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No. 96. PAPIER-ZEITUNG. Buchgewerbe.' Druckindustrie, Suchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme; Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Verleger- und Druckerzeichen. Von Paul Reichen. (Fortsetzung zu Nr. 93.) Fig. 322 zeigt das Signet einer uralten rheinischen Firma, Rommerskirchen’s Buchhandlung und Buchdruckerei in Köln. Die Gründung derselben fällt in das Jahr 1516, und keine der gegenwätig in Deutschland bestehenden Buchhandlungen und Buchdruckereien wird ihren Ursprung auch nur annähernd so weit zurückzuführen vermögen. Der Gründer war Johann Gymnicus man Gymnich, und gerade anderthalb Jahrhunderte hindurch begegnet oder diesem Namen in Erzeugnissen und Urkunden des Buchhandels und Buchdruckes von Köln. In dem Hause der Strasse »Unter Fetten hennen«, welches jetzt die Nummer 13 trägt und damals die Be zeichnung »Zum Einhorn« führte, schlug schon dieser erste Gymnicus seine Druckwerkstatt auf. An diesem Hause haftet also der gewiss ein- / J zig dastehende Ruhm, seit mehr als drei- 1 hundertundfünfzig Jahren unausgesetzt L O der Sitz von Buchhändlern und Buch- 1 m druckern gewesen zu sein. Hierzu tritt pi, 303 noch der weitere Ruhm, dass die in ' diesem alten Patrizierhause bestandenen Geschäfte stets der ehrenwerthesten Richtung an gehörten und von Männern geleitet wurden, welche l« .g. 321. sich hohen Ansehens unter ihren Mitbürgern zu erfreuen hatten. Im Jahre 1529 begann Gymnicus Signete zu führen, wozu er nach der Be zeichnung, die sein Druckhaus führte, anfangs das Bild des Einhorns verwendete, später das Meerpferd, ein mit der vorderen Körperhälfte dem Rosse, mit der hinteren dem Fische gleichgestaltetes Thier, Fig. 322, noch später einen Storch oder Kranich, der das rechte Bein in die Höhe und einen Wurm im Schnabel hält. — Im Besitze der Familie Gymnicus verblieb die Druckerei bis 1605. In diesem Jahre heirathete Johann Kinckius in die Gymnich’sche Familie, und bis 1656 blieb die Druckerei im Besitze dieser zweiten Familie. Von da bis 1700 gehörte sie Johann Widenfeldt, wiederum einem Schwiegersohn des letzten Kinckius, und wird im Jahre 1700 von dessen Erben an Heinrich Rommers kirchen, der in der Widenfeldt’schen Buchhandlung seine Ausbildung empfangen hatte, verkauft. Seine aus den verbundenen Namens- Anfangsbuchstaben gebildete Marke zeigt Fig. 323. Er besuchte jährlich zweimal die Frankfurter Büchermesse und unterhielt be ständig einen reichen— Vorrath von literarischen Werken, die er durch gedruckte Verzeichnisse zur Kenntniss der Bücherfreunde brachte, strebte im übrigen vor allem nach der Gunst der katholischen Geistlichkeit und erlangte dadurch manche Druck-Privilegien, um welche sich andere vergeblich bemüht hatten. Im Besitze seiner Erben ist das alte Druckgeschäft geblieben. Der jetzige Besitzer, Herr Julius Mellinghaus, ist ein Neffe von Peter Heinrich Rommers kirchen und übernahm Buchhandlung und Buchdruckerei am 1. Januar 1868. Die Richtung des Verlags war früher vorwiegend katholisch theologisch. Als die Zeit Verhältnisse sich durch das Verschwinden der geistlichen Throne und die Säkularisation der reichen geistlichen Stifte und Klöster geändert hatten, traten die Schriften für Ju gendbildung und belletristische Literatur in die erste Reihe. 1812 bis 1823 kamen die »Geistesblüthen« heraus: eine Auslese der besten Werke unserer klassischen Schriftsteller. 