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Schreibsachverständige. Die in Nr. 84, Seite 2272, besprochene Angelegenheit wird auch in der Tagespresse lebhaft erörtert. Das »Berliner Tageblatt« schreibt Folgendes: Die ganze Art und Weise der gegenwärtigen Schreibsachverständigen- Wissenschaft hat durch diese Verhandlung einen tödtlichen Stoss erhalten. Die bezüglichen Vorgänge in dem gegen den Telephonarbeiter J. geführten Prozess, — einem der merkwürdigsten Kriminalfälle, wie der Staatsanwalt ihn bezeichnete, — lassen es als unabweisbare Nothwendigkeit erscheinen, dass endlich einmal mit dem bisherigen Modus der Schriften - Begutachtung beim Gericht aufgeräumt werde, dass zu gerichtlichen Schreibsachverständigen nicht, wie bisher, häufig Personen herangezogen werden, welche vortreffliche Schönschreiber sind, dabei aber nur mechanisch und empirisch arbeiten, dass vielmehr Sachverständige mit gründlicher Bildung bestellt werden, die be fähigt sind, ihr Gutachten wissenschaftlich zu begründen Unheil ist durch die bisherige Art der Handschriften-Vergleichung schon genug angerichtet worden. Diejenigen Fälle sind garnicht zu zählen, in denen sich die Schreibsachverständigen entweder gegenseitig desavouirt haben, oder durch die Gewalt der Thatsachen widerlegt worden sind. Ist es doch schon vorgekommen, dass mehrere Sachverständige übereinstimmend be haupteten, dass ein Angeklagter ein inkriminirtes Schriftstück zweifellos ge schrieben habe. Hundert und darüber sogenannte »charakteristische Merk male« wurden mit grösstem Aplomb vor dem Gerichtshöfe geltend gemacht, und doch erkannte der Gerichtshof unter Freisprechung der Angeklagten, dass sich die Schreibsachverständigen geirrt haben müssten, denn sämmtliche Beisitzer seien nach der Augenscheinnahme mit dem Vorsitzenden darin einig gewesen, dass das Schriftstück nimmermehr von der Hand des Ange klagten herrühren könne. In einem andern Falle wurde die Frau eines Beamten wegen eines Schmähbriefes zu drei Monaten Gefängniss verurtheilt, hauptsächlich auf Grund der Schreibsachverständigen-Gutachten. Infolge eines ganz geringen Formfehlers wurde das Urtheil durch das Reichsgericht kassirt, und bei der erneuten Verhandlung wurde zur Ueberraschung der »Schriftgelehrten« die Unschuld der verurtheilten Frau so sonnenklar erwiesen, dass nunmehr die Freisprechung erfolgte. Derartige Beispiele könnten hundertfach angeführt werden, indessen genügt der zuletzt vorgekommene Fall vollauf und besagt alles, was auf diesem Gebiete zu sagen ist. Der Schreibsachverständige Professor Maass hatte zur Begründung seines Gutachtens die einzelnen Buchstaben des inkriminirten Schreibens mit grossem Zeit- und Kostenaufwande in auseinandergetrennter Stellung photographirt und suchte nun an gleichartigen Stellungen und Formen den Beweis für die That des Angeklagten zu führen. Ein anderer Sachverständiger folgerte aus zahlreichen Unähnlichkeiten in den Zügen der vorgelegten Schriften das direkte Gegentheil. Der Vorsteher des graphologischen Bureaus von »Schorers Familienblatt«, Herr Langenbruch, hielt sämmtlichen Sachver ständigen wie auch dem Gerichtshöfe vor, dass nach mechanischen Aehnlich- keiten oder Unähnlichkeiten niemals eine Schriftenvergleiehung erfolgen dürfe, denn solche fänden sich zwischen allen Handschriften ohne Ausnahme. Nur der Geist und Charakter der Schrift dürfe bei der Beurtheilung ent scheidend sein. Es machte nun einen fast erheiternden Eindruck, als der Vertheidiger, Rechtsanwalt Flatau, die Handschriften vorlegte, welche von einem Manne, der sich dem Vertheidiger — natürlich unter der Zusicherung der Amts verschwiegenheit — als Thater genannt hatte, im Bureau des Vertheidigers nach Diktat geschrieben worden waren. Professor M. liess sein ganzes photographisches und sachverständiges Kartenhaus fallen, die übrigen Sach verständigen, sowie Gerichtshof und Staatsanwalt waren übereinstimmend der Meinung, dass die vom Vertheidiger vorgelegten Handschriften nicht von der Hand des Angeklagten henühren konnten, wohl aber mit der Hand schrift der inkriminirten Schriftstücke identisch seien. Professor M. ent schuldigte sich mit den Worten: »Ich halte es für meine Pflicht, die Aehn- lichkeiten in den mir vorgelegten Schriften herauszusuchen!« — »Ich halte mich dagegen verpflichtet, die Unähnlichkeiten zu konstatiren!« erwiderte ihm sein Gegner. Mit diesem kurzen Zwiegespräch dürfte die Sach Verständigkeit der »Schriftgelehrten« eine recht grelle Illustration erfahren haben. Und die Moral von der Geschichte: Der Angeklagte war auf Grund der früheren Gutachten zu drei Monaten Gefängniss verurtheilt worden und hätte seine Stellung verloren, wenn ihm die Rechtfertigung nicht gelungen wäre. 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