Volltext Seite (XML)
No. 80. PAPIER-ZEITUNG. 2159 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiterund Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Accidenz-Rotationsmaschine „ Express" von Fischer & Krecke in Bielefeld. Die Neueningen, welche die letzten Jahre im Buchdruck-Schnell pressenbau brachten, stell-n sich im allgemeinen mehr als Vervoll kommnungen und Ergänzungen vorhandener Maschinentypen, weniger als Neuschöpfungen mit originalen Konstruktionsgedanken dar. Am Einlegetisch der Cylinderschnellpressen sucht man mechanische Bogen anleger, am Auslegetisch derselben Bogen-Geradeschieber anzubringen; die Rotationsmaschinen werden für Illustrationsdruck und den Druck wechselnder Formate eingerichtet, und bei den Tiegeldruckmaschinen bemüht man sich, die Leistungsfähigkeit nach Menge und Güte durch verbesserte Farb-Verreibung, Ausrückvorrichtungen, Regelung des Ganges beim Zusammengehen von Druck- und Satz-Tiegel, auch wohl durch mechanische Auslege- oder Abschiebe-Vorrichtungen zu erhöhen. Einer Steigerung der Arbeitsleistung sind durch die Formung der gegenwärtigen Druckmaschinentypen bestimmte Grenzen gezogen, die selbst durch Erweiterung der Selbstthätigkeit nicht wesentlich überschritten werden können. »1000 Druck« in der Stunde bildet bei Tiegeldruck- und Cylindermaschinen eine sehr anständige Durch schnittsleistung, mit der jeder Drucker zufrieden ist. Nur die Rota tionsmaschine befriedigt höhere Anforderungen. Die ziemlich vereinzelt dastehenden Bestrebungen, die Leistungen der Accidenz-Maschinen der Menge nach zu erhöhen, gingen daher von der richtigen Erwägung aus, dass man zu diesem Zweck neue Formungsgrundsätze aufsuchen müsse. Auf Grund solcher Erwägun gen wurden alle schnelllaufenden Maschinen der letzten Jahre gebaut, z. B. die im Jahrgang 1891 Seite 493 beschriebene Fasbender’sche Rotationsmaschine, die leider nur in Probe-Exemplaren zur Ausführung gekommene »Blitz«-Maschine von Heidenhain & Hoffmann in Berlin und die für Druck von Briefumschlägen eingerichtete kleine Kopf druckmaschine von Wilh. Heidelmann in Stuttgart. Die Maschinenfabrik Fischer & Krecke in Bielefeld hat neuer dings unter Benutzung des Rotationsprinzips eine weitere Accidenz- schnellpresse gebaut, welche bestimmt ist, rasch grosse Mengen von Drucksachen zu liefern. Vorstehende Abbildung zeigt das Aussehen derselben. Die Maschine druckt nicht endloses Papier, sondern Bogen beliebigen Formats. Sie besitzt doppelte Farbverreibung, Walzen von grossem Durchmesser und eine Anlegevorrichtung. Den Hauptwerth legt die Fabrik auf die Einrichtung des Anlege tisches in Verbindung mit der des Druckcylinders, wodurch bedeu tende Förderung der Arbeit gegenüber der Tiegeldruck- und einfachen Cylinderschnellpresse erreicht wird. Die Steigerung der Arbeits leistung ist angeblich so erheblich, dass von leicht anzulegenden Drucksachen, wie z. B. Briefumschlägen, 2500 und mehr in der Stunde angelegt werden können. Die Grenze der Leistung liegt in der Gewandtheit des Anlegers, der nichts anderes zu thun hat, als den Bogen gegen die Vorder- und Seitenmarke zu schieben, wobei er nicht auf die Oeffnung der Greifer zu warten braucht, sondern sofort wieder einen neuen Bogen anlegen kann, sobald der vorhergehende von den Greifern ergriffen ist. Die Herstellung der nöthigen Rund stereotypieplatten geschieht mittels eines Giessinstrumentes, welches mit der Maschine- geliefert wird, und äusser welchem in solchen Druckereien, wo bereits Flach stereotypie vorhanden ist, weitere Anschaffungen nicht erforderlich sind. Die zum Giessen der Platten erforderlichen Matrizen werden auf gewöhnliche Weise bereitet. Die Platten kommen mit angegossenen Facetten an drei Seiten aus dem Instrumente, so dass nur der Anguss abzusägen ist, um die Platte sofort auf die Maschine bringen zu können. Der Preis der Maschine richtet sich nach dem Format