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In ergreifenden Worten sprach ein Vertreter der Arbeiter schaft dem dahingeschiedenen Arbeitsherrn innige Dankes- worte mit dem Gelöbnis, das gegenseitige Vertrauen auch auf die neue Leitung übertragen zu wollen. Für die vielen Wohltaten, die der Verschiedene der Schule in Dresden- Plauen hat angedeihen lassen, sprach zuletzt der Schuldirektor, Herr Ewald Schmidt. Unendlich groß war die Zahl der Leidtragenden, die die Halle nicht zu fassen vermochte. Fast sämtliche großen Industrie-Etablissements waren vertreten, an der Spitze des Verbandes Sächsischer Industrieller Herr Geh. Kommerzienrat Lehmann. Unter Orgelbegleitung wurde dann der Sarg hinausgetragen, voran die Fahnen der Scheibenschützengesellschaft, des Werkmeisterverbandes und die Standarte der Klempner-Innung zu Dresden. Auf dem Wege nach der Gruft stand die gesamte Arbeiterschaft mit dem Blumenschmuck, den die Halle nicht zu fassen ver mochte, Spalier. 68 brennende Fackeln der Freiwilligen Fabrikfeuerwchr begleiteten den Sarg bis zur Gruft. Als der fast endlose Zug anlangte, widmete der Männergesang verein „Anton Reiche" dem Verstorbenen das Lieblingslied „Laßt mich gehn". Gebet und Segen des Schwiegersohnes, Divisionspfarrer Schneider-Mageburg, und das Lied „Da unten ist Frieden" beendeten die Feier. — Langsam, einer Wolke gleich, leerte sich der Friedhof, wohl alle hatten die selben Gedanken: „Wir haben einen guten Mann begraben, uns aber war er mehr". — Herzliche Aitte. Wie in jedem Jahre, so klopft auch in diesem der Sammler für den Gustav Adolf-Verein an die Türen. Wird man ihm sein Herz verschließen? Wird man ihn unwillig abweisen, verärgert darüber, daß „das Sammeln gar nicht aufhöre?" Aber die Not der Evangelischen in der Zerstreuung schreit um Hilfe. Soll der Notschrei ungehört verhallen? Nein und abermals nein. Jeder denke bei sich: für den Gustav Adolf-Verein habe ich schon noch etwas, und jeder erinnere sich der Mahnung des Apostels: „Lasset uns Gutes tun an Jeder mann, allermeist aber an des Glaubens Genossen". So öffne, freundlicher Leser, Herz und Hand und opfere deinem Gott Dank. Die evangelischen Brüder und Schwestern wollen nicht vergebens rufen: „Lasset uns Gutes tun und nicht müde werden"! Gott walt's! — Weber eines Weibes Kraft. Die bekannte Autorin „Käthe Langenmayr" schildert uns in ihrem neuen Roman, mit dessen Abdruck wir jetzt in der Unterhaltungs beilage beginnen, in der packendsten Weise die Seelenqualen eines Weibes, das nicht die Kraft besessen, der lockenden Stimme der Versuchung zu widerstehen Sie bringt uns menschlich ihre Gestalten so nahe, daß wir Sympathie für sie empfinden müssen, obgleich sie vom rechtlichen Wege ab gewichen. — Denn ein jeder wird sich selbst eingestehen müssen, daß eine Schwäche verzeihlich ist, wenn in der Ferne goldene Berge winken! — Doch das Gewissen kommt nicht zur Ruhe; es nagt und bohrt und mahnt seinen Besitzer an die Schuld, die er mit sich herumschleppt. Und von Ge wissensbissen gepeinigt, vertraut das arme, gequälte Weib seinem Tagebuch sein Geheimnis an, ehe es sich einem höheren Richler stellt. Wir alle werden die einzelnen Phasen der Qual und Pein mit Spannung auf die Lösung ver folgen, und sicher wird der Roman bei allen Leiern unge teilten Beifall finden. — Weucste Mlder vom Jage, ausgehängt in den Fenstern unserer Geschäftsstelle: König Friedrich August von Sachsen als Hochtourist im Ortlergebirge. — Vom 12. deutschen Turnfest in Leipzig — Bilder vom Kriegsschauplatz. — Prinz August Wilhelm und Eitel Friedrich von Preußen in London. — Die Möhnetalsperre bei Soest in Westfalen. — Französische Kolonialtruppen während der Parade. — Wetteranssichten für heute: Westwind, kühl, wolkig, zeitweise Niederschlag. — Luftwärme gestern mittag -s- 16" O. — Landgericht Dresden. Der 1892 in Warnsdorf geborene, zweimal wegen Diebstahls