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"reuncl- lodunA vr He "rrsu t 1 Zerrten iltlemäem >«ldeo Illr Lckscktc! ' ru kabon ! Minden- zrotksko, klnianu > issoec» rsoder^ - tsrw»oo Nr. 91. 20. April 1927. Grzgebirgifcher Dolksfreund. - m «<«.»-« Oertliche Angelegenheiten. Nach dem Feste. Die Launenhaftigkeit d:s April hat diesmal einen bös artigen Charakter angenommen, denn der Wechsel seines Wesens ist oft - "n^ spross, um ihn als etwas Selbst ¬ verständliches hinnehmen zu können. So sonnig und warm er manchmal über die Erde schritt, lenzbeglückend und die Knospen öffnend, so hart und grausam zeigt er sich wieder in kaltem Windhauch und rieselndem Schnee. Die Hoffnungen, die man auf das Osterwetter gesetzt hatte, haben sich leider nicht erfüllt. Am Sonnabend nach mittag setzte heftiges Schneetreiben ein und an den Feier tagen herrschte kühles, am zweiten auch regnerisches Wet ter, so daß man gezwungen war, an Stelle der Frühlings- kleider den V-l- hervorzusuchsn. Nur in den Mittagsstun den des er!" "eierte"?, wo die Sonne sich zeitweise blik- ken ließ, kr m"- " dichter Kleidung einen Spaziergang zu machen. Im übrigen wurde der Oster» spaziergang durch das Wetter sehr beeinträchtigt. Infolge dessen zogen es die meisten Leute vor. das Osterfest dah^m oder in den Lokalen der Stadt oder deren näherer "Umge- 'nng zu begehen. Wer gehofft hatte, an den Feiertagen ' Land wandern und schon im Freien sitzen zu können, et. "tte eine Enttäuschung. Umso mehr waren die Lokale besucht oder man benutzte die c'naun^ Wetters zu grgemeitiaen "Besuchen, es gab ja Familien genug, wo ein junges Paar seine am Osterfest geschlossene Verlobung in trautem Kreise feierte. Haben so die Osterfeiertage manchen Wunsch offen ge lassen. so waren sie doch ein« Willkomm""" "Erholung von den Mühen des Alltaas d-m mm-ggn für 'die Schul jugend wieder in seine R^" NW Osterferien gehen heute zu Ende, ein neuer Abschnitt beginnt, die Arbeit ruft zu neuem Schassen und Streben — aufwärts und vor wärts — Anser neuer Roman. Der laufende. Roman des E. V. geht demnächst zu Ende. Wir beginnen schon heute mit einem überaus span nenden Werk der beliebten Romanschriftstellerin Emmy von Winterfeld, betitelt „Das Sti'cktüch'le in der Renette Holl"". Auch dieser Roman, der von der ersten bis zur letzten Zeile fesselt, wird wieder die volle Zustimmung unserer Leserinnen und Leser finden. * Reichsüberweisungen an Gemeinden. Der Minister des Innern und der Finanzen geben in einem Runderlaß die Beträge bekannt, die für das Rechnungsjahr 1927 von den Gemeinden und 'Gemeindeverbänden aus den Reichssteuerüberweisungen, aus der, tzauszins- steuer und an Dotationen erwartet werden können, lieber die Haushaltpläne und Steuerverteilungsbeschlüsse der Ge meinden wird das Folgende ausgeführt: Der in dem Reichs gesetz zur Ueberganqsregelung ausgesprochene Grundsatz emer Senkung "oer Rea'ksteuern unkpr 'das am 31. März 1927 gegebene Maß muß das Ziel der gemeind lichen Finanzgebarung sein, seine praktische Durchführung mit allem Nachdruck angestrebt werden. Den Gemeinden werden aus der Einkommen- und Körperschaftsstsuer gegen über den Schätzungen für das Rechnungsjahr 1923 80 bis 90 Millionen Reichsmark und gegennüber dem tatsächlichen Aufkommen für dieses Rechnungsjahr immerhin noch 40 bis 50 Millionen Reichsmark mehr, den Gemetndever- bänden einschließlich der Dotationen gegenüber den Schätzungen für das Rechnungsjahr 1926 24 Millionen Reichsmark und gegenüber dem tatsächlichen Anteil immer hin noch 10 Millionen Reichsmark mehr zufließen, wäh rend die sich aus der Mietsstsigerung ergebenden höheren