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Wechseln verursacht, weiss jeder zu beurtheilen, der damit beglückt wird. AVer Wechsel ausstellt, soll auch dafür sorgen, dass sie eingelöst werden; kann oder mag er das nicht, so ist nicht einzusehen, warum Andere mit einer derartigen Gattung von Wechseln sich belästigen lassen müssen. Der Wechselgläubiger hat ja das bequeme Einzugsmittel des Postauftrags zur Verfügung. Kommt ein solcher Wechsel uneingelöst zurück, so hat wenigstens der Aussteller allein die Schererei, nicht aber unbetheiligte Dritte, welche doch wahrlich nicht den Beruf haben, sich mit fremder Leute Angelegen heiten herumzuärgern. Darum fort mit den Wischen unter 100 M, und fort mit dem leidigen Vermerk: »Ohne Kosten«. n. Wir glauben, dass obige Anschauung von den meisten Fachge nossen getheilt wird und halten weitere Aussprache für zweckmässig. Nachdem dadurch die Ansichten geklärt sind, könnten die Fachvereine die erforderlichen Eingaben machen. Die Red. Berichte unserer Korrespondenten. Aus Amerika. Sioux City, la., 22. Juli 1891. Die grossen Arbeiter-Orden üben einen so bedeutenden Druck auf die Regierung und die Gesetzgebung aus, dass man gespannt sein darf, welche Wandlungen die wirthschaftlichen Zustände in den nächsten Jahren erfahren werden. Das McKinley’sche Zollgesetz hat in europäischen Kreisen so ausschliesslich die Aufmerksamkeit der Betheiligten und Unbetheiligten in Anspruch genommen, dass die Existenz eines andern, nicht weniger tiefeinschneidenden Gesetzes ganz übersehen worden zu sein scheint, während es doch in ge wissem Sinne dazu angethan ist, die Härte des McKinley-Gesetzes zu mildern. Es ist dies das auf den direkten Einfluss der organisirten Arbeit zurückzuführende Gesetz, welches die »Einfuhr von Menschen« verbietet. Dieses anfänglich nicht besonders ernstgenommene »Gesetz zur Verhinderung der Einwanderung kontraktlich angeworbener Aus länder« wird jetzt mit der grössten Strenge vollzogen und, wie folgende Beispiele beweisen, auf Fälle ausgedehnt, die man anfänglich gamicht davon berührt wähnte. Eine Kunstanstalt in Chicago hatte aus Paris vier Graveure unter hohem Gehalte kommen lassen, welche daselbst einen besondern Prozess für die Schattirung von Holzschnitten und photographischen Druckplatten erlernt hatten. Später, d. h. wahrscheinlich, als die Neuerung in der Anstalt hinreichend eingeführt war, versuchte die Firma die Gehälter der vier Franzosen zu beschneiden, und aus Rache dafür denunzirten die letzteren ihre Arbeitgeber bei der zuständigen Bundesbehörde als Hebertreter des in Rede stehenden Ge setzes und reisten indessen wieder nach Paris zurück. Die denunzirte Firma macht dagegen geltend, dass die vier Pariser keine Arbeiter im Sinne des Kontraktverbotes, sondern Künstler seien, auf welche das Verbot in Gemässheit der »Künstlerklausel« keine Anwendung finde. Wenn der Anwalt der verklagten Firma diesen Einwurf vor der obersten Instanz nicht aufrecht zu halten vermag, so dürfte die Firma in eine Strafe von etwa 2000 Dollar (8000 M.) verfallen. Demselben Schicksal sieht der Goldschläger Julius Hess in Chicago entgegen, der sich mit seinen Verbandsarbeitern über eine Lohnerhöhung nicht einigen konnte und letztes Spätjahr zwei Gold schläger, Georg Stollberg und Thomas Walter aus Fürth, verschrieben hatte, denen er 12 Dollar (48 M.) Wochenlohn zusicherte. Als die beiden Bayern in New York anlangten, wurden sie auf Veranlassung von Inspektor Smith, an den die Sache von Verbandsarbeitern ver- rathen worden war, zurückgewiesen. Wie genau sich die Behörden zu unterrichten wissen, wenn es gilt einen derartigen Fall bis zum bitteren Ende durchzuführen, geht aus dem interessanten Umstande hervor, dass der New Yorker Inspektor seinen Bericht an die Ober behörde auf »die ihm vorliegende Korrespondenz zwischen Hess und den beiden Ausländern« stützt. Wenn sich dieses verhängnissvolle Aktenmaterial als echt erweisen sollte, dürfte es um Herrn Hess, oder wenigstens seine auf dem Spiele stehenden 2000 Dollar geschehen sein. Von weiteren Fällen, die ein direktes Interesse für die Leser der Papier-Zeitung haben, ist mir bis jetzt nichts bekannt geworden, da gegen kamen und kommen derartige Beanstandungen in Menge vor, und da es sich vielfach um tüchtige Arbeitskräfte aus allen möglichen Industriegebieten handelt, so scheint mir meine eingangs geäusserte Ansicht bezüglich des vortheilhaften Einflusses dieses Ver botes auf die europäische Exportindustrie insofern nicht unbegründet, als der letztem, neben den Nachtheilen der McKinley-Bill nicht auch noch die besten oder besseren Arbeitskräfte entzogen werden können. Diese Thatsache hat um so grössere Bedeutung, als das Verbot vor aussichtlich dauernd aufrecht erhalten bleibt. Das Auge der Arbeitsritter wacht, wenn auch dasjenige des Gesetzes schlafen sollte. Die McKinley- Bill dagegen wird vielleicht schon nach der nächsten Präsidentenwahl wenn auch nicht abgethan, so doch wesentlich »herabgestimmt« werden. Allzu grossen Hoffnungen in dieser Richtung darf man sich übrigens in Europa keineswegs hingeben. Das amerikanische Regierungssystem kennt keine ständige, vorberathende Legislaturbehörde, wie etwa der deutsche oder schweizerische Bundesrath, von welcher die Gesetzes vorlagen entworfen und dem Kongress unterbreitet werden. