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No, 30. PAPIER-ZEITUNG. 691 4. Jahresbericht der Papierprüfungs-Anstalt zu Leipzig. Inhaber: Otto Winkler. Das Geschäftsjahr 1889 war für die Entwickelung der Anstalt günstig. Die der Anstalt überwiesenen und von ihr erledigten Aufträge hatten eine Zunahme von 54pCt. gegen das Vorjahr erfahren, welches seinerseits 21 pCt. Zunahme gegen 1887 aufwies. Wiederum waren es, wie in früheren Jahren, die Papierfabriken, welche die Anstalt am meisten benutzten, und zwar sind dieses Mal 43 pCt. aller im Jahre 1889 eingelaufenen Prüfungsarbeiten für Fabrikanten, 35 pCt. für Papierhändler und nur 22 pCt. für Verbraucher ausgeführt worden. Dabei sind mehrere Fabriken, welche wiederholt Prüfungen, bis acht im Jahre, auf gaben, während auch von einzelnen Händlern öftere Benutzung, sogar von einer Firma 48 mal im Jahre, zu verzeichnen war. Unter den Konsumenten ist eine Behörde mit 38 Prüfungen zu nennen. In der Hauptsache sind es dieselben Firmen und Namen, welche bereits seit Jahren der Anstalt ihr Vertrauen geschenkt haben. Von den Prüfungsmethoden, die in diesem Jahre am meisten verlangt wurden, ist zuerst die mikroskopische Faserbestimmung mit 113 Aufträgen gegen 51 im Vorjahre zu nennen. Aschenbestimmungen sind 88 gegen 85 im Vorjahre, Festigkeits- und Dehnungsproben 70, Chemische Prüfungen inkl. Leimfestigkeitsproben 90, Saugfähigkeitsproben für Löschpapiere 52 vor genommen worden. Gutachten über probemässige oder den Vorschriften entsprechende Lieferung wurden 28 und Gutachten über Zweckmässigkeit gelieferter Papiersorten wurden 19 gefordert. Auch Totalprüfungen nach Vorschrift der Preussischen Behörden wurden von einer grösseren Anzahl Schreib- und Urkundenpapieren vorgenommen; ebenso Filtrirpapier-Prüfungen und andere Spezialarbeiten. In vorstehender Aufstellung sind Prüfungen nicht eingerechnet, welche zur eigenen Information, zur Gewinnung von Normalien, oder in Verfolg früher angefangener, in diesem Jahre fortgesetzter Beständigkeitsuntersuchungen ausgeführt wurden (z. B. über 200 Festigkeitsprüfungen, über 50 Saug fähigkeitsprüfungen usw.). Beschwerden über die von der Anstalt ausgeführten Arbeiten oder Be mängelungen der gelieferten Gutachten sind auch in diesem Jahre nicht eingelaufen. Ab und zu hat die Anstalt ihre Erfahrungen 'durch die Fachblätter der Papierindustrie mitgetheilt, so unter andern in den Aufsätzen, welche in Nrn. 6 und 21 der Papier-Zeitung erschienen. Wir theilten in denselben unsere Erfahrungen über die Saugfähigkeit deutscher und englischer Löschpapiere zahlenmässig mit und sprachen die Ansicht aus, dass in Deutschland viele Löschpapiere mit geringer Saugfähig keit geliefert werden, während englische Löschpapiere und Kartons mit Recht guten Ruf geniessen. Dass aber auch die. deutsche Industrie gute Löschpapiere mit unüber troffen hohen Saugfähigkeitswerthen liefern kann, hatte sich herausgestellt durch die Untersuchungen an einer Anzahl deutscher Papiere, die für Filtrir- zwecke angefertigt wurden und seltener als Löschpapier zum Aufsaugen von Tinte Verwendung finden, während sie sich hierfür vorzüglich eignen. Wahrscheinlich ist der Mangel einer genaueren Prüfung der Saugfähig keit mit daran Schuld, dass die gut aussehenden, aber schlecht saugenden Löschpapiere, die jetzt meist für Löschzwecke gebraucht werden, so in Auf nahme gekommen sind. Würde die von uns eingeführte Steigprobe, welche zahlenmässige Werthe giebt, allgemein gehandhabt, so könnten Fabrikanten und Händler ihre Löschpapiere leichter auf deren Güte untersuchen und würden infolgedessen wahrscheinlich auch bald bessere Waaren fordern und erhalten. Eine