aber eins ist sicher: die Genußsucht soll nicht alle möglichen anderen Gefühle überschäumen. Was wir auch genießen: wir sollen immer die Herrschaft über unsere Gelüste behalten und keinesfalls in einer Leidenschaft auf- und möglicher weise untergehen. Die praktisch« Hausfrau Verwendung von Sre»rin»b1°äUen. Stearinabfälle lassen sich in einem Haushalt verschiedenartig verwenden. Sie lassen sich, in Papier eingewickelt, zum Feueranmachen benutzen. Willman Metallwaren vor Rost schützen, umgibt man sie mit einem Überzug von ge schmolzenem Stearin. Auch zum Seife kochen lassen sich Stearinabfälle gut ver wenden. Auf 1Vs Kilogramm Fett setzt man V2 Kilogramm Stearin hinzu. Reibt man mit Resten von Stearin das Plätt eisen öfters ab, so gleitet es leicht beim Plätten über die Wäsche. Ebenso er leichtert gekochte, mit Stearin vermengte Stärke das Plätten der Wäsche. Leksndlung der MLlcke. Man hüte sich, die Wäsche in chlor kalkhaltigen oder chlorkalkähnlichen Flüssigkeiten zu wässern oder gar zu kochen. Die chlorhaltigen Mittel machen wohl Schmutzieile farblos und bleichen, machen aber gleichzeitig die Pflanzen faser mürbe und zerstören sie. Die Nach wirkung dieser Waschmittel ist um so schlimmer, je wemger sorgfältig die Wäsche nach ihrer Anwendung gewässert und gespült wird. Selbst zu heiße Soda laugen sind schädlich, wenn sie direkt auf die Wäsche gegossen werden, man ver mische die Lauge mit dem heißen Wasch wasser. Bunte Waschstoffe reinigt man ohne Sodazusatz. Sie vertragen weder Zugluft noch Sonnenschein, man hängt sie im Schatten auf. Scherr und emst Eine von leck» Männern. Georg Ludwig Graf und Herr von Schwarzen berg (geb. 1586). österreichischer General, war in erster Ehe mit einer Dame ver mählt, die nicht weniger als fünf Männer vor ihm schon gehabt hatte. Anna Neumann v. Wasserlemburg heiratete 1557 Johann Jakob v. Thannhausen, 1566 Christoph v. Liechtenstein, 1582 Ludwig Ungnad, 1586 Karl v. Teuffen bach, 1611 den Grafen Ferdinanb v. Ortenburg, 1617 den oben erwähnten Grafen Schwarzenberg. Sie starb 1623 im Älter von 88 Jahren und vermachte testamentarisch ihrem letzten Gemahl die von dem zweiten ererbte Herrschaft Muran. Sie heiratete also als 82jährige Greisin einen Mann von 31 Jahren, der in dem Jahre geboren worden, wo sie ihrem vierten Gemahl die Hand gereicht. Sine hlünckkauttrde. Im Jahre 1857 brachte eine deutsche Zeitung folgende Korrespondenz aus Paris: „Münchhausen ist ein amüsanter Mann — wir sagen ausdrücklich „ist", nicht „war", denn er lebt noch und zwar in Paris unter dem Namen Leon Scott. Herr Scott hat kürzlich die Welt mit einer „Erfindung" bereichert, die wert des Namens Münch hausen ist. Französische Journale, er zählen, daß Herr Scott — man höre und staune — die von der menschlichen Stimme hervorgebrachte Luftschwingung auf magnetische Weise fixieren zu können behauptet, so daß man eine der Photo graphie analoge „Monographie" erhielte! Die letzte Konsequenz dieser Münch- hausiade wäre, daß das von einem Sänger gegen einen dafür zubereiteten Mecha nismus gesungene Lied in Zeichen, welche den Tönen entsprechen, fixiert und dieses Phonogramm dann je nach Be lieben wieder zum Singen gebracht werden könnte!!!"— Es ist gewiß ebenso interessant, zu erfahren, daß Edison einen Vorgänger hatte, daß bereits im Jahre 1857 ein Phonograph erfunden war, wie es interessant ist, daß auch damals selbst gebildete Menschen wieder ihre Kurz sichtigkeit dokumentierten und die Mög lichkeit einer solchen Erfindung — in das Gebiet Münchhausens verwiesen. Lur liindererriekung. Jedes Geschlecht hat seine eigentüm lichen Vorzüge und Schwächen. Knaben sind bet der Erziehung so zu bilden und zu bewahren und Mädchen so zu be handeln, daß Charakter und Bestimmung eines jeden Geschlechtes unverändert bleiben. Bei der Erziehung der Knaben beachte man darum folgendes: Die Knaben sollen körperlich kräftig