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s- — .—-m —> .,»>->,«^». «r. 48. LS. Februar 1SS7. EkAA^!kg^th^k ÄVUlA^kkUNÜ« Verlag L W. Gärtner, Aue. 1. Beiblatt. Das Arbeltsgerichksgesetz. Don Gowerkschastssekretär Kurt Weißflog, Aue. Das vom Reichstag am 23. Dezember vorigen Jahves beschlossen-, am 1. Juli in Kraft tretende Arbettsgerkhtsgesetz ist für weiteste Kreis« von größter Dedeutng. Lo tst deshalb nützlich, sich mit den Bestimmungen dieses Gesetzes vertraut zu machen, und zwar bald, do die Bestimmungen des Gesetzes, die sich mit seiner Durchführung befassen, bereits mit der Der- kündung tn Kraft getreten fiiw. Die Arbeitsgerichtsborkelt oblag bisher nicht weniger als 10 verschiedenen Gerichten und Behörden. Lier will das Gesetz eine Vereinheitlichung schaffen, indem di« neuen Ardelts- gerichtsbehöiLen nunmehr nahezu di« gesamten Arbeitsstreitig, leiten behandeln werden. Di« bisherigen Gerichte für Arbeits- streitigkeiten, Gewerbegerichte, Kaufmannsgerichte usw. werden Aufgehoben. Ueber die Organisation der Arbeitsgerichtsbehörden ist folgendes zu sagen: Man unterscheidet Arbeitsgerichte, das sind die Arbeitsgerichtsbehörden erster Instanz; ferner di« Landesarbeitsgericht« und das Reichsarbeitsgericht. Die Ar beitsgerichte sind selbständige Gerichte. Sie w«rden von der Landesjustizverwaltung im Einvernehmen mit dem Arbeits- Ministerium errichtet, und zwar am Sitze eines Amtsgerichts. Jedoch kann auch für mehrere Amtsgerichtsbezirke «in Arbeits gericht errichtet wenden, oder auch in einem Amtsgerichtsbezirk mehrere Arbeitsgerichte, wenn dies als erforderlich angesehen wird. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sind vor Er richtung und vor dem Erlaß allgemeiner Bestimmungen zu hören. Nach Anhörung der genannten Verbände können be sondere Kammern gebildet werden, insbesondere getrennte Kammern für Arbeiter und Angestellte. Zwingend ist die Er richtung von Fachkammern für Streitigkeiten aus dem Hand werk (Handwerksgerichte). Die Vorsitzenden der Arbeitsgerichte sollen in der Rogel ordentliche Richter sein, jedoch können auch andere Personen berufen werden, di« die Befähigung zum Richteramt haben. Hier werden vor allem die bisherigen Vor- sitzenden der Gewerbe- und Kauftnannsgerichtv zu berücksich tigen sein. Die Beisitzer, Arbeitsrichter genannt, werden aus den Dorschlagslisten der Arbeitgeberverbände und der Gewerk schaften auf die Dauer von 3 Jahren berufen. Sie müssen 25 Jahve alt, nnndestens 1 Jahr ini Bezirk des Gerichts tätig gewesen und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sein. Ge werkschaftsangestellte können vorgeschlagen und berufen werden. Eine Zustimmungserklärung der Dovgeschlagenen ist nicht erforderlich, desgleichen sind die Ablehnungsmöglichkeiten sehr beschränkt. Der Gesetzgeber will damit den Arbeitsrichtevn eine gewiss« feste Stütze geben. Die Heranziehung der Arbeits- richter soll nach einer für jedes Geschäftsjahr äufzustellenden Liste erfolgen. Andere Vereinigungen von Arbeitnehmern als die Gewerkschaften dürfen keine Vorschlagslisten für die Be rufung von Arbeitsrichtern einreichen. — Die Landesarbeits- gerichte werden bei den Landgerichten errichtet, jedoch braucht deren Geltungsbereich sich nicht mit denen der Landgerichts- bezkrke zu decken, auch kann der Sitz an einem anderen Orte sein als das Landgericht, -ein das Landesarbeitsgericht an- gegliedert ist. Me Beisitzer, die auf di« gleiche Weis« berufen werden wie bei den Arbeitsgerichten, müssen 30 Jahve alt sein und sollen mindestens 3 Jahve Beisitzer einer Arbeitsgerichts- behörde gewesen sein. Für die erstmalige Berufung gilt diese Vorschrift nicht. — Das Reichsarbeitsgericht ist ein Bestandteil des Reichsgerichts. Die Berufung der Beisitzer, die mindestens 35 Jahre alt sein müssen, erfolgt durch den Reichsarbeits minister auf Vorschlag der Spitzenorgcmisationen der Arbeit geberverbände und Gewerkschaften. Das Verfahren in erster Instanz, also vor dem Ar beitsgericht, besteht zunächst in einem GUteverfahren vor dem Vorsitzenden oder vor den zugelassenen oder vereinbarten Giite- stellen. Die Innungsschiedsgerichie werden künftig in der Regel solche Gütestellen darstellen. Mr- ein Streitfall im Güteverfahren nicht beigelegt, so kommt es zu