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llrtelle <l«v Ispaner über Europäer. Man sagt den Japanern Falschheit nach, denn während die in englischer Sprache geschriebene offiziöse .Japan Times" immer in Ausdrücken höchsten Entzückens von der europäischen Zivili sation spricht und die klugen Japs in Bewunderung des Europäertums er sterben läßt, enthalten die in japanischer Sprache geschriebenen Zeitungen fast täglich die gröbsten Beschimpfungen und Verunglimpfungen der europäischen Kultur und ihrer Vertreter. Dasselbe Benehmen zeigen sie im Umgang. Wenn Europäer einen javanischen Laden be treten, empfängt und begrüßt der Ländler sie mit seinem liebenswürdigsten Lächeln, legt seine Hände rum Zeichen seiner Unterwürfigkeit und Demut auf die Knie, schluckt geräuschvoll seinen Speichel ein, was nach dem japanischen Knigge als ein Zeichen größter Hochachtung gilt, und murmelt dann die klassische Be- grüßungSsormel für Europäer vor sich hin: dieser Gruß aber lautet, wörtlich übersetzt: .Ich wünsche Ihnen respekt vollst guten Tag, Herr . . . Schafskopf!" Nach dieser feierlichen Begrüßung muß der ganz beglückte und entzückte Euro päer für die Ware, die er kaufen will, das Doppelte oder Dreifache des üblichen Verkaufspreises zahlen. Man gehe nur einmal durch eine Straße von Tokio, dort wo es nicht mehr die recht ober flächliche europäische Tünche trägt: man kann ganz sicher sein, daß man sofort von ganz Jung-Japan eskortiert wird, und daß die Herren Gassenjungen den Fremdling unter allerlei Gebärden ver folgen und ihn in der ordinärsten Weise beschimpfen. Das ist die gastliche Auf nahme, die die japanischen Kinder den verachteten Europäern bereiten. Kinder geschwätz, wird man sagen, aber die Jungen zwitschern nur, wie die Alten sungen. DW vom fahrmarkt de; Heyen; WsM NcberlcbLtrungs. Ein Grundübel unserer Zeit ist die Überschätzung im allgemeinen: die Über hebung über seinen Stand, über seine Verhältnisse, das Mehrseinwollen, als wozu Geist und Geld berechtigen. Es ist, als wollten hie Bäume in den Himmel wachsen. — Man sieht das in kleinen Verhältnissen wie in großen; jeder will mehr sein wie sein Nachbar, oder mehr scheinen: und die Folge davon sind die vielen verfehlten Existenzen. — Man sucht und hascht nach vornehmen Bekanntschaften, man drängt sich in Gesellschaften, in die man nicht gehört, und verfeindet sich deshalb nur zu häufig mit den einfachen, ehrbaren alten Eltern, mit Geschwistern und Bekannten. Nie mals mehr denn gegenwärtig gilt der Spruch: .Strecke dich nach deiner Decke!" Vie Verleumclung. Die Verleumdung gleicht dem zur Larv^ne anwachsenden Schneeball: ein ursprüngliches Achselzucken kann, falsch gedeutet und in Worte umgesetzt, aus einem Ehrenmann einen Ehrlosen machen. — Erlittene Unbill ganz allein zu tragen, die darüber aufsteigenden bitteren Empfindungen zu meistern, dazu gehört ein« nur wenigen verliehene Seelen- üärke. Kann man sich darüber aus- iprechen, so verpufft der Zündstoff, aus dem die Rachegedanken aufblitzen; es ist sozusagen ein Sicherheitsventil gegen die rächende Lat. — Wenn die Meute be ¬ sonders eifrig ist, Freund und Feind sich zum Äcrnichtuvgs/vcrc die Hand reichen, dann darf man sicher annehmen, daß eS sich um Edelwild, um einen Menschen jener Art handelt, die sich stark und zu gleich berechtigt fühlt, ihre eigenen Wege zu gehen: solche selbständige Naturen erwecken leicht den Neid, der immer seine gelbe Fabne zu entrollen bereit ist, uni allem Guten und Edlen den Krieg zu erklären! — Es ist nichts schwieriger, als der Quelle einer Ver leumdung nachzuspüren, da Verleumder immer noch Feiglinge sind, die nur unter starker Deckung und aus sicherem Hinterhalt ihre ehrtötenden Pscile ob- schießen. Geduld ist etwas, was man bei anderen vermißt, wenn man es selbst nicht hat. Man ist verzweifelt wenig, wenn man