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1668 PAPIER-ZEITUNG. No. 64. Siebe werden voll bezahlt, die über 6 Wochen gehen; was zwischen drei und sechs Wochen geht, nur halb, und was unter drei Wochen geht, garnicht. Bei solchen Bedingungen hat doch der Papierfabrikant nicht das geringste Interesse daran, die Siebe nur einigermaassen schonend behandeln zu lassen; geht keins über drei Wochen, so hat er ja alle umsonst. Wenn man die Sache genau besieht, ist es mit jedem Eingehen einer garantirten Leistung, mit Lieferungen im Abonnement usw. nicht viel besser. Eine Sorte von Sieben kann auf einzelnen Maschinen ausgezeichnete Ergebnisse aufweisen, auf andern jedoch wieder geradezu traurige; und das kann in einer und derselben Papierfabrik geschehen. Viele Papierfabrikanten mit mehreren Maschinen können dies aus eigner Erfahrung bestätigen; auf manchen will kein Sieb lange halten. Die Produktionszahlen der Papiermaschinen sind im Laufe der Zeit immer mehr angespannt worden, die Art der Papiere hat sich verändert und vor allem die- Rohstoffe. Man findet unter den Papier fabrikanten oft die Ansicht bestätigt, dass diese und jene Sorte Sulfit zellstoff die Dauer der Siebe ungünstig beeinflusst. Davon, dass ganz verdünnte Säure, resp. saures Wasser mit der Zeit den Messingdraht ganz mürbe macht, kann man sich leicht überzeugen, wenn man ein Stückchen Messingsieb zur Hälfte eine Zeit lang in schwach saurem Wasser stehen lässt. Das eingetauchte Stück lässt sich dann leicht wie Zunder zerreissen. Gedämpft geschliffenes Holz kann ähnlich ungünstig wirken; auch wenn man Cylinderüberzüge mit Löth wasser auflöthet, werden diese leicht verdorben. Um den stets gesteigerten Ansprüchen gerecht werden zu können, griff man nun seitens der Metalltuchfabrikanten zum Phosphor- bronce-Draht. Dieser ist bedeutend dehnungsfähiger und zäher, widersteht auch den Einflüssen von saurem Wasser besser als Messing. Man kann daher bestimmt sagen, dass ein in ganz gleicher Weise aus bestem Phosphorbroncedraht gewebtes Sieb besser halten muss, als eins aus bestem Messingdraht. Woran liegen nun die vielfachen Misserfolge? Sie können viele und sehr verschiedene Ursachen haben. Zunächst giebt es diesen neuen Draht in den verschiedensten Qualitäten; man hat chemisch aufs beste hergestellten, der sich ausgezeichnet verwebt und hält, und bekommt dieselbe Zusammensetzung auch von sehr wechselnder Haltbarkeit, da die Fabrikation dieses Drahtes sehr schwierig ist. Selbstverständlich giebt es auch in der chemischen Zusammensetzung, minderwerthige Qualitäten und ausserdem leider auch noch Drähte, die nur berflächlich broncirt sind. Ich sage »leider«; denn dies ist im Grossen und Ganzen doch nur auf Täuschung berechnet. Siebe, zu denen solcher Draht wissentlich oder unwissentlich verwendet wird, haben natürlich gegen Messingsiebe so gut wie nichts voraus. Ebenso kommt es leider ab und zu vor, dass man aus irgendwelchen Gründen nicht lauter Phosphorbronce zur Kette der Gewebe nimmt, sondern diese mit Messingdraht mischt. Mir sind Stücken von in Dienst gewesenen Maschinensieben gezeigt worden, in denen nur jeder 5. und 6. Faden erst aus Phosphorbronce war. Ob dies bei der Lieferung gesagt wurde, entzieht sich meiner Kenntniss; jeden falls aber sind solche Vorkommnisse geeignet, bei vergleichenden Versuchen ein ungünstiges Urtheil über die