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Güntter-Staibs W. f. P. vom 4. Dezember 1889), bei welchem die Gase in der Vitriolkammer durch Eisendrehspäne geleitet werden, damit die mitge führte Schwefelsäure von den feinvertheilten und eine grosse Oberfläche darbietenden Drehspänen zu Eisenvitriol gebunden wird. Auf diese Vor richtung erhielt ich seinerzeit in Deutschland und Oesterreich-Ungarn Patente, welche Herr Kellner vor zwei Jahren für die Kellner-Partington Paper Pulp Comp. Limited, Manchester, ankaufte. Hat man jedoch keine solche oder eine ähnliche Vorrichtung, wie z. B. die Gaswäsche des Herrn Dr. A. Krank, so geht die Schwefelsäure mit in die Absorptionsthürme. Sind letztere mit Kalksteinen gefüllt, und ist die Berieselung mangelhaft, so werden die Kalksteine sehr häufig verkrustet, die Gaswege verstopft und der ganze Be trieb dadurch nicht selten empfindlich gestört. Bei den vorliegenden zwei Konstruktionen jedoch, wo die Absorptionsthürme mit indifferenten Beriese lungsstoffen gefüllt sind, geht das Schwefeltrioxyd sofort in Lösung, wo bei es einen äquivalenten Theil von SO, verdrängt und sich mit CaO zu CaSOi verbindet. Letzteres fällt als Gipsschlamm aus, und dieser Schlamm gelangt, falls keine besonderen Klärvorrichtungen vorhanden sind, mit in die Kalksteinbehälter. Bei meinem Apparate setzt sich der Gipssehlamm am Boden der Kalksteinbehälter ab, während nur klare Lösung die Kalksteinschicht durch- strömt und sie dadurch um so besser in Lösung bringt. Bei Kellners Bau- Fig. 1. art jedoch, wo die durch den Schlamm getrübte Lösung die Kalksteinschichten von oben nach unten durchströmt, wirken letztere gewissermaassen als Filter. Der Gipsschlamm setzt sich auf den Kalksteinen ab und verhindert dadurch genau so eine weitere Auflösung, wie dio Verkrustung der Kalk steine in den Thürmen. Herr Kellner hebt bei Bemängelung meiner Bauart zu Gunsten der seinigen ferner die leichte Regulirbarkeit der chemischen Zusammensetzung seiner Lauge und den Nutzen der von ihm zu diesem Zwecke verwendeten Aräometer hervor. Herr Kellner giebt sich hierbei die Mühe, mich über den Gebrauch der Aräometer zu belehren und führt Herrn Dr. A. Frank gegen mich ins Feld. Man kann aber bei meinem Apparate den Wasserzu fluss und die Zuströmung der zirkulirenden Lauge zu den einzelnen Absorp tionsgefässen und Kalksteinbehältern eben so leicht reguliren wie bei dem seinigen, und ich kann daher ebenfalls Lauge von beliebiger Zusammen setzung erzeugen. Wenn ich mich dabei keiner Aräometer, sondern der von Herrn Dr. Frank sehr warm empfohlenen, viel genaueren Methode der Titration bediene, so wird mir hierin wohl Niemand Unrecht geben. Kein Fabrikant wird heute mit gesättigter, morgen mit unvollständig gesättigter Bisul fitlösung kochen, sondern in den meisten Fällen wird man trachten, eine als vortheilhaft anerkannte chemische Zusammensetzung der Kochlauge zu er zielen und dieselbe für die Zukunft unverändert beizubehalten, um immer möglichst gleichartigen Stoff zu bekommen. Habe ich aber für einen gegebenen Fall bei meinem Apparate nach vorhergegangener Laugenuntersuchung die etwa nothwendige Regulirung vor genommen, so bin ich sicher, dass ich für die Zukunft stets Lauge von gleichmässiger chemischer Zusammensetzung erhalte, ohne mich auf die Aräometer und die Gewissenhaftigkeit