Suche löschen...
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend : 03.01.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782024719-191401032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782024719-19140103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782024719-19140103
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-03
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Himmel-erscheinungen im Januar lS14. Nachdem die Sonne im lebten Drittel des Dezembers ihren süd lichsten Stand erreicht bat, befindet fie sich, wenn man so sagen darf, bereits auf ihrer Wanderung nach Norden. Schon nehmen die Tage, wenn auch zunächst nur langsam, zu. Die Tageslänge beträgt am 1. Januar 7 Stunden V2 Minuten, am 31. Januar 9 Stunden 2 Minuten; die Zunahme beträgt mithin 1 Stunde 10 Minuten. Am 20. Januar abends 10 Uhr tritt die Sonne aus dem Zeichen des Steinbocks in das des Wassermanns. Die Auf- und Untergangszeiten der Sonne sind nach mitteleuropäischer Zeit am 1. Januar 8 Uhr 7 Minuten und 3 Uhr SS Minuten, am 31. Januar 7 Uhr 43 Minuten und 4 Uhr 46 Minuten. — Zu Beginn des Januars sehen wir den Mond als zu nehmende Sichel. Am 4. nachmittags 2 Uhr erreicht unser Trabant das erste Viertel, und am 12. morgens 6 Uhr haben wir Vollmond. Am 19. morgens 1 Uhr steht der Mond im letzten Viertel, und am 26. vormittags S Uhr ist er als Neumond vollständig verschwunden, um in den letzten Januartagen wieder als schmale, zunehmende Sichel zu er scheinen. In Erdferne steht der Mond am 3„ in Erdnähe am 16. Januar. — Bon den Planetenerscheinungen ist folgendes mitzuteilen: Merkur bleibt unsichtbar. Die in Ihrem blendend weihen Licht erglänzende Venus ist nur noch in den ersten Januartagen auf kurze Zeit in den Morgenstunden sichtbar. Der Mars kann die ganze Nacht hindurch beobachtet werden. Der Jupiter bleibt unsichtbar. Der Saturn ist zu Beginn des Monats etwa 13 Stunden, gegen Ende noch etwa 10 Stunden lang hoch im Meridian zu finden. — Der Sternenhimmel, der im Januar seine schönste Pracht entfaltet, lockt auch den Laien zur Beob achtung. — Der meteorologische Charakter des Januar wird durch die Namen .Eismonat' und .Hartung' ge kennzeichnet. Gerade der Januar pflegt uns die tiefsten Temperaturen zu bringen, und zwar zumeist um die Mitte des Monats. — I>ie Keuervestattung um die Jahreswende. Die Zahl der Einäscherungen, die bis Mitte Dezember dieses Jahres in den 39 deutschen Krematorien stattgefunden haben, beträgt 9234 gegen 7954 im Vorjahre, so daß also die Zu nahme 12tz0 beträgt. Die Gesanitzahl aller bisher in Deutschland erfolgten Einäscherungen beziffert sich auf 55635. — Geheimrat Goetz auf dem Wege zur Besserung. Der Gesundheitszustand von Geheimrat Goetz, dem Vor sitzenden der Deutschen Turnerschaft, bessert sich von Tag zu Tag, so daß man hofft, daß der Patient bereits Anfang Januar das Krankenhcus in Leipzig wieder verlaffen kann. Der Greis hat die Amputation eines Armes gut überstanden und hat bisher sogar schon zeitweise sein Lager verlassen und in seinem Zimmer aus und ab gehen können. — Gedenket der huuge»ude« Wöget. Wenn die Erde hart und fest gefroren ist, in ein weißes Flockenkleid sich hüllt, wenn wir Menschen hienieden das Julfest feiern, dann ist eine böse Zeit für unsere befiederten Freunde ge kommen. Hungernd und frierend müssen die Vöglein vor den Unbilden der Witterung Schutz suchen, die