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No. 79. PAPIER-ZEITUNG. 2127 in Verbindung gebracht werden. Dann trägt man jedoch die Farben auf, bevor man die Zeichnung einbrennt. Auch ist es nöthig, dem Leder vorher einen Kleistergrund zu geben, um das Auseinanderlaufen der Farben zu verhüten. Man reibt also zuerst dünnes Kleisterwasser in das Leder, paust, wenn dieses getrocknet, die Zeichnung auf, malt dieselbe aus und brennt erst hierauf die Umrisse mit dem Brennstift ein. Seitdem der Lederschnitt wieder Aufnahme und Beliebtheit ge funden hat, ist man vielfach darauf verfallen, denselben mit Hilfe von gra virten Platten mittels der Vergoldepresse nachzuahmen und ihn auf das Gebiet der billigen Imitations-Industrie zu verpflanzen. Man hat auch ganz hübsche Ergebnisse erzielt, indessen die eigenartige Kraft und Schönheit des mit der Hand gefertigten Lederschnittes doch nicht zu erreichen vermocht. Man kann mit einer Platte wohl hohe Ornamente pressen, doch fehlt das eigenartige Gepräge, welches der Handarbeiter seinem Kunstwerk durch das Umschneiden, Modelliren und wohlberechnete Färben giebt. Die gepressten Leder schnitte sehen im allgemeinen zu glatt, zu nichtssagend aus, sie er innern stark an die alte Reliefprägung, mit welcher man die Bücher vor einigen Jahrzehnten ver—unzierte. Auch fehlt ihnen der Halt des Lederschnittes, da die hochgepressten Figuren nicht mit Modellir- wachs ausgefüllt sind, demnach leicht aus ihrer Form gedrückt werden. Die zum Pressen nöthige Platte lässt man vom Graveur in Roth guss graviren, doch ist es gerathen, neben der Zeichnung noch einen mit der Hand gefertigten Lederschnitt als Vorlage zum Graveur zu geben, damit dieser die Eigenart des Lederschnittes bestmöglich zum Ausdruck bringt. Beabsichtigt man nur eine kleine Auflage herzu stellen, so kann nach der Decke auch ein galvanischer Niederschlag gemacht werden, der bedeutend billiger ist, bei seiner geringen Härte selbstverständlich aber auch sehr vorsichtige Behandlung erfordert. Nach der Platte fertigt man zunächst eine Matrize aus Pappe und Löschpapier. Man nimmt eine mittelstarke, nicht zu harte Pappe und presst die Platte kräftig auf dieselbe, so dass ihr ungefähres Bild sichtbar ist. Hierauf sticht man die Tiefen mit einem Stemm eisen aus der Pappe und erhöht die höchsten Höhen durch aufge- Idebte Lederpappstückchen. Sodann presst man die Platte wieder holt fest auf die Matrize und giebt ihr damit die rohe Gestalt. Alle Feinheiten werden durch aufgeklebtes Löschpapier vollendet. Man streicht einige Bogen dick mit Kleister an, klebt sie auf die Matrize und presst die Platte darüber. Ist das aufgepresste Löschpapier etwas getrocknet, so klebt man weitere Bogen auf, presst die Matrize wieder mit der Platte ein und setzt dies fort, bis die Matrize ein scharf ausgeprägtes Relief zeigt. Nun klebt man mit Kleister noch ein Stück gut durchweichtes dünnes Leder darüber, presst auch dieses fest und lässt die Matrize, damit sie sich nicht verziehen kann, beschwert in der Platte liegend gründlich austrocknen. Die zu pressenden Lederdecken schneidet man zu, klebt anstelle der Deckel dünne Schrenzpappen ein und nadelt sie zum Zweck des genauen Einlegens in die Vergoldepresse. In letztere klebt man die Pappmatrize auf dem Schlitten fest, legt die Platte genau passend darauf, auf die Rückseite derselben eine beiderseitig