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel springen die »weltbewegendsten« Gesetzes erlasse aus dem Kongresse selbst empor und werden in der Regel trotz ihrer einer Umwälzung gleichkommenden Bestimmungen sofort in Kraft gesetzt. Seit ich der gesetzgeberischen Thätigkeit des Kon gresses meine Aufmerksamkeit widme, weiss ich mich keines Gesetzes zu erinnern, in welchem eine Uebergangsbestimmung vorgesehen war, mit alleiniger Ausnahme gerade der McKinley-Bill, von der wenigstens einzelne Theile erst nach einer gewissen Frist in Kraft gesetzt wurden. Unter der Herrschaft solcher Zustände müssen die Gesetzeserlasse der Natur der Sache nach den Stempel der Hast und der krassesten Interessenpolitik an sich tragen. Kein Wunder also, dass man hier, Fälle von höherer Gewalt vorbehalten, die Zeiten als die besten be trachtet, wo sowohl der Kongress als die Legislaturen der Einzel staaten nicht in Sitzung sind. Wie immer sich übrigens die amerikanische Zollpolitik gestalten mag, so wird an der einen Thatsache nichts verändert werden, dass derjenige ausländische Fabrikant, dem es ernstlich darum zu thun ist, sich den grossen amerikanischen Markt zu sichern, hier herkommen und ein amerikanisches Zweiggeschäft errichten muss; nicht zur Er zeugung, wohl aber zum Vertriebe' seiner Erzeugnisse. Die ungeheuren Schwankungen in den das Handels wesen berührenden Verhältnissen, die Unberechenbarkeit des Kongresses in Fragen der wirthschaftlichen Gesetzgebung, das eingerissene Geschäftsgebahren der Verblüffung, die stetig fortschreitende Aufsaugung des Kleinkapitals durch das Grosskapital, und die bei allen diesen Vorgängen sichtbare bewun derungswürdige, wenn auch zuweilen verhängnissvolle amerikanische Schnelligkeit wollen von hier aus beobachtet und überwacht, die grossen ausschlaggebenden Faktoren Geschmack und Bequemlich keit aber förmlich studirt sein. Im Vergleich zu der Summe aller hier aufgezählten Punkte erscheint der Punkt des Schutzzolles that- sächlich von untergeordneter Bedeutung. Diese Behauptung würde gewagt erscheinen, wenn ihr nicht die Thatsache zur Seite stünde, dass in den letzten zehn Jahren einerseits kolossale Detailhandlungen in den Grossstädten, andrerseits auf sehr gesunder Grundlage orga- nisirte »Migros«-Geschäfte in den Landbezirken entstanden sind, von denen die wenigsten direkt importiren, 'und die auch nur unter der Voraussetzung dem Exportfabrikanten zugänglich sind, dass er ihnen bis New York oder Chicago entgegenkommt. Ich könnte eine Reihe deutscher Firmen nennen, die durch Errichtung amerikanischer Zweig niederlassungen nicht nur zufriedenstellende, sondern überraschende Ergebnisse erzielten, während sie unter dem früheren Verkehr durch Agenten und Importeure selten über das Stadium des Experimentirens hinausgelangten. Bei dem hohen Gewinn, den die lagerhaltenden Importeure auf ihre Preise schlagen zu müssen glauben (wofür schon die Skonto- Sätze: 6 pCt. nach 10, 5 pCt. nach 30, 3 pCt. nach 60 Tagen im Papier-, Schreib-, Galanterie- und Spielwaarenfache sprechen), dürfte es auf der Hand liegen, dass die Zollschwierigkeit mittels der Filialen überbrückt zu werden vermag. Dass diese Ueberbrückung eine sehr leichte Sache sei, soll damit nicht gesagt sein. G. Kraft. Vorsicht! Eine grosse deutsche Firma des Schreibwaarenfachs erhielt aus Cape Coast an der afrikanischen »Goldküste« in kurzen Zwischenräumen drei Briefe von drei verschiedenen Absendern, welche sämmtlich eine möglichst umfangreiche Mustersendung erbaten. Die ungeschäftsmässige Form und Fassung der Briefe, das theil weise schlechte Englisch und die ausgesprochenen ziemlich dreisten Zumuthungen lassen annehmen, dass es sich hier um einen Versuch handelt, Waaren als Muster ohne Gegenleistungen zu erlangen. Einige Wendungen sind wiedergebenswerth. Der eine Brief schreiber erbittet ein Paket, »containing all kinds of your Samples, Catalogue, Price lists etc.«, eine Sendung also, die nach oberflächlicher Schätzung, ohne Einrechnung der besonders werthvollen Stücke, mehrere hundert Mark kosten würde. Der höfliche Absender spricht dabei die Hoffnung aus, dass sein Brief den Empfänger bei guter Gesundheit antreffen möge. Ein Anderer bietet als Bezahlung Affen felle, Palmöl, Elfenbein, Goldstaub, je nach Wahl, sobald die Muster eingetroffen sein werden; der Dritte will Briefmarken von Lagos, Sierra Leone, Goldküste usw. in Gegenrechnung geben. Alle Drei haben es mit der Lieferung des Erbetenen sehr eilig; aber nur Einer hat es für nöthig gehalten, seinen Brief freizumachen. Die mit so reicher Goldküstenkundschaft beehrte Firma will versuchen, an Ort und Stelle Näheres über die Absender zu erfahren und wird das Ergebniss ihrer Nachforschungen s. Z. mittheilen.