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PAPIER-ZEITUNG, No. 77. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Leder-Kunstarbeit. (Fortsetzung zu Nr. 75.) Das Leder kann sowohl im trocknen als auch in etwas feuchtem Zustande gebrannt werden. Im ersten Fall ist natürlich etwas mehr Hitze erforderlich, als im letzten. Kalbleder kann im Naturzustande benützt werden, man kann ihm aber auch, besonders wenn man es später lackiren will, einen Untergrund von Kleisterwasser geben. Bei Rind- oder Schalleder ist dieser Kleisteruntergrund stets von Nutzen, daher möglichst immer anzuwenden. Soll das Buch nur mit Brennzeichnung verziert werden, so kann dies sowohl vor als nach dem Ueberziehen mit Leder geschehen, ein Umstand, der besonders dann von Nutzen ist, wenn man das Buch von einem Künstler brennen lassen will: denn es ist oft erwünscht, diesem das fertiggearbeitete - Buch zu übergeben. Die Zeichnung trägt man wie beim Lederschnitt mittels Pause und Graphit zunächst auf das Leder; ist dieses gefeuchtet, so genügt kräftiges Eindrücken der Umrisse mit dem Modellirstift. Hierauf fährt man mit dem heissen Brennstift den Strichen der Zeichnung nach und brennt diese ein. Dabei ist selbstverständlich erhebliche Handsicherheit nöthig, da jeder Strich, der einmal eingebrannt ist, unverlöschlich festsitzt, und Verbesserungen garnicht oder doch nur durch Verschleierung umgebender Striche möglich sind. So lange man keine grosse Uebung besitzt, ziehe man die Zeichnung erst hell nach und gebe dann Strichen, die nicht dunkel genug sind, durch nochmaliges Nachfahren mit dem heissen Stifte die nöthige Tiefe. Dabei ist stets zu beachten, dass die Abstufung der Schatten nicht einzig durch dicke oder eng zusammenliegende Striche wie beim Holzschnitt oder bei der Federzeichnung erzielt werden soll, sondern hauptsächlich durch den hellbraunen, dunkelbraunen oder schwärzlichen Ton, welcher den Strichen durch grössere oder geringere Hitze des I Brennstiftes verliehen wird. Um die Wirkung dieser Töne kennen zu lernen, ist es von Nutzen, gute Brennzeichnungen als Vorbilder und Uebungsmittel zu benutzen. Die Brenntechnik kann sowohl als selbständige Buch-Verzierung Anwendung finden, als auch in Verbindung mit Golddruck und Malerei. Sie selbst schon lässt, wenn gut ausgeführt, eine Zeichnung plastisch zur Geltung kommen. Benutzt man sie bei Herstellung von Ledersehnitten, so kann man viel Schneidarbeit ersparen und dem modellirten Lederschnitt durch Ueberarbeiten mit dem Brennstift seine Vollendung geben. Man würde dann also nur die Umrisse der Or namente umschneiden, dagegen alle jene Linien, welche man sonst durch flaches Ritzen markirt, nach dem Modelliren mit dem Brennstift einzeichnen, so z. B. Blattrippen, flache Schattirungen der Ranken, die Markirung der Federn und Flügel hei Vögeln, die Augenlider bei Gesichtern, die Lage der Kopf- und Barthaare, Ciselirungen an Waffen und dergl. mehr. Ferner kann die Brenntechnik bei derselben Decke zugleich als selbständige Verzierungsart auftreten. So kann z. B. das Rahmenwerk als Lederschnitt gearbeitet, das Mittelfeld dagegen nur mit dem Brennstift verziert sein. Ebenso können Borten und Nähte mit dem Brennstift verziert werden. Auch Titel kann man einbrennen, ohne dass dieselben vorher umschnitten und getrieben waren. Im letzteren Fall ist die Brenntechnik ein vorzügliches Hilfsmittel, da sich die Schrift mit dem Brennstift ziemlich leicht zeichnen lässt, wogegen das Um schneiden, Treiben und Modelliren der Buchstaben eine äusserst müh same und schwierige Arbeit ist. Beabsichtigt man das Mittelstück oder das Titelfeld einzig mit dem Brennstift zu verzieren, so ist es nöthig, entweder dasselbe heller als die übrige Decke zu färben, oder auch die ganze Decke in hellem Farbtone auszuführen. Auf dunkel gefärbten Decken treten die Brenn zeichnungen nicht kräftig genug hervor. Am besten ist es, das mit Brennzeichnung zu versehende Feld garnicht zu färben, vielmehr im Naturzustande des Leders zu lassen. Derartig zu verzierende Decken arbeitet man auf folgende Weise: -Man paust zunächst alle die Theile der Zeichnung auf, welche als Lederschnitt auszuführen sind, umschneidet und modellirt sie, wobei der Brennstift zum Einzeichnen flacher Striche bereits Anwendung finden kann. Hierauf punzirt man den Grund des Lederschnittes bis an das mit Brennzeichnung zu versehende Feld. Dieses bleibt ohne jede Punzirung in glattem Zustande. Beim Modelliren drückt man dasselbe vorsichtig nieder und streicht es entweder eben, oder giebt, sofern es das in der Mitte liegende Titel feld ist, nach der Mitte zu eine sanfte Wölbung. Dabei ist darauf zu I I sehen, dass alle scharfen Eindrücke und Falten vermieden werde 11 und das Feld rein und