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No. 97. PAPIER-ZEITUNG. 2639 Entseuchung der Hadern. Die Papierfabrik zu Poborz in Galizien erhielt von der Bezirks- hauptmannschaft in Zloczow die Aufforderung, für regelmässige Ent seuchung der Hadern mittels Dämpfung oder Kochung vor deren Sortirung Sorge zu tragen. Die Papierfabrik erhob hiergegen Beschwerde bei der Statt halterei, konnte aber eine Zurücknahme der Verfügung nicht durch setzen. Angesichts der Wichtigkeit der Angelegenheit für die gesammte österreichische Papier-Industrie nahm sich der Verein der österreichisch ungarischen Papierfabrikanten derselben an und richtete ein Schreiben an das Ministerium des Innern, worin die Unzuträglichkeiten und hohen Kosten der Maassregel und ihr verhältnissmässig geringer Nutzen klargestellt und um Zurücknahme der erwähnten Verfügung gebeten wurde. Da auch im Deutschen Reiche ab und zu Stimmen laut werden, welche eine gründliche »Entseuchung« der Lumpen vor der Verarbei tung fordern (Jahrgang 1888, Seite 1647), geben wir nachstehend die wichtigsten Stellen der sehr eingehenden Ausführungen des Vereins nach dem »Centralblatt f. d. öst.-ung. P.-Ind.« wieder: Die Hadern, welche in der Papierfabrikation Verwendung finden, werden ausschliesslich von armen Leuten gesammelt, welche dieselben in ganz kleinen Partieen an gewisse Sammelstellen bringen, von wo sie an die grösseren Hadern- händler verkauft werden. Zum Theil sortiren die grösseren Hadern- händler die Lumpen in ihren Magazinen selbst, aber in so mangelhafter und unverläs slicher Weise, dass in den Fabriken immer eine Nachsortirung statt finden muss. Immer aber sind die Hadern, bevor dieselben von der ersten Sammelstelle zum Gross - Händler und von da zur Fabrik gelangen, durch viele Hände gegangen. In den österreichischen Papierfabriken werden die Hadern aus Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiter vor der Soitirung einem Reinigungsprozesse unterzogen. Die Hadern kommen nämlich in eigens zu diesem Zwecke kon- struirte Haderndrescher, in welchen mehrere durch Transmissionen ange triebene Schlagtrommeln den an den Hadern haftenden Staub und alle gröberen Unreinigkeiten vollkommen entfernen. Durch einen an dem staub dicht verschaalten Haderndrescher angebrachten Exhaustor wird der aus gedroschene Staub angesaugt und in einer hierzu bestimmten Staubkammer abgelagert, so dass kein Staub und keine etwa vorhandenen Miasmen nach aussen gelangen können. Nach dem Dreschen werden die Hadern mit einer starken Karbollösung benetzt und dann erst sortirt. Bis jetzt hat sich dieses Verfahren überall bewährt und eine angebliche Ansteckung blieb mit Erfolg vermieden. Ganz im Gegensätze hierzu, so unpraktisch wie nur möglich, wären zur Durchführung der vom k. k. Sanitätsratho in Lemberg der k. k. Bezirks hauptmannschaft in Zloczow mitgetheilten Desinfizirungsmethode eine grössere Anzahl Leute erforderlich, die sämmtlich mit den ungereinigten Hadern in unmittelbare Berührung kommen würden. Die k. k. Bezirkshauptmannschaft schreibt nämlich bei der Dampfdesinfektion vor, dass die Hadern, bevor Dampf auf dieselben geleitet wird, in 10 cm hohe Schichten ausgebreitet werden, was natürlich ohne grosse Staubentwicklung und Schädigung der Gesundheit der damit beschäftigten Arbeiter nicht möglich ist. Besteht wirklich eine Infektionsgefahr, was wir bestreiten, da, seitdem die Hadern nur unter Attest, dass dieselben aus seuchenfreien Gegenden stammen, bezogen werden können, noch kein Fall vorgekommen ist, in welchem eine epidemische Krankheit auf eine Ansteckung durch Hadern in