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1994 PAPIER-ZEITUNG. Wo. 75. Natürliche Farbstoffe. Anschliessend an meine Abhandlung über die Reaktionen der Theerfarbstoffe in Nr. 64 will ich nachstehend einige Mittheilungen über die natürlichen Farbstoffe machen, deren Kenntniss ebenfalls von Wichtigkeit ist. Für- Buntpapier- und Lithographiezwecke werden die natürlichen Farbstoffe ihrer grossen Lichtbeständigkeit wegen vielfach noch als Farblacke in Pastenform oder in festem Zustande verwendet, doch werden sie mehr- und mehr durch die sich billiger stellenden und weniger umständlich anzuwendenden Anilinfarben verdrängt. Der älteste natürliche Farbstoff ist der Krapp, welcher aus der Wurzel der Färber-Röthe gefertigt wird. Die Eigenschaft roth zu färben verdankt der Krapp dem Alizarin und Purpurin. Runge, Rochleder usw. stellten aus dem Krapp schon vor längerer Zeit das Alizarin dar, während Graebe und Liebermann im Jahre 1869 das Alizarin aus dem Anthracen, einem Produkte des Steinkohlentheers, darstellten. Durch diese Erfindung und besonders dadurch, dass die beiden letzteren Gelehrten den unwiderleglichen Beweis lieferten, dass die in der Natur vorhandenen Farbstoffe auch künstlich darstellbar seien, sind die natürlichen Farbstoffe sehr in den Hintergrund ge- drängt worden. Das Sandelholz, von Pterocarpus santalinus aus der Familie der Papilionaceen, kommt von Ceylon und Ostindien. Die darin ent haltenen färbenden Bestandtheile sind 16pCt. Santalin. Das Blauholz entstammt dem Blauholzbaume, Haematoxylum Campechianum, in Centralamerika und Westindien vorkommend. Das Chromogen des Blauholzes ist das Haematoxylin, C 16 H,. Og 9—12 pCt. enthaltend; aus diesem bildet sich das Haematen, C,6 H,, O6, der eigentlich färbende Stoff des Blauholzes. Das Gelbholz ist das Kernholz der in Mittel-, Nord- und Süd amerika vorkommenden Madura tinctoria und Maclura aurantiaca. Die färbende Kraft im Gelbholz kommt von dem darin enthaltenen Maclurin oder der Moringerbsäure, C,3 H,o O 6 , und dem Morin oder der Morinsäure, C,2 Hg 0 5 . Das Fisetholz ist das Kernholz des im Mittelmeergebiete (Ungarn, Dalmatien, Italien, Frankreich, Südtirol und Spanien) vorkommenden Perrückenbaumes. Die Färbekraft liefert das Fisetin, C23 H,6 O 9 . Das Quercitron, ein heute noch vielfach zur Darstellung von Farblacken verwendeter Farbstoff, kommt in mehreren Eichenarten, besonders in der Quercus tinctoria und Quercus nigra, seltener in der Quercus digitata und Quercus trifida usw. vor. Dieser Farbstoff wurde von Chevreul in Krystallen dargestellt und später von Bolley untersucht. Er ist in der Rinde als Glycosid enthalten und wird Quercitrin, Cas Hao 07, benannt. Curcuma ist die Wurzel der in Asien heimischen Curcuma longa L., auch Gelbwurz, Gilbwurzel, Turmeric, Terra merita genannt. Der darin enthaltene färbende Stoff ist das Curcumin, Cg Ho O r Die Färbungen hiermit sind sehr unecht. Orlean wird aus der Samenschale des im tropischen Amerika und ()stindien vorkommenden Orleanbaumes gewonnen. Es besitzt zwei Farbstoffe, einen rothen Farbstoff, das Bixin, Cas Ha Os, und einen gelben, das Orsellin. Catechu ist das Extrakt verschiedener in Ostasien heimischer gerb stoffreicher Pflanzen. Der Hauptbestandtheil des Catechu und zugleich das Chromogen des Farbstoffes ist das Catechin, C 21 H,o 0, + 5 H 2 0. Die Galläpfel sind abnorme Auswüchse auf den Blättern und Zweigen mehrerer Eichenarten. Sie entstehen durch den Reiz, den das durch die Galiwespe gelegte Ei ausübt. Die besten Sorten sind die Jerligallen; sie enthalten 70 pCt. Gailusgerbsäure, C, H I0 0», 3 pCt. Gallussäure, 3pCt. Zucker, 2pCt. Ellagsäure und ätherisches Oel, 2 pCt. Stärke. Sumach, Schmack, ist ein gerbstoffreiches Färbmaterial, be stehend aus den jüngeren Zweigen, Blättern und Blüthenstielen mehrerer südeuropäischer Pflanzen. Hauptbestandtheil ist die Sumachgerb- säure, ausserdem ist noch ein gelber Farbstoff, der noch nicht näher untersucht wurde, darin enthalten. Cochenille sind dunkelbraunrothe, zusammengeschrumpfte, aussen weisslich bestäubte Körner, die getrockneten Weibchen der ursprünglich in Mexico und dem nördlichen Südamerika einheimischen Cochenille laus. Die Cochenille diente früher zum Scharlach- und Carmoisin- rothfärben, was heute ausschliesslich durch die Azofarben und Eosine geschieht. Das färbende Prinzip der Cochenille ist die Carminsäure oder das Coccusroth, welches in H,0; C, IQ 0 und NIL löslich ist. Unter Tannin als Farbstoff wird dasjenige verstanden, welches ans Galläpfeln gewonnen wird. Lac-dye oder Lacklack ist nur indirekt animalischer Farbstoff, indem er aus dem Körner- oder Stocklack gewonnen wird, welcher durch den Stich der Lackschildlaus, Coccus Lacca, einer in Ostindien auf verschiedenen Pflanzen lebenden Schildlaus-Art, auf diesen Pflanzen gebildet wird. Die