glatt erhalten wird. Beabsichtigt man, es in heller Farbe oder in Naturfarbe zu lassen, so ist beim Färben be sondere Sorgfalt anzuwenden und darauf zu sehen, dass die leicht überfliessende Beize sich im Leder nicht fortsaugt, und dass die Färbung an dem hell zu bleibenden Titelfeld scharf abschliesst. Lässt man dieses ganz in Naturfarbe, so ist es zweckmässig, dasselbe zur Erhöhung der Lederreinheit mit verdünntem Zitronensaft oder auch mit recht scharfem Weinessig gründlich abzuwaschen, worauf man Hoch einen Grund mit Kleisterwasser geben kann. Ist das Leder trocken, so paust man Schrift und Zeichnung sorg- fältig auf das helle Feld, nimmt dann einen Brennstift und zieht die gepauste Zeichnung mit ziemlich senkrecht gehaltenem Stifte nach, zuerst die Umrisse und dann die Schatten. Zunächst lege man die Zeichnung gleichmässig hellbraun an, dann vertiefe man durch wieder holtes Ueberfahren der hellen Striche die Schattenstellen allmälig so weit, bis die Zeichnung plastisch vortritt. Wie hier Ledertreib- und Brennarbeit ergänzend vereinigt sind, so kann diesen auch noch Golddruck und farbige Ausschmückung zugefügt werden. Bei harmonischem Ineinandergreifen aller dieser Techniken lassen sich wirklich überraschende Ergebnisse erzielen. Freilich ist zur Hervorbringung derartiger Arbeiten ein geläuterter Geschmack erforderlich, da geschmacklose Anbringung von Ver goldungen und von Färb- und Bronzemalereien leicht einen sonst schön gearbeiteten Lederschnitt verunstalten kann. Golddruck kann sowohl zur Abgrenzung zu trennender Ornament theile, als auch zum Verzieren und Hervorheben der Ornamente selbst angewendet werden. In letzterem Fall sollte er indessen nur bei streng stilisirten Formen zur Anwendung kommen, sowohl bei geometrischen als auch bei Pflanzenornamenten. Niemals darf der Gold druck überwuchern oder die Plastik des Lederschnitts beeinträchtigen, sondern er soll nur als begleitende oder unterstützende Verzierung auftreten. Dementsprechend ist der Golddruck nur spärlich, in zurück haltender Form und unter genauer Berechnung der Wirkung mit dem Lederschnitt zu verbinden. In vielen Fällen werden Lederschnitte durch eingestreuten Golddruck ohne gleichzeitige Malerei nicht ge winnen, sondern eher verlieren, da theilweise eingedrucktes glänzendes Gold den ruhigen Gesammteindruck stören und den Blick auf Neben sächlichkeiten lenken würde. Dagegen wirkt der Golddruck oft in solchen Fällen recht gut, wenn zugleich mit ihm Bronze- und Farben verzierungen angewendet werden, da alsdann die Decke unter Um- ständen ein farbenprächtiges Gesammtbild ergeben kann. Zur har monischen Farbengesta’tung von Entwürfen, welche Ornamente aus der Thier- und Pflanzenwelt enthalten, gehört eine grosse Erfahrung, weshalb es gerathen erscheint, sich bei ungenügender Farbenkenntniss nicht an die Bemalung derartiger Entwürfe zu wagen, sondern zu diesem Zweck einfachere Formen zu wählen oder das Ausmalen durch einen .Maler ausführen zu lassen. Zum Bemalen der Lederschnitte würden sich am besten Oel- färben eignen, da dieselben grosse Haltbarkeit besitzen. Indessen sind diese Farben nicht nur theuer, sondern sie erfordern auch bei ihrer Anwendung ziemliches Verständniss und trocknen nur langsam. Daher wird man besser thun, mit guten Aquarellfarben zu malen, die man nachher mit einem Lacküberzug schützt und haltbar macht. Leider deckt die Aquarellfarbe schwer, und um das dunkle Leder verschwinden zu lassen, ist öfteres Uebermalen nöthig. Doch kann man sich in dieser Hinsicht helfen, indem man, wie das bei der Gouache-Malerei geschieht, jede Aquarellfarbe durch Beimischung von Deckweiss oder Chromgelb in eine Deckfarbe verwandelt. Auch be kommt man auf diese Weise gemischte Farben unter dem Namen Gouachefarben« bereits fertig angerieben zu kaufen, und es empfiehlt sich, letztere zu benützen. Für diejenigen, denen keine Gouachefarben zur Verfügung stehen, lasse ich folgende, in der Malerei angewendete Mischungen zur Her vorbringung von Deckfarben folgen. Als volle Deckfarben gelten Neapelgelb, Chromgelb und Silberweiss, durch deren Mischung mit guten Aquarellfarben man Farben von genügender Deckkraft erzeugen kann. Man mischt folgendermaassen in einem Tuschnapf: Meergrün: 1 Theil Smaragdgrün, 1 Theil Berlinerblau, 1 Theil Indischgelb und 1 Theil Weiss. Blaugrün: 1 Theil Neapelgelb und 3 Theile Kobaltblau. Wassergrün: 1 Theil Smaragdgrün, 1 Theil Kobaltblau, 1 Theil Indischgelb und 1 Theil Weiss. Himmelblau: 2 Theile Kobaltblau und 1 Theil Weiss. Graublau: 1 Theil Kobaltblau, 3 Theile Weiss und, 1 Theil Schwarz. Violett: 1 Theil Kobaltblau, 1 Theil Karminlack und dazu etwas Weiss. Rothbraun: 2 Theile Karmin, 1 Theil Sepia, 1 Theil gebrannte Terra di Siena und 1 Theil Weiss.