Nahrung ist recht knapp geworden. Der fühlende Mmsch kommt da den armen Tierchen zu Hilfe und streut Futter an vor Katzen geschützten Orten. Gedenket der hungernden Vögel! — Ende gut, alles gut, so kann auch von der fünften und letzten Weihuachtsaussührung unserer Kinder getagt werden. Der Saal war wieder überfüllt, und viele von den Besuchern, die der Aufführung schon mehrmals bei- grwohnt, zeigten gleiches Interesse wie früher. Das Spiel ging flott von statten; Gesang und Deklamationen be friedigten auch verwöhnte Ansprüche Wir stimmen gern in die Schlußworte des Herrn Kantor Hientzsch mit ein und danken der frohen Kinderschar für die große von ihr gern geleistete Arbeit, unterlassen aber auch nicht, den Ver anstaltern und Mithelfern noch besonders zu danken. Mögen dieselben für die aufgewendete Mühe einen Lohn in dem zahlreichen Besuch und in den vielen Beifallsbe zeugungen erblicken. Hoffentlich ist es möglich, dem Kinder horte eine erkleckliche Summe zuweisen zu können. — Am Neujahrstage fand im Adlersaale die Weih nachtsfeier des Hv. »ationalen Arbeitervereins statt. Sie wurde eingeleitet mit dem Gesänge des Liedes: „Vom Himmel hoch . . ." Danach hielt der Vorsitzende des Ve reins, Herr Schuldirektor Thomas, eine vou Herzen kommende und zu Herzen gehende Ansprache, in welcher er erstens von Weihnachten als dem Feste der gebenden Liebe, und zweitens von dem Hoffen und Wünschen der Menschen im neuen Jahre redete. Dann folgten die alten, lieben Weihnachts lieder, abwechselnd mit Deklamationen ernsten und heiteren Inhalts, vorgetragen von Kindern der Mitglieder, geleitet von Herrn Lehrer Leuschner Den Schluß des ersten Teils bildeten einige Verse des Neujahrsliedes: „Nun laßt uns gehn und treten . . ." Der zweite Teil war für die Kinder dieHauptsache: die Gabenverteilung Hervorgehoben sJ hier, daß dieseBescherung keine Armenbescherung ist, sonderndaßalle Kinder zwischen 5 und 13 Jahren Geschenke erhalten. Unter den mächtigen im Lichterglanze strahlenden Tannenbäumen waren sie ausgebreitet, die Gaben für 162 Kinder, nützliche und angenehme Sachen, Mützen und Schürzen, Bälle und Spiele, Bücher und Tücher und vieles andere. Zeitiger als sonst brach diesmal die beschenkte Schar auf, da viele noch zum Kinderfestspiel in den „Löwen" wollten. — Aerztlicher Sonntagsdienst von mittags 1 Uhr «b: Herr Dr. med. Bretschneider. — Ierkelanftrieö. Im Jahre 1913 wurden auf hiesigem Wochenmarkte 8584 Stück Ferkel eingebracht, 1778 mehr als im Jahre 1912. Der Geschäftsgang war für die Verkäufer ein zufriedener. Der Durchschnittspreis stellte sich auf 14-19 Mark. — Weißen, 2. Januar. Am 1. Januar 1914 treten unter den hiesigen Staatsbeamten folgende Veränderungen ein: 1. Bei der Kgl. Amtshauptmannschaft wird Negierungs rat Schubert in gleicher Eigenschaft zur Kreishauptmann schaft Zwickau versetzt. An dessen Stelle tritt Regierungs amtmann Freiherr von und zu Mannsbach, zur Zeit bei der Amtshauptmannschaft Pirna. 2. Bei der Kgl. Bezirks- steuereinnahme: Bureauassistent Haueiß wird unter Be- förderung zum Sekretär zur Bezirkssteuereinnahme Leipzig, Expedient Misselwitz wird unter Beförderung zum Bureau- assistenten zur Bezirkssteuereinnahme Borna versetzt; Expe dient Sorber wird ebenfalls zum Bureauassistenten befördert. Hierher versetzt wird Expedient Opitz, bisher bei der Be- zirkssteuereinnahme Leipzig. (M. T.) — Meißen, 2. Januar. Vorgestern fuhr auf dem Lorlager des rechtsseitigen Pfeilers des mittleren Joches der Eisenbahnbrücke ein fast vollbeladener Kahn fest. Ur sache der Havarie dürfte das um diese Zeit heftige Schnee- gestöber sein, das der Schiffsmannschaft die Aussicht auf die Fahrrinne und die Eisenbahnbrücke verschleierte. — Matter. 