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1446 PAPIER-ZEITUNG. No. 56. kleinen Mengen Wasser tüchtig auf, lässt absitzen und zieht immer wieder das klare Wasser ab. Schon beim zweiten solchen Aussüssen zeigt das Aräometer geringe Gradigkeit von etwa 0,5—0,6 0 Be, nur das zur Hand befindliche Reaktionspapier (Jodkaliunistärkepapier verräth, dass immer noch ziemliche Mengen von Chlor darin sind Die kleinen Mengen des durch 3—4maliges Aussüssen erhaltenen Chlorwassers leitet man in den ersten Auszug, und zwar so, dass alsdann hier immer eine Lösung von 4 oder 5° Be. entsteht. Hat man einmal die 4gradige Stärke angenommen, dann sorge man auch dafür, dass stets genau 4 0 Be. starke Laugen gemacht werden, also nicht einmal 4 und dann mal wieder 5 0 Be. Man hat hierdurch folgende Vortheile: 1. Man weiss gleich, ob sich die Stoffe immer gleichmässig bleichen bei gleichem Zusatze von Chlor. 2. Man kann nach dem Ausbringen an 4° Be-Laugen auf die Güte des Chlorkalkes schliessen und 3. erkennen, ob der Arbeiter mit der nöthigen Sorgfalt gear beitet hat. Von dem Vorrathsbehälter pumpe man die Lösung zum Gebrauche in einen Gebrauchs-Behälter, welcher genau ausgemessen und mit einer Maasseintheilung versehen ist, damit stets gleiche Mengen blei chendes Chlor in eine bestimmte Menge Stoff kommen. Das Bleichen selbst in den Holländern verlangt auch einige Aufmerksamkeit, und zwar besonders, damit nicht zu viel Chlor ge nommen wird. Das zu viel zugegebene Chlor geht nicht nur ver loren, sondern der Chlorüberschuss lässt sich auch ohne Antichlor nur schwer entfernen; er bleibt im Stoffe und verdirbt die Fasern, der Stoff wird todtgebleicht und verursacht auch Schwierigkeiten mit der Leimung. Auch hier lasse man immer mit einem kleinen Streif- chen Jodkaliumstärkepapier prüfen. Ich habe als der erste Zellstoff-Techniker, der Zellstoff im Grossen bleichte, viele Verdriesslichkeiten gehabt, da mir niemand mit Rath und That zur Hand gehen konnte. Dass man häufig mit Aufbietung aller Arbeit keine schöne rein weisse Bleiche bekommt, liegt nicht am Chlorkalk oder am Zellstoff, sondern an etwas Anderem, was einem weitem Aufsatze vorbehalten bleibt. S. Sulfitablauge. Obgleich in anorganischer Beziehung auf dem Gebiete der Unter suchung der Sulfitablauge bereits mehrfach und nicht ohne Erfolg gearbeitet wurde, ist das eigentliche Wesen dieser Ablauge in Bezug auf ihre organischen Bestandtheile immer noch ein grosses Frage zeichen. Ebenso wie ich, haben sich verschiedene andere Chemiker bis heute vergeblich bemüht, einen organischen Körper aus der Sulfit ablauge rein darzustellen. Ich verweise in dieser Beziehung auf die bisherigen Veröffentlichungen von Prof. Ihl (Chemiker-Zeitung 1891, Nr. 13), von Dr. Adolf Frank (Ueber Zellstoff - Fabrikation, Papier- Zeitung 1888), von Nils Pedersen (Papier-Zeitung 1890, Nr. 19), von Dr. W. Buddens (Papier-Zeitung 1891, Nr. 23) u. A. Alles, was wir über die organische Zusammensetzung der Lauge wissen, sind einige mehr oder weniger wahrscheinliche Vermuthungen, gegründet auf Farben-Reaktionen, Schmelzpunktbestimmungen von Destillationsprodukten und andere ähnliche kleinere Versuche. Aeltere Patentschriften enthalten darüber noch einige spärliche Angaben. Ich erwähne hier insbesondere Tilghman: engl. Patent Nr. 2924 v. J. 1866 und Nr. 385 v. J. 