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2160 PAPIER-ZEITUNG. «0. 80. eine Schorer’sche Werbung um Anzeigen in Gestalt eines immer vor nehm ausgestatteten, also niemals billigen Rundschreibens brachte. Ueberhaupt grenzt es schier ans Unglaubliche, was von unseren Verlegern jahraus jahrein für Rundschreiben verausgabt wird. Rechne man nur dreihundert solcher geflügelten Boten die Woche — und diese Zahl ist gewiss sehr niedrig gegriffen! — und rechne man für die Her stellung dieser dreihundert bei der Durchschnitts-Auflage von je fünf tausend Stück den billigsten Kostenansatz der Leipziger »Zirkular- Druckereien« für ein Rundschreiben in »Achter«-Form, nämlich 18 M., so ergiebt das schon eine wöchentliche Gesammt-Ausgabe von 5400 M, die sich das deutsche Buchverlagsgeschäft aufladen muss, um seine Neu heiten den Wiederverkäufern zur Anzeige zu bringen! Diese 5400 M. decken aber nur die Kosten für Anfertigung dieser Rundschreiben, also für Papier und Druck. Durch ihre Vertheilung über Leipzig mittels der »Bestell-Anstalt« erwächst eine abermalige Gesammt-Aus gabe von 300X5 = 1500 M., insgesammt also etwa 7000 M. in der Woche, oder 364000 M. im Jahr! Für den Papierfabrikanten und für den Buchdrucker, auch für die Leipziger Bestellanstalt ist dies eine ganz erspriessliche Einrichtung; das lässt sich nicht leugnen! Vielleicht auch für den Buchhandel im allgemeinen, nicht aber für den Buchhändler selbst, besonders nicht für den Verleger, denn ihm erwachsen durch diese Gepflogenheit der Anzeige durch Rundschreiben ganz erhebliche Mehrkosten. Mit dem einfachen »Achter«-Rundschreiben begnügen sich übrigens die Wenigsten. Die Formate gehen oft über Folio hinaus, und sogar die Grossplakat-Formate gehören schon nicht mehr zu den Seltenheiten. Erst die letzte Woche brachte von Victor Ottmann in Leipzig ein solches Grossplakat-Rundschreiben, in welchem die Herausgabe eines »Litterarischen Echo«, eines neuen Literaturblattes, mitgetheilt wurde. Und nicht bloss durch Grösse in den Formaten, auch durch die Pracht der Ausstattung sucht man die Aufmerksamkeit und Antheilnahme des Wiederverkäufers wachzurufen. In letzterer Hinsicht war das wirksamste Rundschreiben der letzten Woche wohl das von Hans Lüstenöder in Berlin ausgegebene, auf matt Glacee in Schwarz- und Farbendruck ausgeführte, durch welches zwei Weihnachtsbücher zur Anzeige gebracht wurden. Solche Rundschreiben kosten dann freilich nicht 18 Mark, sondern hundert und mehr Mark! Sie stellen Beträge dar, die bei der Fest stellung von Gewinn oder Verlust am einzelnen Verlagsartikel merk lich in die Wagschale fallen! . Ganz allgemein macht sich jetzt ein gewisses unruhiges Suchen nach neuen Absatzgelegenheiten geltend, und nur durch diese krank hafte Beflissenheit lässt es sich erklären, dass gewisse Bücher, deren Käufer in breiteren Volksschichten zu suchen sind, z. B. Jugend schriften, als Waare bereits in die Gross-Bazare Berlins, wie Lubasch und Kaiserbazar, gelangt sind und dort nicht allein, »infolge des Ein kaufs in grossen Posten« billiger zu haben sind als in den bloss mit Büchern handelnden Sortimentsgeschäften, sondern nicht selten als Gratis-Zugaben bei gewissen Einkaufsbeträgen verabfolgt werden. Wohin wird, — wohin kann der nächste Schritt nun noch führen? Was nützen hiergegen alle Sortimenter- und Verleger-Vereine zum Zwecke der Verhinderung von »Schleuderei« usw.? Wir stehen im Buchhandel unter dem Drucke einer Ueber-Er- zeugung, wie sie ähnlich in keinem andern kaufmännischen Geschäfte zur Zeit besteht; — und diese Ueber-Erzeugung zu verhindern, liegt in keines einzelnen Menschen Macht, so lange Jeder sich im Besitz des schönen Rechtes befindet, sich zu regen und am allgemeinen Wett bewerb theilzunehmen. Einen Wink aber möchte dieser Aufsatz jenen anderen Erzeugern geben, auf deren Wirken und Schaffen der Buchhandel angewiesen ist, um selbst erzeugen zu