Fürsorgelasten durch ein« Mehreinnahme aus der tzaus- zinssteuer in Höhe von rund 20 Millionen Reichsmark ausgeglichen sein werden. Wenn aus besonderen Gründen in einer Gemeinde eins Senkung der Realst euern trotz größter Sparsamkeit nicht möglich sein sollte, so müssen die Tatsachen, die dies bringen, bei Aufstellung des Etats und bei der Vorlage des Steuervsrteilungsbeschlusses klar gestellt werden. Dabei wird besonders auf eine zu treffende Veranschlagung der gemeindlichen Einnahmen aus den Ueberweisungssteuern und eins richtige Schätzung der Stsuergrundbeträge der RsälsteuerN zu «kchten sein. Es wird noch darauf hingewtesen, daß dis Genehmigung zur Neueinführung oder Erhöhung der Gemeindebiersteuer nur erteilt werden darf, wenn sichergestellt ist, daß sie durch entsprechende Steuersenkungen auf anderen Gebieten, ins besondere auf dem Gebiete der Reälstsuern, ausojeglichen wird. Auf möglichst rechtzeitige Aufstellung der Haus haltspläne und Beschlußfassung Wer die Steuerverteilungs beschlüsse ist hinzuwirkett. * Die amtliche Großhandelsinderziffer. Die auf den Stichtag des 13. Avril berechnete Großhandelsinderziffer des Statistischen Reichsamtes war mit 134,8 gegenüber der Vorwoche (134,9) nahezu unverändert. Bon den yaupt- gruvpen haben die Agrarstoffe <33.8) ebenfalls keine nen nenswerte Aenderung zu verzeichnen, während die Kolo nialwaren um 0,7 vom Hundert auf 126,8 angezogsn ha ben. Dl« Inde^ifsar für die industriellen Rohstoffe und Halbfabrikate ist um 0,4 v. y. auf 129,3 zurückgegangen, dagegen hat diewnigs d-r '-dultriellen Fertigwaren um 0,4 v. H. auf 1'^ 0 "vaamqe'N. * Die Erwerbstatiakeit der Frauen in Sachsen. In Sach'cn ist die Zahl der erwerbstätigen Frauen ganz besonders hoch, es sind von 2620 229 weiblichen Einwohnern überhaupt 1013142 oder 38,7 Proz. Wenn in einigen Ländern wie Bayern (40,8 Proz.), Württemberg (50 Proz.) und Baden (42,4 Proz.) diese Zahl noch überschritten wird, so ist dies auf den kleinbäuerlich-landwirtschaftlichen Charakter dieser Wirt schaftsgebiete in erster Linie zurückzuführen, in denen die in der Wirtschaft mitbelfenden Frauen als berufstätig mit auf- gefübrt werden. Im Gegensaß zu diesen Ländern^ in denen die Frauen vorwiegend in der Landwirtschaft tätig sind, nimmt in Sachsen die Industrie den Hauptteil der Fräucnkräfte in Anspruch: in ihr sind 545 800 oder 53,9 Proz. aller erwerbs tätigen sächsischen Frauen beschäftigt. Im außcrpreumschsn Durchschnitt sind es 28.6, in Thüringen 38,8 und in Bayern 19,3 Proz. Entsprechend geringer ist dafür in Sachsen natur gemäß der Anteil an der Landwirtschaft mit 136 875 oder 17,1 Proz. saußerpreuß. Durchschnitt 43.6 Proz.). In häus lichen Diensten stehen in Sachsen 94172 Frauen oder 9,3 Proz. Die Zahl der berufslosen selbständigen Frauen beträgt in Sachsen 205 268 oder 7 P Proz. der gesamten weiblichen Be völkerung. eine Zahl, die um ein weniges über dem bisher er rechneten Durchschnitt liegt. Die Zahl der Ehefrauen beträgt 570 348/ ihr Anteil ist 28,6 Proz., er ist verhältnismäßig stark. Seßt man dazu die Zahl der sonstigen Angehörigen — sie im wesentlichen die Kinder umfassen dürfte —, fo gewinnt man hier einen Ausblick auf eine stark zurückgegangene Kinderzahl gerade in Sachsen. Dem 28,6 Proz.