Bestandtheile des Lac-dye sind etwa 50pCt. Carminsäure, 20pCt. Thonerde und 30pCt. Harz. Cudbear, ein röthlich-violettes - Pulver, wird aus Orseille als rother Indigo dargestellt. E. Tapeten-Fabrikation. Ueber die Lage der Tapeten-Industrie giebt der Jahresbericht der Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft folgende interessante Uebersicht. Die Geschäftslage im Tapeten-Fach war im Jahre 1890 nicht günstiger, als in den Jahren zuvor. Der Verbrauch in billigen Artikeln blieb zwar auch im letzten Jahre nicht hinter demjenigen der früheren zurück, jedoch lassen die erzielten Preise allenthalben zu wünschen übrig. Die in grossen Massen hervorgebrachte Maschinenwaare hat den Markt dermaassen überschwemmt, dass ein Weichen der Preise die natürliche Folge war. Die besten Muster wurden in noch grösserem Maassstabe wie bisher, weniger sorgfältig, in schlechterem Material und auf leichten Papieren gearbeitet. Der äussere Glanz, der derartigen Tapeten an haftet, beruht nicht auf gesunder Grundlage und verliert sich nach kürzester Zeit. Wie in allen anderen Gewerbszweigen, so sind es auch in der Tapeten-Industrie die kleineren Fabrikanten, die den Rückgang ver schulden; und die grösseren, die sich Jahre lang dagegen gesträubt haben, ein solides Fahrwasser zu verlassen, wurden schliesslich ge zwungen, auf gleiches Gebiet zu folgen. Es steht fest, dass in den letzten 10 Jahren kein Fabrikant die Anzahl seiner Handdrucktische, wohl aber diejenige seiner Maschinen vermehrt hat. Diese Thatsache ist allerdings einerseits verursacht durch die grösser werdende Nachfrage nach Tapeten überhaupt, weil von Jahr zu Jahr das Tapezieren der Zimmer mehr in Aufnahme kommt, und. selbst auf dem Lande fast durchweg wenigstens die bessere Stube tapeziert wird; anderseits werden die Fabrikanten in dem heutigen Zeitalter unaufhörlicher Vorwärtsbewegung durch Händler sowie Ver braucher gezwungen, mehr Maschinen aufzustellen, denn das Ver langen nach schneller Lieferung ist fast krankhaft geworden. Wir wollen mit unserer Klage über die Maschinen - Fabrikation durchaus nicht gesagt haben, dass dieselbe in allen Theilen unsolide sei. Freilich wird mit der Maschine hauptsächlich leichte Waare fabrizirt, aber auch die ersten Fabrikanten haben gezeigt, dass eine von Grund auf mit Fleiss, Aufmerksamkeit und allerdings auch er heblichen Kosten hergestellte Maschinenwaare von Handdruck kaum zu unterscheiden uud dabei erheblich billiger ist als diese. Das sind Errungenschaften auf technischem Gebiet, die durchaus nicht zu unterschätzen sind, ja sogar in eben diesem Sinne einen Fortschritt bedeuten, woraus jedoch niemand einen pekuniären Nutzen gezogen hat. Jeder bessere Fabrikant bringt, trotz des Rückganges der Hand druck-Fabrikation, in jedem Jahre einige neue Muster darin heraus, ja wir haben sogar einige grössere Verkaufs-Geschäfte in Deutschland, die nicht aufhören, ihre eigenen Handdruck-Formen alljährlich stechen zu lassen und beim Fabrikanten in Druck zu geben. Gewiss ist dies ein gutes Zeichen und ein Beweis, dass einzelne Firmen auch heute im Handdruck noch nennenswerthen Absatz haben. Der Verbrauch fremder Fabrikate war im vergangenen Jahre ziemlich rege. Eine Reihe französischer Firmen hatte in Deutschland hübschen Absatz. Natürlicherweise beschränkt sich jeder Verbrauch französischer Tapeten nur auf Artikel, die in deutschen Fabriken garnicht, oder nur sehr mangelhaft ausgeführt werden. Der Franzose hat eben in leicht gezeichneten Blumensachen ganz besondern »Chic« und steht darin unerreicht da. Alle unsere Blumensachen haben etwas Steifes und Pedantisches — wir möchten fast sagen »zu Solides«; — der liebliche Hauch, der sich über eine französische Blumentapete ergiesst, und der ihr einen eigenen prikelnden Reiz giebt, geht unseren »Mille Fleurs«-Artikeln vollständig ab. Englische Tapeten sind weit weniger vertreten; die Zeichnungen derselben sind im allgemeinen für den deutschen Geschmack zu wild und fantastisch, jedoch findet man auch bei uns einzelne grosse Ver ehrer dafür. Es giebt eben Leute, die durchaus etwas Besonderes haben wollen. Seitdem die Engländer in jüngster Zeit einen Anlauf genommen haben, sich dem deutschen Geschmack mehr anzupassen, findet ihr'Fabrikat mehr Beachtung. Stets wachsender Beliebtheit erfreuen sich bei uns die japanischen Leder-Tapeten. Dieselben werden von einer Londoner Firma importirt, sind durchweg Handarbeit und werden nur in feinen Qualitäten ge arbeitet. Sie waren jedoch bisher noch so theuer, dass von einem eigentlichen Verbrauch nicht die Rede sein kann. Sie unterscheiden sich von deutschen Ledertapeten im wesentlichen dadurch, dass das Relief massiv ist und deshalb beim Tapezieren nicht verloren geht, was bei den deutschen Ledertapeten meist der Fall ist. Sehr erwähnenswerth sind noch die an Masse dem Linoleum