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2126 PAPIER-ZEITUNG. No. 79. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Leder-Kunstarb eit. (Schluss zu Nr. 77.) Häufig werden heraldische, in Lederschnitt ausgeführte Dar stellungen bemalt, wie überhaupt die Heraldik ein weites und dank bares Feld für Lederschnittarbeiten ist. Aus diesem Grunde dürften einige Erklärungen über dieses Gebiet von Nutzen sein. Die heraldischen Formen haben sich im Laufe von Jahrhunderten ausgebildet und schliessen sich daher den verschiedenen Stilarten an. Will man demnach auf einer Buchdecke, Schreibmappe und dergleichen ein Schild oder Wappen anbringen, so ist es nicht gleichgiltig, welche Form man wählt, denn die Schildform muss sich dem Stil der Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Fig. 21. Fig. 22. übrigen Verzierung anschliessen. In einen gothischen Deckenentwurf kann man also kein Renaissance-Schild einfügen, oder umgekehrt. Figg. 17 bis 22 zeigen kleine Beispiele der ver schiedenen Schildformen. Fig. 17 ist ein frühgothischer Dreieck-Schild, Fig. 18 ein gothischer Schild, Fig. 19 eine sogenannte Tartsche oder spätgothischer Schild. Figg: 20 und 21 sind Renaissance - Schilder, der erste einer früheren, der zweite einer späteren Zeit angehörend, Fig. 22 ist ein Rokoko-Schild. Um Wappen nach Erforderniss farbig malen zu können, ist es „ , . c .. c, nöthig, die Be- Schwarz "Blau Grun Purpur Roth Braun Gold Silber deutung der Schraffi- rung zu kennen,welche bei schwarz- Fig. 23. Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26. Fig. 27. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30 gezeichneten Wappen zur Andeutung der Farben üblich ist. Figg. 23—30 zeigen dieselbe. Farbig gemalte Wappen und dergleichen erfordern zur Herstellung des Gleichgewichtes der Ornamenttheile in der Regel auch besondere Ausführung der übrigen Verzierungen, da diese, wenn sie nur ge trieben und gleichmässig braun gefärbt sind, ungleich gegen das buntfarbige Wappen zurücktreten würden. Allerdings ist hier immer die Absicht maassgebend, welche bei Entwurf der Decke leitend war. Diese Absicht kann auch dahin gehen, das bunte Wappen als Haupt theil besonders hervortreten zu lassen, dagegen die übrigen Ornamente, die vielleicht das Wappen als Rahmenwerk umgeben, nur zurück haltend zur Geltung zu bringen. In diesem Falle genügt einfaches Hochtreiben und Färben, doch wird es meist gerathen sein, die Neben ornamente auch räumlich zu beschränken. Besteht die Absicht des besonderen Hervorhebens des farbig ge malten Hauptstückes nicht, so kann das Gleichgewicht zwischen diesem und dem umgebenden Nebenwerk hergestellt werden, indem letzteres entweder durch Golddruck oder gleichfalls durch Farben schmuck gehoben wird. Golddruck eignet sich besonders zur Ein fassung streng stilisirter Ranken und Blätter, ist dagegen zur Ver zierung von Thier- oder Menschengestalten nicht am Platze. Wünscht man den Lederschnitt zu vergolden, so ist es nöthig, vorher der Decke den entsprechenden Grund zu geben und das Leder zum Vergolden tauglich zu machen. Zu diesem Zweck wäscht man es gründlich mit stark verdünntem Scheidewasser aus, um die. Fett theile zu beseitigen. Nachdem es geschnitten, getrieben und modellirt ist, überfährt man es noch einigemale mit Essig, der mittels eines Schwämmchens aufgetragen wird. Sodann überstreicht man die Decke mit Kleisterwasser, reibt dieses kräftig ein und giebt einen Kleister grund, worauf mit der oben beschriebenen Beize gefärbt wird. Ist die Beize getrocknet, so überfährt man die ganze Decke nochmals mit Vergolde-Eiweiss und beginnt nach dem Trocknen desselben das Vergolden. Bei Arabesken und Pflanzen-Ornamenten werden meist die Um risse vergoldet, seltener die in den Blättern und Ranken befindlichen Rippen, Narben und Erhöhungen. Diese werden durch Modelliren hervorgehoben, obgleich es bei entsprechenden Zeichnungen auch statthaft ist, sie durch Golddruck zu markiren. Zum Vergolden der Umrisse verwendet man nicht zu dünne Bogenlinien, die stets da aufgesetzt werden, wo der vom Umschneiden herrührende Schnittrand abschliesst. Arabesken können