Phosphorbronce herbei zuführen. Selbstverständlich kann man auch beim Weben selbst den besten Phosphorbroncedraht falsch behandeln und verarbeiten, ebenso wie besten Messingdraht. Es sind eine solche Menge Dinge zu be obachten, dass man am richtigsten eigentlich jede Papiermaschine erst genau studiren sollte, um für sie die passendste Art der Metall tücher zu bestellen. Schon bei der Nummer derselben kann man sich irren; dieselbe nennt ja die Anzahl der Kettenfäden auf den Zoll, da nun aber nach ganz verschiedenen Zollen, nämlich Württem berger, pariser, preussischen, sächsischen usw. gezählt wird, müssen demnach auch die Nummern verschieden ausfallen. 1 sächsischer Zoll = 23,60 mm, 1 preussischer Zoll = 26,15 mm, 1 pariser Zoll = 27,07 mm, 1 württembergischer Zoll = 28,65 mm; und wenn nach badischem Zoll gezählt würde, käme der sogar noch mit 30,00 mm. Es wäre vielleicht am richtigsten, man liesse alle die verschiedenen Zolle fallen und rechnete nach 25 mm. Dann müssten freilich alle Siebfabrikanten ihre Nummern etwas umrechnen; aber man hätte auch einen viel bessern Vergleich. Nr. 65 pariser Zoll z. B. = Nr. 68,8 Württemberger = Nr. 72 badenser = Nr. 56,7 sächsischer würde Nr. 60 sein, wenn man 25 mm zur Grundlage nehmen wollte. ; Ich stelle diesen Vorschlag zur ernsten Erwägung anheim. Die- 1 selben Nummern werden verschieden stark ausgeführt: leicht, mittel, stark und extrastark. So kann 1 Quadratmeter von Nr. 65 württem- bergisch z. B. zwischen 1,00 und 1,50 kg wiegen. Dass die feinen Gewebe unter gewissen gleichen Verhältnissen natürlich nicht so i lange laufen können, als gröbere, will gleichwohl manchem nicht ein- ' leuchten, und dies giebt Veranlassung zu langen und unangenehmen Auseinandersetzungen. Die Kanten der Siebe bilden nicht minder oft ( i Grund zu Meinungsverschiedenheiten. Bald sollen sie straff, bald l mittel, bald ganz schlaff sein, die Ursache dürfte in der Wirkung der ; Luftsaugekästen und der Spannvorrichtungen des Siebes zu suchen sein. Je länger das Sieb ist, um so weniger oft passirt dieselbe Stelle : des Siebes die Saugekästen und die Gautschwalzen. Je länger das Sieb ist, je besser der Stoff das Wasser gehen lässt, und je dünner er gearbeitet wird, um so weniger brauchen die Luftkästen zu saugen und die Gautschwalzen zu pressen. Nicht selten werden diese weniger belastet und überlassen einen grösseren Theil der Arbeit noch den nachfolgenden Nasspressen. Arbeiten die Saugkästen nun sehr stark, so wird unbedingt das Sieb in der Arbeitsfläche etwas mit eingesaugt und gedehnt, und zwar um so mehr, je straffer das Sieb in der Maschine geführt wird. Allmälig werden dann die Kanten zu straff und müssen nachgespannt werden. Dies wird nicht selten zu schroff und ungleichmässig vorgenommen, was um so un günstiger wirken muss, je stärker das Sieb und je kürzer die Strecke des Siebes ist, die gespannt wird. Die obere Hälfte des Siebes entzieht sich zum Theil dem Spannen, und meist ist es nur ein mehr oder weniger kürzeres Stück des untern Theils, das für den ersten Augenblick den Spannwalzen nachgeben muss. Selbstverständlich sind der mehr oder minder schnelle Gang des Siebes, der Zustand und das Mitlaufen der Registerwalzen, die Anordnung und der Durch messer der Gautschwalzen, die gerade Führung des Siebes, wie über haupt dessen ganze Behandlung ebenfalls von grossem Einfluss auf Lauf und