1813—15 gab E. M. Arndt bei Rommerskirchen die Zeitschrift »Der Wächter am Rhein« heraus. Ad. Spaarmann, 1862 inM.-Gladbach gegründet, dann in Ober hausen, seit 1886 in Styrum ansässig, mit populärwissenschaftlichem Verlage, führt das Signet Fig. 324. Fig. 324. Nachlese. Einem der hervorragendsten Musikverleger, Johann Andre in Offenbach a. Main, gehört das Monogramm Fig. 325. Das springende Einhorn, Fig. 326, ist das Signet der die wissen schaftliche Richtung pflegenden Handlung Eduard Heinrich Mayer in Leipzig. Sie wurde 1851 gegründet und gelangte 1886 in den Besitz der Herren Richard Einhorn und Bruno Jäger. Das Signet ist also zu den »redenden« zu zählen. Der Greif, Fig. 327, kennzeichnet die Verlagswerke der öster reichischen Hof-Buchdruckerei von Karl Prochaska in Teschen. Die Buchdruckerei besteht seit 1806, die Buchhandlung wurde von ihrem jetzigen Besitzer 1850 gegründet. Seit 1884 sind die beiden Söhne desselben Theilhaber. Der Verlag ist sehr bedeutend. »Oester reichs Ehrenbuch« und Müllers »Volksadvokat« dürften in Oesterreich- Ungarn zu den verbreitetsten Büchern gehören. Im grossen Deutschland führte die Handlung sich ausgangs der sechziger Jahre vortheilhaft ein durch ihre billigen Klassiker-Ausgaben: Goethe, Schiller Lessing in je einem Bande, durch eine vorzügliche Anthologie unter dem Titel »Buch der Bücher«, die es innerhalb eines Jahrzehnts zu sieben Auflagen gebracht hat, und durch eine vornehme »Salon-Biblio» thek«, in welcher die besten Schriftsteller Deutschlands und Oester reichs vertreten waren. Augenblicklich ist sie mit der Herausgabe von billigen »Monatsbänden« populärwissenschaftlicher Tendenz und einer Sammlung der besten Romane aller Zeiten und Völker für den grossen Kolportage-Markt beschäftigt. Von besonderer Bedeutung für Oesterreich-Ungarn ist die »Buchhandlung für Militär-Literatur«, welche einen besonderen Zweig der angesehenen Handlung bildet. Den Wahlspruch »Inter folia fructus«, der schon öfter in unserer Signeten-Sammlung vorkam, hat auch die Antiquariats- und Sortiments- Buchhandlung von Oskar Gerschei in Stuttgart ihrem Signet, Fig. 328, eingefügt. Das Monogramm Fig. 329 gehört dem 1868 zu Ravensburg gegründeten, seit 1874 ebenfalls zu Stuttgart ansässigen, landwirthschaftlichen Verlag von Eugen Ulmer. Fig. 331. Ein höchst eigenartiges Signet ist das der Firma W. Szemann in Stuttgart (Fig. 330), die seit 1. Januar 1890 bekanntlich mit »Gebr. Kröner« und anderen Gesellschaften zur »Union Deutsche Verlags gesellschaft« verschmolzen ist. Auf der, in der Mitte einen Hermes- Kopf zeigenden Spruchleiste »Non vitam sed mortem« (das Leben nicht, sondern den Tod) knieen rechts und links von einer Frauen gestalt, die in der Rechten einen Todtenkopf hält, zwei Genien. Der eine hält das Künstlerwappen, der andere den Monogramm- Schild und eine Fackel, üeber der Frauengestalt flattert ein Band mit dem Gründungsjahr 1873. »Carpe Diem« (nütze die Zeit) ist der von Victor Ottmann in Leipzig gewählte Spruch zu dem Monogramm-Signet Fig. 331. Die junge Handlung versucht die Herausgabe einer Art von »Universal- Bibliothek« der zeitgenössischen Schriftsteller unter dem Ge- sammt-Titel »Ottmanns Bücherschatz«. Die Bände sind sehr gut ausgestattet und erfreuen sich einer beifälligen Aufnahme seitens des Lesepublikums. Fig. 332 ist das Signet der Stubenrauch’schen Buchhand lung in Berlin. Sie wurde 1853 gegründet und 1882 von Velhagen & Kiasing in Bielefeld und Leipzig angekauft. Die Verlagsrichtung st pädagogisch. Fortsetzung folgt.