-Anteil der Ehefrauen steht in Sachsen ein Angehöriqen-Anteil von nur 24.9.Proz. gegenüber. Vergleichsweise seien folgende weitere Verhält nisse angeführt: Bayern 22,8 :28,5; Württemberg 16,5 :27,3; Thüringen 26,8 : 28,8; außerpreußischer Durchschnitt 25,4:28. In Großstadtgebieten ist im übrigen dasselbe ungünstige Ver hältnis festzustellen wie in Sachsen. Ihrer sozialen Stellung nach sind von den erwerbstätigen Frauen Sachsens 13,4 Proz^ (135 180) selbständig. Diese Zahl wird nur von Berlin (12,7) noch annähernd erreicht. Die außerpreußische Durchschnitts zahl gibt 10 Proz. an. lieber ein Drittel aller gewerbetreiben den selbständigen Frauen (50 620) gehören der Textilindustrie! an, dreimal mehr als selbständige Männer, was sich aus der großen Zahl der Hausgewerbe treibenden Frauen erklärt. Demnächst sind die meisten selbständigen Frauen im Beklei dungsgewerbe 32119 (viel Heimarbeiterinnen) und im Han delsgewerbe (23 42.D - > finden. Das hochentwickelte sächsische Wirtschaftsleben zi naturgemäß auch viele weibliche Ar beitskräfte in die L -, so daß der Anteil der Angestellten und Beamtinnen mit 13,2 Proz. weit über dem Durchschnitt steht. Fast die Hälfte, — 47,7 Proz. (außerpreußischer Durch schnitt 30,7 Proz.) — aller erwerbstätigen Frauen sind in Sachsen Arbeiterinnen, die absolute Zahl ist 483 543. Von ihnen ist fast die Halste allein in der Textilindustrie beschäftigt. * Die neue Ausprägung von 50 - Pfennig - Stücken. Der Reichstag überwies vor kurzem eine Vorlage über Ausprägung von 50 - Pfennig - Stücken in reinem Nickel im Gesamtbeträge von 65 Millionen Reichsmark zur Wei- terberatung an den zuständigen Ausschuß. Diese Vorlage ist auch von der Industrie begrüßt worden, denn die bis herigen 50 - Pfennig - Stücks glichen zu weitgehend den 10-Pfennig-Stücken, sodaß sich im täglichen Verkehr häu fig Verwechslungen ergaben. Außerdem macht es für den in Deutschland reisenden ausländischen Geschäftsmann kei nen sehr guten Eindruck, wenn ein Land mit einer hoch wertigen und stabilen Währung Münzen aus geringwer tigem, in den meisten Ländern nicht üblichen Metall jahre lang auch nach der Stabilisierung noch kursieren läßt. Un sere heutigen 50 - Pfennig - Stücke sind aus Aluminium- Bronze. die zu 91Vs Teilen aus Kupfer und zu 8-/2 Teilen aus Aluminium angefertigt sind, also zum größten Teil aus Kupfer, das vor dem Kriege nur Verwendung für die 1- und 2 - Pfennig - Stücke fand. Es wird deshalb die Rückkehr zu hochweritgen Legierungen auch von der Indu strie sehr begrüßt. * Für die Reichswohnungszählung und die Fest stellung der Wohnungssuchenden am 16. Mail haben jetzt der Reichswirtschafts» und der Reichsarbeits minister die Durchführungsbestimmungen erlassen. In einer Grundstückslistc werden sämtlich: Gebäude und Wohnungen mit den Inhabern eingetragen. Jeder Hauptinhaber einer Wohnung füllt eine Wohnungskarte für sich, "Untermieter und Mitbewohner aus. Anzugeben ist dir Zahl der Zim mer, anderen Wohnräume, Kuchen und sonstige Räume sowie sämtliche Bewohner mit Namen usw. Uebersichten werden angefertigt über dis Gebäude nach der Zahl der Wohnungen, die leerstehenden Wohnungen nach der Zahl der Wohnräume, die bewohnten Wohnungen nach Größe und Zahl ihrer Bewohner, dis Wohndichte, die Belegung mit Untermietern, dis Verwandtschaftsverhältnisse. das Eigentum und der ausländische Besitz. Der Meldbogen Zur Feststellung der Wohnüngssnchsnden muß ausgvfüllt werden, sonst kann man beim Wohnungsamt gestrichen! werden. Der Sächsische Hilfsschullehrerberein hielt dieser Tage in Dresden seine Dertreterversammlung ab. Der Veranstal tung wohnten u. a. Minister a. D. Prof. Dr. Seyfert und Landtagsabgeordneter Hentschel bei. Den wichtigsten Punkt der Tagesordnung bildete die Vorbildungsfragr. über die der Vorsitzende des Bildungsausschusses, Oberleh rer Puls-Leipzig, referierte. Die Vorbildung der tzilfs- schullehrer war bisher unzureichend. Um dis für den Un- As «MW Sek Melle Zelle. Alter Bremer Roman. Von Emmy von Winterfeld-Warnow. (Nachdruck verboten.) 