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Chemie des Sulfitverfahrens. (Fortsetzung zu Nr. 66.) I. Kochung Nr. 33 im Betriebsjahre 1888 89. Kocher B, innen mit dickem Bleimantel und säurefestem Mauerwerk versehen. Gefüllt am 17. Nov. 1888 mit 65 Raummeter klein gespaltenem Holz. Gedämpft vom 17. 11. 6 Uhr Abds, bis 18. 11. 6 Uhr früh, also 12 Stunden lrng. Der Dampf wird oben eingeleitet und strömt unten bei einem offen gelassenen Ventil ohne höhere Spannung wieder aus; ein Theil desselben kondensirt sich zu einem aromatisch-harzig riechenden, gelblich gefärbten, einige organische Bestardtheile aus dem Holz enthaltenden Wasser. [Bei einer nächstfolgenden Kochung, B. Nr. 34 am 23. Nov. 1888, sammelte ich etwas von diesem beim »Dämpfen« entstehenden Kondens wasser und untersuchte dasselbe gelegentlich später; es fanden sich darin: 0,7915 pCt. Trockensubstanz, 0,5135 pCt. Organisches und 0,2780 pCt. Asche Selbstverständlich waren alle diese Körper, die Asche sowohl als auch das Or ganische, durch das Dämpfwasser aus dem Holze ausgezogen worden.] Das Dämpfen hat bekanntermaassen den bedeutenden Vortheil, dass dadurch ein grosser Theil der Luft vom Wasserdampf aus den Poren des Holzes ausgetrieben wird. Ein kleiner Versuch, nach welchem in einem mit frischen Holzstücken gefüllten Stmdglase diese Stücke mit einer ge messenen Menge Wasser übergossen, mehrere Tage lang stehen gelassen wurden, ergab, dass von 165 cc Wasser 11 cc, d. h. also 7 pCt. der an gewendeten Wassermasse nach Ablauf der angegebenen Zeit vom Holze auf gesaugt worden waren Dass der Luftgehalt in den Poren des Holzes, be sonders bei trockenem Holz, noch bedeutend grösser ist, dürfte wohl nicht zu bestreiten sein Nach Schluss des Dämpfens bemerkt man auch stets, dass das vorher bis zum Mannloch in den Kocher gefüllte Holz sehr be deutend zusammengesunken ist. Schliesst man nun den ganzen Kocher und öffnet nach kurzer Zeit nur das zu den Laugenbottichen führende Ventil, so dringt die Lösung sofort in den Kocher, in welchem durch eine mittler weile eingetretene theilweise Kondensation des vom Dämpfen her vorhandenen Wasserdampfes ein Vakuum sich gebildet hat. Dieses Vakuum verstärkt sich noch dadurch, dass infolge des Einströmens der kalten Kochlauge sämmtlicher noch vorhandene Wasserdampf sich zu Wasser verdichtet, und in den so entstandenen luftverdünnten Raum stürzt die Lauge nun mit grosser Gewalt, wobei das Holz sich vollständig damit vollsaugt, sodass die Aufschliessung direkt vom Innern des Holzes aus vor sich gehen kann. Etwas schweflige Säure wird infolge der Wärme des Kochers allerdings aus der Lauge getrieben, ebenso findet durch den kondensirten Wasserdampf eine geringe Verdünnung der Kochlauge statt. Die sich aus diesen beiden Ursachen ergebenden Unterschiede in dem Gehalt an schwefliger Säure sind jedoch, wie aus den nachfolgenden Untersuchungen hervorgeht, äusserst gering. Ist das Vakuum verbraucht, so muss man durch Oeffnen eines Ventils dafür Sorge tragen, dass die noch nöthige Lauge zufliessen kann, um den Kocher bis zur gewünschten Höhe vollzubringen. Ueber die Kochung selbst ist nichts zu bemerken, als dass man sich durch starkes Heizen anfangs immer