weiter nichts ist als ehrlich. * Das Alter macht zwar immer weiß, aber nicht weise. * Die meisten unserer Fehler erkennen und legen wir erst ab, wenn wir sie an anderen entdeckt haben. * Die Fehler, welche man entschuldigt, und die Leidenschaften, welche man ver zeiht, sind stets nur die eigenen. * Wer nicht an Tugend glaubt, hat selber keine. * Je gewöhnlicher die Menschen sind, um so mehr« Ähnlichkeit haben sie mit ihren Mitmenschen. und ernst 6eirtesgegen«»ri. Der einst sehr be rühmte Schauspieler Ludwig Devrient gastierte einmal in einer Proninzial- fiadt. In dem Hotel, woselbst der Künstler abgestiegen, kam es zwischen ihm und einem jungen Herrn aus einer der ersten Familien der Stadt zu einem Wortwechsel, wobei der junge Herr den kürzeren zog und, weidlich ausgelacht, sich entfernen mußte. Er beschloß, sich zu rächen, lauste zur nächsten Vor- flellung, worin Devrient auftrat, eine grobe Anzahl Billetts und verteilte sie an allerhand Subjekte unter der Be dingung, den berühmten Mimen bei jedem Abgang auszupfeifen. Der „geadelte Kaufmann" wurde gegeben, und Devrient in der Tat, trotz seines meisterhaften Spiels, fort und fort durch die bewußte Clique ausgepfiffen, was ihn aber nicht im geringsten zu beirren schien. Als jedoch nach der Szene, wo er mit seinem Hausmeister tobt, wiederum der ver hängnisvolle Lärm laut wurde, ergriff er plötzlich den Mitspieler bei der Brust und improvisierte: „An nichts denlt auch der Schurke! Er kann es ruhig im ganzen Hause pfeifen hören und sorgt doch nicht für Nattenpuloer!" Das schlug durch. Ein homerisches Gelächter erhob sich, dem donnernder Beifall folgte. Die Clique hatte nicht mehr den Mut, noch einen Laut hören zu lassen: Devrients Sieg war ein vollkommener. In böseren keamtenkreisen Wiens erregte einmal die auffallend schnelle Beförderung eines nicht sehr beliebten Mannes Aufsehen, denn seine Verdienste bestanden im wesentlichen nur darin, daß er sich durch allerlei kleine Dienste bei hohen Persönlichkeiten unentbehrlich zu machen gewußt batte. Kurz nach jenem allgemein auffällig bemerkten Avancement ivar der so Beförderte in einer Gesellschaft mit einem durch seine Aufrichtigkeit bekannten Wiener Univer sitätsgelehrten zusammen. Der Günstling des Glückes renommierte mit Bescheiden heit, indem er zu jenem Professor sagte: „Was mich am meisten wundert, ist der Umstand, daß ich meine jetzige Stellung erlangt habe, ohne auch nur irgendeinen Schritt dazu zu tun." — „Das glaube ich", erwiderte trocken der Gelehrte, „wenn man kriecht, geht man nicht." Oie tOcktlge OLuskrau. Eine junge Frau, die wie viele ihres Geschlechts im Küchenwesen sehr unerfahren war, hatte zuni erstenmal Gäste bei sich. Für die nicht unbeträchtliche Anzahl derselben war nur eine Gans bestimmt. Da die junge Frau des Tranchierens unkundig, übernahm eine ältere Freundin diese Arbeit. Bald war die Gans vollständig ausgeschnitten und nur das Gerippe blieb übrig. Verlegen wendete sich die Freundin an die Wirtin: „Was sollen wir tun, die Gans ist zu Ende." Die Wirtin blickte erschreckt auf das Gerippe und rief erstaunt: „Ja, um Himmels willen, ich bin betrogen worden, das Ding ist ia innen hohl." Küche und Keller Kllerte! Lackwerk. Nußbrot. Vier ganze Eier werden mit 250 Gramm feinem Zucker recht chaumig geschlagen, dazu kommt ein Stückchen getrocknete, gefloßene Vanille, eine Messerspitze Hirschhornsalz, drei- viertel bis eine ganze Tafel sein ge riebene Schokolade, 250 Gramm feines Mehl und zuletzt die ausgelösten Kerne von 2 bis 3 Pfund Haselnüssen (mit der Schale gewogen). Liese Masse füllt man in die mit Butter ausgestrichene und mit geriebener, gesiebter Semmel ausgestrcute Tortenform und bäckt sie in nicht zu heißem Ofen. Zimtstangen. Aus 300 Gramm rischer Butter, 375 Gramm Mehl, 125 Kramm feinem Zucker und einem ge häuften Teelöffel feinem