vorbestrafte Steinschleifer und Kuhmelker Julius Hermann Korsinek kam am 25. August auf der Wanderschaft nach Lampersdorf bei Wilsdruff, übernachtete in der Futterkammer eines Gutsbesitzers und nahm beim Abschi.d ein Jackett mit fort. Im November arbeitete K. einige Tage in Langenau bei Görlitz, ver schwand am 27. November heimlich, da er wegen des ersten Diebstahls bereits verfolgt wurde, und stahl einem Arbeits- genossen ein Paar Stiefel, ein Jackett und einen völligen Anzug. In den Taschen des Anzuges befanden sich ein Portemonnaie mit 55 Mark Inhalt, ein Revolver und Legitimationspapiere. K. erntet 10 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrenrechtsverlust; 3 Wochen gelten als verbüßt — Die 1891 in Dresden geborene Dienstperson Marie Martha Alma Seifert ist wiederholt und erheblich wegen Eigentumsvergehen vorbestraft und verbüßt gegenwärtig in Großvoigtsberg eine einjährige Gefängnisstrafe. Sie wird jetzt beschuldigt, am 18. Februar 1912 in Limbach einer Dienstgenossin einen Gürtel und ein Paar Strümpfe gestohlen und am 28. Februar eine Gutsbesitzersehefrau in Kauf bach um 3 Mark Mietgeld betrogen zu haben. Das Ur teil lautet auf eine Zusatzstrafe von 1 Monat Gefängnis, bezüglich des der Angeklagten zur Last gelegten Betrugs auf Freisprechung. — Kausvach, 21. Juli. Umgeben von einem großen Kreis von Kindern und Enkeln feierte am 19. Juli unser früherer Schmiedemeister Schubert mit Frau das goldene Ehe- und Ortsjubiläum in geistigerundkörperlicher Frische Zahlreich waren die Glückwünsche, Geschenke und Ehrungen, die dem allgemein geachteten Paare von allen Seiten entgegengebracht wurden. Das Konsistorium ließ nach feierlicher Einsegnung eine Ehrenbibel überreichen. Die Gemeinde Kaufbach gab durch ein allgemeines Geschenk ihrer Hochachtung und Vcr- ehrung Ausdruck. — Dresden, 18. Juli. Das Deutsche Turnfest in Leipzig macht sich auch in Dresden bemerkbar. Am gestrigen Tage sah man außerordentlich viel Turner in den Straßen der Residenz. Mit besonderem Interesse besuchten sie die Flugzeugausstellung im Städtischen Ausstellungspalast Ueber die dort gezeigten hervorragenden Kriegsflugmaschinen herrscht allgemeine Anerkennung. — Dresden, 21. Juli. Zur Ausführung baulicher Aenderungen am Schlosse Scharfenberg und von Bauten und baulichen Aenderungen in seiner Umgebung hat die Königliche Kreishauptmannschaft Dresden auf Grund von 8 8 Absatz 1 des Gesetzes gegen die Verunstaltung von Stadt und Land verordnet, daß die baupolizeiliche Genehmi gung zur Ausführung derartiger Aenderungen und Bauten zu versagen ist, wenn die Eigenart des Schlosses oder der Eindruck, den es hervorruft, durch die Bauausführung be einträchtigt werden würde — Dresden, 21. Juli. Am Mittwoch, den 23. d. M., nachmittags 6 Uhr, wird das militärische Fluggeschwader, das jetzt im Ausstellungspalast ausgestellt wurde, Flug- Vorführungen abhalten. Der Königlich Sächsische Verein für Luftfahrt läßt bekanntgeben, daß das Betreten des ganzen Hellers am 23. Juli, nachmittags von 4 Uhr ab für Zivilpersonen nicht gestattet ist, daß jedoch für Zuschauer ein ausgedehnter Platz reserviert ist, zu dem man bei der Artilleriekaserne 48 herum (vom St. Pauli-Friedhof aus) gelangen kann. — Langenstriegis bei Frankenberg, 21. Juli. Der Landwirtschaftliche Kreisverein im Erzgebirge wird die diesjährige Jungviehschau auf der hiesigen Genossenschafts weide abhalten. — Leipzig, 19. Juli. Um vielfachen Wünschen, ent gegenzukommen, hatte die Leitung der Internationalen Bau fach-Ausstellung bei dem Rate der Stadt Leipzig um die Erlaubnis nachgesucht, die Polizeistunde auf dem Ausstel lungsgelände verlängern zu dürfen. Diesem Gesuche ist jetzt von dem Rat in der Weise entsprochen worden, daß die Schlußzeit für die Ausstellung auf 2 Uhr nachts festgesetzt wurde. Es wird diese' Erweiterung des Ausstellungsbe- lriebes sicherlich nicht nur von