1. Durch die bleigefaßtcn Scheiben der spitzbogigcn Fenster füllt ein breiter Strahl der Nachmittagssonne herein. Eine Helle, klare Herbstsonne ist es, die das Haar der jungen Neueste Kolle wie lauteres Gold aufsprühen läßt. Sie sitzt an dem Nähtisch der seligen Frau Mutter und stützt gedankenvoll den Kopf in die Hand. Was soll sie nun in das zarte Gewebe arbeiten, das in ihren: Schoße liegt, und das ihr die Muhme Elise gestern zu ihrem sechzehnten Namenstage geschenkt hat?" Eigentlich hat Renette noch yar reine rechte Lust zu feiner, mühevoller Arbeit. Aber bei den frommen Schwestern der Dechanatschule hat sie's ja gelernt, so feine Sachen zu sticheln. Und die Muhme sagt, es wird nun Zeit, daß sie ein Iungfräulein wird. Die Zeit des Tändelns und kindischen Spiels sei vorüber. Schade! Es war eigentlich recht hübsch so weit, und sie, die Reni, hätte es auch noch ein Weilchen weiter ohne den be wußten Ernst des Lebens ausgehalten. Aber freilich, mal muß die Kinderzeit ein Ende haben. Die großen Leute sagen's wenigstens! Und sie möchte ja auch nicht ewig die kleine Renette Holle bleiben. Also, was wird sie nun hineinsticken? Ein Vergißmein nicht? Oder ein Vöglein? Ob sie das wohl kann? Die Sticktttcher sind ja die große Mode der Zeit. Man stickt Hände, die sich finden, hinein und flammende Herzen, oder den Namen des Herzallerliebsten. Aber da sie noch keinen hat, tut's wohl auch der eigene Name. Sie sitzt noch und sinnt. Auf einmal lauscht sie. Klang da nicht der Klopfer? . . . Und dann hört sie den schlürfenden Schritt der Muhme, vos Oeffnen der Haustür, einen leisen Aufschrei und dann Die Zimmertür wird aufgerissen, und im Rahmen steht eine große, breitschultrige Gestalt. Den Federhut hat der Mann abgenommen. Die Füße stehen fest und breitbeinig in gelblebernen Stulpenstiefeln. Der Koller ist ein bißchen fleckig, aber zeigt den hohen Offizier. Und nun schreit auch Renette auf. ,.Na, das ist ja unsere kleine Reni! Nun, Kleines, kennt man mich nicht mehr? . . „Der Obristlieutenant, unser Obristlieutenant," schreit sie, springt auf und will in die weit ausgebreiteten Arme eilen. Dock: auf einmal besinnt sie sich. Das schickt sich wohl nicht mehr. Man ist ja sechzehn Jahre alt. Sie bleibt mitten im Lauf stehen, blickt scheu nieder und sinkt dann in zierlichem Knix zusammen. „Ach so," lachte er gutmütig, „man ist jetzt ein Iungfräu lein geworden, und er Ohm Dodo ist ein fremder Herr. Na, kleine Reni, einmal darf er wohl noch, so wie früher, ein Küß lein verlangen. Dann soll's auch nur beim ehrerbietigen Handkuß für das Iüngferlein bleiben. Ist's so recht?" Sie schlägt die braungoldenen Augen auf, lacht, ver schämt, dann aber jauchzt sie hell aui: „Ohm Dodo! Ohm Dodo!" Und dann tut sie, wie er will: läßt sich halten von den festen Männerarmen und läßt sich einen schallenden Kuß auf die rosigen Lippen drücken. Nun schiebt er sie mit beiden Armen von sich ab. Lacht und sagt: „Mso laßt Euch anschauen. Iüngferlein! Muß jetzt wohl auch feierlich Ihr sagen und darf das traute Dit nicht mehr gebrauchen! Wie sagt mein Herr, der Pfalzgraf, nein doch, der König von Böhmen, „ein appetitlich Frauenzimmer!" Ei ja, die kleine Reni ist groß geworden, ist jetzt ein Fräulein Renette!" Und behagliches Schmunzeln glitt über sein bärtiges Ge sicht, in dem die Backenknochen breit hervortraten. „Setzt Euch Loch, Herr Obristlieutenant!" Renette versuchte nicht ohne Geschick, die Tochter vom Hause zu spielen. „Die Muhme wird Euch gleich einen Imbiß besorgen." Das Lächeln in dem ernsten Männerantlitz vertiefte sich. Aber Renette ließ sich's nicht anfechten. Höflich