Volltext Seite (XML)
No. 81. PAPIER-ZEITUNG. 2183 wo Anilin färben allein angewendet werden, stellen sich nur zu häufig grosse Verluste an Farbstoffen heraus. Mancher Papiermacher mag sich schon die Frage vorgelegt haben, woran es liegt, dass die Anilinfarben nach der Art seiner Verarbeitung sich nicht genügend auf der vegetabilischen Faser festhalten lassen. Diese Frage zu beantworten ist der Zweck meines heutigen Aufsatzes. Die Papierfärberei ist eine der wichtigsten Verrichtungen in der Papierfabrikation und verdient auch um so mehr volle Beachtung, als sich nur durch Anilinfarben schöne gleichmässige Farbentöne erzielen lassen. Wenn Anilinfarben mit Vortheil und ohne Verlust angewendet werden sollen, ist eingehende Kenntniss der einzelnen Farbstoffe selbst und deren Verhalten zur vegetabilischen Faser erforderlich. Diese Art Färberei, wenn sie auch noch so umständlich erscheint, wird am besten dadurch bewerkstelligt, dass man den anzuwendenden Theerfarbstof mit einem geeigneten Fällungsmittel, einer Beize, als unlöslichen Farblack auf die Papierfaser niederschlägt. Die Fabrikation selbst wird in keiner Weise geändert, und das Färben geschieht zu demselben Zeitpunkte wie gewöhnlich. Wie ich als bekannt voraussetze, ist die Verwandtschaft der Theer- farbstoffe zu den vegetabilischen Fasern im allgemeinen weit ge- geringer als zu Wolle und Seide, und die grosse Anzahl von Farb stoffen, welche Wolle und Seide direkt färben, kann auf vegetabili schen Fasern nur mit Hilfe von Beizen festgehalten werden. Die Anschauung, dass saure Farbstoffe auf vegetabilischen Fasern über haupt nicht angewendet weiden können, hat sich seit wenigen Jahren geändert. Der nimmer rastende Fortschritt der Farbenchemie hat auf dem grossen Gebiete der Azofarbstoffe eine Anzahl von Farbstoffen erzeugt, welche vom Benzidin, Tolidin, Xilidin, Stilben usw. sich ableiten und die Eigenschaften besitzen, vegetabilische Fasern aus einem schwachen Seifenbade ohne Zuhilfenahme von Beizen direkt zu färben. Damit ist die Färberei vegetabilischer Fasern, speziell die der Baumwolle, in eine neue Entwickelungsform getreten, an welche vor 8 Jahren noch niemand zu denken wagte. Die heutige Färberei der vegetabili schen Fasern lässt sich daher eintheilen in: 1) Substantives Färben; der Farbstoff wird in Wasser gelöst, das Färbebad mit etwas Marseiller Seife schwach alkalisch gemacht, bei 40°C. dem Stoffe beigegeben und auf 80° C. erwärmt; 2) adjektives Färben, in zwei, auch drei Bädern, was jedoch für die Papierfärberei zu zeitraube id und kostspielig ist und deshalb keine Anwendung finden dürfte. Anders gestaltet sich das Mitbeizen der vegetabilischen Faser. Die Erfahrung hat gelehrt, dass einzelne der neuen substantiv färben den Theerfarben, z. B. Benzopurpurin, besser an die Faser gehen, wenn man der Papiermasse phosphorsaures Natron oder auch Koch salz zusetzt. In diesem Falle findet also ein Mitbeizen statt. In diese Kategorie gehört auch die Zugabe von Kupfervitriol zum Färbebade beim Schwarzfärben mittels Blauholzes. Die Zahl der zum Beizen der vegetabilischen Fasern gebrauchten geeigneten Körper ist ziemlich klein, und ihre Wahl hängt von dem chemischen Charakter des zu fixirenden Farbstoffes ab. Beim Färben mit basischen Farbstoffen beizt