allen Besuchern, sondern vor allem auch von den mannigfachen Unternehmern mit Freuden begrüßt werden. Kunä um äie Mocbe. lDie Welt auf Reisen.) Es find ja fast überall Ferien, und viele, die etwas besitzen oder auch etwas — geborgt haben, gehen an die See oder ins Gebirge oder wenigstens vors Tor ins Gehölz, — und wer keine Ferien hat, der macht sich welche, indem er wenigstens den einen oder anderen Tag sich frei hält. Ist es da ein Wunder, daß das Gerücht auftaucht, auch König Ferdinand von Bulgarien sei verreist, weile nicht mehr in Sofia, sondern auf seiner Jagdbesitzung in Ungarn? Nein, kein Wunder, aber es wäre nicht hübsch von dem bis vor kurzem vergötterten König, wenn er sich jetzt still — entfernte, wo die Karre schief geht, und daher können wir dem Gerücht noch nicht recht glauben. Sogar ein Bulgarenkönig (obwohl da unten manchmal mit anderem Maß gemessen wird) gehört an die Spitze der Armee, wenn die Landeshauptstadt bedroht ist. Aber nicht einmal das weiß man genau. Die Rumänen triefen vor Wohlwollen — und rücken immer weiter vor. Die Serben wünschen die Wiederherstellung des Balkanbundes — und schlagen auf dessen Begründer ein; die Türken versichern ihr Friedensbedürfnis — und setzen den Bulgaren nach. Wo ist eigentlich König Ferdinands sprichwörtliches Glück geblieben? Auf Reisen, auf Reisen. . . * Die Mächte scheinen der Ansicht zu sein, daß man das Feuer ausbrennen lassen soll, statt zu spritzen; niemand will sich die Finger verbrennen. In der Tat schmort der Balkan in seinem eigenen Fett. Wie friedlich es im übrigen steht, dafür zeugt die Sommerreise der deutschen Hochseeflotte in die norwegischen Gewässer, Linienschiffe, Kreuzer, Torpedoboote, alles, alles. In Kiel und Wilhelmshaven ist es öde und leer. Dienstbereite Schiffe find nicht da, nur abgerüstete auf dem „Werft friedhof", und ein paar ganz neue, an denen die Werft noch arbeitet. Oder auch nicht. Denn der Hamburger Werftarbeiterstreik greift jetzt auch auf andere Städte über, darunter Kiel. Von langer Dauer wird er freilich nicht sein, da die gewerkschaftliche Oberleitung entschieden da gegen ist. Es gibt allenfalls 8 Tage Ferien. Da kann man in Kiel schöne Partien in die Umgebung machen. In Wilhelmshaven freilich nicht einmal das, denn dort gibt es gar keine „Umgebung", sondern nur baumloses Flachland, — bis der Staat sich einmal ans Wald anpflanzen macht. Den Mannschaften der Hochseeflotte aber ist die jetzige Reise von Herzen zu gönnen. Das Jahr über haben sie bitter schweren Dienst, und die Nord see ist nicht gerade ein freundliches Gewässer; große Uberseefahrten aber werden heute, wo England und Deutschland ihre ganze Flottenmacht gegeneinanderballen, nicht mehr gemacht. * Wie war es doch, — sollten nicht Engländer und Deutsche ein Ferienjahr im Kriegsschiffsbau ein treten lassen? Minister Churchill hat's gesagt; lang, lang ist's her. Jetzt hat er den neuen britischen Marineetat im Unterhause eingeleitet, und statt der Ferien wird eine ver mehrte und beschleunigte Bautätigkeit verlündet. Auch das berühmte „Kräfteverhältnis von 16:10" hat sich plötzlich in Wohlgefallen aufgelöst. Churchill erklärt sogar ausdrücklich, es werde jetzt in einem solchen Tempo ge baut, daß Deutschland — weit hinter der Hälfte zurück bleibe. „Hört, ihr Herren, und laßt's euch sagen: die Glocke Hai elf geschlagen!" Schlag zwölf aber werden auch wir wohl oder übel an eine neue Flottennovelle denken müssen. * Eine recht unerwünschte und unfreiwillige Reise Hal zur Zerstörung des Luftschiffes „S. L. 1" geführt. Der Schütte-Lanz riß sich los, was bei seiner Konstruktion — der Wind kann unter das verankerte Luftschiff unter fassen — leicht möglich ist, schüttelte in 200 Meter Höhe den letzten haltenden Soldaten ab, der zu Tode stürzte, und strandete dann einige Kilometer hinter seinem Anker platz bei Schneidemühl. Baut Hallen, baut Hallen! Unter freiem Himmel sind alle großen Luftfahrzeuge, wie wir bei den „Z."