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Ko. 67. PAP IER-ZEITUNG. 1475 gebenen spezifischen Gewichte wurden alle durch genaues Abwägen mit dem Pyknometer bestimmt. Rechnet man diese Zahlen auf die unver dünnte Ablauge um, so erhält man spezifische Gewichte, welche mit den oben angegebenen aräometrischen Ablesungen keineswegs überein stimmen, wasvon der Ungenauigkeit der verwendeten Aräometer herrührt. Obige Lösung blieb mit 2,71 g Hautpulver 24 Stunden stehen, wurde filtrirt und gab mit Leim geprüft keinen Niederschlag; ihr spezifisches Gewicht war nun = 1,00459. Unterschied = 0,00066 — 1 (Wasser) = 1,00066. Hieraus berechnet sich, gestützt auf oben genannte Tabelle, der Gerbstoffgehalt der verdünnten Flüssigkeit (10 ec Lauge — 40 cc Wasser) zu 0,165 pCt. oder Gramm auf 100 cc. Folglich waren in den verwendeten 50 cc der verdünnten Lösung (= 10 cc Lauge) 0,0825 g, also in 100 cc unverdünnter Ablauge II: 0,825 pCt. Gerbstoff. 2. Titrirung der Lauge I. nach Löwenthal. Hierbei zeigte sich die Nothwendigkeit, nur sehr geringe Mengen der Ablauge in Arbeit zu nehmen, indem bei Verwendung grösserer Mengen derselben braune und bräunlichrothe Töne beim Titriren auf traten und kein deutlicher Uebergang aus der grünen Farbe ins Gold gelbe zu bemerken war. 20 cc der Indigolösung entsprachen 21,7 cc Chamäleon. Die Chamäleonlösung hatte den Oxalsäuretitre 0,001936. Ziemlich, aber nicht vollkommen reine käufliche Gerbsäure damit untersucht ergab, dass das von Neubauer angegebene Verhältniss 63:41,57 nicht verwendbar war, indem es zu hohe Ergebnisse lieferte. Dagegen war das von Councler und Schröder berechnete Verhältniss: Oxal säure : Tannin = 63 : 34,25 geeignet. Die käufliche Gerbsäure hatte danach einen Gehalt von 96,66 pCt. reinen Tannins. Aus den Zahlen 63 : 34,25 berechnet sich der Gerbsäuretitre der Chamäleonlösung mit 0,0010525, d. h. 1 cc der vorhandenen Chamäleonlösung war imstande 0,0010525 g Tannin zu oxydiren. 1 cc der sauren Ablauge I, so wie sie aus der Fabrik er halten war, wurde, mit 20 cc Indigolösung und 1 1 Wasser versetzt, titrirt. Es wurden gebraucht: 36,4 cc Chamäleon, hiervon 21,7 cc für Indigo allein abgezogen, bleiben 14,7 cc für die Ablauge. 1 cc der sauren Lauge I brauchte also 14,7 cc Chamäleon zu seiner Oxydation. 10 cc Ablauge I — 90 cc Wasser wurden mit 4 g Hautpulver 27 Stunden lang stehen gelassen; endlich 10 cc der filtrirten, mit Leimlösung keinen Niederschlag mehr erzeugenden Flüssigkeit (ent- sprechend 1 cc unverdünnter Ablauge) unter Zusatz von 20 cc Indigo lösung und 1 1 Wasser mit Chamäleon titrirt: 1. Probe: 26,6 cc Chamäleon 2. Probe: 27,1 „ „ Mittel = 26,85 „ ' „ für Indigo allein = 21,70 „ „ folglich für Ablauge ohne Gerbstoff: 5,15 cc Chamäleon Gerbstoff — Nichtgerbstoff in der Ablauge = 14,70 „ „ Also gebrauchte der Gerbstoff in 1 cc der Ablauge allein: 9,55 cc Chamäleon -- -- — ’ . rr 1 ..1, . Nach dem von Councler und Schröder angegebenen Verhältniss 63:34,25 'war 1 cc Chamäleon = 0,0(110525 g Gerbsäure; diese Zahl mit 9,55 multiplizirt ergiebt in 1 ec der Ablauge 1 0,01005 g, oder in 100 cc = 1,005 pCt. Gerbstoff. Es ergiebt sich schliesslich folgende Zusammenstellung: Sulfitablauge I II, Spez. Gewicht aräometrisch gemessen . . . 