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1726 PAPIER-ZEITUNG. No. 66 schätzen zu lernen und weil ich ferner annehmen muss, dass man sich dieses Behelfes, ein Papier seiner Faserzusammensetzung nach quantitativ zu bestimmen, in Fachkreisen noch sehr wenig bedient. Ein Grund hierfür dürfte darin liegen, dass Dr. v. Höhnel bei Veröffentlichung seiner Methode das Wichtigste derselben, die Kon zentration der sogenannten Papier-Schwefelsäure, nicht in bestimmten Zahlen angab. Durch die Güte des genannten Verfassers wurde ich in die Lage versetzt, mit genauen Angaben in dieser Hinsicht dienen zu können. Indem ich dies im Nachstehenden thue, ist es vielleicht nicht überflüssig, wenn ich gleichzeitig das ganze Verfahren etwas ausführlicher behandle, als es bisher in der Papier-Zeitung geschehen ist. Ich beziehe mich dabei auf die s. Z. in den Mittheilungen des k. k. technologischen Gewerbe-Museums, Sektion für chemische Ge werbe, in Wien erschienene Veröffentlichung. Das zu untersuchende Papier (IDcm genügt) wird zuerst einige Minuten in 1—5 prozentiger Kalilauge gekocht, mit einer Pinzette herausgenommen und in reinem Wasser gut ausgeschwenkt, sodass es von den anhaftenden Spuren der Lauge befreit wird. Dies ist nöthig, weil event. noch anhaftende Lauge die Reaktion stören würde. Das Papierstückchen bringt man nun direkt auf den Objektträger und giebt mit einem Glasstäbchen einen Tropfen Wasser vor dasselbe. Man nimmt in jede Hand eine Präparimadel, und während man mit derjenigen in der linken Hand das Papier festhält, schabt man mit der flachen Nadel in der rechten behutsam über dasselbe weg. Da es aufgeweicht ist, werden sich leicht die Fäserchen isoliren und auf den Wassertropfen bringen lassen, wo sie sich fast von selbst ent sprechend vertheilen. Faserklümpchen muss man gleich mit den Nadeln zertheilen oder ganz aus dem Präparate entfernen. Ist dies geschehen, saugt man durch festes Aufdrücken eines Stückchens Fliess papier das überschüssige Wasser auf und nimmt nun die Reaktion vor. Dazu braucht man: eine Jod-Jodkalium-Lösung, die so dicht, beziehungsweise so bereitet ist, dass eine 3 cm dicke Schicht derselben rubinroth und klar durchsichtig erscheint; ferner das für die Reaktion wichtigste Reagens: eine Schwefelsäure, (von Höhnel Papierschwefel säure genannt) von ganz bestimmter Dichte. Eine solche sehr gut I reagirende Säure wurde einer Untersuchung unterzogen und gefunden, dass sie bei 14° R. ein spez Gewicht von 1,4461 hat, 44,7 pCt. Sos und 54,8 pCt. Hg So enthielt und 44,5" B6 zeigte. Man erhält sie, wenn man bei 15—20° C. 100 Theile Wasser mit 125 Theilen Schwefelsäure von 1,85 spez. Gewicht vermischt. Mit einem Glasstäbchen bringt man nun einen Tropfen Jodlösung auf das Präparat, so dass es ganz von dieser Flüssigkeit durchzogen wird. Nach 1—2 Minuten entfernt man den Ueberschuss, das von den Fasern nicht aufgesogene Jod, mit dem Saugepapier, trägt, eben falls. mit dem Glasstabe, einen Tropfen der Papierschwefelsäure auf und legt nun ein Deckglas über das Präparat. Bei genauer Einhaltung der gegebenen Vorschriften, hauptsächlich aber bei Anwendung einer Schwefelsäure von der oben angegebenen Dichte wird sich die Reaktion in den verschiedenen Fällen folgender- maassen gestalten: 1. Baumwolle, Flachs, Hanf, weiss gebleichte Jute, China- grass, Papiermaulbeerbaumfasern färben sich rothviolett bis wein- roth, wobei die Inhaltsmassen dieser Fasern gelbe Farbe annehmen, und bei Hanf zuweilen schmutzigfarbige bis gelbe Streifen vorkommen. 