-Schiffen gesehen haben, auf der Erde stark gefährdet. Die Lanzsche Luftschiffwerft in Mannheim er leidet aber keinen Schaden, wie früher Zeppelin persönlich oder die Luftschiffahrtgesellschaft, denn der „S. L. 1" war schon längst von der Militärbehörde abgenommen und gehörte dem Reich, das für so etwas ja die nötigen „starken Schultern" besitzt. Im allgemeinen schreibt man den Luftschiffen nur eine Lebensdauer von 4 Jahren zu (so wenigstens rechnet man im Marineetat), wonach sie ersetzt werden müssen, also ist der Verlust nicht übermäßig groß zu beziffern. Trotzdem trifft es uns hart, weil wir ja erst im Anfang der Entwickelung stehen und noch lange nicht die rund 30 Luftschiffe besitzen, die nach dem Luft- flotten-Gründungsplan vorgesehen sind. * Wenn man heute von Nord- nach Südchina reist oder umgekehrt, so kommt man in „feindliches Gebiet": Die Revolution in China, die allerneueste, hat den alten Gegensatz, der schon zur Taiping-Zeit Hunderttausenden das Leben kostete, wiedererweckt. Deutschland hat sich beeilt, offiziös seine Nichteinmischung in die Kämpfe zu erklären. Japanische Offiziere sollen dagegen in der chinesischen Südarmee kämpfen; und in der Nordarmee wird es wohl an Russen nicht fehlen. Der Friede ist wieder einmal „abgereist, unbekannt wohin", und während wir noch den Balkankrieg wirtschaftlich nicht verdaut haben, geht es jetzt — auf Kosten europäischer Geldbeutel — in Ostasien noch toller los. In unserem Kiautschou- gebiet aber ist Gott sei Dank alles still; Tsingtau blüht und gedeiht unter der aepanzerten Faust." Vie Hurken vor Zärianopel. Rußland will eingreifen. — Erfolge der Rumänen. Die Türken find etwas schneller gewesen wie die europäischen Diplomaten und scheinen nicht übel Lust zu haben, den Mächten ein Schnippchen zu schlagen. Sie haben in Gewaltmärschen ihre Kavallerie vorgeworfen, und diese ist, soweit aus den Meldungen bis zum 19. abends zu ersehen war, bereits vor den Toren Adrianovels er schienen. Das wäre an sich ziemlich belanglos für den weiteren Verlauf des augenblicklichen Krieges, indessen liegt in dem türkischen Vorgehen doch eine ernstliche Bedrohung des europäischen Friedens, da Rußland eine Schwächung Bulgariens durch eventuelle Wegnahme Adrianopels nicht dulden will. Nach einer Meldung aus Konstantinopel er klärte auch bereits der russische Botschafter dem Grob wesir, daß ein weiterer Vormarsch der türkischen Truppen nicht ohne Einfluß auf die Haltung Rußlands bleiben könne. Rußland könne bei einem weiteren Vormarsch auf Adrianopel nicht untätiger Zuschauer bleiben. Diesem Druck und einem in Aussicht stehenden Nachhelfen der übrigen Mächte wird sich die Türkei indessen schließlich fügen müssen. Inzwischen rücken die rumänischen Heeresmassen, die jetzt sämtlich die Donau überschritten haben, zielbewußt auf die bulgarische Hauptstadt los. Sie sind nur noch wenige Tagesmärsche von Sofia entfernt und sind offenbar auch schon mit bulgarischen Heeresteilen aneinander ge raten. Offiziell wird wenigstens aus Bukarest gemeldet, daß die erste rumänische Kavallerie-Division eine Brigade der neunten bulgarischen Infanteriedivision gefangen ge nommen habe. Bei der Gelegenheit fielen den Rumänen auch zwölf Geschütze in die Hände. In römischen Kreisen fürchtet man allen Ernstes den Sturz der bulgarischen Dynastie. Hauptsächlich deshalb seien auch die Mächte bemüht, die Rumänen von einem weiteren Vormarsch ab .zuhalten. Denn ein Vorrücken gegen Sofia könnte eine Revolution in Bulgarien Hervorrufen. * Verschiedene Meldungen. Athen, 19. Juli. Die Minister Lewidis und Dra» gumis reisen nach Konstantinopel, um den Friedens» vertrag zu unterzeichnen. Ihre Reise hat mit dem gegen» wärtigen Kriege nichts zu tun. Bukarest, 19. Juli. Der König kehrte gestern abend aus dem Operationsgebiet zurück. Die Truppen haben