können. — Es mögen Handlungen noch so glänzend dastehen; wenn ihnen aus einem einzigen Konkurse Ver luste erwachsen können in Höhe von 150 000 M. — wie es beim „Konkurse Schorer« thatsächlich der Fall sein soll — so berechtigt ein solches Vorkommniss zu gewissen Zweifeln auch an der Ge schäftstüchtigkeit des Verlustträgers selbst. Steine, die einmal ins Rollen gerathen sind, vermag auch der Langmüthigste nicht mehr zu halten. Darum, Ihr Papierlieferanten und Drucker, habt acht bei Zeiten und übertreibt das Kreditgeben nicht! □ Elektrischer Druckereibetrieb. Angesichts der auch von uns in Nr. 76, Seite 2031 wiedergegebenen Mittheilung, dass die Druckerei des Tiroler Tageblatt« die erste elektrisch betriebene Druckerei in einem Lande deutscher Zunge sei, weist die »Deutsche Warte« in Berlin darauf hin, dass sie selbst die erste solche Druckerei einge richtet habe. Auch in Oesterreich giebt es, wie sich jetzt heraus stellt, noch eine andre »elektrische« Druckerei, nämlich die von Kreisel & Gröger in Wien. Schriftgiesserei-Neuheiten. Circular-Italienne von Schelter & Giesecke in Leipzig. Leichte und flotte Kursivschriften sind in neuerer Zeit so stark in Aufnahme gekommen, dass eine Accidenzdruckerei ohne eine oder mehrere Garnituren derselben nicht mehr auskommt. Äusser der klassischen »Mediaeval-Schreibschrift« von Ferdinand Flinsch in Frank furt a. M. war es besonders die »Circular« von Ludwig & Mayer in Frankfurt a. M., welche auf diesem Gebiet anregend wirkte und zur Herausgabe einer ganzen Reihe ähnlicher Schriften Anlass gab. Es fand sich auf einmal für dieselben im Bereich der gewerblichen Drucksachen ein -überraschend weites Feld, von welchem der mehr fach gewählte Name Circular« nur ein kleines Gebiet bezeichnet. Auch die Firma Scheiter & Giesecke in Leipzig hat den Schnitt einer solchen Schrift beendet, welche den Namen »Circular- Italienne« erhielt. Wie die eingestreuten Probezeilen erweisen, ist es eine ganz selbstständige Schöpfung voll zarter Eleganz, dabei charaktervoll und deutlich. Vier Grade liegen vor: Cicero, Tertia, Doppelcicero und kleine Kanon (3 Cicero). Jeder Grad enthält sowohl verzierte als auch unverzierte Grossbuchstaben, so dass Gelegenheit zu grosser Mannigfaltigkeit in der Verwendung geboten ist. Um den Eindruck einer flotten geschriebenen Schrift zu ver stärken, sind einige Ligaturen geschnitten und einige Buchstaben mit Endschnörkeln versehen worden: Mehrere Grossbuchstaben haben sowohl in der verzierten als auch in der unverzierten Ausführung doppelte Formen, eine davon mit ver längertem, auf den nächsten Buchstaben übergreifenden Zug: Nachstehende Zeile zeigt einige Anwendungen dieser Ligaturen- und Ausläufer-Buchstaben: Wie die deutsche Buchdruckerwelt es von Scheiter & Giesecke’- sehen Erzeugnissen erwartet, ist die Ausführung der Schrift vollendet sauber, die Anschlüsse zwischen den einzelnen Buchstaben sind tadellos genau, und diese technisch schätzbaren Eigenschaften im Verein mit der hohen Eleganz der Schriftformen machen die Circular - Italienne zu einer hervorragenden Accidenzschrift. Die Schrift kann auch ohne verzierte Versalien bezogen werden. Büchertisch. Rechtslexikon für Kaufleute und Gewerbetreibende. Bearbeitet von Dr. jur. Julius Engelmann, Direktor der kaufmännischen Hochschule in Köln. Erlangen 1891, Verlag von Palm & Enke. Jede Lieferung 1 M. 80 Pf. Mit den vorliegenden Lieferungen 5 und 6 ist das interessante und werthvolle Werk abgeschlossen. Es ist ein sehr brauchbares Nachschlagebuch geworden, welches über die im Geschäftsleben auftauchenden Rechtsfragen klare und er schöpfende Auskunft giebt. Von grösseren Aufsätzen in den beiden letzten Heften nennen wir: Schiedsgerichte, Schutz der Arbeiter, Sonntagsruhe, Spediteur, Unfallversicherung, Versicherungsvertrag, Vertrag, Vertragsbruch, Wechselrecht. Ein angefügtes Sachregister erleichtert das Auffinden der Stichwörter.