gemahlenen Zimt wird ein Teig gemacht und so lange bearbeitet, bis er Blasen wirft, davon rollt man bleistiftdicke Stangen aus. schneidet sie in beliebig lange Stücke, bestreicht diese mit Eiwcißschnee und Zucker, legt sie auf ein mehlbestäubtes Blech und backt sie bei ziemlicher Hitze im Ofen. Brot-Roulade. Sechs Eigelb rührt man mit 150 Gramm seinem Zucker zu Schaum, fügt 80 Gramm ungescyälte ge riebene Mandeln, ebensoviel geriebenes Schwarzbrot und den Sch-ee von drei Eiweißen dazu und streicht den Teig zolldick auf ein gebuttertes Kuchenblech. Nach dem Backen im mäßig beißen O^en streicht man eine seine Obst-Marmelade darüber, rollt den Kuchen zusammen und schneidet ihn nach dem Erkalten in Stücke. Spekulatius, ff- Pfund Butter, ffs Pfund Zucker, 1 Pfund Mehl und 2 ganze Eier werden auf eimm Back- brett mit einem Päckchen Backpulver untereinander gemengt, dann z» einem Kuchen gut messerrückendick auseinander gewel.t, mit Blechformen ausgestoaen, auf em mit Butter bestrichenes Blech gelegt und schön knusperig gebacken. Es empfiehlt sich, das Gebäck in Blechdosen aufzubewahren, damit es längere Zeit knusperig bleibt. ILu^lök^-igen »us voriger Kummer» Arithmetische Belustiguu-en: 1. 36 Mann. 2. 33 Fische, 3. 12 Uhr. WchM für MW Urschet«» wöedeittttch dreimal und zwar DienStag-, Dovuerstag- und Sonnabends. Inserate werden iag« vmche» bi- mittag- ll Uhr angenommen. Bez-g-preis in der Stadt v«tr,tl,Sdilich 1.40 Mk. frei kl« Hau-, odgeholt von der Expedition 1.30 Mk. durch dir Post und unsere LandauetrSger bezogen 1,54 Ml. unä vmgegetiä. Amtsblatt Insertion-preis Id Psq pro iffniaespoHene KvrpnSzrUc. Außerhalb de- AmtSg-richtsbezlrk- WilSdruff 20 Psg. Klage enigezoqen werden muff ob. der Auftraggeber in Konkurs geult. Fernsprecher Nr 6. - Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. Mr die König!. KmtshauptmannschaN Meilsen. Mr das König!. Smlsaericht und den Stadtrat ru Wilsdruhf sowie Mr das König!. Forstrentamt zu Tharandt. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag: Arthur Zschunke in Wilsdruff 191z Unseres Kameraden 7rau Erzählung von Margarete Pochhammer. (3. Fortsetzung.) Wahrlich, ein bescheidener Wunsch! Und bei den Gepflogenheiten auf unseren Schiffen auch durchaus erfüllbar. Die einzige Schwierigkeit lag in der Entfernung von Caracas. Es gehörte zu dem Ausfluge mindestens ein ganzer Tag. Wurde der letzte Zug versäumt, so mußte sogar in La Guayra übernachtet werden. Und das war nicht nur unbequem, es hatten dazu die Herren auch selten Zeit. So war es gekommen, daß wir in diesem Hafen noch sehr wenig Besuch an Bord gesehen hatten. Ich steckte mich hinter den ersten Offizier, der immer für gemütliche Verabredungen aufgelegt war. Der Kom mandant willigte ein. Und so wurde für einen Donnerstag im August, den Tag, ehe wir wieder mal Anker auf geben sollten, ein größerer Besuch auf der „Victoria" festgesetzt. Die deutsche Kolonie wollte ein paar Vertreter senden. Sogar der Ministerresident und seine Gattin hatten zu gesagt. Von Einheimischen wurde außer einigen anderen selbstredend das Ehepaar Manzanares und Herr Jambados erwartet, ohne deren Begleitung Fräulein Wengers nicht zu haben war. In La Guayra sollte sich noch der deutsche Konsul mit seiner hübschen, jugendlichen Frau an schließen. — Ich bekam den willkommenen Befehl, die ganze Sache in Szene zu setzen. Tadellos war alles zur richtigen Stunde bereit: Flaggenschmuck, Sitzgelegenheiten, Sekt, Büfett — und die Musik zur Begrüßung. Dabei hatte ich aber auch nicht versäumt, meine Kammer in gewohnter Weise für Damenbesuch aufklaren zu lassen. Der Schwamm beutel war verschwunden, ein reines Handtuch obenauf gehängt, alles Herumliegende verstaut, auf dem Schreib tisch extra Staub gewischt. Das Mützenband lag in der oberen Schublade. Der erste Kutter wurde klar gemeldet, eilig