1867, wonach die Ablauge »eine schwache Säure, der Ulminsäure ähnlich«, ferner Gummi und Stärke (?) enthält. Ausserdem Mitscherlich D.R.P. 4178 und 4179, welche beiden Patente davon sprechen, dass in den Ablaugen Gerbstoff, Gummi und Essig säure enthalten sind. Die hervorragendste Reaktion der Ablaugen ist nun die, dass sie mit Leimlösungen einen sehr starken, nach dem Schütteln klebrig klumpigen Niederschlag geben. Siehe darüber eine von Cross und Bevan veröffentlichte Flugschrift über das Pictet-Brelaz-Verfahren. Dieselbe würde darauf hindeuten, dass der Gerbstoff, welcher bekanntermaassen die Eigenschaft besitzt, Leimlösungen zu fällen, den vorwiegendsten Be- standtheil der Ablaugen ausmache. Alle bisher angestellten Versuche, fliesen Gerbstoff rein zu gewinnen, waren jedoch ohne Erfolg, und es ist mir auch nichts darüber bekannt, dass die Lösung dieser Aufgabe einem Anderen gelungen wäre. Hierbei muss allerdings hervorgehoben werden, dass eine derartige Reindarstellung von Gerbstoffen überhaupt sehr grosse Schwierigkeiten hat, dass nur wenige von den zahlreichen zu dieser Gruppe gehörigen Körpern (in erster Reihe wohl das Tannin) bis jetzt isolirt wurden, und dass man viele, so z. B. die Eichenrinden gerbsäure und andere, nur in unreiner Form bisher hat benutzen können. Näheres über Gerbsäuren siehe Muspratt’s Chemie, 3. Aufl., III. Bd. und Husemann »Die Pflanzenstoffe«, Berlin 1871. Um der Lösung der Frage bezüglich des Gerbstoffgehaltes der Sulfitablaugen wenigstens auf anderem Wege etwas näher zu kommen, versuchte ich es, denselben nach einem der bisher bekannten Ver fahren in der Ablauge womöglich direkt quantitativ zu bestimmen. Die Zahl der zur Gerbstoffbestimmung angegebenen Verfahren ist ausserordentlich gross. Ich nenne hier nur die Namen derjenigen Männer, welche theils solche Verfahren vorgeschlagen, theils sich mit ihrer Ausarbeitung und kritischen Prüfung beschäftigt, oder in anderer Weise über Gerbsäure-Bestimmungen gearbeitet haben: Davy, Fehling, Müller, Schulze, Fleck, Sackur, Wolff, Handtke, Monier, Wildenstein, Hammer, Risler-Bennat, Persoz, Löwenthal, Neubauer, Councler, Schröder, Müntz, Ramspacher, Gerland, Mitentzwey, Commaille, Wagner, Hallwachs, Büchner, Löwe, Siemand, Ulbricht, Öser, Gauhe, Salzer, Kathreiner, Procter, Hewitt, Fresenius, Cech, Günther usw. Die gebräuchlichsten Verfahren, welche sich ihrer relativen Ein fachheit und ihrer Vorzüge wegen, die sie gegenüber anderen Me thoden besitzen, am meisten eingebürgert haben, sind folgende: 1. Die Methode von Hammer. (Siehe Fresenius, Quantitative chemische Analyse, VI. Aufl., II. Bd., S. 625.) Dieselbe beruht darauf, dass man einer Gerbstofflösung mit Hilfe von thierischer Haut den gerbenden Bestandtheil entzieht, das spezifische Gewicht der Flüssigkeit vor und nach der Behandlung mit Thierhaut bestimmt und aus der Abnahme den Gehalt an Gerbstoff berechnet. Man geht dabei von dem Gedanken aus, dass die untersuchte Lösung, wie dies ja immer der Fall ist, äusser Gerbstoff noch andere Körper enthält, welche das spezifische Gewicht derselben vermehren. Wird nun der Gerbstoff ausgefällt, so bleiben die anderen Körper in Lösung, und das spezifische Gewicht muss gerade so viel abnehmen, wie eine Lösung, welche ebensoviel reinen Gerbstoff enthält, allein wiegt. Zur Entfernung des Gerbstoffes