Leistung eines jeden Metallsiebes. Kurz und gut: es giebt eine Menge Dinge, die alle beobachtet sein wollen. Die Ober fläche der Saugkästen: ob Metall, Leder oder Gummi, hat selbstver ständlich auch Einwirkung auf die kürzere oder längere Dauer des Metalltuches, und so lassen sich noch manche Punkte von Bedeutung auffinden. Wenn also auf der Papiermaschine schon so viele Momente die Leistungen eines Siebes beeinflussen können, ist es kein Wunder, wenn ab und zu selbst die Waare der besten und angesehensten Metalltuchfabrikanten nicht befriedigt. Bezüglich der Kanten sind neuerdings Versuche gemacht worden, welche bei verschiedenen Papierfabrikanten sehr gute Ergebnisse ge liefert haben. (Wir erbitten nähere Mittheilung hierüber. D. Red.) Anderseits habe ich mir von Fachleuten sagen lassen, dass ab und zu Siebe geliefert werden, die geradezu leichtfertig gearbeitet sind. Als Generalhilfsmittel wird dann das Schmieren empfohlen. Wie ich mir habe sagen lassen, denkt man sich, dass es den Lagern der Gautsch- und Registerwalzen usw. an dem nöthigen »Oel« fehlt und sucht dies dadurch auszugleichen, dass man zu diesem Zwecke den Führern der Papiermaschinen ab und zu 10 oder 20 M. zur Ver fügung stellt. Der Erfolg dürfte sehr fraglich sein. Ein andrer Fabrikant soll die Absicht ausgesprochen haben, dies noch zu überbieten und zu vereinfachen, indem er gleich den Direk toren der Papierfabriken grössere Summen überweisen will, hin reichend, den ganzen Bedarf an Schmiermaterial auf Jahre zu decken. Derartige Universalmittel sind nicht nur unzweckmässig, sondern sogar sehr schädlich, da sie, wie schon oben gesagt, nur geeignet sind, die Meinung von absonderlich hohem Verdienst und einer ganz falschen Geschäftsführung eines solchen Fabrikanten zu erwecken. Man wird un willkürlich zurückgeschreckt, einem solchen Fabrikanten Aufträge zu er- theilen. Hier kann nur beste Waare helfen und die Wald zwischen den vielen Angeboten entscheiden. Eine kleine Verschiedenheit im Preise fällt nicht ins Gewicht, wohl aber die längere Haltbarkeit und grössere Leistungsfähigkeit der Siebe, und diese wird man sicher mehr und mehr gerade mit bester Phosphorbronce erreichen, sobald man erst für jede Papiermaschine die beste Gewebeart ausfindig gemacht hat. O Papier-Fachausdrücke. Von Paul Heichen. (Fortsetzung zu Nr. 59.) Etikett und etikettiren kam aus dem Französischen herüber, nachdem die Franzosen diese Ausdrücke dem Niederdeutschen entlehnt hatten. Das Grundwort ist das niederdeutsche Wort stikke Stichel, Stift, beziehentlich stikken stecken, anheften. ■ Landschaftlich findet sich im östlichen Frankreich die Wortform estiquete in der Bedeutung von »zugespitztes Hölzchen«. Die Umwandlung der Vorsilbe es in e^ also Ersetzung des s durch den Accent- oder Tonstrich, vollzog sich in der Zeit vom 17. zum 18. Jahrhundert in der französischen Sprache allgemein (etoffe, etoile usw). Passende Ersatzwörter sind: Zettel, Schild, Marke, Preiszettel, Waarenzettel. Aehnlich wie mit Etikett und etikettiren verhält es sich mit dem Künstlerwort Estompe und estompiren. Unter Estompe versteht man bekanntlich ein zusammengerolltes Stückchen Papier oder Leder, welches dazu dient, trockene Farben zu verreiben. Das deutsche Wort Wischer ist hierfür neuerdings üblich geworden, und man sagt für estompiren wischen, mit dem Wischer arbeiten. Dem französischen