mit Leim be strichene Schrenzpappe, schiebt den Schlitten vorsichtig ein, schliesst die Presse und bringt so die Platte am Tiegel zum Kleben. Hierauf heizt man die Presse, nadelt die Lederdecken und presst sie nach Art der Reliefprägungen. Mehr Erfahrung ist nöthig, wenn zur genauen Nachbildung des Lederschnittes Decken aus Lohgar-Schafleder gepresst und gefärbt werden sollen. Dann verfährt man folgendermaassen: Die zugeschnittenen und mit Schrenzdeckeln ausgeklebten Leder decken werden zur Beseitigung aller Flecken zunächst mit starkem Essig, verdünntem Scheidewasser oder Citronensaft ausgewaschen. Hierauf giebt man einen Kleistergrund, indem man die Decken mit Kleisterwasser überfährt und dieses kräftig einreibt. Hierauf werden sie in noch etwas feuchtem, jedoch nicht nassem Zustande in der kalten oder ganz mässig erwärmten Vergoldepresse das erste Mal gepresst. Dadurch haben die Decken ihr vollständiges Reliefaussehen erhalten. Nun färbt man sie mit der zurechtgemachten, stark ver dünnten Beize zwei- oder dreimal. Dabei setzt sich die Beize in den Tiefen kräftiger an, diese dunkeln mehr als die hohen Ober flächen, und die Pressung erhält ein dem Lederschnitt ähnliches plastisches Aussehen, welches den vorher gefärbten Decken fehlt. In noch feuchtem, doch nicht nassem Zustande presst man die Decke jetzt nochmals in mässig erwärmter Presse, lässt sie einige Zeit stehen und nimmt sie dann wieder heraus. Jetzt wird sie die Zeichnung scharf glänzend und in den Tiefen etwas verdunkelt tragen. Ist das nicht der Fall, so presst man sie nochmals in wärmerer Presse. Die gepressten Decken klebt man möglichst bald mit den eigentlichen dicken Buchdeckeln zusammen, da sich dies in etwas feuchtem Zu stande leichter ausführen lässt, als wenn die Decken hart ausgetrocknet sind und sich spröde nach aussen werfen. Benutzt man Platten aus galvanischem Niederschlag, so darf man dieselben nicht stark erwärmen und auch nicht zu fest pressen. Es ist dann immer nöthig, die Decken feucht zu pressen. Sind sie be reits hart ausgetrocknet, so feuchtet man die Schrenzrückseite wieder an und lässt die Feuchtigkeit in die Decke einziehen. Gepresste Decken können gleichfalls mit Gold- und Farbenver zierung versehen werden. Die Gold Verzierungen werden in der Ver goldepresse gedruckt, die farbigen Verzierungen können bei gut vor bereitetem Grunde ebensowohl durch Farbendruck als auch durch Malerei erzeugt werden. E. Büchertisch. Ein Skizzenbuch von Fedor Flinzer. Heft II. Breslau» C. T. Wiskott. Gleich dem ersten Flinzer’scher »Skizzenbuch« ist dieses zweite nach Art der unter diesem Namen bekannten, von Malern geführten Sammelbücher in derbe, ungebleichte Leinwand gebunden. Auch der Inhalt ist skizzenbuchmässig gruppirt. Er bietet durchweg Thierstudien: Hausthiere und wilde Thiere, theils in voller Figur, in ruhiger und lebhafter Bewegung, im Schlaf und in Kampfbereitschaft, theils nur in bedeutungsvollen Einzeltheilen; — sämmtlich reizvolle, von sorgfältigster Beobachtung zeugende Momentaufnahmen mit dem Stift. Bei Durchsicht des Buches lernt man allerlei interessante Züge der dargestellten Thiere kennen und staunt über die ausserordentliche Naturwahrheit der Skizzen. Kaninchen, Wiesel, Wolf, Wachtel, Gans, Hyäne, Storch, Papagei, Ente, Thurm- falk, Waldkauz, Affe, Amsel, Frosch, Feldmaus usw. ziehen an dem Beschauer vorüber, meist