2. Januar. Der Wasserspiegel in der hiesigen Talsperre hat fast seinen Höchststand erreicht. Von der Vorsperre ist überhaupt nichts mehr zu sehen. Das Wasser reicht im Paulsdorfer Tale weit hinauf, es staut beinahe bis zur Paulsdorfer Schule. Die Brückenbogen ver schwinden fast gänzlich im Wasser. In der Sperre befinden sich mehr als 8 Millionen Kubikmeter Wssser. — Woßwein, 1. Januar. Gestern wurde durch die Gendarmerie ein schwerer Einbrecher, der im Gendarmerie, blatt gesuchte 30jährige Dienstknecht Spengler aus Dresden, verhaftet, der in Orten der Amtshauptmannschaften Döbeln und Meißen sein verbrecherisches Handwerk betrieben hat. — Grimma. Nachdem die städtischen Kollegien kürz lich die Gehälter der städtischen Beamten aufgebcffert hatten, entsprachen sie jetzt auch einem Gesucht der Lehrer der Bürgerschule um Gehaltserhöhung und bewilligten durch schnittlich 235 Mark Zulage auf die einzelnen Gehaltsstufen, so daß jetzt das Höchstgehalt 4400 Mark beträgt. — Waldheim, 2 Januar. Aus dem hiesigen Zucht- Hause entlassen wurden durch die Gnade des Königs 11 Strafgefangene, und zwar 8 Männer und 3 Frauen. — Zwickau,2 Januar Ueber lOOTaubstummeSachsens weilten am 2 Weihnachtsfeiertag hier. Für sie wurde in der Marienkirche ein besonderer Gottesdienst und nach mittags im Evangelischen Vereinshaus Christbescherung und Bewirtung geboten. — Göerwiesenthak, 2. Januar. Der am Sonnabend mittag im Jungferngrund am Fichtelberg tödlich Verun glückte war der 16Mrige Sohn des Dr. Müller aus Reichenberg, Primaner des dortigen Gymnasiums. — Mautzen, 2. Januar. Gegen das anstößige Tanzen richtet sich eine Bekanntmachung des hiesigen Stadtrates Zuwiderhandlungen werden, soweit nicht schärfere Straf bestimmungen Platz greisen, mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft. — <Lövau, 2 Januar. Einen guten Fang hat die hiesige Polizei gemacht. Es gelang ihr, mit mehreren Privatpersonen in der Nikolaistraße zwei Männer zu er fassen, die sich in auffallender Weise in dem Grundstück des Herrn Goldschmieds und Juweliers A. Marr umher trieben. Man brachte die Verdächtigen ins Amtsgerichts gefängnis. Bei der hier vorgenommenen Visitation kamen eine Anzahl Einbrecherwerkzeuge zum Vorschein. Mehrere Komplicen der Verhafteten sind entkommen. Lrtrachiüng WM Sonntag nam Neujahr. Wir sind in'ein neues Jahr eingetreten, nicht umsonst zählen wir unsere Jahre von Christi Geburr an; denn mit der Erscheinung des Heils in Christo hat das rechte Neujahr der Welt begonnen. Das setzt nun auch unsere Neujahrsfeier in den innigsten Zusammenhang mit dem heiligen Weihnachtsfeste, darum trägt der christliche Neu- jayrstag an seiner Stirn den Namen „Jems" und empfängt seinen kirchlichen Festglanz nicht von sich selber, sondern von dem heiligen Weihnachtsfeste. In Jesu Namen lastet uns daher das neue Jahr beginnen, damit es uns ein Jahr des Heils und des Segens werde. Dann werden wir auch nicht ängstlich fragen: was wird es uns Neues bringen? Denn was dann auch kommen möge, es wird neue Gnade, neuer Segen sein, ob's auch in Gestalt der