bestrebt, Temperatur und Druck mög lichst rasch hoch zu bringen. Hat man einmal etwa 21/2 Atmosphären und 110—120° erreicht, was meist nach 48 Stunden der Fall ist, so wird die Dampfzufuhr so gering wie möglich gehalten, manchmal, wenn nöthig, gänz lich abgestellt, um den Kocher stets auf drei Atmosphären und 120° C. stehen zu lassen, und so erwartet man das Garwerden des Stoffes. Sollte dieses gar zu lange dauern, oder sollte der Druck zu hoch steigen, so kann man durch kurzes Uebertreiben etwas schweflige Säure und damit etwas Druck ablassen, durch neuerliches Heizen den Kocher in der Temperatur höher bringen und die Kochung dadurch rascher beendigen. Die gewöhnliche Koch zeit in Mitscherlich-Fabriken beträgt 60—72 Stunden. Bei dieser hier be schriebenen Kochung dauerte dieselbe über 89 Stunden, was abnorm lang ist; der Kocher war eben vom Kochermeister zu lange ohne Dampfzufuhr bei hohem Druck stehen gelassen und das Garwerden dadurch sehr in die Länge gezogen worden; doch fällt der erhaltene Stoff meist dabei um so schöner aus. Die Laugenfüllung dauerte von 6— 1/211 Uhr früh, um welche Zeit die Kochung begann; die Lauge wurde gleichzeitig aus zwei grossen Holz bottichen entnommen und hatte in dem einen stark 5°, in dem andern 5,4° Beaum und die hier folgende Zusammensetzung: 3,024%/ Gesammt-SO, 1,872% freie SO, 1,152% gebundene SO,. Weitere Daten über Druck, Temperatur und Zusammensetzung der von Zeit zu Zeit entnommenen Laugenproben ergeben sich aus Tabelle A. Tabelle A. Anmerkung Stunden wurde endgiltig übergetrieben, bis der Druck auf bei- Mit 86 Beginn der Kochung circa •/,ll Uhr Früh. Fortwähr nde Dampfzufubr. läufig 1 Atmosphäre gesunken war, sodann die Lauge abgelassen. Der Stoff wurde hierauf gewaschen und entleert; er war gut, weich und gar, auch ziemlich weiss. i Der Dampf war ’ inzwis hen ab- | gestellt. Wt iter geheizt. । Kurze Zeit ah- (gegastund wäh- I renddersen I wei er gebeizt. । Meist ohne (weitere Dampf- | zufuhr stehen I gelassen. Uebergetrieben. Ahgelassen. e o i Datum Uhr Druck 02 w © 5 a 4 • 2 " 0 G 0 18./11. 1888. 10*.hfrüh ca.‘, 39 0,2 2,816 1,632 1,184 11 n 12 /2 Mittg. 2 42,5 — — — — •i 6 1 Abds. 71/2 56,5 — — — — 19./11 1112h früh 25 87,5 stk. 1 2,368 1,504 0,864 1) 31 Nachm. 281/, 94 1,3 — n 6% h Abds. 321/. 102 fast 1,8 2,128 1,360 0,768 20./11. 1 9h früh 46% 113 2,7 1,632 1,248 0,384 i) 3h Nachm. 521/2 109 2,6 — 13 63 ah Abds. 56'/4 108,5 stk. 2,3 1,440 1,024 0,416 21:/11. n 9‘/2h früh 71 116 stk. 3,8 1,184 1,056 0,128 3) 12h Mittg. 737, 117 fast 3,7 — — — 13 13 121 .h Mittg. 73% 121 stark 3,5 — — — 3‘/,h Nachm. 77 117 fast 3,6 — — — 3 ») 7 11 Abds. 801/2 117 fast 3,7 1,040 0,976 0,064 22./11. 1) 121/, früh 86 — ca. 31/, 0,896 0,832,0,064 13 33 4h früh 891/ — ca. 1 — — Zu den Titrirungen ist zu bemerken, dass dieselben bei dieser Kochung mit gewöhnlicher für den Betrieb hergestellter Jodlösung (Auflösung von 12,7 g Jod in Jodkali und 1 1 Wasser, Titer dementsprechend = 0,32 an genommen), durchgeführt wurden. Je später man die Probe nimmt, desto reicher wird die Lauge an organischen Bestandtheilen, desto gelber und klebriger ist sie und einen um so mehr harzigen und gewürzhaften Geruch nimmt sie an. Die