anderweite Veröffentlichung, welche Nr. 24 der Papier-Zeitung (1890) brachte,, bezieht sich auf unsere Versuche an Cellulosepapieren, indem sie deren Veränderung an Festigkeits- und Dehnungswerthen bespricht. Es sind nämlich von uns eine grössere Anzahl verschiedenartig bereiteter Cellulosepapiere nach kürzerer und längerer Zeit wiederholt (bis 11 mal) ge prüft ■worden, zum Theil auch, nachdem sie der freien Luft, der Sonne oder der Kellerluft mehrere Monate lang ausgesetzt waren. Die Beobachtungen werden noch fortgesetzt; aber bereits jetzt ist in Uebereinstimmung mit den von Anderen unternommenen Untersuchungen gleichen Zieles gefunden, dass die Cellulose den Markt, den sie sich als Papierfaser zweiten Banges erobert hat, vollauf verdient, weil die Bedenken, die von Manchen über ihre Beständigkeit gehegt wurden, unbegründet sind. Eine unerwartete Erfahrung, welche die Anstalt im verflossenen Jahre machte, führte dazu, eine neue Prüfungsrichtung ins Auge zu fassen. Es ereignete sich nämlich der Fall, dass zur Kontrolle auf vorschrifts mässige Lieferung eingesandte Schreibpapiere die Prüfung auf Leimfestigkeit bestanden hatten, beim späteren Gebrauch sich aber nicht mehr als leimfest erwiesen. Das Papier hatte sich zunächst als leimfest bewährt, aber nach dem es in Aktenform geheftet durch viele Hände gegangen war, zeigte sich beim Einschreiben nachträglicher Randbemerkungen, dass die Leimfestigkeit verloren gegangen war. Vornehmlich da, wo das Papier mit Händen be griffen worden, wenn auch nicht ausschliesslich an diesen Stellen, lief die Schrift derart aus, dass sie unleserlich und verschwommen erschien. Die Ursachen dieses, an Hadernpapieren in der Folge mehrfach be obachteten Vorkommnisses sind bis jetzt nicht aufgeklärt. Zur Vermeidung desselben haben wir der betr. Behörde gerathen, Papiere, die durch viele Hände gehen und doch ihre Beschreibfähigkeit lange behalten sollen, stets mit thierischer Leimung versehen zu lassen. Dieses Mittel hat sich bewährt, und es wurde der Anstalt öfter Gelegen heit geboten, die Zweckmässigkeit dieser Vorsichtsmaassiegei bestätigt zu finden. Nicht immer war die Anstalt in der Lago, den an sie gestellten An forderungen ganz zu entsprechen. So z. B. mussten oft rein fachtechnische Anfragen an anerkannte Fachleute gewiesen, und Anfragen über Bezugs quellen für Papiere usw. ablehnend beschieden werden. Letzteres geschah deshalb, weil die Anstalt ihre strenge Objektivität zu wahren sich verpflichtet hält. Dagegen konnte sie unbedenklich den Ersuchen um Lieferungs vorschriften für Papiere nachkommen, weil mit klaren Vorschriften allen Betheiligten gedient ist. Die seit 3 Jahren von uns eingeführte Prüfung auf vorschriftsmässige oder der Probe angemessene Lieferung hat sich in diesem Jahre erneut be währt und findet in Fachkreisen allmälig mehr Eingang. Derartige Kontrollproben, für welche laut Tarif nur ein Satz von 3 M. berechnet wird, bedingen oft eine dem Berechnungssatze unangemessene er hebliche Arbeitsleistung; allein nur hierdurch ist es möglich, diese Kontroll proben allgemein für Papiere annehmbar zu machen. Im übrigen schützen diese Proben den Käufer wie den Verkäufer. Ersteren vor untauglichen Waaren, letzteren vor übertrieben peinlichen Anforderungen. Auch die andere von uns seit 3 Jahren eingeführte und den Bedürfnissen entsprechende Auskunftsertheilung nach Prüfung auf Zweckmässigkeit findet zunehmend Freunde. Noch ist die Erledigung zweier für die Anstalt neuer Aufgaben zu er wähnen. Erstlich die Begutachtung über eine grössere Anzahl ausländischer Pflanzen und Pflanzenprodukte, deren Tauglichkeit zur Papiererzeugung er mittelt werden