Trübsal sich kleide. Gehen wir an Jem Hand ins neue Jahr hinein, so sprechen wir getrost: nur frisch hinein, es wird so tief nicht sein Was uns aber freudigen Mut gibt, dies zur Losung fürs neue Jahr zu machen, das wollen wir an zwei Wanderern erkennen. In düstrem Morgengrauen brechen zwei Wanderer aus der gemeinsamen Nachtherberge auf: der eine läßt fröhlichen Muts mit den Sängern des Waldes um die Wette sein Morgenlied hell zum Himmel emporsteigen, während der andere schweigend und in sich versunken seine Straße zieht. Fast ärgert ihn der fröhliche Sinn des andern und er spricht zu ihm: Wie kannst du nur so heiter und guter Dinge sein, da du einen ebenso beschwerlichen Reisetag vor dir hast, als ich und ebenso wenig weißt, was dir heute noch Trübes begegnen kann, ehe du dein Haupt zum Schlummer niederlegen wirst. Jener aber antwortete: soll ich nicht fröhlich sein, da ich der Heime t zupilgere. Mags stürmen und wettern, mögen meine Kräfte ermatten, ich reise doch, daß ich am Abend im trauten Vaterhause ruhen werde, das ich lange, ach so lange schmerzlich vermißte, nach dem ich nnch im fremden Lande täglich gesehnt habe. Da seufzte der andere aus tiefster Brus: Ja, wer ein Vaterhaus hätte! Mein Bruder, bist du der Wanderer, der, wo er am Neujahr seine Wande rung von neuem beginnt, es weiß, duß er ein Vaterhaus vor sich hat, und darum getrost und fröhlich ist, oder der, welcher seufzend seine Straße zieht, weil er eigentlich nicht weiß, warum er Jahr aus Jahr ein seinen P lgersiab in dieser Welt der Sorgen und Mühsale weiter setzen muß? Kannst du mit freudigem Herzen dich in das „Wir" des Apostels einschließen, wenn er spricht: wir sind wohl selm, doch in der Hoffnung. Oder weißt du gar nichts von der Seligkeit der Christenhoffnungen. Ja dann muß es freilich recht schwer sein in das Dunkel des neuen Jahres hinein- zupilgern, wenn man kein Ziel vor Augen hat, dessen Er reichung die Mühe einer beschwerlichen Pilgerschaft, eines heißen Kampfes lohnt. Aber alle, die von ganzem Herzen an Jesum Christum ihren Heiland glauben, sprechen: wir sind wohl selig, nämlich durch den Glauben an den, der in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen. Frei lich der eigentliche volle Besitz dieser Hoffnung bleibt so lange noch etwas Zukünftiges, a s noch von meiner Seite eine Möglichkeit des Abfalls vorhanden ist und wird erst volle Wirklichkeit werden, wenn aller Kampf zu Ende ist, aber der Glaube macht das Zukünftige gegenwärtig; die Hoffnung verklärt die Gegenwart durch den Glanz der Zukunft. Sie ist des Glaubens duftende Blüte, ohne die er so wenig sein kann, als ohne die Liebe. Beklagenswert, wer in diesem Leben nichts zu hoffen hat, dem bleibt von diesem Leben nur die trübe «seite übrig, die Hoffnung, auf die himmlische Heimat aber gießt ein Helles Licht über unser Leben, läßt uns nicht zu Schanden werden und führt uns auch im neuen Jahre der zukünftigen Herrlichkeit entgegen. Vas Mrtlckattsjakr 1913. (Rückblick unseres volkswirtschaftlichen Mitarbeiters.) Nicht allein, um den Vorschriften des Handelsgesetz buches zu genügen, zieht jeder Kaufmann alljährlich eine Bilanz und nimmt eine Inventur auf, sondern um sich d-von zahlenmäßig zu überzeugen, welche Erträge sein Dürde, hat zunächst einer DiSronrermäßigung entgegew^ wirkt. Tatsäc^ich ist da» Börsenjahr denn auch sehr un günstig verlaufen. Die Kurse aller Papiere haben