benutzt man entweder mit Salz säure kalt extrahirte Knochen oder Hornschläuche oder gewöhnliche thierische Haut, welche von Haaren befreit, mit Wasser gründlich ausgelaugt, getrocknet und mit einer groben Feile zerkleinert ist. Man rechnet dabei, das ursprüngliche spezifische Gewicht als maass- gebend angenommen, auf 1 Theil Gerbsäure 4 Theile Hautpulver. Letzteres wird gewogen, mit Wasser befeuchtet, ausgepresst, mit einer bestimmten Menge der zu untersuchenden Lösung zusammen gebracht und damit unter öfterem Schütteln 24 Stunden lang stehen gelassen. Schliesslich filtrirt man die Lösung und bestimmt, nachdem man geprüft hat, ob sie mit Leimlösung keine Fällung mehr giebt, deren spezifisches Gewicht auf’s Neue. Das spezifische Gewicht m vor dem Versuche, weniger dem spezifischen Gewichte n nach dem Versuche, giebt den Unterschied x; dieser mehr 1 (für reines Wasser) giebt uns das spezifische Gewicht einer entsprechenden Gerbstofflösung, deren Prozentgehalt, auf Tannin berechnet, aus einer im Fresenius, II. Bd., S. 627, enthaltenen Tabelle ersichtlich ist. Diese von verschiedenen Seiten mit Recht empfohlene Methode ist genau, sehr einfach und liefert bei gleichmässigem Arbeiten über einstimmende Ergebnisse. Ihre Mängel sind, dass Thierhaut sowie die extrahirten Knochen nicht vollkommen unlöslich in Wasser sind, und dass man die Prozentzahlen bisher nur für Tannin kennt, während sie für andere Gerbsäuren noch nicht bestimmt wurden. Die grösste Schwierigkeit besteht aber darin, dass manche Gerbstofflösungen auch andere organische Körper, die Pectinkörper (über deren Eigenschaften siehe Husemann »Die Pflanzenstoffe«, S. 615) enthalten, welche sich ebenfalls auf der Hautblösse niederschlagen. Um diese Pectinstoffe zu entfernen, schlägt Julius Löwe vor, die Lösung vor der Untersuchung unter Zusatz von einem Tropfen Essigsäure einzudampfen und mit Alkohol auszuziehen; letzterer löst die Gerbsäure, und man kann die Lösung nun zur Entfernung des Weingeistes eindampfen und den Rückstand mit Wasser aufnehmen. Die Pectinkörper verbleiben als unlöslicher Rückstand bei der Behandlung mit Alkohol, sind aber »nach Untersuchungen von Büchner stark gerb säurehaltig, so dass diese Methode einen Fehler durch den andern ersetzt.« (Muspratt’s Chemie, III. Aufl., III. Bd., S. 114.) 2. Das Verfahren nach Löwenthal, Councler und Schröder. (Siehe Fresenius, Quantitative chemische Analyse, IV. Aufl., II. Bd., Seite 619.) Dasselbe hat von den verschiedensten Seiten Bearbeitungen, Prüfungen und Verbesserungen erfahren und beruht darauf, dass Gerbstoff- und Indigolösung in einem Gemisch von geeigneter Ver dünnung von übermangansaurem Kali zu gleicher Zeit oxydirt werden, sodass mit der Entfärbung und Oxydation des letzten Theilchens Indigo auch das letzte Theilchen Gerbstoff oxydirt ist. Man braucht zur Durchführung dieses Versuchs eine Chamäleonlösung (über mangansaures Kali), deren Titre gegen Oxalsäure vorher bestimmt wird, und eine Lösung von 40 g reinstem Indigokarmin in Teig form, versetzt mit 60 cc Schwefelsäure in 1 1 Wasser. Beide sollen so aufeinander stimmen, dass 20 cc der Indigolösung, mit einem Liter Wasser verdünnt, beim Titriren beiläufig eben so viele ccm Chamäleon brauchen, bis der blaue Farbenton durch Grün in reines Goldgelb übergeht. Von der Gerbstoff-Lösung wird dann bei einer