man mit Gerbsäure. Die Faser vermag aber die Gerbsäure nicht genügend fest zu binden; sie muss deshalb auf der Faser fixirt werden. Dies geschieht durch Antimon salze. Diese Beizmethode ist das Tannin-Brechweinstein-Verfahren. Schwachsaure Farbstoffe werden mit Thonerdesalzen gebeizt; saure theils mit Thoneide, theils mit Zinnsalzen Chrombeizen finden fast gar keine Anwendung, und Eisen- und Kupferbeizen nur zum Dunkeln oder zum Schwarzfärben. Das Beizen mit Gerbsäure und Antimonsalzen bezweckt die Bildung eines unlöslichen Farbstofflackes auf der vegetabilischen Faser. Die Gerbsäure bildet mit den basischen, künstlichen Theerfarbstoffen unlösliche Farblacke. Dieselben besitzen jedoch die Eigenschaft, in einem Ueberschuss von Gerbsäure sich wieder zu lösen. Wollte man daher nur mit einem Ueberschuss von Gerbsäure beizen, so würde man einen unlöslichen Farblack nur mit einem Ueberschuss, d. h. also einem Verlust von Farbstoff erkaufen. Behandelt man dagegen die mit Gerbsäure gebeizte Faser mit einem Antimonsalz, so erhält man in, bezw auf der Faser einen Niederschlag von gerbsaurem Antimon, welches die Eigenschaft besitzt, mit den basischen Farbstoffen eine in überschüssiger Gerbsäure unlösliche Doppelverbindung zu bilden. Die Färbungen basischer Farbstoffe auf der Faser sind also nichts als gerbsaure Antimonfarblacke. Zum Beizen mit Gerbsäure kann man jedes gerbstoffhaltige Material verwenden, hauptsächlich aber Tannin oder Sumach. Wäh rend der Bildung des fraglichen Farblackes auf der Faser ist bei An wendung von Tannin oder Sumach jedes Hantiren mit eisernen Geräthschaften, Maschinen usw. zu vermeiden, da andernfalls schwärz liche Beizbäder entstehen. Die zum Fixiren des Tannins dienenden Antimonsalze sind: Brech weinstein, Antimonoxalat, Antimonchlorid, Antimonfluorid und das de Haen’sohe Antimonsalz. Das Beizen mit Thonerdesalzen, z. B Alaun, bewirkt wenig oder garkeine Affinität zur vegetabilischen Faser; denn aus mit Alaun gebeizten Baumwollfasern lässt sich das Alaun durch einfaches Spülen wieder entfernen. Statt dessen ver wendet man basische Thonerde, welche leicht einen Theil ihrer Thon erde an die vegetabilische Faser abgiebt, während sich der andere Theil zu einem neutralen Salz umsetzt. Als solche basische Thon erde werden am besten essigsaure Thonerde, basischer Alaun, neutrale oder basisch - schwefelsaure Thonerde und schwefligsaure Thonerde verwendet. Beizen mit Eisensalzen, eigentliches Vorbeizen, findet nur zum Schwarzbeizen Anwendung. Beizen mit Zinnchlorid wird fast ausschliesslich bei Anwendung von Holzfarben benutzt, wenn man mit Farbhölzern oder Farbholz extrakten färben will. Dabei findet eine Doppel Wirkung statt: die Farbhölzer und Extrakte enthalten neben dem Farbstoff auch noch Gerbsäure; diese beizt die vegetabilische Faser und wird durch das Zinnchlorid fixirt; das gebildete gerbsaure Zinn aber fixirt den Farb stoff als unlöslichen Lack. Das Zinnchlorid wird bisweilen auch als Fixirungsmittel für Tannin anstelle von Brechweinstein gebraucht, wenn es sich speziell um das Färben basischer Farbstoffe handelt. Beizen mit Bleizucker findet nur beim Erzeugen von Chromgelb oder Chromorange statt. Die vegetabilischen Fasern durch thierischen Leim zu animalisiren, um dadurch die anzuwendenden