unzweifelhafter, unwidersprochener Weise zurückgeführt worden wäre, — dann ist auch die Gefahr durch ein Ver fahren, das so viele Hände mit den Hadern vor deren Reinigung (Desin- fizirung) in Berührung bringt, viel grösser als eine Methode, bei welcher die Rohhadern vom Haufen sofort in den Haderndrescher gelangen, um sie nach vollzogener Reinigung karbolisirt der Sortirung zu übergeben. Die von den Fabriken geübte Desinfizirungsmethode schützt sämmtliche Hadernarbeiter vor Ansteckung und der Staubbelästigung; das vom Lemberger k. k. Sani- tätsrathe befürwortete Verfahren sichert die bei der Desinfektion beschäftigten Arbeiter weder vor der grossen Staubentwicklung, noch vor Ansteckung. Um das Unpraktische des letzteren Verfahrens näher zu qualifiziren, wollen wir noch angeben, dass zur Bedienung des Haderndreschers (als Zu träger) 1 — 2 Arbeiter genügen, während zum Aufschichten der Hadern in grösseren Dampfräumen mindestens 5 — 8 Personen nebst den 2 Zuträgern verwendet werden müssten. Dabei könnte diese Arbeit noch immer nicht in nothwendiger Weise ihrenFortgang nehmen. Dieses Desinfektionsverfahren führt demnach auch eine Hemmung der Arbeit herbei, was sich beim Be triebe sehr bald ziffermässig fühlbar machen würde. Der Umstand, dass zahlreiche Hände mit den Hadern zu thun haben, bevor dieselben in die Fabrik gelangen, setzt selbstverständlich auch den Werth der Desinfektion in der Fabrik unter Aufschichtung in 10 cm hohe Lagen in richtige Be leuchtung. Dampf wirkt auf die unreinen Hadern auf mehrfache Weise, und zwar mechanisch, indem er die Unreinigkeiten auflöst; chemisch, indem er den Schmutz zersetzt und freigewordene, in die Gewebe sich ablagernde Farb- theilchen in die Hadern einbrennt. Weisse Hadern werden hierdurch grau, und kein Waschen nützt, um den grauen Ton aus dem Materiale herauszu bringen. Es bleibt nichts übrig, als die solchergestalt verbrannten Hadern mit starken Bleichmitteln (Chlor) zu behandeln, wodurch aber immer die Faser im höchsten Grade angegriffen, in den meisten Fällen jedoch ganz oder theilweise zerstört wird. Aus mit starken Bleichmitteln gebleichtem Ganzzeug kann kein gutes Papier gemacht werden. Das Papier wird spröde, brüchig, ohne Dehnungsfestigkeit und hat kein Ansehen. Bei der allgemeinen Einführung des Desinfizirens mittels Dampfes vor der Sortirung wäre also, ungeachtet unseres anerkannt vorzüglichen' Hadern- materials, keine österreichische und ungarische Papierfabrik mehr imstande, ein gutes, konkurrenzfähiges Papier zu erzeugen. Unsere Fabriken würden somit nicht nur die Lieferungen für das Inland, sondern auch den ganzen bedeutenden, auf etwa 35 — 40 Millionen kg zu schätzenden Export von Mittel-, Fein- und Zigarettenpapier verlieren, da kein Papier produzirender Staat eine solche drakonische, der Papierindustrie höchst nachtheilige Maassregel kennt. Die Mittel- und Feinpapierfabriken in Oesterreich-Ungarn wären mit einem Worte ruinirt und müssten wohl oder übel den Betrieb einstellen. Nonnenfrass. Im »Botanischen Verein« zu München hielt am 9. November Herr Professor Dr. Hartig einen längeren Vortrag über die Ergebnisse seiner Untersuchungen, das Erkranken und Absterben der Fichten bestände im Kahlfrassgebiete der Nonne betreffend. Seine Voraussage, dass alle völlig entnadelten Fichten in kurzer Zeit absterben würden, ist vollständig eingetroffen. Schon in den Monaten September und Oktober starben fast alle entnadelten Fichten in den Schonungen ab, und an den alten Bäumen vertrockneten die Zweige mit den Aus schlägen zum grossen Theil vor Eintritt des Winters. Das Vertrocknen setzte sich den Winter