sollte. Die Ergebnisse der hierauf zielenden Untersuchungen, welche unter Beigabe von Faserproben an die Auftraggeber abgeliefert wurden, waren nicht ungünstig, so dass die beabsichtigte Verarbeitung in den betr. Ursprungs ländern nicht aussichtslos ist. Für den europäischen Import würden sie freilich nicht konkurrenzfähig sein, wie so viele Fasern, die an und für sich wohl zu Papier verarbeitbar sind, sich aber nicht zur gewerbsmässigen Ver arbeitung eignen. Die andere Aufgabe bestand darin, einen Herrn mit der Prüfungspraxis bekannt zu machen, welcher mit der Leitung einer Papierfabrik im Auslande betraut ist. Nachdem sich derselbe einer vierwöchentlichen Ausübung der Prüfungs arbeiten unterzogen, hatte die Anstalt die Freude, den betr. Herrn später noch öfter zu sehen und demselben gewünschte Rathschläge zu ertheilen. Papierprftfung. Zu den Ausführungen des Herrn Direktor Brule in Nr. 20, Seite 447, gestatte ich mir noch Einiges hinzuzufügen und einige Aeusserungen zu berichtigen. Das verschiedene Arbeiten der einzelnen Theile der Papier maschine wird allerdings mehr oder weniger die Festigkeit und Dehn barkeit des Papieres beeinträchtigen. Wenn ein Papier anläuft, auf die Maschine kommt, so müssen die Züge der Papiermaschine erst richtig geregelt sein, ehe das Papier gut läuft. Hierbei wird Papier erzeugt, welches in seinen Festigkeitseigenschaften bei einer Prüfung ganz verschiedene Ergebnisse aufweist. Sind jedoch die einzelnen Züge der Maschine gut und richtig geregelt, was in den meisten Fällen dem gewandten Maschinenführer in kurzer Zeit ohne grosse Mühe gelingt, so wird auf der Maschine auch gleichmässiges Papier erzeugt, welches schliesslich nur noch in der Mitte etwas andere Eigenschaften zeigt als an den Rändern. Also mit der Re gelung der Züge wird auch die Herstellung gleichmässigen Papieres bewirkt, welches in seiner Festigkeit und Dehnbarkeit nur ganz ge ringen Wechsel auf weist. Bei der Anfertigung von Behördenpapier thut man deshalb gut, die Anfangsrollen nicht mit zu verwerthen, da solche meistens Papier von ganz verschiedenen Festigkeitseigenschaften enthalten. Die verschiedene Spannung der Papierbahn, welche mitunter auf der Maschine herrscht, und welche dadurch hervorgerufen wird, dass die einzelnen Theile der Papiermaschine mit verschiedener Ge schwindigkeit arbeiten, hat die nachtheiligsten Folgen auf die Festig keit und Dehnbarkeit des Papiers, sobald solche ihren Einfluss auf die nasse Papierbahn ausübt. Erleidet die nasse Papierbahn grosse Spannung, so geht das Papier in Festigkeit und Dehnbarkeit erheb lich zurück. Deshalb muss der Nassparthie der Maschine in dieser Beziehung sehr grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es wird stets gut sein, wenn das Papier auch die Trocken- parthie der Maschine mit möglichst wenig Spannung durchläuft, ins besondere muss der Zug im Anfänge auch hier schwach sein, da das Papier in sehr feuchtem Zustande auf die ersten Trockencylinder kommt. Das Einschrumpfen der Papierbahn ist beim Trocknen ganz naturgemäss und wird durch starke, durch Regelung der einzelnen Züge bewirkte Spannung bedeutend erhöht. Durch das Trocknen des Papieres, wobei das Wasser verdampft und eine bedeutende An näherung der Fasern aneinander stattfindet, wird Einschrumpfen, also Verkürzung des Papieres veranlasst. In der Querrichtung findet dies in sehr augenscheinlicher Weise statt, während in der Längs richtung sich das Einschrumpfen als Spannung geltend macht. Arbeiten die Züge der Papiermaschine nun noch derart, dass hier durch noch weitere Spannung der Papierbahn erzielt wird, so wird das Verkürzen in der Quere sich in erhöhtem Maasse zeigen.