2. Gut gebleichter Holz- und gebleichter Stroh-Zellstoff sind rein blau bis graublau gefärbt. Nie erscheinen diese Fasern röth- lieh, eher können sie bei ordinäreren Papieren, wo sie in ungebleichtem Zustande angewendet worden sind, blassblau oder farblos erscheinen. 3. Alle verholzten Fasern, Holzschliff und Jute, färben sich gold- bis dunkelgelb. 4. Espartofasern und Maisstrohstof f reagiren als Fasern roth violett, als Parenchym-, Epidermis- und Gefässzellen rein blau. Soll ich nun noch zum Schlüsse die Vorzüge der Methode an führen, so kann ich dies gleich in Anknüpfung an das Vorstehende thun. Dass von den daraus hervorgellenden 3 Fasergruppen: I. Leinen, Hanf und Baumwolle; II. Stroh- und Holzzellstoff; III. Holzschliff und andere verholzte Fasern, jede eine in sehr markanter Weise von der anderen abstechende Fär bung erhält, erleichtert nicht nur sehr die Erkennung der Art, son dern auch besonders die Abschätzung der Menge der betreffenden Fasern. Ebensowenig zu unterschätzen ist jener Vorzug des Ver- fahrens, durch seine Reaktion die Strukturverhältnisse der Fasern deutlicher als sonst erscheinen zu lassen und durch mehrere Stunden die Art dieser Reaktion nicht zu verändern. Wer sich der Methode bei der mikroskopischen Untersuchung gewöhnlicher und feiner weisser Papiere bedient, wird übrigens selbst bald von ihren Vorzügen überzeugt sein und sich ihrer stets bedienen. I Bdsch. I Papier-Ersatzstoffe. Der französische Abgeordnete Philipen hatte bei Gelegenheit der Zoll-Vorberathungen die Aufgabe übernommen, übet Fortschritte der Papierfabrikation und die neueren Lumpen-Ersatzstoffe an die fran zösische Zoll-Kommission zu berichten. In französischen Fachblättern haben wir eine Wiedergabe seiner Arbeit nicht gefunden; den nach stehenden Auszug aus derselben entnehmen wir der amerikanischen Zeitschrift »The Paper Mill«. Herr Philipon giebt zuerst einen geschichtlichen Rückblick auf die Bestrebungen des vorigen Jahrhunderts, Ersatzstoffe für Lumpen zu finden, verweist auf die bekannten Versuche von Schaeffer und die ähnlichen von Guetard und Gleditsch, und berührt die alte chinesische Papierfabrikation, welche die Aufgabe, Papier aus pflanz lichen Rohfasern zu bereiten, längst gelöst hatte. In den Jahren 1835 bis 1838 veröffentlichte Louis Piettc die Ergebnisse seiner Versuche, Papier aus anderen Stoffen als Lumpen herzustellen. Er empfahl: 1) gequetschtes Stroh, heiss oder kalt mit Lauge behandelt, zu Packpapier; dasselbe, mit Chlor gebleicht, zu mittleren Schreib- und Druckpapieren; 2) Holz ohne Lauge und Bleichflüssigkeit (?) in lange, starke Fasern zerlegt, als Beimischung zur Hadernmasse; 3) Esparto und 4) Colza, eine Spezies von Brassica oder Sinapis (Senfpflanze) als geeigneten Stoff zu Packpapieren. Der uns vorliegende Auszug geht über die Erfindungen von Keller und Mitscherlich leicht hinweg, verweilt dagegen mit einer durch das Interesse der Franzosen an der algierischen Alfa-Ge winnung gerechtfertigten Ausführlichkeit beim Esparto. Der Berichterstatter sagt: Von allen Ersatzstoffen für Lumpen ist Esparto nach Menge und Güte der Faser der beste. Seine lange, weiche und regelmässige Faser ist sehr biegsam, und das aus ihr gefertigte Papier ist kräftig und griffig und zeigt weder die Trocken heit noch das unangenehme spröde Knittern des Strohpapieres. Diese guten Eigenschaften erklären die Beliebtheit und den steigenden Ver brauch des Espartograses in England. 