eine starke Senkung erfahren, namentlich gelitten aber habe« die festverzinslichen Papiere. Wenn die Börse jedoch eia unfreundliches Gesicht zeigte, so war nicht allein die Lage des Geldmarktes daran schuld, sondern die Vorahnung der niedergehenden Konjunktur. Es ist ebenfalls eine alte Erfahrung, daß die Kurse der Papiere früher herabgehen, als der Beschäftigungsgrad bei der Industrie ein Nach lasten zeigt. Diesmal hat es sogar ungewöhnlich lange gedauert, bis auch der Beschäftigungsgrad die Merkmale einer Abflauung zeigte. Außer dem Baumarkt, wo wir nun ja schon seit zwei Jahren ein« völlige Stille haben, bat nun auch die Textilindustrie eine Verschlechterung er- fahren, und die Montanindustrie schickt sich soeben an, in daS Fahrwasser der Konjunkturverflauung hineinzuschiffen. Ein Zeichen, daß di« Lag« demnächst ungünstiger werden würde, ist auch die größere Bereitwilligkeit zu Zusammen schlüssen i« der Montanindustrie. Verhältnismäßig am wenigstes betroffen zu sein scheint bisher die Elekirizitäts- industri«, jedoch auch hier dürfte bei einer weiter an haltenden allgemein schlechten Lage die Rückwirkung nicht ausbleiben. Mit besonderem Stolz ist auf die Steigerung unserer Ausfuhrziffern hingewiesen, namentlich auch im Reichs tage. Aber man übersieht dabei, daß die steigende Aus fuhr nicht zum wenigsten darauf zurückzuführeu ist, daß die Montanindustrie im Auslande mit einem schwächere» Absätze zu kämpfen hat und deshalb durch eine verstärkte Ausfuhr einen Ausgleich herbeizuführen sucht. Große Betriebe müssen sich dabei häufig um jeden Preis Arbeit verschaffen, weil sie bei der technischen Vervollkommnung ihrer Betriebe heute nicht den einen Teil stillstehen lassen können, während der andere arbeitet. So müssen sie denn, um sich Arbeit zwecks gleichmäßiger Ausnutzung der Be triebe zu verschaffen, oft Aufträge zu denkbar niedrigsten Preisen erjagen. Und diese Jagd nach Aufträgen ist mehr als alles andere das Kennzeichen einer niedergehenden Kon unktur. Hoffen wir, daß das Jahr 1914 die von vielen Seiten erwartete neue Belebung des Baumarktes infolge der er warteten Verbilligung des Geldes bringen wird. DaL dürfte dann wohl den Ausgangspunkt zu einer neuen all gemeinen Konjunkturbelebung bilden. Geschäft abgeworsen hat, und wie der gesamte Stand des Unternehmens ist. Einmal im Jahre muß dah r auch der Beobachter des Wirtschaftslebens das Wort zu einem Rückblick auf das gesamte Wirtschaftsleben nehmen. Erfreulich ist der Rückblick auf das am Ende stehende Jahr 1913 gerade nicht, namentlich nicht im Vergleich zn seinem Vorgänger. Von dem gewaltigen Aufschwung« des Jahres 1912, der uns auf den höchsten Kamm der Woge der Hochkonjunktur brachte, sind wir nun allmählich in das Tal des Niederganges hinabgeglitten. Wie weit dieses Hinabgleiten sich vollziehen wird, kann niemand sagen, aber allgemein hört man die Überzeugung aus- sprechen, daß diesmal der Niedergang nicht so tief jein würde wie vor sechs bis sieben Jahren. Zuerst merkt man den Niedergang des Wirt schaftslebens am Geldmarkt. So seltsam das klingen mag, aber jedesmal, wenn der Diskont (Wechselzinsfuß> eine enorme Höhe erreicht, erklingt auch das Sterbe- glöcklein der Hochkonjunktur. Denn einen hohen Diskont kann die Industrie auf die Dauer nickt ertragen. Wenn diesmal der Diskont nicht auf die schwindelnde Höhe vow 7^2 Prozent, wie zum Schluß des Jahres 