in verschiedenen Stellungen aufgenommen. Viele von den Skizzen scheinen als Vorstudien zu den bekannten Thierbilderbüchern Flinzers gedient zu haben, und den Besitzern dieser Bücher wird es Freude machen, hier die Urbilder der in den prächtigen Bildwerken auftretenden Thierfiguren wiederzufinden. Der anscheinend auf der Steindruckschnellpresse erfolgte Druck ist tadellos. Bücherschwindler. Während der letzten Monate hielt ein junger Bücherschwindler die Sortimentsbuchhändler der grösseren deutschen Städte in Aufregung. Er reiste von Stadt zu Stadt, be suchte Osnabrück, Bremen, Hamburg, Altona, Kiel, Neustrelitz, Berlin, Potsdam, Rathenow, Stendal, die Provinz Sachsen und Thüringen, und wiederholte, überall mit kleinen Abweichungen, folgendes Schwin del-Manöver: Er stellte sich als Realschüler oder Studirender vor, je nach den Anstalten, die am Orte waren, nannte sich theils Felix Schmidt, theils Friedrich Möller, und gab als Vormünder angesehene Bürger, vor allem Thierärzte und Aerzte an. Sein Bedarf erstreckte sich fast überall nur auf Curtius’ Geschichte, Mommsens Geschichte, die Atlanten von Andree, Kiepert, Droysen, und griechische Wörter bücher. Gewöhnlich nahm er einen Atlas oder ein Lexikon mit und versilberte das Werk sofort an Ort und Stelle. In Mühlhausen in Thüringen wurde er von dem Inhaber der Buchhandlung Cyrus Andres abgefasst und der Polizei übergeben. Zeichen-Kursus für Buchgewerbler. An der kgl. Kunstaka demie und Kunstgewerbeschule in Leipzig ist auf Anregung des Centralvereins für das gesammte Buchgewerbe ein Zeichen-Unter richt für Buchgewerbler eingerichtet worden. Ziel desselben ist laut Programm: durch Unterricht im Zeichnen und in der Farben anwendung den reiferen Schriftsetzern, Buchdruckern, Schrift giessern und Buchbindern zu einer allgemeinen Geschmacksbildung, sowie zu derjenigen zeichnerischen Befähigung zu verhelfen, welche das berufliche Schaffen erleichtert und Verständniss für die Kunst im Buchgewerbe vermittelt. Der Lehrplan erstreckt sich über mindestens zwei, höchstens vier Unterrichtsjahre. Aufnahmebedingungen sind: 1) erfüllte Fortbildungsschulpflicht beziehentlich erfolgreicher Besuch der Leipziger Buchdruckerlehranstalt; 2) mindestens dreijährige praktische Beschäftigung in einem der oben aufgeführten Buchgewerbe und 3) genügende Befähigung zum Zeichnen. In besonderen Fällen steht der Direktion, nach vorherigem Ein- verständniss mit den betreffenden Lehrern, das Recht zu, von den Be dingungen unter 1 und 2 abzusehen. Der Eintritt kann zu Beginn eines jeden Vierteljahres, in Ausnahmefällen am ersten Tage eines jeden Monats erfolgen. Das Schulgeld beträgt vierteljährlich 5 Mark. Der Unterricht findet an zwei Abenden jeder Woche von 7—9 Uhr statt. Billige Untergrundplatten. Unter diesem Titel beschrieben wir im Jahrgang 1889, Seite 278, unter Vorführung zahlreicher Beispiele, das Verfahren, durch Stereotyp-Abgüsse von gepressten Ueberzugpapieren gemusterte Druckplatten zu erzeugen. Das Ver- fahren ist inzwischen vielfach angewendet worden, und wie wir aus dem in Barcelona erscheinenden »Correo Tipografico« ersehen, wird es von der Firma Ceferino Gorchs in Barcelona sogar gewerblich aus genutzt. Dieselbe bietet solche Abgüsse als »Cliches Grabados para Fondos«, d. h. »gravirte (!) Klischees für Untergründe« zum Preise von 2 Centimes de peseta = etwa 12/ Pf. der Dem an.