und geistig stark, verständig und selbständig werden. Der Ausbildung ihres Er kenntnis- und Willensvermögens wende inan besonderes Augenmerk zu. Dann achte man daraus, daß sie erst die Kunst des Gehorchens lernen. Aus diesem Grunde gestatte man freie Bewegung, öfters auch freies Äuswählen von Arbeiten und Spielen und die Er wählung von Spielgenosten. Im all gemeinen gilt: ein frischer, etwas wilder Knabe verspricht mehr als em scheuer Stubenhocker. Selbstverständlich ist darauf zu achten, daß die Freiheit und Fröhlichkeit nicht in Frechheit, Roh heit, Eigensinn und Herrschsucht ausarre und daß der Knabe seinen Sinn nicht den Genüssen des Lebens, sondern dem häuslichen Leben und Streben zuwende. Für die Erziehung der Mädchen gilt folgendes: Die körperliche Entwicklung der Mädchen ist keine so kräftige als bei den Knaben, deshalb mute man den Mädchen keine zu große körperliche, An strengung zu, dringe vielmehr auf eine einfache, natürliche Lebensweise, aus Reinlichkeit. Mäßigkeit, Anstand und gute Sitte: denn nur dadurch wird bei den Mädchen schon früh der notwendige Sinn für stille Häuslichkeit und nützliche Tätigkeit geweckt. Daher. „Wie kam es denn eigent lich, daß sie einander heirateten?" — „Ach. es ist die alte Geschichte, anfangs waren sie gute Freunde und dann änderten sie ihre Gesinnung." (Washington Herald.) Giftig. „Habe bitte die Güte und gib mir sofort meine Locke zurück." — „Schön, wie du willst. Möchtest du d«e dunkle Locke wiederhaben oder die andere, die du mir gabst, als du noch blond warst?" (Answers.) Unnötige Sorge. Sorgenvoll sagt die Mutter zu der Tochter: „Weißt du, ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube immer, du würdest glücklicher werden, wenn du dir einen Mann erwähltest, der weniger Geld hat." — „Ach, Muttchen, mach dir nur keine Sorge, er wird bald viel weniger haben." (Figaros WMM sm MsiM uncl vmgegenä- Amtsblatt Jnltrtton-vrki« IS Psq vro sstnsaespoktene -vrvvrzeUe» Außerhalb deS Am.sg'richt-bezlrkS WilSdrufs 20 Psg. Mr die Kvnigl. Amts Hauptmann schalt Meisten. Mr das König!. Amtsgericht und den Stadtrat zu WUsdruK sowie für das Lönigl. Forstrentamt zu Tharandt. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag: Arthur Zschunke in Wilsdruff 19-4 > Rittergut Tressiu^ Roman von Robert Misch W- Fortsetzung.) Nach diesem Sturm km Glas Master wurde er erst recht freundlich. Die Sitzungen bei Tisch wurden immer länger und gemütlicher. Und abends spielten die Herren oft Schach oder Ecarts miteinander, wozu dann manchmal, wenn er im Gewinnen war, der Okonomierat eigenhändig — denn die Kellerschlüssel gab er nur ungern aus der Hand — eine Flasche von dem Moselkrätzrr (nie mehrere) heraufholte. Der diplomatische Platen sorgte natürlich dafür, daß sein Gegner oft gewann, was dessen gute Laune stets sehr hob. Platen tat auch, als merke er es nicht, wenn der Alte beim Spiele mogelte. Im ganzen, von gelegentlichen Reibereien und üblen Launen des Alten abgesehen, kamen sie gut miteinander aus. Und der Okonomierat, der sonst über seine Unter gebenen beständig schimpfte, hatte sich in einer schwachen Stunde sogar Hinreißen lassen, seinem alten Nachbarn, dem Baron Maltenitz, zu sagen: „War noch nie so zufrieden mit 'nem Inspektor wie mit dem Menschen. Ein sogenannter „patenter" Kerl, ein Sybarit, ein Verschwender — raucht Havannas, hat 'nen eigenen Teppich ... aber ein tüchtiger, verläßlicher Landwirt." Im ganzen Kreise sprach sich diese Wundermär herum, und jeder war neugierig, dies Phänomen kennen zu lernen. Natürlich kam es auch schließlich Platen zu Ohren, der nach und nach die Bekanntschaft der Nachbarn machte und ils guter Gesellschafter seines feinen Auftretens wegen von -.inigen der Herren eingeladen wurde. Fritz schloß sich eng an Platen an und ging ihm gar nicht mehr von der Seite. Wenn es irgend möglich, brachte der Junge seine (mit der vorrückenden