fragte sie: „Und wie kommt's, daß der Herr Obristlieutenant Bremen die Ehre antut?" „Soll ich wirklich nicht mehr der Ohm Dodo sein?" Und auf ihr energisches Kopfschütteln wurde er nun auch ernsthaft und erzählte. Sie horchte aufmerksam und dabei glitt Lie Vergangenheit an ihr vorüber, die Zeit, da er noch der Ohm Dodo gewesen war. Obristlieutenant Dodo von Knipphausen war während Leg Braunschweigischen Krieges in hanseatischen Diensten ge- wesen und damals lange Zeit einquartiert im Hause des Aeltermann Holle, Rencttens Vater. Damals saß das gold lockige, kleine Mädchen mit den Schelmenaugen oft auf Lem Schoße Leg freunblichen Hausgenossen. Sie ging an seiner Hand auf den Wällen und Befestigungen spazieren und lachte, wenn er sie über bröckelnde stellen im Mauerwerk hinüber- heben mußte. So hatte er sie in der Erinnerung. Und nun fand er ein junges Mädchen, groß, schlank, sehr holdselig und zur Jungfrau hcranblühend. Und ein gar warn- 'fühl durchrann den ernsthaften Mann, der die Mitt: de nes- jahre schon hinter sich hatte und in dessen braune . .n sich schon manches -raue Haar mischte. An diesem Herbsttage in den zwanziger Jahren des sieb zehnten Jahrhunderts erschien er als Bevollmächtigter der Evangelischen Union, bei der er Dienste genommen hatte, in Bremen. Er sollte im Auftrage seines Herrn, des zum König von Böhmen erwählten Pfalzgrafen Friedrich an den Rat der Stadt mit dem Ersuchen herantreten, ihm eine Anleihe von 100 000 Taler zu bewilligen. Die Wahl war auf Knipphausen besonders deshalb gefallen, weil er Bremen kannte und mit vielen der Bremer Ratsherren auf freundschaftlichem Fuße gestanden hatte während seines früheren Aufenthaltes in der Stadt. Aber damals war er in hansischen Diensten. Heute kam er als Abgesandter eines fremden Königs. Würde er Glück haben mit seiner Forderung? Sie war hoch! Und ihm selbst .war nicht ganz wohl bei dem Gedanken. Und Loch hatte ihn der Auftrag gelockt wie selten einer in seinen, unruhigen Landsknechtsleben! Bremen Wieder sehen! Und seinen Ratskeller mit den heiligen Apostelweinen von feinster Blume, den lauschigen Ecken und dem geheimnis vollen Zauber, der unter dem Bacchus, Ler in der Flüsterecke webte! Nur die Stadt? Oder nicht auch das holde Kind, das sich so fest in sein Herz geschmeichelt hatte? Renette Holle? Die Reni! Ja, und die nun La vor ihm saß und ihm mit Len strahlenden Augen die Worte von den Lippen nahm. Wie kam's denn, daß er dem Kinde seine Sendung kund gab? Geheim war sie nicht! Aber Loch wohl kaum für die Ohren kleiner Mädchen berechnet. Aber ihm war's so natiir- sich vorgekommcn, daß er ihr von seinen Hoffnungen und Be fürchtungen sprach. „Ja, da müßt Ihr wohl in die Witheitsstubc, Obcrstlieute- nant. Und müßt Euch auf viel Reden gefaßt machen!" Und plötzlich lachte sie hell auf. „Pah! Möchte nicht all das Reden hören, was sie dort auf dem Rathaus in der Wit- heitsstube nun wieder vollbringen werden. Aber sie nehmen's wohl alle sehr ernst und wichtig! Und schließlich sind sie auch unsere hochwohllöbliche Regierung und haben das Wohl und Wehe der Stadt und all ihrer Einwohner in ihren Händen. Möchte nicht Ratsherr sein. Mein Pater ist Aeltermann, und die dürfen wenigstens auch mal widersprechen. Sind gewisser maßen die Gegenregierung, die dort im Schütting tagt, dem feindlichen Rathaus gegenüber! Aber Ihr wißt ja selbst, seit lange genug in Bremens Mauern gewesen und habt schon da- mals manchmal Not gehabt mit den vielen Köpfen, Lie alle regieren wollten. Run müßt Ihr selbst auf die Wohlgencigt- hrit dieser Manner hoffen, wenn Ihr Euer Ziel erreichen wollt." (Fortsetzung folgt.)