hindurch fort, und im Frühjahr waren alle Kronen dürr. Der werthvolle Schaft wurde meist erst im Monat Juli vom Verderben ergriffen, doch bräunte sich die Rinde vieler der Sonne exponirter Bäume auf der Südseite schon im Monat Mai. Alles Holz aus den Fällungen vom Herbste bis zum Frühjahre erhielt sich völlig gesund, und das »Nonnenholz« ist sowohl als Bau- und Schnittholz, wie als Brennholz von ausgezeichneter Güte. Dem energischen Vorgehen der Forstverwaltung ist es geglückt, finanzielle Verluste zu vermeiden, die aus einem verspäteten Einhiebe der Be stände entsprungen sein würden. In Bezug auf die Qualität des Nonnenholzes ist noch zu bemerken, dass das Holz der im Ebers berger und Forstenriederpark gewachsenen Bäume durch Festigkeit und Brennkraft zu den besten Fichtenhölzern zählt. Der Vortragende besprach die Erscheinungen der Reproduktion, d. h. der trügerischen Ausschläge, und ging zu den Ergebnissen seiner an 80 Bäumen im Laufe der letzten Jahre ausgeführten Untersuchungen über. Diese ergaben eine vollständige Erschöpfung an Reservestoff vorräthen (Stärkemehl), die es erklärt, dass nur wenige Knospen noch Aus schläge bilden konnten. Im Frassjahre werden die Stärkemehlvorräthe zur Jahrringbildung verbraucht, die etwa 0,4 des normalen Zu wachses erreicht. In dem der Entnadelung folgenden Jahre hört jeder Zuwachs auf, oder es entsteht da, wo geringe Reserve- Stoffreste aus dem Vorjahre übrig geblieben sind, ein völlig abnormes Gewebe unter der Rinde. Der Wassergehalt der Bäume vermehrt sich im unteren Schaft, vermindert sieh aber in der Krone, deren Gipfel ganz vertrocknet. Die entnadelten Bäume erhitzen sieh in folge der Schattenlosigkeit in dem Grade, dass bei Sonnenschein unter der Rinde eine Temperatur von 44" C. wiederholt, und zwar bei einer Luftwärme von nur 26’ C., nachgewiesen werden konnte, während die höchste Temperatur, die im benadelten Bestände nach gewiesen wurde, mir 28’ C. unter der Rinde betrug. Die von einem Forstbeamten in Württemberg aufgestellte Behauptung, dass nur die lange Dauer des letzten Winters den Tod der Bäume herbeigeführt habe, ist völlig unbegründet und wird schon dadurch widerlegt, dass auch in Württemberg das Absterben im Anfänge des Winters eintrat, und der Einschlag sämmtlicher gipfeldürr gewordener Bestände dort schon im Februar beendet worden ist. (M. N. N.) Papier mit gekörnter Oberfläche. Carl Schaeuffelen in Heilbronn hat nach »The Paper Trade Review« ein britisches Patent auf Herstellung von Zeichenpapier erhalten, dessen Korn aus lauter kleinen Pyramiden besteht, von denen 1000,1500, 2000 oder 2500 usw. auf einen qem gehen. Das glatte Papier wird zu diesem Zweck zwischen einer Papier- und einer Stahlwalze geführt, von denen letztere alle Pyramiden vertieft enthält. Die papierne Gegenwalze presst das Papier in die Vertiefungen der Stahlwalze und erzeugt dadurch das Korn. Da der Zeichenstift bei solchem Papier nur die Spitzen der Py ramiden trifft, und diese je nach dem ausgeübten Druck mehr oder weniger flach drückt, so lassen sich die feinsten Schattirungen damit erzielen. Die Linien werden im Verhältpiss zu diesem Druck dicker oder dünner, und gleichzeitig die zwischen den Pyramiden liegenden Thaler enger oder weiter, so dass kleinere oder grössere Lichtflächen dazwischen bleiben. Die darauf ausgeführten Zeichnungen sehen wie .Gruppen bemalter, flach gedrückter Pyramidenspitzen aus, die über das zwischen ihnen in seiner Naturfarbe erscheinende Papier hervor ragen. Zeichnungen, die mit lithographischer Kreide oder Tusche aus geführt sind, sollen sich leicht auf den Stein übertragen lassen.