Jahreszeit freilich immer spärlicher zugemessenen) Mußestunden bei dem reuen Freunde zu, dessen Zigarren er rauchte, dessen Bücher rr las, der ihm von Berlin und seinen Reisen erzählen mußte. Der Inspektor wurde sein Ideal, sein Vorbild und Muster, nach dem er sich zu formen suchte, und den er ^ogar, wie das die Jugend zu tun pflegt, in gewissen Äußerlichkeiten kopierte. Das bot natürlich dem Okonomierat, der für der gleichen Schwächen ein scharfes Auge hatte, die willkommene Gelegenheit, sich darüber lustig zu machen. Im ganzen batte aber der Alte gegen diese Intimität des Jungen mit dem „Neuen" nichts einzuwenden. Der hielt ihn wenigstens von mancherlei Dumm- ' eiten ab, die Fritz früher an den Sonntagen in Klützow '«rübt hatte. Er war da in Gesellschaft einiger leicht- 'mnigen jungen Leute geraten, die ihn zum Trinken und Spielen verlockten. Vom Inspektor konnte er — bis auf die lächerlichen -modischen Faxen" — viel lernen. Auch war dessen guter Einfluß ganz offenbar. Fritz schien seine Pflichten seitdem viel freudiger zu nehmen und sich mehr für die Landwirt schaft zu interessieren wie vordem. Daß der Junge auch noch sonst mancherlei von Platen lernte, wußte der Gutsbesitzer freilich nicht, oder (Nachdruck verboten.) es ließ ihn gleichgültig. Aber im Feld und zu Hause, wo und wann sich gerade Muße dazu fand, führten die beiden stundenlange Gespräche über Bücher, Kunst und Wissenschaft, über Welt und Menschen. Es machte dem vielbelesenen Platen Spaß, dem intelligenten und lernbegierigen Jüngling seine Kenntnisse mitzuteilen, dessen Urteilskraft zu wecken und dessen Horizont zu erweitern. Seine Schwester Lisbeth hielt sich dafür um so mehr von ihm zurück. Sie schien es förmlich zu vermeiden, allein mit ihm zusammen zu treffen. Entweder umgab sie ein Kreis von Mägden, oder sie befand sich unnahbar für ihn auf ihrem Zimmer. Da er den „Hof"klatsch fürchtete, der auf den Guts höfen eine nicht geringere Macht ist als an denen der Fürsten, so hütete er sich wohl, ihr nachzulaufen. Je mehr die Jahreszeit vorrückte, je weniger ließ sich überhaupt ein Zusammentreffen ermöglichen. Platen ritt den ganzen Tag auf den Feldern umher und sank des Abends nach der Mahlzeit meistens ganz erschöpft auf seinen Divan, oder noch lieber plumpste er schlaftrunken gleich ins Bett. Der Okonomierat verlangte etwas von seinen Leuten. Und Platen, aus Liebe zur Sache schon an sich ein tüchtiger Landwirt, von Haus aus pflichtgetreu und energisch, wollte dem Alten beruflich noch ganz besonders imponieren. So blieben in der schönsten Jahreszeit eigentlich nur die Sonntage übrig; und die füllten Besuche und Besucher, der übliche Kirchgang, auf den der Okonomierat streng hielt, und Kartenspiel mit dem Alten und dem Pfarrer aus. Nach Tische verschwand Lisbeth meistens sogleich, während ihn der Okonomierat zurückhielt. Nur zuweilen, wenn er sich an das alte Tafelklavier setzte — es stammte noch aus der Aussteuer ihrer früh verstorbenen Mutter — blieb sie lauschend im Zimmer. Sie liebte die Musik, und er spielte für einen Laien recht gut. In solchen Augenblicken schwoll ihm freudig das Herz: seine ganze Seele, alles, was er für sie fühlte, legte er in sein Spiel, um ihr in Tönen zu sagen, was er in Worten nicht wagte und vermochte. Sie saß in seiner Nähe und schaute ihn ernst, wie fragend an. Am liebsten hätte er sie in seine Arme ge zogen, hätte das liebe, ernste Gesichtchen geküßt und ihr alles gestanden. Aber der Moment, sich mit ihr aus zusprechen, kam nie. Und da er auch eine leise, geheime Furcht vor dieser Aussprache hatte, verschob er sie vor» Tag zu Tag. Erntezeit — heiße, sonnendurchglühte, mühe- und arbeitsreiche Tage ohne Rast und Ende. Die Sense blinkt, die Schnitter schwingen die braunen Arme, und die Mäh maschine, versuchsweise von Platen eingeführt, zieht ibre breiten Furchen durch das gelbe Halmenmeer. .Von der