1,06 1,035 Gerbstoff in Prozenten: Nach Hammer 3,825 0,825 „ Löwenthal — Councler — Schröder . . 1,005) — Dass bei Anwendung der verschiedenen Verfahren, auch wenn man gewöhnliche bekannte gerbsäurehaltige Flüssigkeiten untersucht, sehr verschiedene Ergebnisse erhalten werden, ist eine bekannte That- suche, und der Grund dafür liegt in den oben dargelegten Mängeln der einzelnen Verfahren, sowie in dem Umstande, dass bis jetzt noch keine unanfechtbar genaue Gerbstoff-Bestimmungsart gefunden ist. Die Frage, ob die Sulfitablaugen, aus welchen, wie ich bereits oben erwähnte, bisher kein organischer Körper isolirt werden konnte, wirklich Gerbstoff oder Gerbsäure enthalten, oder nur einen oder mehrere Körper, welche ähnliche Reaktionen wie diejenigen der Leim fällung aufweisen, ist durch obige Untersuchungen selbstverständlich nicht gelöst. Es geht aus denselben nur hervor, dass es nach den Bestimmungen mit dem Hammer’schen und dem Löwenthal’schen Ver fahren wahrscheinlich erscheint, dass etwas Gerbstoff in den Sulfit ablaugen enthalten ist. Neuere Veröffentlichungen (siehe Dr. Frank • Zellstoff-Fabrikation« Papier-Zeitung 1888 Nr. 27 und Dr. Buddeus »Organische Säuren der Sulfitlaugen , »Papier-Zeitung« 1891 Nr. 23) haben es allerdings überhaupt in Zweifel gezogen, dass Gerbstoff in den Sulfitablaugen enthalten sei. Mit Eiweisslösungen geben dieselben einen weissen, sehr langsam sich setzenden Niederschlag. Derselbe ist in Natronlauge löslich und fällt aus dieser Lösung auf Zusatz von Salzsäure wieder heraus. Die Eigenschaft, Leimlösungon niederzuschlagen und durch thie- rische Haut gefällt zu werden, ist an sich kein Bifweis für das Vor handensein von Gerbsäuren, ebenso wie das Ausbleiben des Leim- Niederschlages anderseits kein Beweis für das Nicht-Vorhandensein von Gerbstoffen ist. Es giebt Körper, welche nicht Gerbstoffe sind und dennoch durch Haut gefällt werden, (z. B. die Pectinstoffe), und man kennt wieder mehrere durch ihre sonstigen Eigenschaften als Gerb säuren erkannte organische Stoffe, welche mit Leimlösungen keinen Niederschlag erzeugen. • * * * Obzwar die hier beschriebenen Untersuchungen kein endgiltiges Ergebniss geliefert haben, unterbreite ich das dabei Gefundene doch der Oeffentlichkeit, um, soweit es an mir liegt, zur Klärung der schon so lange schwebenden und der Lösung kaum näher gebrachten Frage über die chemische Beschaffenheit der organischen Körper in der Sulfitablauge soviel wie möglich beizutragen. W. Papier-Umschläge. Ein Freund, eine jener liebenswürdigen Naturen, die für alles ein aufmerksames Auge haben, was als Baustein der Erkenntniss auf dem einen oder andern Gebiete angesehen werden kann, schickte mir kürzlich einen bedruckten Bogen ein, der augenscheinlich als Umschlag eines Papierpacks gebraucht worden war und schon seines Alters wegen Beachtung verdiente. Die Darstellung zeigt in ziemlich roher Ausführung und verblasstem bräunlichem Druck das Harras’sche Wappen, hochgetheilt von Silber rechts, links wieder quergetheilt von Roth und Schwarz. Auf dem Helme ein goldenes