1862 betrug dessen Einfuhr in England 18 000 Tonnen, 1875 150 000 Tonnen. 1888 bezog England allein aus Algier 67 000 Tonnen im Werthe von 270 000 Lstr. Der Bezug Frankreichs belief sich zur selben Zeit nur auf 1 168 Tonnen! Hieran knüpft der Berichterstatter den Wunsch, dass sich auch französische Papiermacher für die reichen Vorräthe an Esparto inter- essiren möchten, welche Algier birgt. Zum Schluss verweist er auf ein anderes esparto-ähnliches Gras, welches in Nordafrika wild wächst, das Diss-Gras. Diese Pflanze bedeckt ein Gebiet, welches, parallel dem Mittelmeer, etwa 150 Meilen ins Land hinein reicht. Sie wächst I nicht in grossen Feldern wie Esparto, dessen Standplätze den Namen Alfa-Meere« führen, sondern vereinzelt, soll aber noch höheren Gehalt an Zellstoff aufweisen als Esparto. Die bisherigen Versuche, Diss in Papier zu verwandeln, scheiterten an dem grossen Widerstande, welchen die getrocknete Pflanze allen bisher angewendeten Chemikalien bietet. Man will daher den Versuch machen, die frische Pflanze zu verarbeiten und hat zu diesem Zweck bereits einige Anlagen in Algier errichtet. Man schätzt die jährliche Gewinnung von Papier- I stoff aus der Pflanze auf 50 000 Tonnen. Hofmanns Handbuch der Papierfabrikation In Nr. 63 brachten wir Abbildung und Beschreibung des zum ersten Band von Carl Hofmanns Handbuch gefertigten Original-Ein bandes. Wer die Vortheile benutzen will, welche das gemeinsame Binden in der beschriebenen gediegenen Weise bietet, wolle die zum I. Bande gehörigen Hefte an die Buchbinderei Hübel & Denck in Leipzig senden. Der Sendung sind 5 M. für den Einband und 1 M. für jedes fehlende Heft beizufügen. Lose Einbanddecken liefern Hübel & Denck für je 3 M. Chemie des Sulfitverfahrens. Schon lange ist es der Wunsch aller an der Sulfitstoff-Industrie Betheiligten, eine Lösung der Frage zu finden, wie die leider in so grossen Massen auftretenden Ablaugen weggeschafft und wenn möglich nutzbringend verwerthet werden könnten. Bedeutende Chemiker und Nicht-Chemiker, solche von Ruf und ohne Ruf, arbeiten schon seit Jahren an dieser Aufgabe, und oft tritt der Nicht - Chemiker an den studirten Chemiker, welch’ letzterer ja, wie so mancher meint, Er finder von Beruf sein müsste, mit Fragen heran, die dieser beim besten Willen nicht beantworten kann. So sind ja leider auch, wie wir vor wenigen Monaten erfahren mussten, die beiden Preis-Arbeiten, welche auf das in dieser Frage von Herrn Dr. Adolf Frank angeregte Preis-Ausschreiben des »Vereins zur Beförderung des Gewerbfleisses« in Berlin eingelaufen waren, als nicht genügend befunden worden. (Pap.-Ztg. Jahrg. 1890 Nr. 98.) Auch die vorliegende Abhandlung, in welcher so mancher, durch den Titel verlockt, wesentliche Aufklärungen zu finden hoffen wird,