und ist angeblich nicht höher, als der einer guten Tiegeldruckschnellpresse, bew. niedriger, als der einer Cylinderschnellpresse. Die Maschine wird auch für Schön- und Widerdruck geliefert, dann also mit einem zweiten Cylinderpaare und zweiten Farbwerk. Für einfachere Arbeiten, bei denen es auf genaues Registerhalten nicht so sehr ankommt, wie z. B. für Beuteldruck, wird die Maschine in einfacherer Formung und entsprechend billiger geliefert. Krisis im Buchhandel. Es »kriselt« im deutschen Buchhandel. Von den Pleiten, die im Sortimentsgeschäft vorkommen, soll hier abgesehen werden. Durch sie werden im allgemeinen nur Ortsgläubiger — Gevatter Schuster, Schneider und Handschuhmacher — in Anspruch genommen, seltener die Verleger, die nicht häufig grössere Kredite einzuräumen pflegen. Andere Interessenten aus dem Papierfach unterhalten zu den Buchsortimentern ebenfalls verhältnissmässig geringe Beziehungen. Anders dagegen steht es mit den »Verlegerpleiten«. Hier sind die am schwersten Betroffenen der Papierlieferant, und zwar dieser fast immer in erster Linie, sodann der Buchdrucker. Die Summen, um welche es sich bei solchen Pleiten handelt, pflegen sich gewöhnlich in die fünf-, bisweilen auch in die sechsstellige Ziffern reihe zu verirren. Kaum hat vor wenigen Wochen die »Kommissions- und Export- Buchhandlung« in Berlin von ihren Gläubigern ein Moratorium auf die Zeit von vier Jahren bewilligt erhalten, so bricht jetzt der »Konkurs Schorer« herein, — ein Ereigniss, das seine Schatten freilich schon längere Zeit vorausgeworfen hatte, das für nur Wenige über raschend gewesen sein dürfte, aber nichtsdestoweniger eines der trübsten Lichter auf die Lnge des heutigen Buch- und Zeitschriften- Verlagsgeschäfts werfen muss! Vermochte sich ein Geschäft wie J. II. Schorer in Berlin, das mit einem sehr bedeutenden Kapital gegründet wurde, den von Süd deutschland herandrängenden Grosskonkurrenzen gegenüber nicht auf dem seit nunmehr elf Jahren bebauten Felde zu behaupten: mit welchen Schwierigkeiten mag da erst das grosse Kleinverlegerthum zu kämpfen haben! Die Handlung J. H. Schorer, die neben dem Zeitschriften vertag auch einen ganz stattlichen Buchverlag führte, konnte durch »Schorers Familien-Blatt« doch immer auf die zahlungs unlustigen Glieder des Sortimentsbuchhandels einen wirksamen Druck üben. Wem diese Handlung die Lieferung fälliger Nummern ihres Familien-Blatts verweigerte, der musste wohl oder übel für Tilgung der rückständigen Schuld sorgen, nm seinen Kunden gegenüber nicht in eine schiefe Lage zu gerathen. Den wenigsten unter den »Klein verlegern« steht eine ähnliche Möglichkeit zur Eintreibung rückstän diger Zahlungen zu Gebote. Es ergiebt sich hieraus, dass die im Konkurs befindliche Hand lung selbst nicht mit Gewährung erheblicher Kredite in Anspruch genommen worden sein dürfte. Der Zeitschriften-Verlag ist im Grossen und Ganzen ein »Baar geschäft«. Der Bezieher zahlt den Betrag sogar im voraus, und der Wiederverkäufer zahlt von Heft zu Heft. Die Ursachen zur Pleite sind also hier nicht in der sonst im Buchhandel üblichen langsamen und schwierigen »Regulirung« zu suchen, sondern wohl in dem Missverhältniss, welches zwischen der Ertragsfähigkeit des Geschäfts und den für dasselbe aufgewendeten Leitungs- und Betriebskosten bestanden haben dürfte. Ich glaube: für denjenigen Geldbetrag z. B., welchen die Hand lung J. H. Schorer mit einem einer besseren Sache würdigen Eifer allein zu dem Zweck verausgabt hat, um den Buchhandel zur Auf gabe von Anzeigen zu bewegen, liesse sich der Grund zu einem recht stattlichen Verlagsgeschäft legen. »Bitte lassen Sie mich un- geschorert!« war gewissermaassen schon zum geflügelten Be scheide geworden, mit welchem man sich allzu eifriger Anzeigenbe werber zu entledigen suchte. Thatsächlich ist wohl auch monate lang keine Woche verflossen, ohne dass das Leipziger Zettelpaket