Theerfarben zur unmittelbaren Auf nahme von Wollfarbstoffen zu befähigen und eventuell eine grössere Lichtbeständigkeit zu erzielen, dürfte noch zu empfehlenswerthen und sicher von Erfolg begleiteten Versuchen Veranlassung geben. Direkt aus alkalischem Bade (Seifenbade) färbende Anilinfarben sind die Marken: Congo; Congo R G; Congo 4 R; Brillantcongo; Benzopurpurine; Rosazurine; Deltapurpurine; Hessisch Purpur; Azo- orseille; Chrysamine; Congogelb; Brillantgelb; Chrysophonine; Hessisch gelb; Azoblau: Azoviolet; Heliotrop; Rosazurin B B; Congo Corinth; Benzobraun; Violetschwarz; Benzoschwarzblau. Auf Tannin- und Antimonverbindungen sind anwendbar: Fuchsin; Cerise; Grenadin; Safranin, Rhodamin; Chrysoidin; Auramin; Phosphin; Malachitgrün; Aethylgrün; Brillantgrün; Victoriagrün; Victoriablau; Neublau; Methylenblau; Muskarin; Neutral blau; Baseler Blau; Wasserblau; Methylviolet B; Krystallviolet; Hofmann’s Violet; Bismarckbraun; Auf Thonerde- oder Zinnbeizen sind anwendbar: Eosine; Erythrosine; Phioxin; Rosabengale; Alizarine; Victoriablau B. Die nachstehend verzeichneten neueren Theerfarbstoffe, welche in der Anilinfarbenfabrik von A. Leonhardt & Comp; in Mühlheim i/Hessen hergestellt wurden, ergaben bei den angestellten Versuchen schöne satte Töne, und ich kann diese Farbstoffe ganz besonders zur Papier- färberei empfehlen Nicht allein, dass bei Anwendung derselben eine bedeutende Ersparniss an Farbmaterial aufzuweisen war, sondern die Wasserbäder waren auch vollkommen klar ausgezogen. Daraus ergab sich, dass die sämmtlichen Farben ohne Verluste fixirt waren. Färbevorschriften. PyroninG. und Acridinorange: Man versetzt den lauwarmen Papierbrei mit der Lösung von 0,5 bis 1,5 pCt. Farbe, (auf die trockene Papiermasse berechnet), rührt um und fügt alsdann nach und nach die Lösung von 2 pCt. Tannin hinzu, erhitzt auf etwa 70 bis 80 “ Celsius und rührt um, bis beim Abdrücken einer dem Holländer entnommenen Probe die ablaufende Flüssigkeit nicht mehr gefärbt ist. Capriblau G 0 wird behandelt, wie bei Pyronin angegeben, jedoch nicht über 50 ° Celsius erwärmt, da die Farbe bei stärkerem Erhitzen schmutzig wird. Azingrün T O wird behandelt wie Pyronin. Chrysophenin; Hessisch Purpur N B und Hessisch Brillantpurpur. Man versetzt den lauwarmen Papierbrei mit der Lösung von 0,5 bis 2,5 pCt. Farbe, auf den trockenen Stoff berechnet, und 1 pCt. Soda, fügt dann 10 bis 20 pCt. Glaubersalz hinzu und rührt 1/, Stunde heiss um. Rein blau 70; BlauRB; Hessischblau Gund Marineblau. Man versetzt den heissen Papierbrei mit der Lösung von 0,5 bis 3 pCt. Farbe, auf trockene Papiermasse berechnet, rührt gut um und fügt als dann die Lösung von 5 bis 10 pCt. Alaun hinzu; rührt noch 1/ Stunde um, womit das Färben beendigt ist und die Papiermasse weiter ver arbeitet werden kann. Mikadogelb; MikadoorangeG; 2 R; 4R; R; Mikadobiaun B. G. M. Man versetzt den heissen Papierbrei mit der Lösung von 0,5 bis 5 pCt. Farbe, auf die trockene Papiermasse berechnet, rührt gut um, fügt alsdann 40 bis 50 pCt. Glaubersalz hinzu und rührt 1/2 Stunde heiss um. Die Ausfärbungen wurden mit fertigen Papierbogen gemacht. An gestellte Belichtungsversuche lieferten sehr günstige Ergebnisse. Be sonders lichtecht zeigte sich das mit Capriblau. gefärbte Papier.