organischen Verbindungen, welche, wie ich glaube, auch auf das Jod einwirken, erschweren das Titriren der Kochlaugen später bedeutend, und man muss, um diese Schwierigkeiten zu überwinden, die Laugen vor dem Titriren sämmtlich stark mit Wasser verdünnen und nur bis zur ersten all gemeinen Blaufärbung, welche allerdings bei einigem Stehen immer wieder verschwindet, titriren, denn es kann angenommen werden, dass, während die schweflige Säure sich rasch mit dem Jod umsetzt, die organischen Körper längere Zeit dazu gebrauchen. Je heisser ferner der Kocher ist, und einen je höheren Druck er hat, desto heisser kommt die Lauge beim Probenehmen heraus, und da sie beim Herausströmen sofort ihren Druck verliert, aber noch immer heiss ist, giebt sie sehr viel freie Schwefligsäure ab, was sich durch starkes Schäumen der Lauge und grosse Gasentwicklung zu erkennen giebt. Hieraus geht hervor, dass bei jedem Probenehmen starker Verlust an freier schwefliger Säure, welche im Kocher unter Druck gelöst geblieben, vor sich geht, und dass folglich allo diese Titrirungen nur einen relativen Werth haben, indem sie unter der möglicherweise richtigen Annahme, dass der Verlust an freier Säure beim Herausströmen meist der gleiche sein dürfte, zu Vergleichen untereinander geeignet sind. II. Kochung Nr. 49 im Betriebsjahre 1888/89. Kocher A, zum Theil mit Bleifolie und Mauerwerk, zum Theil, und zwar oben infolge von Reparaturen ohne jede Bleiverkleidung, nur mit Mauerweik ausgekleidet. Sortirtes Holz. Am 15. Januar 1889, vormittags, aus zwei Laugenbottichen gleichzeitig mit Lauge gefüllt. Die Nummern 10 und 11 der folgenden Tabelle zeigen uns solche Mitscher lich-Proben, welche zwar empirisch herausgefunden sind, sich aber sehr gut bewährt haben, und nach welchen die Kochermeister die Kochung gern leiten. Dieselben werden auf folgende Weise angestellt: Eine 32 cm lange, innen 1 cm weite, unten verschlossene Glasröhre wird etwa 4 cm hoch Tabelle B. Nr der Probe Datum Uhr Kochzeit in Stunden Tempe ratur in °C. Druck in Atmosph. Gesammt- SO 2 Freie SO 2 Ge bundene SO, Mit NH 3 : mm Farbe der Kalkfällung ammoniak. Lauge Anmerkung 1. Bottich B. 15./1.1889 111/. h früh 3,360 1.984 1,376 4,8» B. 2. Bottich C — — — 2,880 1,760 1,120 — — 3,8 ° Be. 3. Mittlere Sulfitlauge berechnet: . 3,120 1,872 1,248 2,45 farblos — 4. 15./1.1889 121/2 h Mittg. 0 28,5 0,3 3,104 1,792 1,312 2,3 fast farblos Beginn der Kochung 5. 15./1. „ 6 h Abends 5 1/2 26,5 stk. 0,3 2,816 1,696 1,120 2,3 n 22 sehr hellgelb 6. 16./1. „ 9V, h früh 20’/, 2674 96,5 1,15 2,560 1,632 ■ 0,928 2,2 7. 16./1. „ 2% h Nachm. stk 108,5 1,8 2,08 1,28 0,960 0,80 2,2 hellgelb 8. 17./1. „ 9 h früh 44’2 121,5 stk. 3,1 1,472 0,512 1,7 gelb 9. 17./L „ 12 h Mittags 47% 121 „ 3,1 1,408 0,896 0,512 1,7 hellbraun 10. 11. 17.L „ 18./L „ 612 h Abends 9 h früh 54 687, 120 115 „ 3,1 n 3,15 1,184 0,96 0,832 0,74 0,352 0,22 1,5 1,2 braun braun, etw. dunkler j Dampf war abgestellt 12. 18,'L „ 12 h Mittags 71% 117 „ 3,3 0,864 0,576 0,288 1,1 0,9 dunkelbraun Beginn des Uebertreibens 13. 18./1. „ 11h Nachts 82% 111(?) ca 31/4 0,96 0,76 0,20 sehr dunkelbraun 14. 19./1. „ 2 h früh 85 7s 101 (?) „ 1 0,608 0,544 0,064 0,7 » n Beginn des Ablassens