einem Beschluß verfahren durch die Kammer und zur Verkündung des Urteils. Dieses Verfahren gleicht dem vor den Gewerbe- und Kauf, mannsgertchten. Rechtsanwälte und solche Personen, die die Vertretung vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, find nicht zu gelassen, dagegen aber Angestellte der Arbeitgeberverbände und -er Gewerkschaften. Nichtmttglieder einer solchen Organisation haben also vor den Arbeitsgerichten keine Prozeßvertretung. — Gegen das Urteil eines Arbeitsgerichts ist Berufung an das Landesarbeitsgericht zulässig, wenn der Streitwert 800 RM übersteigt oder wenn dos Arbeitsgericht di« Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung des Streitfalles zuläßt. Imrerhalb von 2 Wochen nach der Urteilsverkündung muß die Berufung eingereicht sein. Dor den Landesorbektsgerichten besteht An- waltszwang, jedoch können Vertreter der wirtschaftlichen Or- ganisatlonen, also Vertreter der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften, als Anwälte -ugelassen werden und auftreten. — Gegen das Urteil eines Landesarbeitsgerichtes ist das Ver- fahren vor dem Reichsarbeitsgericht zulässig, wenn -er Streit- wert 4000 RM übersteigt. Das Landesarbeitsgericht kann jedoch auch bei einen, geringeren Streitwert di« Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zulassen. Die Revision ist innerhalb von 2 Wochen nach Fällung des Urteils möglich. In besonderen Fällen ist eine sogenannte Sprungrevision möglich, und zwar bei mehr als 4000 RM Streitwert und bei Einwilligung des Gegners. Diese Einwilligung kann jedoch auch durch eins diesbezügliche Entscheidung -es Reichsarbeitsministers ersetzt werden. Dor dem Reichsarbeitsgericht herrscht absoluter An- waltszwang. Die Gebühren weichen von denen -es Gerichtskosten, gesetzes nur für die Arbeitsgerichte, das sind also di« Arbeits gerichtsbehörden erster Instanz, ab. Es wird eine «inmalige GebLihr erhoben, und zwar in Höhe von 1 RM bei einem Streitwert bis zu 20 NM von 2 RM bei einem Streitwert bis zu 60 RM, von 3 RM bei einem Streitwert bis zu 100 NM. Beträgt der Streitwert mehr als 100 RM, so wird für jede weiteren angekongenen 100 RM je 3 RM bis zu einem Höchstbetrog von 500 RM berechnet. Bei einem Vergleich werden keine Gebühren erhoben. Da, wie schon einleitend gesagt wurde, nahezu die qesam- ten Arbeitsstreitigkeiten vor Len Arbeitsgerichtsbehörden künftig ihre Erledigung finden werden, ist es notwendig, sich mit dem Inhalt des 122 Paragraphen umfassenden Gesetzes näher ver- traut zu machen. Im Rahmen dieses Zeitungsartikels lassen sich nur die allerwichtigsten Bestimnrungen an-euten. Das Ar beitsgerichtsgesetz ist ein großer Schritt auf dem Gebiete der Reform unserer Rechtspflege. Wenn es in rechtem Geiste gehandhabt wird, dann wird es sich segensvoll auswirken. E Oertliche Angelegenheiten. D * Um den sächsischen Innenministerpost««. Die demokra tische Landtagsfraktion hat beschlossen, den Geheimrat Prof. Dr. Apelt, Staatsrechtslehrer an der Universität Leipzig, dem Ministerpräsidenten als Kandidaten zur Besetzung des Ministeriums des Innern vorzuschlagen. * Wieder Frieden in der Metallindustrie. Di« beiden Dev. tvagsparteiep m her Metallindustrie haben dem Arbeitsmini sterium gegenüber ihr« Zustimmung zu den am Montag abgeschlossenen Verhandlungen in -er Arbeitszeitfrage erklärt. Die Aufhebung des Streiks und der Aussperrung ist sofort angeordnet worden. Me Arbeit wird heute, Freitag, in vollem Umfange wieder ausgenommen. * Sonderbare Schwärmer. Das religiöse Leben, das in den letzten Jahren sich überall spürbar macht, nimmt leicht, wenn kirchliche Formen fehlen, ein phantastisches Gepräge an. Neuerdings lenlt eine Sekte „sonderbarer Schwärmer" im Erz gebirge die Aufmerksamkeit auf sich. Es ist die seit 1914 exi stierende Sekts der „Lorenzianer". Haupt der Sekte ist der 63- jährige, in Marterbüschel bei Lengefeld lebende Her mann Lorenz, der auf strenge Kirchenzucht unter den Seinen achtet und seinen Anhängern als Prophet oder Mote" gilt. M« Lorenzianer treten nicht aus der Landeskirche aus, sie nehmen nur nicht am Abendmahl teil, während sie Taufe, Konfirmation, Trauung _vs«. anerkennen, auch die Kirchen- steuern zahlen, sich ober im übrigen über die Kirche hinaus- gewachsen und erhaben