Sieb, besteckt mit sechs Straussenfedern, rechts zwei rothen, in der Mitte zwei weissen und links zwei schwarzen. Die ovale Umschrift lautet: Ferdinand Maximilian Herschan Graf von Harras; sie ist umgeben von knollen artigen Zweigen und überragt von einem geflügelten Engelskopf. Ein Band ganz oben trägt die Aufschrift: Pappir-Macher, ein gleiches unten: Gotkau, und ganz unten steht: 1687. Während ich noch überlegte, ob es überhaupt lohne, den un scheinbaren Fund irgendwie an die Oeffentlichkeit zu ziehen, war ein anderer, ebenfalls sammelfreudiger Freund bei der Hand, der infolge meiner Mittheilung in seinen Mappen zu kramen begann und alsbald einen ähnlichen Papier - Packumschlag zu Tage förderte, der, etwa hundert Jahre jünger, den preussischen Adler innerhalb eines Palmenkranzes aufgedruckt hat, oben den Aufdruck: Dömitzer Concept Pappier, unten die Firma: Gottfried Lebrecht Pasch. Der Umstand, dass ich nun die Existenz zweier Papiermühlen bereits durch eigenartige Urkunden belegt habe, auf deren Vorkommen, so viel ich weiss, bisher wenig Gewicht gelegt worden ist, bestimmt mich, durch diesen kleinen Beitrag die Aufmerksamkeit aller Papier sammler und Interessenten auf weitere ähnliche Objekte zu lenken, deren Ansammlung in einer Hand recht nützliche Resultate ergeben kann. Ich bemerke noch, dass beide erwähnten Umschläge hand schriftliche Preisvermerke tragen. Die Familie der Hrzan (Herschan) von Harras ist böhmischen Ursprungs und wurde in einer Linie am 4. September 1666 in den Reichsgrafenstand erhoben. Sie ist aber auch in Sachsen ansässig gewesen, in Bayern in diesem Jahrhundert immatrikulirt worden und mag sehr wohl auch in Schlesien Besitz gehabt haben. In Schlesien giebt es nämlich zwei Rittergüter des Namens Gotkau, eins im Kreise Nimptsch, eins im Kreise Schweidnitz. Betreffs der Wappendarstellung ist zu bemerken, dass alle drei Felder in verschiedener Weise damasziert sind, besonders auffällig das erste, welches das langgestreckte Bild einer Tulpenstaude enthält. Bezüglich des Harras’schen Wappens erlaube ich mir noch eine Vermutluing auszusprechen, die allerdings eher in ein heraldisches Fachblatt zu gehören scheint, aber doch auch sehr wohl ein gewerbliches Interesse in Anspruch nehmen darf. Sollte das Sieb auf dem Helme nicht ein Zeichen sein, dass die Harras seit alter Zeit Mitglieder der ehrbaren Papiermachorzunft gewesen sind? Solche Siebe führen sehr viele adlige Familien als Helmschmuck. Im Augenblick fallen mir gerade nur noch die elsässischen von Müllenheim ein (Name gleich »Papier mühlen-Heim«!?) In alter Zeit waren die »Herren von« durchaus nicht so befangen in sogenannten Standesvorurtheilen, dass sie sieh geschämt hätten, ihre Zugehörigkeit zu Industriezweigen, die ihre Wohl habenheit und gesellschaftliche Stellung begründeten, zu bekennen und auch heraldisch zu bezeugen. Ein anderes Beispiel bieten die Salz junker, die nicht durch den Glanz ihrer Namen das Gewerbe adelten, sondern selbst geadelt wurden durch ihren edelgemeinnützigen Beruf! Das Dorf Dörnitz liegt im Kreise Jerichow I. Heutzutage scheint daselbst keine Papiermühle mehr zu bestehen. L. Clericus.