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No. 89. PAPIER-ZEITUNG. 2417 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Kopirdruck und Walzenmasse. Vor kurzem las ich sowohl im Journal für Buchdruckerkunst als auch in den Typographischen Jahrbüchern Aufsätze über Kopirdruck, welche eine sehr eigenthümliche Anschauung über das Verhalten der Anilinfarben der Walzenmasse gegenüber bekundeten. Es wurde näm lich in beiden Aufsätzen, die vielleicht auf gemeinsame Quelle zurück zuführen sind, behauptet, dass die auf Buchdruck walzen verriebenen Anilinfarben durch das darauf ein wirkende Sonnenlicht in diese Masse hineingetrieben werden. Man nahm also an, dass der störende Vorgang des Durchdringens der Walzenmasse mit Farbstoffen eine Folge der Lichtwirkung sei. Das ist grundfalsch. Buchdruck-Walzenmasse besteht in der Hauptsache aus Leimgelatine und Glycerin. Der Zusatz von Glycerin zu einer konzentrirten Leimlösung hat den Zweck, den Leim vor dem Erhärten zu behüten, ihn weich und elastisch zu machen, so dass die Walzenmasse geschmeidig und zugkräftig bleibt. Das Eindringen des angewendeten Farbstoffs in die Walzenmasse ist ein sehr erklärlicher Prozess. Setzt man die mit dem Farbstoff bedeckte Walzenmasse erhöhter Temperatur, auch der Sonnen wärme aus, so wird durch die einwirkende Wärme die ganze Masse weicher und durchdringbarer, denn das an die Gelatine gebundene Wasser wird theilweise frei und durch die grosse Fähigkeit des Glycerins, Wasser aufzunehmen, von demselben an sich gezogen. Das Glycerin tritt nun nach der. Oberfläche der Gelatinemasse aus und kommt mit dem Farbstoff in Berührung. Da sich nun bekannt lich eine grosse Anzahl von Anilinfarbstoffen in Glycerin sehr leicht löst, so tritt dieser Fall auch hierbei ein, und das Eindringen des nur zum Theil gelösten Farbstoffes in die Walzenmasse ist unaus bleiblich. Beim Zutritt von warmer Luft entweicht ein Theil des Wassers, und die Gelatine wird porös, wodurch das Eindringen der Farbe in die Masse noch weiter erleichtert wird. Der einzige Einfluss, welchen das Tages- oder Sonnenlicht ausübt, besteht darin, dass es den Farb stoff bleicht. Auch diese Befürchtung dürfte indess hinfällig werden, da man für Farbendruck möglichst lichtechte Anilinfarben verwendet, deren uns eine grosse Menge zu Gebote steht. Der Verfasser des Aufsatzes in den »Typogr. Jahrb.« schreibt sogar, dass den Druckfarben zur Erzielung eines schönen Lustres »Anilin- und Me thylstoffe«- zugesetzt würden, welche er als schäd liche Bestandtheile für die Walzenmasse bezeichnet. Inwiefern diese Kohlenwasserstoffe, woraus doch der Farbstoff nur hergestelltwird, einen nachthei ligen Einfluss auf die Leimmasse haben sollen, ist mir unerklärlich. Das Anilin wird aus Nitrobenzol CgHs NO2, also durch Einwirken von Salpetersäureanhydrit auf das Benzol, erhalten, indem diese Nitrogruppe durch reduzirende Mittel in die Amidogruppe über geführt wird. Das Nitrobenzol CgH, NO2 verwandelt sich in Amidobenzol CgHs NH2, und zwar: C 6 H 5 NO 2 + 3H,0= C,H,NH, + 2H 2 O Benzol Salpetersäure- Wasser Amidobenzol oder Wasser anhydrit Anilin Hiernach finden sich also in dem Anilin keine für die Leim masse nachtheilig wirkende Bestandtheile. Methyl ist nichts anderes als eine Verbindung von Kohlenstoff und Wasserstoff CHs (Methyl), welches nur als Anfangsprodukt zur Darstellung von gewissen