1907, stieg, so war anderseits die Dauer des Sprozentigen Diskonts, der die diesmalige Hochkonjunktur belastete, eine ungewöhnlich lange. Volle elf Monate lang lastete der Druck dieses offiziellen Satzes von 6 Prozent auf dem Wirtschafts leben, was gleichbedeutend mit 8 bis 12 Prozent Zinsen für den Geschäftsverkehr war. Wer die Zweckmäßigkeit dieses langen Festhaltens an dem hohen Diskont, an der „Stabilität" des Diskonts, wie man sich auszudrücken pflegt, kann man getrennter Ansicht sein. Soviel steht fest, daß die Reichsbank, die mit allen Mitteln im vorigen Herbst in der kritischen Zeit an 6 Prozent festhielt, noch bis Mitte dieses Jahres sich in einer sehr wenig günstigen Lage befand. Infolge sehr starker Anspannung wurde- überall im Auslande an den unter dem Einfluß des Balkankrieges im vorigen Herbst eingeführten Sätzen fest gehalten. Allein vorzugehen und den Diskont zu ver mindern, wäre nicht ratsam gemein, denn es harrten zahl lose Anleihen einheimischer und fremder Staaten der Unterbringung. Und damit kommen wir zu der unerfreulichsten Er scheinung des letzten Jahres. Es war ein Jahr starker Ansprüche, die namentlich im ersten Halbjahr sich zeigten. Unter diesen starken Ansprüchen litt sogar die Unter bringung der deutschen Reichs- und preußischen Staatsanleihen. Zunächst hatte man sich nicht sonder lich beeilt und war verhältnismäßig spät, erst im März, mit dem ersten Teil der Anleihe herausgekommen. Den zweiten Teil brachte man dann aber zur allgemeinen Überraschung zu einer Zeit auf den Markt, als die flüssigen Mittel stark durch Ausländsanleihen aufgesogen waren. So kam es, daß im Juni eine preußische An leihe zum erstenmal mit einem Mißerfolg endete. Noch wichtiger aber war, daß unter der stetigen Herabsetzung der Zeichnungspreise die Kurse sanken. Die allgemeine Verteuerung des Geldes wirkte so namentlich aus die langfristigen Gelder zurück. Die Unterbringung von Pfandbriefen ist natürlich mit denselben Schwierigkeiten verknüpft wie die Unterbringung von Anleihen, und so ist Menn allmählich eine schwere Geldteuerung über uns gekommen, wobei die lange Dauer des stabilen Diskonts Adu 6 Prozent auch einen gewissen Teil der Schuld trägt. W»xde dieser Diskont zeitweise, sei es auch nur um 1 oHr 1V- Prozent, niedriger gewesen sein, so würde die Erleichterung des Geldmarktes, die hierdurch zum Aus druck gebracht worden wäre, einen erheblichen Einfluß auf tzie allgemeine Beurteilung des Geldmarktes ausgeübt habest!. Redoch die Sorge, daß bei einer Herabsetzung des Diskwnts nun die Börsenspekulation wieder stark auf- leben' und die weniaen flüssigen Mittel an sich ziehen OeMlcdlanäs Keicktum. 20 Milliarden Spargelder. Der deutsche Botschafter in Washington, Grat Bermiiorff, beschäftigt sich in einem in einer Newporker Lastschrift erschienenen längeren Artikel eingehend mit den Wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen Deutschlands. Der Botschafter kommt in seinen interessanten Aus- Führungen zu folgenden Schlüssen: / „Schon im Jahre 1891 überflügelte Deutschland Frank» /reich. England hat sich auf der Höhe von 1872 nicht halte» /können, und trotzdem die Vereinigten Staaten seit diesem Jahr rein prozentual das größte Anwachsen ihres Außen handels aufweisen, übertraf Deutschland 1911 die Union, dock Ickan um 3000 Millionen Mark (seit 1891 um 38 Pro-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)