der Arbeiter verlassen zu müssen. Herr Kellner behauptet, bei meiner Bauart sei die Absorption der Gase unvollkommen und der Gasverlust daher verhältnissmässig gross. Dies wäre allerdings der Fall, wenn ich den Apparat so unpraktisch einrichtete, dass alle Absorptionsgefässe zwischen Schwefelofen und Schornstein von einer gleich starken Laugenflüssigkeit durchströmt würden. Diesbezüglich habe ich aber schon in meiner Mittheilung in Nr. 98 v. J. gesagt, dass »je nach Bedarf zwei oder. mehrere derartige Laugenapparate zu einer Batterie vereinigt werden, bei welcher dann zu besserer Ausnützung der Gase die An ordnung derart getroffen ist, dass die Gase der Reihe nach sämmtliche Absorptionsgefässe durchströmen, während die Pumpen untereinander in einer solchen Verbindung stehen, dass durch jede derselben die Lauge aus einem Behälter in einen beliebigen anderen befördert werden kann«. Wird also beispielsweise eine Batterie verwendet, welche aus drei der oben skizzirten kleinen Abtheilungen besteht, so zirkulirt in der ersten Abtheilung starke, in der zweiten schwache Lauge, während in die dritte und letzte Abtheilung reines Wasser einströmt. Ist die fertige Lauge aus der ersten Abtheilung zum Kocher oder in einen Sammler gepumpt worden, so wird die Halbsäure aus der zweiten Abtheilung in die erste, und die ganz schwache SO2-Lösung aus der dritten Abtheilung in die zweite hinübergepumpt und dort durch weiteres Zirkuliren verstärkt, während gleichzeitig in die letzte Abtheilung frisches Wasser fliesst. Mit der obenerwähnten zweckmässigen Anordnung der Pumpen wird erreicht, dass der Laugenumlauf in den einzelnen Fig #4. Abtheilungen während des Ueberpumpens niemals unterbrochen wird, und dadurch erhält man einen richtigen, niemals intermittirenden Gegenstrom, bei welchem auch die Gasverluste auf das gelängst mögliche Maass ver mindert werden. Bezüglich der Gesammtanordnung und der Einzel-Ausführung der beiden Apparate liesse sich noch Manches sagen. So sind z. B. hohe runde Tonnen als Absorptionsgefässe zweckmässiger und billiger, als vierseitige gemauerte Kammern. Die leichten hölzernen Thürme können trotz ihrer Füllung dann auch ohne Sorge direkt auf die Laugenbehälter gestellt werden, was Herr K. seinerzeit bei meinem Apparate bemängelte. Ferner ist für eine vollkommenere Absorption ein kräftiger, ununterbrochener Laugenumlauf günstiger als schwache Berieselung mit intermittirendem Pumpenbetrieb, welch’ letzterer ausserdem die Aufstellung besonderer Laugenbehälter (G H IJ Kin Kellners Skizze) über den Absorptionsthürmen nöthig macht. Nach dem Gesagten kann ich nicht zugeben, dass mein Laugenapparat, auf welchen mir schon zu Anfang dieses Jahres ein österr.-ung. Privilegium ertheilt wurde, »vollständig identisch mit seinen amerikanischen Patenten und nur ein wenig unvollkommener sei.« Wo die Unterschiede, und auf welcher Seite die Unvollkommenheiten liegen, glaube ich in obigen Zeilen genügend beleuchtet zu haben. Zum Schlüsse meiner heutigen Ausführungen kann ich jedoch nicht umhin, die Offenheit anzuerkennen, mit welcher Herr Kellner erklärt, dass ich meine Bauart vollständig unabhängig von der seinigen durchgeführt habe; und dieser Umstand veranlasst mich, ihm über das Weltmeer weg die Hand zur Versöhnung zu reichen und mit ihm die Friedenspfeife zu rauchen. Emil Nemethy.