sprang ich hinein, und meine Leute ruderten, was das Zeug hielt, dem Ufer zu. Die Gesellschaft, die da an der Landungsbrücke stand, war größer, als wir erwartet hatten. Ich übersah sofort, daß sie in dem Kutter nicht Platz finden würde, und dachte ärgerlich daran, zweimal überfahren zu müssen und da durch eine kostbare halbe Stunde zu verlieren. Den Damen der Würdenträger wurde zuerst ins Boot geholfen. Dann folgten der Ministerresident und zwei deutsche Kaufleute mit ihren Frauen. Dann Carola. Der Konsul stand am Ufer und leitete die Einschiffung. Ich nahm mit kräftigem Griff die Herrschaften im Boote in Empfang. Wie ich eben Herrn Jambados die Hand reichen will, damit er gleich nach seiner Braut einsteigen kann, löst sich aus der Gruppe von Neugierigen, die ja bei solchen Ge legenheiten immer herumsteht, ein verkommen aussehender, betrunkener Mensch, stößt Herrn Jambados zur Seite und springt mit einem gewagten Satze in unser Boot. Ihn rauswerfen, war natürlich das Werk eines Augen blicks. Aber nun stand er da auf der Landungsbrücke, versperrte den Weg und parlamentierte mit heiserer Stimme (Nachdruck verboten.) halb spanisch, halb deutsch. Ich hörte so viel heraus, daß er behauptete, einen Bruder unter den Matrosen an Bord zu haben. Zu dem wollte er. Ich bedeutete ihm, dazu wäre jetzt keine Zeit. Und als er nicht Platz machte, ließ ich ihn beiseite schieben und streckte wieder die Hand nach Herrn Jambados aus. Aber ehe der sie hatte ergreifen können, war der Kerl schon wieder wie eine Katze herangesprungen, drängte sich zwischen den Spanier und das Boot und schwang sich zum zweiten Male herein. Erzürnt über diese beispiellose Unverschämtheit, wollte ich ihn wieder ergreifen und diesmal etwas energischer befördern lassen, als Fräulein Wengers unseren Be mühungen zu Hilfe kam. Sie streckte wie von ohngefähr die Hand mit dem Fächer aus, — und hintenüber taumelte der Bursche, durch die unerwartete Bewegung erschreckt, und fiel rücklings aus dem Boot auf die nassen Steine. In diesem Augenblick setzte allgemeines Gejohle ein, und drohend avancierten noch ein paar zweifelhafte Gestalten. Die Menge nahm Partei für den Gemaß regelten, der mit Fluchen und Schimpfen ans Ufer kroch. Die Situation wurde kritisch. Und da ich ja doch nicht alle unsere Gäste auf einmal mitnehmen konnte, gab ich den Befehl, sofort abzusetzen und an Bord zu fahren. Es war die einfachste Art, dem widerwärtigen Auftritt ein Ende zu machen. Das, glaubte ich, würden auch unsere zurückbleibenden Gäste einsehen, denen ich noch zurief: Ich komme gleich wieder, bis dahin werden sich wohl die Leute beruhigt haben. Vorläufig setzten sie freilich das Schreien und Toben fort, und zu meinem Schrecken bemerkte ich, daß Steine rechts und links neben dem Boot ins Waffer klatschten. Der Fähnrich am Ruder bemerkte es auch und freute sich, daß es mal etwas Außergewöhnliches gab. Er richtete sich noch strammer auf und sah mit einem geradezu strahlenden Blick zu mir hin. — Mir war nichts weniger als angenehm zumute. Denn wenn jemand getroffen wurde, so konnte das eine ganz nette Verwicklung geben, für die ich sozusagen die Verantwortung trug. Gott sei Dank, noch schien ja nichts passiert zu sein. Eben denke ich das — und sehe, wie Fräulein Wengers ihr Taschentuch an die Schläfe preßt, und wie es sich rot färbt, und wie das Blut ihr durch die Finger quillt. Ich reiche ihr mein frisches Tuch. Sie greift danach mit der freien Hand — und greift in die Lust, wird leichenblaß und schwankt. Ich, alles andere vergessend, schwinge mich auf den leeren Platz neben ihr, wo ihr Bräutigam hatte sitzen sollen, und schlinge meinen Arm um sie. Schwer sinkt ihr Kopf auf meine Schulter, ihre Hände gleiten matt in den Schoß, und das Blut rieselt von der linken Schläfe, herunter. Vom Strande her tönt noch einmal ein gellenden