Theerfarbstoffen dient, z. B. einiger Triphenyl- metnanfarbstoffe, wie Toluilenroth und Methyleosin, welches das Kaliumsalz des Tetrabromfluorescein-Methyläthers ist. Diese Farben sind gerade nicht sehr lichtecht und dürften deshalb von der Anwen dung für Buchdruck ausgeschlossen sein. Zur Darstellung eines Theerfarbstoffes dienen heute Benzol und Amin, in Verbindung mit Kalium- oder Natriumsalzen als Basis. Alle diese Stoffe sind ohne jeden Einfluss auf Walzenmasse. Die Schuld an der Zerstörung der Walzenmasse ist demnach keinesfalls auf den Farbstoff zurückzuführen, sondern liegt lediglich an der 'Beschaffenheit der Mass? selbst. Diesem Uebelstande würde erst dadurch abgeholfen werden, dass man eine andere Zusammen setzung dafür fände. Vielleicht hilft das Bestreichen der frischen Walze mit einer wässerigen Schellack- und Zuckerlösung. Dieser Ueberzug ist zäh, geschmeidig und sehr’ fähig, den Farbstoff ab zugeben. Zum Reinigen der Kopirdruckwalzen möchte ich anstelle des Alkohols eine wässrige und schwach alkalisch reagirende Mischung von Essigsäure und Ammoniak empfehlen, welche vor der Anwen dung etwas erwärmt wird. Die Lichtunbeständigkeit der Anilinfarben in Gemischen mehrerer Farben wird wohl auch schon manches Mal beobachtet worden sein und Verwunderung erregt haben, umsomehr, als sich die betreffen den Farben, einzeln verwendet, sehr beständig zeigten. In diesem Falle hegt der Grund an der unrichtigen Mischung der Farben unter einander. Man theilt nämlich die Anilinfarben auf Grund ihrer Dar stellung in Gruppen von basischen, sauren und wasserunlös lichen Farbstoffen ein, und man hat, wenn Umsetzungen, der Farben vermieden werden sollen, genau darauf zu achten, dass man nur Farbstoffe gleichen Charakters untereinander mischt. E., Chemiker. Patent-Buchrücken -Maschine. Von Gebrüder Friedrichs in Köln. Deutsches Reichspatent Nr. 59470. Die in nachstehender Abbildung veranschaulichte Patent - Buch rücken-Maschine dient hauptsächlich zur Herstellung der in Nr. 48, Seite 1240 beschriebenen »losschichtigen federnden Buchrücken aus Pappe.« Dieselben bestehen aus einer Anzahl (4—6) konzentrisch gebogener Pappstreifen, welche an den Längsseiten durch kräftigen Klebstoff verbunden, in der Mitte aber frei beweglich sind. Versucht man einen solchen Rücken aufzubiegen, wie dies beim Oeffnen eines Buches geschieht, so gehen die Schichten in der Mitte auseinander und leisten grösseren Widerstand, als dies bei fest aufeinander klebenden Pappstreifen möglich wäre. Das Umbiegen der den Rücken bildenden Pappstreifen wird durch ein schmiegsames Tuch bewirkt, welches um eine geheizte Röhre geführt wird. Die als Form dienende Röhre, welche aus einem vorhandenen Vorrath entsprechend der Dicke des herzustellenden Rückens ausgewählt wird, ruht mit den Enden auf horizontal verschiebbaren Böcken, so dass sie stets unab hängig von der Grösse ihres Durchmessers an das hinter ihr an gebrachte Presstuch angedrückt werden kann. Dieses Presstuch ist einerseits an einer parallel mit der Röhre laufenden Leiste befestigt, anderseits um eine Holzwalze gewickelt, welche mittels Spiralfedern das Bestreben hat, das Tuch in beständiger Spannung zu erhalten, und durch Drehen einer Handkurbel in oscillirende, bezüglich der Röhre annähernd konzentrische Bewegung versetzt werden kann. Die Folge einer Vorwärtsschwingung der Holzwalze besteht nun darin,