fühlen. Sie sind überzeugt, daß durch Lorenz Ehr stus und alle biblischen Persönlichkeiten zu ihnen sprechen und lassen ihre Lehren un- Offenbarungen als so genannt« „Pergamente" unter sich kursieren. Sie glauben an das 1000jährige Friedensreich un- sind durch di« Einsegnung ihres Propheten un- durch den auf der Brust getragenen 91. Psalm gegen den Tod geschützt. Sie sind fest davon überzeugt, daß sie nicht sterben können. Ein- tretender Tod ist ihnen nur Selbsttäuschung. Reben dem Lorenzschen Wohnhaus befindet sich, tn ein Fabrikgebäude ein gebaut, -er Tempel, der als Zentralheiligtum gilt. Von hier aus soll dereinst die „Entrückung" erfolgen, für die die Aus erwählten sorgfältige Vorbereitungen treffen. Zufluchtsstätten, sogenannte „Dechanten", sind im Gebirge im weiten Dogen um die „Heilige Stätte" Marterbiischel errichtet, und unter strenger Kontrolle der '„Wächter" hat jeder Gläubige sein Bündel zur Flucht stets geschnürt. * Berufsschädigunge« und deren Bekämpfung. Es ist eine altbekannte Tatsache, daß dem kaufmännischen Berufe weist diejenigen Leute zugeführt werden, die wegen ihrer schlechten körperlichen Verfassung für andere Berufe zu schwach sind. Berücksichtigt man dazu, daß gerade die Arbeit im Kauf mannsberuf« häufig zum Sitzen in schlechter Kontorlust zwingt, und daß das Getriebe des nw-ernen Geschäftslebens ein un gemein starkes Maß von Nervenkraft erfordert, so sind die Feststellungen des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Der- bandes bei den Untersuchungen in seinen Turnergilden, daß 65 v. H. derKaufmannsjugend gesundheitlich gefährdet sind, leider nur zu erklärlich. Um diesen Er scheinungen, vor allem bei der Jugend, entgegenzuwirken, hat der Deutschnationale Handlungsgehilfen-Verband, di« Gewerk- schäft der deutschen Koufmannsgehilfen, äuf seiner Iugendburg Lobeda die Heilstätte für die deutsche Kaufmannsjugend er richtet. Me Erfahrungen und Erfolge der hier angewandten neuen Heilweis« — Leibesübungen entsprechen den Schwächen -es Einzelnen — veranlaßten ihn, die Heilstätte noch weiter auszubauen. Für 35 RM können Kaufmannslehrlinge einen solchen dreiwöchigen Kurgang besuchen. Verpflegung, Unter- kunft, ärztliche Beratung, sind in diesen Bettag mit ein geschlossen. Wer die Heilstätte besuchen will — -er erste Kur gang beginnt am 25. April un- ist schon fast besetzt —, wen-e sich an die Abteilung 14 des Deutschnationalen Handlungs- gehilfen-Verbandes, Hamburg 36. * Beschränkte Haftung der Eisenbahn für Wiegefehler. Nach der Eisenbahn-Verkehrsordnung ist die Eisenbahn berech tigt und bei Stückgutsendungen, sowie auf Anttag bei Wagen- ladungen auch verpflichtet, das Gewicht der ihr übergebenden Gütersendungen festzustellen. Für die Gewichtsermittlung der Wagenladungen wird eine bestimmte Gebühr erhoben. In der Geschäftswelt wird nun ost das eisenbahnseitig festgestellte Gewicht, das nur für die Zwecke der Frachtberechnung dienen soll, auch als Greundlage für die Preisberechnung bei Kauf geschäften benutzt, in der Annahme, daß die Eisenbahn für die Richtigkeit ihrer Verwägung in jedem Falle efnzüstehen habe. Mess Ansicht ist irrig. Die Eisenbahn w S g e einrich - tun gen sind nicht be st immt, das Gewicht mit öffentlichem Glauben fest zu stellen, sie dienen lediglich den Belangen der Eisenbahn zur Feststellung der Unterlagen für den Frachtvertrag. Aus diesem Grunde wird die Eisenbahn für etwaige Fehler in der Gewichtsermittlung nur insoweit haften, als sie auf die Frachtberechnung und die Erfüllung des Frachtvertrages von Einfluß sind. Wenn der Absender das bahnseitig festgestettte Gewicht für andere Zwecke als zur Sicherstellung seiner Ansprüche aus dem Frachtvertrag verwendet, so tut er dies auf.eigene Gefahr. Um sich vor Wiegefehlern zu schützen, kann er von dem Recht der Teil nahme an der Verwägung Gebrauch machen. * Zur Förderung der Bequemlichkeit d«r Reisenden soll die Reichsbahn beabsichtigen, jedes Abteil fernerhin nur pelrwLsSn! j^ekmen Lie Lese Zünstigs OeieZenbeit wubr! In seM Skunks selten 8ÜN8ÜA68 Angebot! blur Oarsnüeware trotz 6er kreisermäkiAunx! i Oroüe ^uswabl in ^üeksvn, Sekuilsr-Xrsgsn IVIutfsn, sowie Xinasr-Ssrnilursn. Vslour-, u. SlrokkMs —SekMsrmMron. 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