ausserdem noch durch Schraffirung gefüllt werden, je nachdem dies die Zeichnung erwünscht scheinen lässt. Um die Arbeit möglichst plastisch zu gestalten, kann der Grund etwas dunkler gebeizt werden, als die Ornamente, wodurch die vergoldete Decke an Schönheit gewinnt. Was hier von heraldischen Darstellungen gesagt wurde, gilt auch von anderen Entwürfen, die bestimmt sind, theilweise ausgemalt zu werden. Beabsichtigt man z. B. im Mittelstück der Decke einen farbig gemalten Titel oder auch nur farbige Initialen anzubringen, so kann die Einfassung durch Golddruck recht gut mit ihm in Einklang ge bracht werden. Auch ist es statthaft, die einzelnen Ornamentfelder Fig. 31. durch Goldlinien und Fileten zu trennen, welche an oder auf hochge triebene Borten oder Nähte gedruckt werden. Beim Bemalen ist stets die Farbe der gebeizten Decke zu be rücksichtigen. Die Farbenwirkung ist auf einer braunen Decke eine andere, als auf einem weissen Papierblatt, da die Grundfarbe die Ornamentfarben stark beeinflusst. Deshalb ist es zweckmässig, die gemischten Farben erst auf ein braungefärbtes Lederstück zu streichen und zu prüfen, ob der Ton auch der getroffenen Wahl vollständig entspricht. Eigenartige und reizvolle Wirkungen lassen sich mit Deckenent würfen erzielen, welche Arabeskenmotive im Charakter des maurischen Stiles zur Geltung bringen, wie solche z. B. Fig. 31 zeigt. Werden besken gleichmässig glatt nieder. Ebenso glättet man die Oberfläche der Ornamente sauber und drückt die Schraffirungen etwas vertieft. Ist das geschehen, so wäscht man die Decke mit verdünntem Scheidewasser und Essig aus und giebt einen Kleistergrund. Dann färbt man die hochstehenden Arabesken ganz leicht, nicht tiefer als Orange, überfährt sie mit Vergolde-Eiweiss und druckt über alle Arabesken hinweg ganz eng aneinandergereihte Goldlinien, sodass die Motive gut gewählt und die Farben entsprechend angewendet, so ist der Erfolg überraschend schön. Derartige Entwürfe dürfen nicht auf die bekannte Weise modellirt werden, ebenso bleibt der Grund glatt und wird nicht punzirt, sondern nur gemalt. Man um schneidet die Ara besken gleichmässig tief mit senk rechter Messerführung und tiefem Schnitt. Dann treibt man sie so, dass sie an den Umrissen kräftig über den Grund hervorstehen, jedoch nicht nach der Mitte zu gerundet sind, also ebene, über den vertieften Grund hervorstehende Reliefs bilden. Die getriebenen Ornamente füllt man von der Rückseite her gleichmässig mit Modellirwachs aus, legt das Leder mit der Vorderseite nach oben gekehrt auf einen glatten Schärfstein und drückt den Grund rings um die Ara diese eine gleichmässige Schraffirung ergeben. Nun malt man den vertieften Grund sowie die in den Arabesken befindlichen Tiefen mit sattem Karmin- oder tiefem Feuerroth oder auch Blau aus. Man kann auch beide Farben zugleich anwenden, den Grund blau und die Tiefen in den Arabesken roth malen, oder auch umgekehrt. Ebenso kann man die hochstehenden Arabesken bronziren, doch ist Golddruck- schraffirung im Hinblick auf die Haltbarkeit vorzuziehen. Die ver goldeten Arabesken heben sich plastisch vom farbigen Grunde ab, und die Wirkung ist, wie man sich überzeugen wird, überraschend schön. Bedingung ist jedoch, dass die Goldschraffirung ganz eng gedruckt wird, und zwischen den Linien wenig Raum ist. Das Ausmalen dunkelgefärbter Decken kann man sich erleichtern, wenn man die zu bemalenden Ornamente nicht mitbeizt, sondern beim Färben der Decke die Beize um die Ornamente herum aufträgt und letztere in Naturfarbe stehen lässt. Auf das naturfarbige Leder lässt sich bedeutend besser malen, als auf den braungeätzten Grund, da es nicht wie dieser den Ton der aufgetragenen Farbe beeinträchtigt. Decken die Farben auf braunem Grunde nicht vollständig, so erscheinen sie dunkler, verändern je nach dem Einflüsse des braunen Grundes auch ihren Farbton. Malt man dagegen auf Naturleder, so behalten die Farben bei genügender Deckkraft ihre Reinheit, ja sie gewinnen vielfach durch die zartgelbliche Oberfläche des Leders an Weichheit und Wärme des Tons. Ebenso wie mit Lederschnitt kann die Malerei auch mit Brennarbeit